2017
Die Medienberichte März - Juni 2017
GARAT, Jean-Baptiste & Marion MOURGUE (2017): Le
jour où Les Républicains ont explosé.
Un nouveau groupe "Républicains
constructifs, UDI et indépendants" est né mercredi à l'Assemblée,
in:
Le Figaro v. 22.06.
GARAT & MOURGUE berichten über die Gründung zweier Fraktionen bei den
Republikanern:
"A l'Assemblée mercredi, deux
groupes ont pris forme: un groupe LR "canal historique" avec 98
inscrits et un nouveau groupe "Républicans constructifs, UDI et
Indépendants" composé pour 17 députés LR et de 17 élus UDI."
In der deutschen Presse ist darüber
nur spärlich berichtet worden. In der heutigen FAZ heißt es
dazu lediglich:
"Die bürgerliche Recht spaltet sich
in der Nationalversammlung fortan in Unterstützer und Gegner von
Macron. Am Mittwoch schlossen sich Abgeordnete von LR zu einer »Die
Konstruktiven« genannten Fraktion zusammen. Unter der Führung von
Thierry Solère (LR) und Jean-Christophe Lagarde (UDI) wollen sie die
Regierung von Fall zu Fall unterstützen. (...). Der LR-Abgeordnete
Christian Jacob wurde als Fraktionsvorsitzender der Rest-LR-Franktion
am Mittwoch bestätigt."
Gemäß der
Website der Nationalversammlung sind bislang noch keine Fraktionen
aufgeführt, d.h. es handelt sich bislang noch um Gründungsabsichten,
die noch der offiziellen Bestätigung bedürfen. Christophe LAGARDE (UDI)
gewann den
5. Wahlkreis im Département Seine-Saint-Denis. Thierry SOLÈRE (LR)
siegte im
9. Wahlkreis im Département Hauts-de-Seine. Sein Parteigenosse
Christian JACOB setzte sich im
4. Wahlkreis im Département Seine-et-Marne durch.
REZAGUI, Insaf (2017): Alle lieben Macron.
Ich nicht!
Weshalb es sich lohnt, für die Sozialistische Partei Frankreichs zu
kämpfen, die kurz vor dem Zusammenbruch steht,
in:
Die ZEIT Nr.26 v. 22.06.
Die 22-jährige Sozialistin Insaf REZAGUI ist im
5. Wahlkreis des Départements Var angetreten und landete im ersten
Wahlgang abgeschlagen auf Platz 9 von 16 angetretenen Kandidaten.
Durchgesetzt hat sich im zweiten Wahlgang MACRONs Partei gegen den
FN-Kandidaten. Die Kandidatin von France Insoumise landete hinter dem
Kandidaten der Republikaner auf Platz 4.
"(V)or allem bin ich den
Sozialisten beigetreten, weil die Partei die einzige war, die
entschlossen gegen den rechtsextremen Front National gekämpft hat. In
meiner Heimatregion im südfranzösischen Var wurde der Front National
schon damals immer stärker. (...).
Warum bleibe ich noch dabei? Der Front National und die ganze
Faschosphäre macht mir hzu viel Angst, als dass ich mich traute, das
Handtuch zu werfen.
Seit 2014 stellt in meiner Heimatstadt Frejus der Front National den
Bürgermeister. Die PS wird nach wie vor die wichtigste Rolle im
Kampf gegen den Rechtsextremismus spielen. Das zeigt die Geschichte
der Partei. Zum Beispiel hat die Partei in den 1980er Jahren das
Bündnis S.O.S. Racisme mitbegründet, heute die größte
Antirassismus-Organisation Frankreichs",
rechtfertigt REZAGUI ihren
Parteieintritt 2012
und warum sie weiter den Sozialisten treu bleibt.
WALTHER, Rudolf (2017): Generalstreik der Wähler.
Frankreich: Präsident Macron hat
eine sichere Basis im Parlament, weniger im Volk,
in:
Freitag Nr.25 v. 22.06.
Rudolf WALTHER sieht in der niedrigen
Wahlbeteiligung ein Legitimationsproblem von MACRON. Außerdem
kritisiert er, dass - nicht nur - in Deutschland, sondern auch in
anderen Ländern außerhalb von Frankreich die Gefahr durch den Front
National hochgespielt wurde, obwohl der FN chancenlos war wie jeder
informierte Leser in Frankreich wusste. WALTHER beschreibt MACRON als
"republikanischen Monarch" in der Tradition von Charles de GAULLE. Die
Prinzipien der geplanten Arbeitsrechtsreform umschreibt er als "Mehr
arbeiten, weniger verdienen, leichter entlassen".
