|
Die Entstehungsgeschichte des Begriffs
"Yuppie"
Der
Begriff "Yuppie" (Abkürzung für
Young Urban Professional)
stammt aus den U.S.A und wurde erstmals 1983 von
BOB GREEN in einer Kolumne des Chicago
Tribune veröffentlicht. Wenn man den
Begriff wörtlich nimmt, dann sind Yuppies erst
einmal nichts anderes als jüngere,
gut gebildete Berufstätige, die in
großstädtischen Ballungsgebieten leben.
In der deutschen Debatte werden dieser
Personengruppe Attribute wie alleinlebend,
erfolgs- leistungs-, aufstiegsorientiert,
besserverdienend, materialistisch eingestellt und
hedonistisch zugeordnet.
Lachs oder
Fladenbrot
"»Mode,
Kultur, Banken und High-Tech prosperieren«,
schreiben die Stadtsoziologen Hartmut Häußermann und Walter Siebel,
tragen die erfolgreichen Yuppies gemeinsam mit den Alternativen
die »Reurbanisierung«.
Das vereinfachte Schema: Zunächst tritt die alternative Szene mit
Intellekt und Kreativität an, um sich eine passende Infrastruktur
mit Läden, Kneipen und Kulturangeboten herzurichten. Auf dem
Nährboden der Alternativen entwickelt sich später dann, so das
Autorenpaar, »ihr
Erfolgszwilling, die Yuppie-Kultur«. [mehr].
"Die Trumpfkarte unter den städtischen Standortfaktoren, sagen die
beiden Soziologen, »ist
die Kultur«
- für diesen Zweck werde überall trotz Geldknappheit investiert.
Mit Kulturangeboten soll die Anziehungskraft für hochqualifizierte
Arbeitskräfte, moderne Betriebe und auswärtige Besucher gesteigert
werden: »Es
ist ein Angebot weniger für die, die bereits am Ort wohnen, als
für jene, die noch kommen sollen.« [mehr]
(Tom Schimmeck im Spiegel, Nr. 36 v. 05.09.1988, S. 64-75) |
Single = Yuppie?
In den 1980er
Jahren und Anfang der 1990er Jahre bestimmte die
stadtsoziologische
Gentrificationsforschung, die sich mit der
Aufwertung innenstadtnaher Wohngebiete
beschäftigt, das Bild vom Single so sehr, dass
jüngere
Alleinlebende generell als
Yuppies bezeichnet wurden. So heißt es
z.B. in der 19. Auflage der Brockhaus
Enzyklopädie von 1993:
Single
"Der
Begriff kam in den 1970er Jahren in den USA auf
und fand zum Ende des Jahrzehnts auch in den dt.
Sprachgebrauch Eingang. Gemeint war zunächst v.a. jene Gruppe der großstädt., gutsituierten,
erfolgsbewußten 25- bis 40jährigen S., deren
vornehml. Orientierung an Beruf, Erfolg und
Freizeit sowie am Leben mit wechselnden
Sexualpartnern auch als Absage an die
traditionellen Familien- und Sozialbindungen
verstanden wurde und deren Lebensstil unter dem
Stichwort 'Yuppie' zeitweise auch als Mode
Beachtung fand". [mehr]
(BROCKHAUS-ENZYKLOPÄDIE (1993): Band 20
Sci - Sq, 19. Aufl., Mannheim: Brockhaus) |
Kritik
an dem Yuppie-Image der Alleinlebenden
regte sich Anfang der 1990er Jahre nur vereinzelt:
"Singles" -
Versuch einer Beschreibung
"1989 gab es 2,7 Mill.
25-bis unter 45jährige Alleinlebende, davon waren 2,2 Mill.
erwerbstätig. In Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern lebten
von diesen wiederum 1,2 Mill. Grenzt man die »Singles« auf 25- bis
unter 45jährige Alleinlebende ein, die in Städten mit 100 000 und
mehr Einwohnern leben und ein monatliches Nettoeinkommen von
mindestens 3000 DM haben, so sind es nur 170 000 Personen. Das
sind aber nur noch 0,6 % aller 27,8 Mill. Haushalte in der
Bundesrepublik bzw. 0,3 % der 62,4 Mill. Haushaltsmitglieder."
(Hannelore Pöschl in Wirtschaft und Statistik, 1990, H. 10, S.
