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Mütter gegen
Mütter
"Wer nicht stillt, ist
egoistisch, wer nicht arbeiten geht, erdrückt sein Kind
mit zu viel Liebe, wer seinen Kindern keine Manieren
beibringt, bekommt die Quittung. Statt sich gegenseitig zu
unterstützen, machen viele Frauen einander das Leben
schwer. Mit Belehrungen, Vorurteilen und gnadenlosem
Ehrgeiz kämpfen Mütter gegen Mütter".
(Brigitte vom 26.02.2002) |
Der Mütterkrieg aus der Perspektive
der berufstätigen Mütter
Das
Brigitte-Dossier
Mütter gegen Mütter widmet
sich dem Mütterkrieg aus der
Perspektive der Karrieremutter. Ziel ist es,
die gegensätzlichen Mütterinteressen im Vorfeld
des anstehenden Familienwahlkampfes zu bündeln,
um die Kontroverse Familien contra
Singles forcieren zu können.
Vollzeitmütter und Halbtagsmütter sollen sich
deshalb mit den Interessen der Karrieremütter
solidarisieren.
Die fiesen Methoden der Mütterpolizei
Im Artikel
von Birgit SCHÖNBERGER werden die "fiesen
Methoden der Mütterpolizei" angeprangert.
Bereits Anfang der 1980er Jahre hat die Soziologin
Elisabeth BECK-GERNSHEIM die
hohen
Ansprüche von Müttern als eine der
Ursachen der steigenden Kinderlosigkeit zum Thema
gemacht. SCHÖNBERGER
beschreibt aus dieser Perspektive den
Konkurrenzkampf
zwischen werdenden Müttern. Die Autorin
kritisiert das Gebären als Hochleistungssport
und fragt, ob nicht gerade jene
Frauen,
deren berufliche Karrieren gescheitert sind,
dies auf dem Gebiet der Mutterschaft kompensieren
müssen. Auch die
späten Mütter,
die "nach langen Single-Jahren kurz vor der
Memopause" doch noch ein Kind bekommen
möchten, sind anfällig für den Hochleistungssport
Gebären.
SCHÖNBERGER
kritisiert einerseits die Kritiksucht der anderen
Mütter, die sich "ratgeberkonform"
verhalten, aber andererseits kann sie sich mit
einem eigenen Ratschlag auch nicht zurückhalten:
"Du bist das Problem. Entspann dich, dann
entspannt sich auch dein Kind". Die daraus
resultierende Konsequenz: "Das ist der
Anfang vom Ende der Mütterpolizei". Und man
könnte hinzufügen: Das liegt genau im
gegenwärtigen Wellnesstrend mit seiner
entsprechenden Ratgeberliteratur.
Mamas, vereinigt euch!
Im zweiten
Artikel fordert Silke PFERSDORF "Mamas,
vereinigt euch!". Sie hat die
Kompromissformel
gefunden, hinter der die Mütterfront gemeinsam
marschieren soll:
Mamas,
vereinigt euch!
"Das
Kind braucht seine Mutter - aber welche nur?
Das 24-Stunden-Modell oder die
Von-sechs-bis-acht-Uhr-spiele-ich-mit-dir-Variante?
Beides taugt, sagen die Experten: Hauptsache,
der Nachwuchs ist liebevoll versorgt, von wem
auch immer. Au pair, Krippe und Tagesmutter
richten keinen Schaden an, und sozialer,
friedfertiger oder netter wird man in
Ganztagsobhut der eigenen Mutter
erwießenermaßen auch nicht".
(Brigitte vom 26.02.2002) |
Danach
kommen die üblichen Argumente, mit denen
PFERSDORF für die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie wirbt. Der Hauptfeind
der Mutter ist nicht die andere Mutter, sondern
die Gesellschaft:
Mamas,
vereinigt euch!
"Mit
klaren Werten und Normen kann die
Gesellschaft derzeit nicht dienen, die
Theorien zum Durchschlafen, Grenzensetzen und
Loslassen des Nachwuchs erschlagen sich
gegenseitig, und stapelweise Ratgeber
erdrücken das mütterliche Gewissen".
(Brigitte vom 26.02.2002) |
Mit diesem
Problem, das so alt ist wie die
Mediengesellschaft,
werden sich wohl auch die nächsten
Müttergenerationen abfinden müssen. Die
Alternative wäre Gleichschaltung!
Nichtsdestotrotz
weiß PFERSDORF genau, wo das
Paradies der berufstätigen Mutter liegt: in
Frankreich.