WIEGEL, Michaela (2017): Zwei weitere
Rücktritte.
Macron musste nun vier Posten neu
besetzen,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 22.06.
VEIEL, Axel
(2017): Emmanuel Macron sortiert weitere Minister aus.
Abtrünnige aus den Reihen der
Konservativen und der Zentrumspartei springen Frankreichs Präsident
zur Seite,
in:
Frankfurter Rundschau v. 22.06.
Axel
VEIEL liefert eine wohlwollende Interpretation der ersten
Regierungskrise in Frankreich ab. Dass die
Koalition mit
Mouvement démocrate (MoDem)
schon kurz nach den Parlamentswahlen scheitern könnte, wird von VEIEL
nicht als Problem betrachtet, weil die Zentrumspartei UDI, die zur
Wahl noch gemeinsam mit den Republikanern angetreten war, eine eigene
Fraktion bilden möchte, zu der weitere MACRON-Fans der Republikaner
überlaufen könnten.
KLIMM, Leo (2017): Minister-Domino in Paris.
Eine politische Formalie gerät zu
Macrons erster Kabinettskrise,
in:
Süddeutsche
Zeitung v. 22.06.
BALMER, Rudolf (2017): Das gibt Macron erst
recht freie Hand.
Frankreich: Kurz vor Bekanntgabe
der neuen Regierung treten die Minister des Partners Modem zurück,
in: TAZ
v. 22.06.
KLINGSIECK, Ralf (2017): "Ein Viertel der Regierung fällt".
Ministerrücktritte zwingen
Frankreichs Präsidenten zu umfassender Regierungsumbildung,
in:
Neues Deutschland v. 22.06.
"Als Parteigründer Bayrou im Februar erklärte, dass er auf eine eigene
Prädidentschaftskandidatur verzichtet und Emmanuel Macron unterstützt,
hat diesem mehr das Prestige des Zentrumspolitikers als dessen
überschaubare Anhängerschaft geholfen.
Erinnert sei daran, dass Bayrou im April bei der Aufstellung der En
Marche-Palamentskandidaten medienwirksam seine Verärgerung zum
Ausdruck brachte, weil man seiner Partei zu wenig sichere Wahlkreise
zugebilligt hatte. Macron lenkte ein, sodass die kleine MoDem-Partei
im Parlament nun deutlich überrepräsentiert ist",
berichtet
Ralf KLINGSIECK im Zusammenhang mit dem Rücktritt aller MoDem-Minister.
Der Republikaner Thierry SOLÈRE, ein Fan von MACRON, will eine eigene
Fraktion gründen.
HANKE, Thomas
(2017): Macron sucht neue Balance.
Es sollte eine technische
Kabinettsumbildung werden. Doch Skandale zwingen Frankreichs
Präsidenten, die Gewichte neu auszutarieren,
in:
Handelsblatt v. 22.06.
Thomas HANKE berichtet nicht nur
über die drei bereits zurückgetretenen Minister des Koalitionspartners
MoDem (Verteidigungsministerin Sylvie GOULARD, Justizminister François
BAYROU und Europaministerin Marielle de SARNEZ und den Ex-Sozialisten
Richard FERRAND, der als Minister für den ländlichen Raum vorgesehen
war. HANKE berichtet auch darüber, dass die zentrale Figur der
geplanten Arbeitsrechtsreform, die Arbeitsministerin Murielle PÉNICAUD
ebenfalls unter Druck steht HANKE zählt die Vorzüge der
Ministerin auf, die die unbeliebte Reform durchsetzen soll.
GOAR, Matthieu
(2017): La droite divorce, de guerre lasse.
Thierry Solère a annoncé la création
d'un groupe parlementaire distinct du réste des députés Les
Républicains,
in: Le Monde v. 23.06.
BESSE DESMOULIÈRES, Raphaëlle
(2017): Communistes et "insoumis" feront groupe à part à l'Assemblée.
Le PCF dit pouvoir compter sur
quatre députés ultramarins, avec lesquels il est en train de finaliser
un accord, en sus des onze élus,
in: Le Monde v. 23.06.
MEISTER, Martina (2017): Macrons Machiavellismus.
Leidartikel: Die Revolution frisst
gern ihre eigenen Kinder. Mit einem Schlag verliert die neue
französische Reformregierung drei Minister. So schnell geht es, wenn
man die Politik einem Moraltest unterzieht,
in:
Welt v. 23.06.