708) |
Die Gentrificationsforschung
entdeckt Differenzen zum Klischeebild
Seit Mitte der
1990er Jahre revidierten jüngere Stadtforscher
aufgrund von Forschungsergebnissen ihre Position
und übten Kritik an den vereinfachenden
Prämissen der Gentrificationsforschung
. Es kommen dadurch
neben den Alleinlebenden weitere
"wohlhabende" Personengruppen wie
DINKs
("Double Income no Kids", d.h.
Doppelverdiener-Paare) und Yappies
("affluent Parents", d.h. wohlhabende
Familien) in den Blick und auch die Gruppe der
Alleinlebenden wird differenzierter wahrgenommen.
Die Neuauflage der "Yuppie"-Debatte im
Zeitalter der New Economy
Der
Internet-Boom und das Entstehen einer New
Economy führt nun unter den neuen
Etiketten "Dotcoms"
bzw. "Yetties" zu
einer Neuauflage der Yuppie-Diskussion
der 1980er Jahre. Mit der Betonung von
Unterschieden, die den Yuppie in einem milden
Licht erscheinen lassen, wird in der derzeitigen
Berichterstattung das Gemeinsame beider
Debatten verschleiert: Das Anstössige
an diesem Personenkreis ist nicht ihr Reichtum
oder ihre Mobilität, sondern ihre zugeschriebene
Lebensform als Alleinlebende.
Die Droge Arbeit und der Lebensstil der
Yetties
Im Spiegel-Artikel
Die Droge Arbeit von Michael MARTI werden
Yetties (was
für "young, entrepreneurial,
tech-based", also für junge
Unternehmer im Technik-Sektor steht
) in der
Internet-Branche vorgestellt. Als Beispiel dient u. a. eine 33jährige Single-Frau, die es in 9
Monaten vom Erstellen eines Business-Plans in
einem beengten Zwei-Zimmer-Apartment bis zum
schicken Büro einer expandierenden
Internet-Firma gebracht hat. Dies ist genau die
Zeit, in der eine normale Frau stattdessen ein
Kind zur Welt bringt, ein Vergleich, der sich
unweigerlich aufdrängt. Wir erfahren auch, dass
Yetties meist Singles im Alter zwischen 20 und 35
Jahren sind.
Die Droge
Arbeit
"Tempo, Leistungsbereitschaft,
Flexibilität, totale Verfügbarkeit für die
Arbeit: Dies sind die Grundsätze des ultimativen Yettie-Lifestyles"
(Michael Marti im
Spiegel Nr.25 v. 19.06.2000) |
Und man könnte
hinzufügen, das sind genau jene Attribute, die
auch den Singles bzw. Yuppies zugeschrieben
wurden. Die Imperative des neuen Kapitalismus
sind "stete Veränderung,
Bindungslosigkeit" und man könnte
hinzufügen, das waren sie schon im Kontext der
Old Economy. Ulrich BECK hat diese Imperative des
Kapitalismus bereits 1983 in seiner Individualisierungsthese beschrieben und
vom "vollindividualisierten, mobilen
»Single-Dasein«" als letzter Stufe des
Individualisierungsprozesses gesprochen. Ob sich
seine Prognosen im Kontext der New Economy als
richtiger erweisen, erscheint eher fraglich. Mit
steigendem Lebensalter sind aus den Yuppies nicht
Alleinlebende, sondern Yappies
geworden und den Yetties könnte es ähnlich
ergehen.
Der Absturz der New Economy:
Oder wie die Sozialromantik wieder die Oberhand gewinnt
Nach dem
Einbruch an der Börse schrieb Andrian KREYE in der Süddeutschen
Zeitung über die "Dotcoms",
die er als "junge Entrepreneure und
Cyberpioniere" bezeichnet, dass der Crash
"kaum Familienväter" getroffen hat,
denn die meisten Jungmillionäre sind
"Anfangs- und Mittzwanziger, die seit ihrem
Aufstieg oft nicht einmal die Zeit gehabt haben,
aus ihren Einzimmerstudios auszuziehen". Er
beschreibt weiter, dass diese "infantilen
Jungmillionäre" New York in die
"Hauptstadt der Habgier" verwandelt
hat.
