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Thema des Monats

 
       
   

Alleinlebende in Deutschland - Eine Einführung in die amtliche Statistik des Single-Daseins

 
       
   

Teil 2: Die Anzahl der Einpersonenhaushalte - Mythen und Fakten (Fortsetzung)

 
       
     
       
   
     
 

Die Entwicklung der Einpersonenhaushalte aus singlefreundlicher Sicht

Was unterscheidet eine singlefeindliche Darstellungsweise von einer singlefreundlichen Darstellung? Zur Einstimmung sollen nochmals ein paar singlefeindliche Beschreibungen zitiert werden.

Der dramatische Anstieg der Einpersonenhaushalte

"Singles (...).
An die zwölf Millionen gibt es derzeit davon in der alten Bundesrepublik, noch nicht gerechnet die neuen Länder, und diese Zahl wächst stetig. Um 58 Prozent ist der Anteil der Alleinlebenden in den letzten 17 Jahren gestiegen".
(Hans Joachim Schöps im Spiegel Nr.2 v. 07.01.1991
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"Seit 1900 hat sich der Anteil der Einpersonenhaushalte von 7 auf 35 Prozent verfünffacht".
(Horst Opaschowski, 1994, S.25)

Zwei Indikatoren der Entwicklung im Vergleich

In dem folgenden Diagramm wird die Entwicklung der Einpersonenhaushalte vergleichend anhand von zwei verschiedenen Maßstäben dargestellt:

  1. 1) Anteil der Einpersonenhaushalte an den gesamten Privathaushalten (Haushaltsebene).
    - Dieser Indikator ist weit verbreitet, obwohl sein Erkenntniswert eher fragwürdig ist.
    2) Anteil der Einpersonenhaushalte an den gesamten Haushaltsmitgliedern (Personenebene)
    - Dieser Indikator wird nur selten auf die Entwicklung angewendet. In Tabellen oder Schaubildern finden sich Angaben noch seltener als in erläuternden Texten. Selbst in Lehrbüchern der Soziologie finden sich nur spärliche Hinweise. Wenn aber schon unsere wissenschaftliche Elite mit einem falschen Bild von den gesellschaftlichen Verhältnissen ausgerüstet ist, dann ist es kaum verwunderlich, dass in journalistischen Texten davon noch weniger die Rede ist.

Singlefeindliche Darstellungen sind dadurch gekennzeichnet, dass nur die Haushaltsebene betrachtet wird. Eine singlefreundliche Darstellung zeigt dagegen an, wie viel Prozent der Bevölkerung in den Privathaushalten leben. Betrachten wir das Diagramm, dann fällt sofort auf, dass die Betrachtungsweisen enorm differieren. Wir stellen hier nur die Entwicklung im früheren Bundesgebiet dar, denn auf dieses bezieht sich auch die Individualisierungsdebatte. Dies bedeutet aber, dass ab 1990 die Zahlen für die Einpersonenhaushalte höher liegen als in Deutschland, weil der Anteil der Einpersonenhaushalte im Osten niedriger ist. Im Jahr 2002 betrug der Anteil der Einpersonenhaushalte zwar 37 % (Haushaltsebene) in den alten Bundesländern, aber es lebten nur 17,2 % der Bevölkerung (Personenebene) in diesen Haushalten. Werden beide Ebenen vermischt, wie dies oftmals der Fall ist (siehe oben), dann wird der Anteil der Alleinlebenden um über 115 % überschätzt. 

Diagramm 1: Vergleichende Darstellung der Haushaltsentwicklung
Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 1, Reihe 3 Haushalte und Familien 2002; in den Jahren 1983 und 1984 fand keine Erhebung der Haushaltszahlen statt

Natürlich lässt sich dagegen einwenden, dass bei der Bevölkerung in den Privathaushalten auch die Kinder mitgezählt werden. Eine beide Seiten befriedigende Darstellung müsste also die Entwicklung der erwachsenen Bevölkerung in den Privathaushalten aufzeigen. Das statistische Bundesamt macht es einem dabei aber nicht leicht, denn die Zahlenverhältnisse muss man selber berechnen. Für das Jahr 1989 soll das hier beispielhaft getan werden, denn seit der Wiedervereinigung ist die Datenlage schlechter geworden, wenn man Aussagen zum früheren Bundesgebiet treffen möchte. Im Jahr 1989 waren 35,3 % aller Haushalte Einpersonenhaushalte. Aber nur 15,8 % der Bevölkerung lebte allein. Rechnet man von der Gesamtbevölkerung die Kinder unter 18 Jahren ab, dann lebten 19,2 % der Erwachsenen allein. Da sich die Zahl der Kinder im Laufe der letzten 40 Jahre verringert hat, nähert sich der Anteil der erwachsenen Alleinlebenden also eher der unteren Linie im Diagramm an.