Martina
MEISTER fragt angesichts der Entledigung des Steigbügelhalters
François BAYROU (MDM),
ob man MACRON als "knochenharten Macchiavellisten betrachten muss,
bleibt aber die Antwort schuldig, denn es sei noch zu früh für
solch ein Urteil. Stattdessen beschwört MEISTER die Gefahr, dass
der Gesinnungsethik der Vorrang vor der Verantwortungsethik ("Der
Zweck heiligt alle Mittel") gegeben wird und dies in einen neuen
Tugendterror umschlagen könnte:
"Und die ersten
Revolutionäre, Macron weiß das sehr gut und er sollte es nie
vergessen, landeten am Ende allesamt selber auf dem Schafott,
weil aus ihrem hohen Anspruch auf Tugend der Tugendterror
geworden war."
Das klingt ziemlich deutsch.
BACHSTEIN, Andrea (2017): Macrons Befreiungsschlag.
Der französische Präsident
präsentiert ein neues Kabinett, aus dem mehrere belastete Minister
weichen mussten,
in:
Süddeutsche
Zeitung v. 23.06.
Eine
Liste aller aktuellen Kabinettsmitglieder
findet sich auf der Website der französischen Regierung.
ULRICH, Stefan (2017): Ein Mann, ein Wort.
Kommentar: Frankreich,
in:
Süddeutsche
Zeitung v. 23.06.
"Belastete
Politiker sind verschwunden. Viele neue Gesichter tauchen auf. Und
die Hälfte des Kabinetts besteht aus Frauen. Macron steht, fürs
Erste, als ein Mann da, der Wort hält.
Das ist eine angenehme Überraschung",
lobt ULRICH.
VEIEL, Axel
(2017): Kabinett mit Unbekannten.
Macrons neue Ministerinnen sind
bislang kaum öffentlich in Erscheinung getreten,
in:
Frankfurter Rundschau v. 23.06.
Axel VEIEL stellt die neuen Ministerinnen
Nicole BELLOUBET (Justiz),
Florence PARLY (Verteidigung) und
Nathalie LOISEAU (Europaangelegenheiten) vor.
BALMER, Rudolf (2017): Fachkompetenz an Bord geholt.
Emmanuel Macron stellt sein
Kabinett um,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 23.06.
Schrieb gestern Rudolf BALMER in der
taz:
"Das Ausscheiden der
Modem-Leute kann es Macron erlauben, zusätzlich bisherige
Konservative oder Sozialisten in die Regierung zu holen und so
einerseits die Koalition zu erweitern und die Spaltung in diesen
beiden Parteien zu verstärken."
So heißt es heute in der NZZ:
"Das Ausscheiden der
Modem-Leute hätte es Macron erlaubt, zusätzlich bisherige
Konservative oder Sozialisten aus der Opposition in die
Regierung zu holen und so die Koalition zu erweitern und die
Spaltung in diesen Parteien zu verstärken. Macron hat solche
parteipolitischen Überlegungen offenbar ausgeblendet und es
vorgezogen, Fachkompetenz in sein Kabinett zu holen."
WIEGEL, Michaela (2017): Frankreichs Jupiter.
Macron will erleuchten und Sinn
stiften. Die Konkurrenz anderer Parteien ist weg, und am
Kabinettssitz sitzen Fachleute, keine Charismatiker,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 25.06.
Michaela WIEGEL arbeitet am
Personenkult um MACRON, der wahlweise als neuer Napoleon, Charles
de GAULLE oder als Jupiter gesehen wird. WIEGEL hält sich an
MACRONs Selbstbild als Jupiter. Ansonsten geht es um den
Niedergang des Verbündeten von MARCON, die Skandalumwitterte
MoDem-Partei, die als Erbe "christlicher Demokratie" (andere sagen
dazu nur Zentrumspartei) von MRP bis zu UDF beschrieben wird.
Scheinbeschäftigungen werden als Folge der Parteienfinanzierung in
Frankreich gerechtfertigt, die dazu führt, dass große Wahlverluste
wie jetzt bei den Sozialisten zu Finanzproblemen führen, die
Parteien an den Rande des Ruins bringen können. Dumm ist nur, dass
man den Front National eben genau deswegen auch kaltstellen
möchte:
"Die mutmaßliche Affäre ist
auch deshalb politisch heikel, weil ausgerechnet die
Rechtspopulisten vom Front National im Verdacht stehen, auf
ähnliche Weise ihre Parteiausgaben gesenkt zu haben. Gegen
Marine Le Pen und mehrere andere FN-Europaabgeordnete läuft
schon ein Strafverfahren. Aber gerade deshalb machte sich Barou
als Justizminister unmöglich, der die Moralisierungsoffensive
der Ära Macron verkörpern soll."