Jenseits von
Wut und Börse
"Es ist noch keine drei Jahre her, da
lebten in den Straßenzügen zwischen der Houston
und der Delancey Street vor allem
lateinamerikanische Einwanderer und verarmte
Subkulturelle. Abgemagerte Junkies schlichen
umher, aus den Kellern schepperte die Musik der
Underground-Bands, in den oberen Etagen brannten
Tag und Nacht die Neonröhren der Sweatshops; und
nur wenige Mutige wagten es, hier etwa eine
Kneipe zu betreiben. Heute glühen
Niedervoltlampen in den alten Mietskasernen, wo
man für eine eilig zurechtrenovierte Etage jetzt
sechstausend Dollar Monatsmiete bezahlt. Heute
steht an der Ecke Houston und Ludlow Street
mitten auf der Straße ein mobiler Geldautomat,
Sushibars und Lounges haben die Bodegas und
Kramläden vertrieben, und auf der Orchard
Street, der Meile der Discountkleidergeschäfte,
wurden die ersten Designerboutiquen
eröffnet."
(Andrian
Kreye in der Süddeutschen Zeitung v. 17.04.2000) |
KREYE beschreibt hier
sozialromantisch Aufwertungsprozesse, die
Stadtsoziologen seit Anfang der 1980er Jahre im
Rahmen der Gentrificationsforschung zum Thema
gemacht haben. Die damaligen
Aufwertungsprozesse verschweigt der Autor
jedoch, wenn er schreibt:
Jenseits von
Wut und Börse
"Die Yuppies der 80er Jahre
hatten ihre Gier wenigstens noch gemäß den Traditionen des
Wirtschafts-Establishments ausgelebt. Sie verstanden sich als
Erben des Kapitalismus, arbeiteten sich aggressiv von unten nach
oben, trugen Brooks-Brothers-Anzüge, wohnten auf der Park Avenue
und das große Geld behielt seine elitäre Aura. Die Welt war
vielleicht nicht ganz gerecht, aber doch in Ordnung".
(Andrian
Kreye in der Süddeutschen Zeitung v. 17.04.2000) |
Im Jahr 1985
liest sich das noch ganz anders. Darryl PINCKNEY
schreibt in dem Essay Die
Schlüssel zum Himmelreich - Yuppies in
Manhattan:
Die Schlüssel
zum Himmelreich - Yuppies in Manhattan
"Seit den
dreißiger Jahren hat sich das äußere Bild
Manhattans nie so nachhaltig verändert wie
gerade jetzt. Überall gibt es Hochhäuser im
mehr oder minder internationalen Stil, die
Straßenbild und Perspektive ändern. Hand in
Hand mit dem Bauboom geht ein
»Umwandlungsboom«, d.h. aus Mietshäusern
werden solche mit Eigentumswohnungen. Ganze
Mieterschichten werden durch diese Versessenheit
auf Eigentumswohnungen nach und nach vertrieben.
Durch die Einwanderungswellen wurden z.B. im 19.
Jahrhundert die Lower East Side ein Zentrum
jiddischer Kultur. Inzwischen leben hier vor
allem Latinos und Ukrainer, aber ihre Restaurants
wurden Opfer der steigenden Mieten, und nach der
Sanierung können sich nur noch Yuppies die
Wohnungen leisten."
(Darryl
Pinckney in der Zeitschrift
Freibeuter
Nr.26, 1985) |
Der
Adel und die Neureichen
VON FRIESEN
spricht dagegen immer noch von Yuppies, was
jedoch etwas für sich hat, denn ihr Thema ist
die "Ideologie der Neureichen",
der sie ihren aristokratischen
Konservatismus gegenüber stellt. Den neureichen Yuppies
macht sie zum Vorwurf, dass ihr Geld nicht geerbt sei, wie
bei anständigen Leuten, sondern selbst verdient. Wohl dem,
der zur Erbengeneration gehört und dann noch zu jenen, die
tatsächlich etwas erben können (ausnahmsweise ist hier nicht
von den Genen die Rede). Wer dieses Glück nicht hat, dem
bleibt nur das schnöde, selbstverdiente Geld - außer er
nimmt den Sozialstaat in Anspruch. Man lernt weiterhin, dass
man Häuser nicht kauft, sondern ebenfalls erbt. Pech, wenn
die Eltern kein eigenes Haus besitzen. Da hilft nur
Verleugnen der eigenen Herkunft, denn Neureiche verstecken
"verschämt die Eltern und Großeltern" (und kaufen sich
womöglich noch einen Adelstitel). Fehlen noch die Kinder:
Ex und hopp und
nicht nach gestern gefragt
"Die Nicht-Würdigung der
eigenen Vorfahren zieht anscheinend, im Sinne der Symmetrie, eine
Negierung der Kinder nach sich".
(Astrid
von Friesen in der Süddeutschen Zeitung v. 29.04.2000) |
Damit wären wir wieder
bei der Karrierefrau, die sich besser um ihr Kind kümmern
sollte. |
|