Barbara VINKEN, die Hamburger Karrieremutter, hat
der "deutschen Mutter" in ihrem Buch
die Leviten gelesen und gleichfalls auf
Frankreich verwiesen.
Die deutsche
Mutter
"In
Deutschland müssen Frauen sich immer noch entscheiden:
entweder Kinder oder Karriere. Warum? Muss es uns nicht
beunruhigen, dass eine Französin, eine Dänin oder eine
Italienerin sich nicht vor diese Wahl gestellt sieht? Und
warum glauben wir trotzdem immer noch, in Sachen
Emanzipation Vorreiter in Europa zu sein? Barbara Vinken
analysiert den Zusammenhang dieses Missverhältnisses,
seine Ursprünge und Auswirkungen. Ihr Fazit: Die deutsche
Politik hat sich immer viel mehr um die Familie als um die
Selbständigkeit der Frau gekümmert. Der Grund für diese
Einseitigkeit ist der uralte, bis heute ungebrochene
Mythos der Mütterlichkeit. Wie ein roter Faden zieht er
sich vom Protestantismus durch die nationalsozialistische
Ideologie bis zum heutigen Bio-Gesundheitswahn: Nur die
gesunde Kleinfamilie mit einer Mutter, die sich um alles
kümmert, kann gegen die kalte, harte Welt bestehen."
(Klappentext, 2001) |
Aber wenn man dem
Soziologen Jean-Claude KAUFMANN glauben darf, dann gibt es dort
genauso Kämpfe um die Schmutzige Wäsche und die
Singlefrau wartet vergeblich auf den
Märchenprinzen. Der französische Journalist GUILLEBAUD
prangert die Tyrannei der
Lust an und Michel HOUELLEBECQ hat in
Frankreich die "Rabenmutter"
salonfähig gemacht. Möglicherweise ist also in
Frankreich das Paradies der berufstätigen Mutter
- trotz momentan höherer Geburtenrate - massiv
am Verschwinden.
Bei der Oma wird nicht rumgesaut
Im dritten
Artikel beklagt sich eine Mutter über die
antiautoritären
Erziehungsmethoden ihrer Tochter.
"Grenzen setzen" lautet der
unüberhörbare Zeitgeist, der von der
Generation
Golf diktiert wird (vgl. Susanne GASCHKE "Die
Erziehungskatastrophe", 2001).
Die Mutter seiner Kinder
Im
darauf folgenden Beitrag protokolliert Nicola
RICCI das Leid einer Stiefmutter, der die
leibliche Mutter ständig in die Quere kommt.
Es gibt kein Richtig und kein Falsch
Zum Abschluss
werden zwei Mütter interviewt, die auf den
ersten Blick gegensätzlicher nicht sein
könnten: Einerseits eine Bäuerin auf dem Dorf
und andererseits eine großstädtische
Architektin. Großfamilie hier und allein
Erziehende dort. Die
Gemeinsamkeiten überwiegen jedoch: beide sind
Ende 30, beide leben jenseits der
Ein-Kind-Familie, beide leben nicht die
traditionelle Form der Kernfamilie und beide sind
keine typischen Vertreterinnen ihres
Berufsstandes. Die Bäuerin hat eine Ausbildung
als Bankkauffrau durchlaufen und betreibt mit dem
Reiten ein Hobby, das dem bäuerlichen Landleben
widerspricht. Die Architektin wohnt dagegen im
vornehmen Hamburger "Single"-Stadtteil
Eppendorf. Dort vermutet man kaum die
medientypischen allein Erziehenden, die
sozialhilfeabhängig am Rande des
Existenzminimums leben.
Die Single-Lüge - Das Buch zur Debatte
"Dieses
Buch sollte als Beitrag zur Versachlichung der Debatte
verstanden werden und liefert deshalb Argumente für eine
neue Sichtweise auf das Single-Dasein im Zeitalter der
Demografiepolitik. In einer funktional-differenzierten
Gesellschaft sollten Kinderlose genauso selbstverständlich
sein wie Kinderreiche. Warum sollten sich unterschiedliche
Lebensformen, mit ihren jeweils spezifischen Potenzialen
nicht sinnvoll ergänzen können? Solange jedoch in Singles
nur eine Bedrohung und nicht auch eine Chance gesehen
wird, leben wir in einer blockierten Gesellschaft, in der
wichtige Energien gebunden sind, die bei den anstehenden
Herausforderungen fehlen werden.
(2006, S.254)" |
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