MACRON gehört zu jenen
Politikern, die wie ERDOGAN in der Türkei, das Parlament
ausschalten möchten und möglichst die Machtfülle auf sich ganz
allein vereinen möchten. MACRON ist kein Jupiter, sondern Vorbote
postdemokratischer Regime mitten im demokratischen Westen, der
sich so viel auf seine demokratischen Werte einbildet - doch immer
mehr zum postdemokratischen Regieren neigt.
SCHUBERT, Christian (2017): Zwischen Aristokratie und Aufbruch.
Wohnen in Versailles: Wo früher
Frankreichs Könige residierten, hat es sich der Adel bequem gemacht.
Nun rüttelt Wandel die Stadt auf,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 25.06.
Christian SCHUBERT liefert weniger eine
Wohnungsmarktanalyse, sondern ein Stadtporträt, das Versailles zum
adligen Anti-Paris stilisiert:
"In Versailles gehen die Uhren
noch anders. Hier schlägt das Herz des französischen Adels, hier
ist das Zentrum des Großbürgertums, das am Sonntag in die Kirche
geht - die katholische, versteht sich - und seine Kinder zu den
Pfadfindern schickt, die meistens auch stark katholisch geprägt
sind."
Hier gelten noch Sitten wie im
indischen Kastensystem. Ziel ist die "standesgemäße Verkupplung":
"Den sozialen Rang durch die
Ehe zu verwässern wäre dann doch zu schade."
Und natürlich zählt in der
Oberschicht zahlreicher Nachwuchs zum Statussymbol:
"Die finanziell gut gestellten
Familien, von denen es zahlreiche gibt, haben oft vier oder fünf
Sprösslinge."
Als Gegenbild wird uns der
Pariser Bourgeois Boheme (kurz: Bobo) beschrieben.
Der Sieg von MACRONs
REM-Kandidaten wird als Indiz eines Aufbruchs gesehen, obwohl der
nicht unbedingt den Bürgern von Versailles zu verdanken war.
Versailles gehört zum 1. Wahlkreis des Départements Yvelines:
"Ein Parlamentskandidat der
Präsidentenpartei »En Mache« hat kürzlich den Wahlkreis von
Versailles gegen die lange dominierenden Konservativen gewonnen.
Allerdings lag as vor allem an den Umlandsgemeinden. In der Stadt
stimmten 60 Prozent für den Konservativen."
Zum Wahlkreis gehören neben dem
Großteil von Versailles die Städte
Montigny-le-Bretonneux,
Guyancourt und
Viroflay.
GOLDBERG, Jörg (2017): Der Mythos vom verkrusteten Frankreich.
Kolumne: Das verzerrte Bild zielt
vor allem darauf ab, die Sozialsysteme im Nachbarland zu schleifen,
in:
Neues Deutschland v. 26.06.
Neoliberale, die in Frankreich Reformen nach deutschem Vorbild
durchsetzen wollen, sehen in Frankreich den kranken Mann Europas. Dazu
gehört auch das Bild von den verkrusteten politischen Strukturen, die
Neoliberalen als Reformhindernis gelten. Da erzählt uns Jörg GOLDBERG
nichts Neues. Dass aber auch Kritiker des Neoliberalismus die
Demografiekeule schwingen, lässt sich an GOLDBERG zeigen:
"Seit Langem hat Frankreich einen
deutlichen Geburtenüberschuss - dort werden (pro Frau)
durchschnittlich zwei Kinder geboren, in Deutschland sind es etwa 1,4.
Infolgedessen ist Frankreichs Bevölkerung jünger: Fast ein Drittel ist
unter 25 Jahren, in Deutschland sind des weniger als ein Viertel.
Dafür sind bei uns 21,5 Prozent der Menschen älter als 65 in
Frankreich wenige als 19 Prozent, obwohl die Lebenserwartung dort zwei
Jahre höher ist als in Deutschland."
Abgesehen davon, dass die
Geburtenrate in Frankreich bei 1,9 und in Deutschland bei 1,5 liegt -
ist die Demografie kein entscheidender Faktor, denn sonst müsste das
kinderreiche Afrika südlich der Sahara eine Oase sein. Und viele unter
25-Jährige gelten andernorts als gefährlicher "youth bulge".
Frankreich mit seinen Aufständen in den Vorstädten, die immer wieder
aufflammen, könnten darunter subsumiert werden, wäre dafür nicht die
Demografie, sondern Politikversagen die Ursache.
