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Zitat:
Das Wissen der 35-Jährigen
"Wir wollen nicht
anerkennen, dass es mit Mitte 30 nicht mehr darum gehen kann,
sich gegen etwas zu entscheiden, sondern für etwas. Und da wir
genau diese Kunst überhaupt nicht beherrschen, werden wir
lieber nicht erwachsen. Wir wollen ewig Kind bleiben. Wir
suchen uns Nischen, in denen wir weiterhin Teenager sein
dürfen - und vielleicht dafür bezahlt werden. Wenn das nicht
klappt, kaufen wir uns nach Feierabend wenigstens eine G-Star
Hose mit Knieschonern. Damit, so hoffen wir, sehen wir aus wie
ein 19-Jähriger Hip-Hopper aus der Vorstadt. Diese Vorstellung
gefällt uns."
(Volker Marquardt, 2003, S.13) |
Medienfuzzis,
verpißt Euch!
Wir haben Eure
Schreibe satt! Publikumsbeschimpfung war vor etlichen
Jahrzehnten noch originell, mittlerweile ist
Deutschenbeschimpfung zum öden Volkssport von Mitte-Journalisten
verkommen.
"Die
Deutschen werden immer infantiler", ist ein Satz, der
möglicherweise für Eliten (und solche, die es werden
möchten) am Rande des Absturzes so etwas Ähnliches ist
wie für manch anderen eine Wärmestube.
Die journalistische Klasse
Journalisten berichten
besonders gerne über die politische Klasse. Damit lenken
sie davon ab, dass sie selber mit dieser Klasse sehr viel gemein
haben. Wie die politische
Klasse von den potentiellen Wählern, so hat sich die
journalistische Klasse von ihren potentiellen Lesern entfremdet.
Kulturkritik im Geiste der Alt-68er
Das
Arsenal der Kulturkritik hat sich seit den Zeiten der Alt-68er überhaupt
nicht verändert. Wir Leser müssen also seit über 30
Jahren immer wieder die selbe Leier lesen. Matthias HEINE findet sich
offensichtlich sehr originell, wenn er schreibt:
Alter verpiß dich!
"Bei Spät-Adorniten steht
Deutschland schon länger unter Infantilitätsverdacht. Doch die
üblichen Verdächtigen des Kulturkonservatismus blicken bei ihrer
Fahndung nach Ursachen und Indizien immer nur auf die üblichen
Verdächtigen des Gaga-Fernsehens: Küblböck, Bohlen, Bild - alles
Phänomene, die außerhalb des von ihnen beherrschten
Paralleluniversums kaum Resonanz haben. Kein Wunder, daß sich
versierte Mediennutzer, die im Gegensatz zu den konservativen
Alarmisten die Funktion des Abschalteknopfes kennen, gelangweilt
die Ohren vor deren Gezeter verschließen.
Dabei erkennt der aufmerksame Beobachter längst auch im
deutschen Alltag (...) Infantilisierungsindizien genug."
(FAS
23.11.2003) |
Herr HEINE hat also die
Lektion von Dirk KNIPPHALS ("Einer,
der auszog, den Ekel zu lernen", taz 18.10.2003) gelernt. Der
Journalist sitzt neuerdings nicht mehr vor der Glotze, sondern
sucht im deutschen Alltag! (Glaubwürdigkeit! Authentizität!).
Alltag nach
Journalistenart ist jedoch nicht deutscher, sondern
journalistischer Alltag. Und wenn sich ein
Journalist über einen Handwerker ärgert, dann wird daraus im
Feuilleton - systemkonform - ein infantiler Handwerker.
Herr HEINE könnte
sich dabei sogar als neue Avantgarde des Feuilletons fühlen!
Neulich konnte man
jedenfalls in dem taz-Artikel
Die
Frankfurter Hegemonie über die Forderung des
Neue-Mitte-Soziologen Heinz BUDE lesen:
Die Frankfurter Hegemonie
"Heinz Bude (...)
