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Im Artikel
Der Flirt mit der Freiheit von
Susanne BEYER/Oliver GEHRS/Nikolaus VON
FESTENBERG wird eine neue Perspektive
in die öffentliche Debatte um das Single-Dasein eingebracht.
In den 1990er Jahren waren die Medienberichte
überwiegend sozialpolitisch motiviert. Es ging
dabei um das gesellschaftliche Miteinander von
Singles und Nicht-Singles. In dieser
Titelgeschichte stehen dagegen die
Geschlechterunterschiede
von Singles im Mittelpunkt.
Dies ist
eigentlich kein wirklich neues Thema, denn die
These, dass Männer von der Ehe und Frauen vom
Single-Dasein profitieren, ist eine der zentralen
Thesen des Feminismus seit den
1970er
Jahren. Die Karrierefrau ist Single und
der Karrieremann ist Ehemann
. Die weiblichen
Singleforscher versuchen seitdem zu beweisen, dass Frauen nicht nur beruflich erfolgreich sind,
sondern auch besser mit dem Single-Dasein zurecht
kommen.
Die Singleforschung
ist zu allererst qualitative Forschung, die mit
Interviews arbeitet, in denen Frauen entweder
überrepräsentiert sind oder Männer erst gar
nicht befragt werden. So kommt z.B. DOROTHEA
KRÜGER in ihrer Studie Alleinleben in
einer paarorientierten Gesellschaft (1990)
aufgrund einer Literaturanalyse zu dem Ergebnis, dass sich die wissenschaftliche Literatur bis
Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre fast
ausschließlich mit der Situation alleinlebender
Frauen befasst hat.
Dieser
Bias der
Singleforschung ist bis heute erhalten
geblieben, wenn auch Männer vermehrt Gegenstand
der Singleforschung werden. Es ist
deshalb nicht verwunderlich, dass der
Anstoß
für den Perspektivenwechsel in der öffentlichen
Debatte nicht aus den
Sozialwissenschaften kommt, sondern von einem
französischen Schriftsteller. Im
vieldiskutierten Buch
Elementarteilchen von Michel
HOUELLEBECQ werden
die Schattenseiten des männlichen Single-Daseins
beschrieben. Einziger Ausweg aus dem männlichen Desaster ist für den Autor die technizistische
Utopie einer neuen Menschheit, die keine Geschlechter mehr
kennt, weil sie aus geklonten Hermaphroditen besteht.
Andere
Szenarien, die im Spiegel skizziert werden, sind
da nahe liegender. Während Single-Frauen in
große Netzwerke eingebunden sind und sich
weiterentwickeln, droht den Männern ein
trostloses Alleinleben mit Fastfood, Videos und
Computerspielen. Neuentstehende
Geschlechter-Ghettos
könnten diese Lebensstile noch verstärken.
Vielleicht
führt diese neue Debatte dazu, dass die bereits
vorhandenen sozialwissenschaftlichen Ergebnisse
über das männliche Alleinleben verstärkt
wahrgenommen werden. Es wäre zudem
wünschenswert, dass sich vermehrt männliche
Forscher mit diesem Thema beschäftigen und das
Feld nicht der Frauenforschung überlassen.
Zur Titelgeschichte
sind folgende Artikel online verfügbar:
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