Die hohe Jugendarbeitslosigkeit in Frankreich wird von GOLDBERG im
Grunde als Demografieproblem verstanden, weshalb seine positive Sicht
auf die französische Demografie eher verwundert.
BOICHOT, Loris (2017): Les "marcheurs" partent à l'assault des
présidences des commissions,
in:
Le Figaro v. 29.06.
Loris BOICHOT stellt die 8 designierten Vorsitzenden der
Fachausschüsse der Nationalversammlung vor, die heute gewählt werden
sollen:
1) Jean-Jacques BRIDEY - Ausschuss für Verteidigung und Militär
(REM)
2) Yael BRAUN-PIVET - Rechtsauschuss (REM)
3) Barbara POMPILI - Ausschuss für nachhaltige Entwicklung und
Raumplanung (REM)
4) Roland LESCURE - Wirtschaftsausschuss (REM)
5) Brigitte BOURGUIGNON - Ausschuss für Soziales (REM)
6) Bruno Studer - Ausschuss für Kultur und Bildung (REM)
7) Marielle de SARNEZ - Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten
(MDM), die ursprünglich als Europaministerin vorgesehen war
8) Éric WOERTH - Finanzausschuss (LR)
GARAT, Jean-Baptiste (2017): "Constructifs" et Républicains se
déchirent à l'Assembleée.
Avec l'appui de LREM, Solère a
battu Ciotti pour le post de questeur de l'opposition,
in:
Le Figaro v. 29.06.
KAUFMANN, Stephan
(2017): Charmant asozial.
Frankreichs Präsident Macron will
die Lebensverhältnisse der Franzosen verschlechtern. Wofür wird er
eigentlich gelobt?
in:
Frankfurter Rundschau v. 29.06.
Die FR gehört zu jenen Zeitungen, die während des Wahlkampfes
eisern MACRON protegierte. Nun fällt MACRON in Ungnaden, obwohl nur
sein geplantes Programm durchzieht. Das ist wohlfeil!
"Um die Rechte französischer
Arbeitnehmer als unzeitgemäße Privilegien darzustellen, wird das
Bild von Frankreich als krankem Mann Europas gezeichnet. Dies
entspricht nicht ganz der Realität",
erklärt uns Stephan KAUFMANN, als
ob wie dumme Leser wären, die den Blödsinn glauben, den uns die
Mainstreammedien wie die FR tagtäglich in unsere Köpfe
posaunen. Auch
das Neue Deutschland hat vor kurzem
den Mythos vom kranken Mann Europas entdeckt, nur hat das Blatt -
anders als die FR - MACRON nicht zum Erlöser stilisiert.
FAUTRIER, Pascale & Claus JOSTEN (2017): Da kommt Europas
gestiefelter Messias.
Frankreichs neue "extreme Mitte"
steht in unguter Tradition. Der neue Präsident betreibt keine Post-,
sondern Anti-Politik,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
v. 30.06.
RUß-SATTAR, Sabine (2017): Das Jupiter-Modell.
Wie Emmanuel Macron wurde, was er
ist, und was er will,
in:
WeltTrends,
Nr.129, Juli
"Seine am Leitstern Chancengleichheit ausgerichtete sozialliberale
Orientierung ist in der internationalen Presse oft mit Tony Blairs
New Labour und ihrem soziologischen Chefdenker Anthony Giddens in Verbindung gebracht worden. Passender ist
jedoch der Verweis auf französische Referenzen wie die um die
Zeitschrift
Esprit
gruppierte Denkschule, die einen dritten Weg propagiert, der auf den
christlichen Personalismus gründet. Eine weiteres Beispiel bildet
der liberale Flügel der Sozialisten, dem der große Europapolitiker
Jacques Delors und der frühere Premier und Mitterrand-Rivale Michel
Rocard angehören. Letzterer hatte für die Öffnung der Parti
socialiste (PS) zur Mitte geworfen und wird von Marcon, der früher
einige Jahre - offenbar ziemlich passives - Mitglied der Partei war,
bewundert",
erläutert
die Politikwissenschaftlerin Sabine RUß-SATTAR die Wurzeln des
Denkens des Ärztesohns Emmanuel MACRON.
KEMPIN, Ronja (2017): Gespaltenes Land, Ende der etablierten
Parteien?