Eine historische Betrachtung der Entwicklung

Die erste Titelgeschichte im Nachrichtenmagazin Spiegel zu den Singles stammt von Hermann SCHREIBER. In der 3teiligen Serie Du bist du, und ich bin ich werden die Singles auf der Basis einer Studie der GETAS betrachtet. SCHREIBER beschreibt das neue Phänomen noch ganz unaufgeregt, wenn man die heutige Aufgeregtheit als Maßstab nimmt.

Du bist du, und ich bin ich

"Wir sind umzingelt von Getrennten, gewiß. (...).
Aber wenn man die gesamte Bevölkerung als Maßstab nimmt (und das muß man ja wohl), dann sind die Menschen, die allein leben, obwohl sie anders könnten, eine kleine radikale Minderheit. Von allen privaten Haushaltungen in der Bundesrepublik sind nur etwas mehr als ein Viertel sogenannte Einpersonenhaushalte".
(Spiegel Nr.25 v. 19.06.1978
)

SCHREIBER wusste damals noch nicht, dass in die folgenden Jahre die größten Zuwächse der Einpersonenhaushalte fallen werden. Zwischen 1973 und 1986 - also innerhalb von nur 13 Jahren - stieg der Anteil der Bevölkerung in den Einpersonenhaushalte um 5 % (9,8 % - 15 %). Von 1986 bis 2002, also innerhalb von 16 Jahren, beträgt der Anstieg dagegen nur noch 2,2 % (Siehe hierzu auch das oben vorgestellte Diagramm). Das öffentliche Erregungspotential geht also keineswegs mit dem Anstieg der Einpersonenhaushalte konform. Als 1990 das Buch Das ganz normale Chaos der Liebe von Ulrich BECK & Elisabeth BECK-GERNSHEIM erschien, da lagen die größten Zuwächse längst hinter uns. SCHNEIDER, ROSENKRANZ & LIMMER beschreiben dagegen 1998 die zurückliegende Entwicklung in dem Buch Nichtkonventionelle Lebensformen in einem unaufgeregten Ton.

Nichtkonventionelle Lebensformen

"1979 erreichte der Anteil der Ein-Personenhaushalte zum ersten Mal die 30-Prozent-Marke in den alten Bundesländern und variiert seitdem um die 35 Prozent in den alten und um die 30 Prozent in den neuen Bundesländern. Insgesamt lebt aktuell etwa in jedem dritten Haushalt in der Bundesrepublik nur eine Person. die Zahl der Haushalte darf dabei nicht mit der Bevölkerungszahl verwechselt werden. Nicht jeder dritte Deutsche ist ein Alleinwohnender, sondern eben nur jeder dritte Haushalt ist ein Ein-Personenhaushalt. Das entspricht einem Anteil von knapp 16 Prozent an der deutschen Bevölkerung in Privathaushalten"
(1998, S.34)

Ob sich die Erregtheit der öffentlichen Debatte durch die Zunahme spezieller Alleinlebendengruppen erklären lässt, muss deshalb im Weiteren geklärt werden.    

Ausblick

Ab der nächsten Folge unserer Serie werden wir uns der Verbreitung spezieller Alleinlebendengruppen widmen. Wir werden uns fragen, ob die medial präsentierten Gruppen tatsächlich jene Gruppen sind, die in den Mittelpunkt des Interesses gehören. Oder ob nicht ganz anderen Gruppen mehr Beachtung geschenkt werden müsste.

Die Single-Lüge - Das Buch zur Debatte

"Dies ist die erste grundlegende Auseinandersetzung mit dem nationalkonservativen Argumentationsmuster, das zunehmend die Debatte um den demografischen Wandel bestimmt. Hauptvertreter dieser Strömung sind Herwig Birg, Meinhard Miegel, Jürgen Borchert und Hans-Werner Sinn. Die Spannbreite der Sympathisanten reicht von Frank Schirrmacher bis zu Susanne Gaschke. Als wichtigster Wegbereiter dieses neuen Familienfundamentalismus muss der Soziologe Ulrich Beck angesehen werden.
          
 Es wird aufgezeigt, dass sich die nationalkonservative Kritik keineswegs nur gegen Singles im engeren Sinne richtet, sondern auch gegen Eltern, die nicht dem klassischen Familienverständnis entsprechen."

 
     
 
       
   

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Update: 22. November 2018