(vermisste) in seinem Beitrag vom »Ende des Endes der
Kulturkritik« (...) ein differenziertes Hingewendetsein des
Feuilletons zur Gegenwart. Er klagte Reportagen und Analysen
ein, die zeigten, wie seltsam und unerklärlich die Gesellschaft
manchmal funktioniert und wie kompliziert sie ist. Vom
Feuilleton, so Bude, wolle er etwas über das »Mysteriöse der
Gesellschaft« erfahren. Damit markierte Bude gleichsam im
Vorübergehen die genaue Gegenposition zu Kunstkonservatismus und
Gesellschaftsverachtung."
(Dirk Knipphals in der taz vom 22.09.2003) |
Herr HEINE scheint dies
aber irgendwie falsch verstanden zu haben. Nicht wenn er die
Welt nicht mehr versteht und ihm die Welt deshalb mysteriös
vorkommt und Infantilismus gerade irgendwie das angesagte
Trendwort zu sein scheint, ist das schon Reportage oder Analyse.
Infantil! Infantil! Infantil!
Infantil, man erinnert
sich, infantil, da war doch was! Ach, ja. 1978! Mitten im roten
Jahrzehnt! Alltagswende! Michael RUTSCHKY! Infantil! Christopher LASCH
und das Zeitalter des Narzißmus! Infantilisierung: wachsende
Verdummung, Kompetenzschwund, Angst vor dem Alter! Wer nach 1978
Infantilismus noch immer für das angesagteste Trendwort hält,
dem kann man einfach keine Originalität mehr bescheinigen. Dem
muss man eher Borniertheit bescheinigen.
Infantilisierung
Aber es ist natürlich ganz
anders. Journalisten lesen Bücher und in Büchern wie jenem von
Volker MARQUARDT über Das Wissen der 35-Jährigen stehen
dann genau jene Bekenntnisse über Infantilität auf die dann das
Feuilleton wieder reagieren kann. MARQUARDT ist
natürlich auch Journalist und liest deshalb Feuilletons und
natürlich liest er Bücher und natürlich hat er Generation
Golf gelesen und natürlich ist dort alles infantil.
Wie beim Ping Pong
macht das Wort dann so lange die Runde, bis es sich verbraucht
hat. Das kann dauern. Und möglicherweise ist es ein Dauerläufer,
denn seit den 1970er Jahren gibt es offenbar einen Bedarf nach
solchen Büchern und solchen Texten, aber wir Infantilisten,
finden das zum Kotzen (Infantil dieser Ausdruck, falls es
jemand noch nicht bemerkt haben sollte!)
Der bekennende Infantilist
Wir Infantilisten, wir
finden Euere Texte über die Infantilisierung zum Kotzen
(übrigens, infantil! Ganz bewusst...). Ab sofort wird zurück
geschrieben! Wir Infantilisten beharren auf dem Status des
Erwachsenen auch für Singles und Aussagen von HEINE wie:
Alter verpiß dich!
"Großstadt-Singles
jenseits der Vierzig, die Hauptverdächtigen im Falles des
Bevölkerungsknicks, sind meist eher Menschen, die unter dem
Einfluß hedonistischer Progapandaverheißungen so lange vor dem
Erwachsenwerden geflohen sind, bis sie irgendwann mit Grausen
feststellen mußten, daß sie nunmehr alt waren - zumindest
körperlich. Kinder hätten in diesen Verblendungszusammenhängen
nur gestört. Schlimm genug wäre schon der Realitätsschock durch
das Auftreten eines Fürsorge verlangenden Kleinkindes. Aber noch
entlarvender spiegelt sich der Erwachsene im Auge des älteren
Kindes: Nichts könnte für den Jungbleibenwoller ernüchternder
sein als der verächtliche Blick eines echten Teenagers auf die
vermeintlich coolen Klamotten von Papa und Mama oder die
achtlose Verwerfung einer CD-Sammlung, die gestern noch hip war"
(Matthias Heine in der FAS vom
23.11.2003) |
finden wir deshalb
singlefeindlich. Offensichtlich hat
HEINE das Buch von Reinhard MOHR über die Generation Z
gelesen, aber MOHR ist eben auch wieder nur ein Journalist und
als ebensolcher bekommt er die journalistischen Klischees und
Debatten nicht aus seinem Kopf. Er ist ebenfalls ein Angehöriger
des Medienghettos und gehört wie die meisten dieses
Alters zur ehemaligen Alternativkultur.