Frankreichs politisches System "in
Bewegung",
in:
WeltTrends,
Nr.129, Juli
"Ende
der 1980er Jahre bildete sich eine bipolare Struktur des
Parteiensystems heraus. Auf der politischen Linken ging der
Niedergang der Kommunisten mit der Dominanz der Parti socialiste
einher, auf der gemäßigten Rechten verlor die lockere
Parteienföderation UDF zunehmend zugunsten der neobaullistischen RPR
an Boden, bevor Teile von ihr in der 2002 gegründeten UMP und Ende
Mai 2015 in Les Républicains aufgingen, die seither die dominierende
Kraft im rechten Lager war. Diesem Bipolarisierungstrend fiel eine
zu Beginn der V. Republik noch existierende autonome politische
Mitte zum Opfer: Ihre Bestanteile ordneten sich dem linken oder
rechten Lager zu oder verschwanden in der Bedeutungslosigkeit",
skizziert die
Politikwissenschaftlerin Ronja KEMPIN die Herausbildung der
Links-Rechts-Achse im französischen Parteiensystem. Für KEMPIN sind
die Parteien durch das französische Wahlsystem auf die Rolle eines
Mehrheitsbeschaffers reduziert worden. MACRON geht es gemäß KEMPIN
um einen "Angriff auf den französischen Parlamentarismus", der
entweder zu einer Repolitisierung oder einem "Hyper-Präsidentialismus"
führen könnte.
UTERWEDDE, Henrik (2017): Frankreichs Wirtschaft.
Reformbedarf und Potenziale,
in:
WeltTrends,
Nr.129, Juli
"Das
Bild der permanenten Krise trifft (...) nur einen Teil der Wahrheit.
Denn Frankreichs Wirtschaft, nach der deutschen die zweitstärkste in
der EU, verfügt über eine erstaunliche Reihe von Stärken und
Potenzialen. Seine Großunternehmen zählen weltweit zu den führenden
Konzernen; in zahlreichen Branchen verfügen sie über starke
Positionen (...). Darüber hinaus ist der Standort Frankreich für
Unternehmensansiedlungen weiterhin attraktiv und liegt bei
Ansiedlungen ausländischer Firmen direkt hinter Großbritannien und
Deutschland. Faktoren wie die hervorragende Infrastruktur (Verkehr,
Kommunikation, Daseinsvorsorge, Kinderbetreuung,
Gesundheitsversorgung), der gute Ausbildungsstand, die Qualität der
Forschungseinrichtungen oder auch die dynamische Geburtenentwicklung
tragen dazu bei",
erklärt uns der
Politikwissenschaftler Henrik UTERWEDDE. Danach fährt er aber mit
vier strukturellen Problemen fort, die diesem Bild geradezu
widersprechen, weshalb entweder das eine oder das andere nicht
stimmen kann. So ist z.B. die Infrastruktur ungleich verteilt, denn
sonst dürften die Stadt-Land-Unterschiede nicht diese politische
Brisanz haben, die sie in Frankreich besitzen. Die dynamische
Geburtenentwicklung stellt zudem in Form einer hohen
Jugendarbeitslosigkeit politischen Sprengstoff dar. Der neoliberale
Blick blendet dies vollständig aus und konzentriert sich stattdessen
auf den üblichen Sozialabbau als Lösung.
MEISTER, Martina (2017): Macrons Geheimwaffe.
Sylvie Goulard ist Frankreichs neue
Verteidigungsministerin. Sie nennt Deutschland einen "idealen
Partner" - und will ein neues Sicherheitsbündnis für Europa
schaffen,
in:
Cicero, Juli
"Sylvie Goulard ist der Joker
der Deutschen in der neuen Regierung Frankreichs",
schwärmt Martina MEISTER. Doch
das Heft war noch kaum am Kiosk erhältlich, da war der Joker bereits
Vergangenheit, denn Sylvie GOULARD fiel dem geplanten Gesetzt zur
Moralisierung der Politik zum Opfer und damit der Parteiraison des
"Saubermanns" MACRON.
"Perfekt viersprachig
verkörpert sie, was man die französische Meritokratie nennt:
sozialer Aufstieg einzig und allein aufgrund von Leistung",
schwadroniert MEISTER, obwohl in
Frankreich - noch mehr als in Deutschland - Herkunft entscheidender
ist als Leistung. Das hat zuletzt eindrucksvoll das Buch
Rückkehr
nach Reims von Didier ERIBON gezeigt. Unterwerfung ist der
Preis des Aufstiegs heißt es dort. Unterwerfung aber ist etwas
anderes als lediglich Leistung im Sinne einer Meritokratie.
GEIGER,
Klaus & Michael HÖFLING
(2017): Sind die Franzosen wirklich fauler als wir?
