Das Jahr 2001 im Spiegel der
Medien
1) Singles
und Politik
Das familienpolitische Jahr
kannte zwei zentrale Daten: zum einen das
Pflegeurteil des Bundesverfassungsgerichts am 03.
April 2001 und die Verabschiedung der
Rentenreform am 11. Mai 2001. Zwischen diesen
beiden Terminen spielte sich die heiße Phasen
der Medienkampagne gegen Singles
ab. Der Spiegel brachte das BVG-Urteil
auf den Titel: Zurück
zur Familie (09.04.). Die Woche machte aus
Deutschland Die Altenrepublik
(27.05.) und der Stern fragte scheinheilig Sind
Kinderlose jetzt Sozialschmarotzer?
(03.05.). Für Die ZEIT ist Deutschland gar das Land ohne Kinder.
Nach der
Verabschiedung der Rentenreform war dann
Deutschland fast wieder einig Familienland: Max titelte Abenteuer Kind
(28.06.) und der Spiegel machte daraus: Der
neue Mutterstolz. Kind statt Karriere
(16.07.). Die
Frauenzeitschrift Brigitte hatte kurz zuvor ein Dossier
zur Frage Glücklich ohne Kind?
(11.07.) veröffentlicht, während Emma gar noch vom Gebärstreik
(Juli/August) träumte.
2) Singles
und Sex
Sex ist politisch korrekt nur in der
Ehe zulässig. Britney SPEARS und
"True love
waits" sind das publizierte Single-Credo. Der Sommer der Liebe wird deshalb vom Thema
Seitensprung in der Ehe beherrscht. Da bleibt die Eifersucht
(Stern 09.08.) nicht aus. Aber das Eheleben kann
auch in sexuellen Stress ausarten, weswegen
Brigitte mit Sexlügen
Entlastung schafft.
Erst anlässlich des Starts der Serie Sex and the City
erinnert man sich wieder des Themas Single-Sex.
Von Marie-Claire's Single-Frauen und Sex
(August) bis Max' Sex der Single-Frauen
(31.10.) fällt den Schlagzeilengestaltern nichts
Überraschendes ein.
3) Singles
und Konsum
Vom 28. Juni bis zum 01. Juli fand
die SingleWorld - Messe für das Single-Leben
statt. Es war die erste Single-Messe in
Deutschland und sollte ein Mega-Event werden. Die Veranstalter
hatten Wiesbaden aufgrund der enormen Ballung von
Einpersonenhaushalten im
Rhein-Main-Gebiet ausgesucht. Aus dem Mega-Event
wurde jedoch ein Mega-Flop. Das Medieninteresse
war gering, denn die Familie war gerade angesagt
und die Singles hatten etwas besseres zu tun.
Singles - Individualisten machen mobil
"Kaum ein Filialist fokussiert
sich besonders auf Singles. Neue Gesellschaftsstrukturen
hin oder her. (...).
»Die Neigung, außer Haus zu essen oder Bringdienste zu
ordern, ist bei vielen Singles sicherlich stärker
ausgeprägt als bei Familien«, sieht es
Unternehmenssprecherin Ulrike Jungmann. (...) Ein
gegenüber Familien kleiner Warenkorb und eher kurzfristig
orientierte Einkaufsentscheidungen machen wohl den größten
singletypischen Unterschied aus."
(2001, S.60) |
Vielleicht hätte
die Veranstalter das Spezialheft der
LebensmittelZeitung Singles -
Individualisten machen mobil (August)
vor allzu krassen Fehlschlüssen bewahrt, denn
nicht jeder Single ist ein Yuppie
und nicht jeder Einpersonenhaushalt beherbergt
einen Partnerlosen. Auch die Studie Berufsmobilität und Lebensform
von Norbert F. SCHNEIDER, die Ende August
vorgestellt wurde, hätte das Bild relativiert.
Diejenigen, die zwar einen Single-Haushalt
unter der Woche im Ballungsraum führen, fahren
am Wochenende lieber zum Partner statt zugunsten
einer drögen Single-Messe auf ein gemeinsames
Wochenende zu verzichten. Solche
Fernlieben sind
jedenfalls weiter verbreitet als die Single-Debatte dies
vermuten lässt.
4) Singles
in TV, Film und Literatur
Das Kinojahr brachte mit Bridget
Jones - Schokolade zum Frühstück und Mondscheintarif bewährte
Yuppie-Kost. Im Fernsehen startete erstmalig die US-Yuppie-Serie Sex
and the City nach dem gleichnamigen
Buch von Candice BUSHNELL. Der Zeitpunkt hätte
ungünstiger nicht sein können, denn es war
gerade das
Ende der Spaßgesellschaft
angesagt.
Die Singles hat letzteres jedoch wenig beeindruckt.
Der Kabarettist
Frank GOOSEN plädierte mit seinem Buch Liegen
lernen für das Single-Dasein als
normale Lebensphase im historisch unbedeutenden
Leben der Generation Golf. John von DÜFFEL widmete sich
dagegen dem Ego in der Fitness-Gesellschaft und Michel
HOUELLEBECQ legte in Frankreich mit Plateforme seinen
dritten Roman vor.
Er brachte sich so erfolgreich ins Gespräch, dass die Deutschen
das umstrittene neue Werk Plattform
bereits im Februar 2002 in der Buchhandlung
kaufen können.
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