Die Gruppe der
Singles ist jedoch wesentlich heterogener. Wir Infantilisten
sind nicht infantil, sondern infantilistisch!
Wir Infantilisten nehmen nur jene
ernst, die uns ernst nehmen
Wir Infantilisten - ob
partnerlos, kinderlos oder sonstiges -los oder auch gar nichts
-los im Gegensatz zu nichts los... - lassen uns von keinem
vorschreiben, wie wir zu leben haben und woran wir Spaß haben.
Euren ADORNO und
FREUD und LASCH und BECK und sonstige Propheten der Kulturkritik
könnt Ihr in die Mottenkiste packen. Die Welt ist eine andere. Eure Propheten haben uns nichts mehr zu sagen. Wir
sagen Euch den Kampf an!
Individualisierung war gestern
Individualisiert.
Individualisierter. Am individualisiertesten. Wieviel
Steigerungsformen gibt es eigentlich noch? Wie in der
Waschmittelwerbung wird uns Individualisierung als der letzte
Schrei verkauft. Aber
Individualisierung ist ein Ladenhüter
geworden. Die Zeichen stehen auf Kollektivierung.
Eure Spaltereien
interessieren uns nicht mehr. Familie oder Single, das
sind keine Gegensätze, sondern gleichwertige Optionen, die sich
nicht an Haushaltsformen festmachen lassen. Familienphasen und
Singlephasen können im Lebenslauf abwechseln. Die
verlängerte
Lebensspanne macht das alte Modell der klassischen
Dreiteilung des Lebenslaufs obsolet. Wer das nicht begriffen
hat, der ist hoffnungslos gestrig! Uns Infantilisten gehört die
Zukunft, die Vergangenheit überlassen wir gerne Euch.
Die Single-Lüge - Das Buch zur Debatte
"Dies
ist die erste grundlegende Auseinandersetzung mit dem
nationalkonservativen Argumentationsmuster, das zunehmend
die Debatte um den demografischen Wandel bestimmt.
Hauptvertreter dieser Strömung sind Herwig Birg, Meinhard
Miegel, Jürgen Borchert und Hans-Werner Sinn. Die
Spannbreite der Sympathisanten reicht von Frank
Schirrmacher bis zu Susanne Gaschke. Als wichtigster
Wegbereiter dieses neuen Familienfundamentalismus muss der
Soziologe Ulrich Beck angesehen werden.
Es wird aufgezeigt, dass sich die
nationalkonservative Kritik keineswegs nur gegen Singles
im engeren Sinne richtet, sondern auch gegen Eltern, die
nicht dem klassischen Familienverständnis entsprechen.
Die Rede von der "Single-Gesellschaft"
rechtfertigt gegenwärtig eine Demografiepolitik, die
zukünftig weite Teile der Bevölkerung wesentlich
schlechter stellen wird. In zahlreichen Beiträgen, die
zumeist erstmals im Internet veröffentlicht wurden,
entlarvt der Soziologe Bernd Kittlaus gängige
Vorstellungen über Singles als dreiste Lügen. Das Buch
leistet damit wichtige Argumentationshilfen im neuen
Verteilungskampf Alt gegen Jung, Kinderreiche gegen
Kinderarme und Modernisierungsgewinner gegen
Modernisierungsverlierer." |
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