Unsere Nachbarn arbeiten wenig,
gehen früh in Rente, müssten auch mal Hartz IV einführen. So heißt es
in Deutschland oft. Doch was trifft zu, und was ist Klischee? Die Welt
hat einige Voruteile überprüft,
in:
Welt v. 01.07.
Neoliberale zertrümmern gerne
Vorurteile, die es ohne sie gar nicht gäbe.
"In Frankreich liegt das offizielle
Renteneintrittsalter bei 62 Jahren. Wer mehr als 41,5 Jahre in die
Rentenkasse eingezahlt hat, kann schon mit 60 Jahren in Rente gehen.
In Deutschland müssen die Menschen drei Jahre länger arbeiten, mit der
Einführung der Rente mit 67 steigt die Differenz schrittweise sogar
auf fünf Jahren. Ein Unterschied, der sich auch beim tatsächlichen
Rentenalter wiederfindet. In Frankreich gingen die Menschen im Jahr
2014 im Schnitt mit 59,4 Jahren (Frauen) und 59,8 Jahren (Männer) in
den Ruhestand. In Deutschland liegt der Wert für beide Geschlechter
bei 62,7 Jahren und damit gut drei Jahre über dem französischen Wert"
erklären uns GEIGER & HÖFLING. Die
höhere Geburtenrate beschreiben sie dagegen als Entlastung, obwohl die
Demografie gar nicht entscheidend ist, sondern die Entwicklung des
Verhältnisses von Beitragszahlern und Rentenempfängern. Darüber lesen
wir - wie auch in Deutschland - bei Neoliberalen nichts.
WÜPPER, Gesche (2017): Eine Zahl setzt Präsident Emmanuel Macron
gehörig zu.
Noch immer wächst der Schuldenberg
in Frankreich schneller als von der EU erlaubt. Harte Einsparungen
stehen an. Widerstand droht,
in:
Welt v. 03.07.
Gesche WÜPPER würde den Franzosen gerne bei den Beamten und
Renten kürzen. Dazu bietet der
französische Rechnungshof den gewünschten Steilpass, den Neoliberalen
gerne anderen überlassen, um ihre Politik als alternativlos
deklarieren zu können.
KLINGSIECK, Ralf
(2017): Ross und Reiter auf dem Absprung.
Kann sich Frankreichs
Sozialistische Partei nach dem Wahldebakel neu erfinden?
in:
Neues Deutschland v. 04.07.
Ralf KLINGSIECK berichtet über
die Austritte von Manuel VALSS und Benoit HAMON aus der
Sozialistischen Partei. Ersterer, um sich En Marche anzuschließen,
letzterer um noch eine linke Bewegung zu gründen. Aufgrund des
Verlusts von 251 Mandaten in der Nationalversammlung steht die
Partei nicht nur ideologisch, sondern auch finanziell vor großen
Problemen.
VEIEL, Axel (2017): Revolution von oben.
Präsident Macron verordnet der
französischen Republik royale Würde,
in:
Frankfurter Rundschau v. 04.07.
WIEGEL, Michaela (2017): Im Reich des Sonnenkönigs.
Macron versucht seine Zuhörer im
Schloss von Versailles mit seinem Veränderungswillen anzustecken. Den
Vorwurf, sich als Monarch zu gerieren, weist er scharf zurück,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 04.07.
Michaela WIEGEL stützt den
Personenkult um MACRON durch eine wohlwollende Interpretation des
Auftritts in Versailles.
MAYER, Helmut (2017): Einige Schemen linker Hand.
Frankreich als Beute einer
"extremen Mitte", die es mit dem neuen kleinen Napoleon Macron hält?
So stellten Pascale
Fautrier und Claus Josten unlängst die französischen Verhältnisse
nach der Wahl im Nachbarland dar. Eine Replik,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 04.07.
KLINGSIECK, Ralf
(2017): Macron sucht den Eroberungsgeist.
Französischer Premierminister
Edouard Philippe beklagt "unerträglichen Schuldenberg"r,
in:
Neues Deutschland v. 05.07.
Ralf KLINGSIECK berichtet über
den Boykott des Auftritts von MACRON in Versailles durch Jean-Luc
MÈLENCHON und seine Partei La France Insoumise und die
Kommunisten. Von den 577 Abgeordneten der Nationalversammlung und
der 348 Senatoren blieben insgesamt rund 50 Eingeladene der
Veranstaltung fern.
SCHUBERT, Christian (2017): Auch Macron zögert bei Steuersenkungen.
Déjà-vu in der französischen
Fiskalpolitik: Entlastungen sind verschoben - einzelne Abgaben
steigen,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 06.07.
"Die Wirtschaft muss (...)
auf die ersehnten Erleichterungen noch warten. Dabei lastet auf
den Franzosen eine Steuer- und Abgabenquote von 47,5 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes (BIP). Damit ist Frankreich Europameister
vor Belgien.",
erklärt uns Christian SCHUBERT.
Im April hat das noch ganz anders geklungen, da galten der FAZ
Deutschland nach Belgien als die Länder mit der höchsten Steuer-
und Abgabenlast. Frankreich stand dagegen nur auf Platz 4 (vgl.
Dietrich CREUTZBURG "Staat
nimmt Mittelschicht halbes Einkommen",
FAZ 12.04.2017). Neoliberale wählen also immer jene Statistik aus,
die zu ihrer Argumentation am besten passt. Das Schaubild zeigt
nur eine Auswahl und als Quelle wird nur EU angegeben.
Dabei handelt es sich nicht um
die tatsächliche, sondern nur um die geschätzte Steuer- und
Abgabenlast, denn für 2017 gibt es keine Angaben. Für Deutschland
stammen die aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2013. Von daher wird
die Last als zu hoch ausgewiesen, weil die Rückzahlungen durch die
Finanzämter fehlen. Dieses Verdummungsspiel ist unter Neoliberalen
weit verbreitet.
BERG, Anna Lea
(2017): "Es bleibt nur die Straße".
Der linke Sozialforscher Bruno
Amable über Protest, ein neues Bürgertum und die Zukunft
Frankreichs,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 06.07.
Interview mit dem Schweizer
Ökonom Bruno AMABLE, der mit L'illusion du bloc bourgeois
nach Meinung von Anna Lea BERG ein Schlüsselwerk zur politischen
Situation in Frankreich veröffentlicht hat. Seine These:
"die alten Blöcke - links und
rechts - sind zerfallen, aber die europafreundlichen oberen
Schichten beider Lager haben sich zu einem neuen, nämlich dem
»bürgerlichen Block« zusammen, der allerdings noch keine stabile
soziale Basis hat."
WERNICKE, Christian
(2017): Ein rechtes Durcheinander.
Frankreichs Bürgerliche gleichen
einer Trümmerlandschaft. Noch haben sich die gedemütigten Erben de
Gaulles nicht von ihrer verheerenden Wahlschlappe erholt. Doch im
Hintergrund werden schon die Messer für die nächste Vorstandswahl
bei den Republikanern gewetzt: Populismus gegen einen Rest Vernunft,
in: Süddeutsche
Zeitung v. 08.07.
Christian WERNICKE beschwört einen Zweikampf zwischen Laurent
WAUQUIEZ (Präsident der Region Auvergne-Rhône-Alpes) als
Anführer der strammen Rechten innerhalb der Partei der
Republikaner und Valérie PÉCRESSE (Präsidentin des Regionalrats
der Île de France) als Protagonistin, die die Flügel
zusammenhalten soll.
Am Dienstag soll entschieden
werden, ob die drei Minister MACRONs (Édouard PHILIPPE, Bruno Le
MAIRE und Gérald DARMANIN), die noch der Partei der Republikaner
angehören, aus der Partei ausgeschlossen werden sollen.
BOEHRINGER, Simone & Leo KLIMM
(2017): Paar der Gegensätze.
Deutschlands und Frankreichs
Wirtschaft streben auseinander. Das tut beiden Seiten auf Dauer
nicht gut, sagen die Regierungen. Sie wollen sich annähern,
in: Süddeutsche
Zeitung v. 08.07.
Der Artikel präsentiert eine Vielzahl von Statistiken, deren
Aussagekraft eher zweifelhaft ist. Wenn es z.B. heißt, dass es
2080 mehr Franzoschen als Deutsche geben wird, dann ist das nichts
als Kaffeesatzleserei. Die Wirtschaftsleistung (BIP) wird nur in
absoluten Zahlen, aber nicht pro Kopf angegeben, obwohl das für
die Vergleichbarkeit entscheidender wäre. Zur Altersstruktur heißt
es: "In Frankreich leben mehr junge Menschen". Das Schaubild zeigt
aber auch, dass es mehr über 80-Jährige gibt, was auch an der
höheren Lebenserwartung (1,7 Jahre) in Frankreich liegt. Auch die
Zahlen zur Jugendarbeitslosigkeit sind wenig aussagekräftig, denn
es fehlen Angaben darüber wie viele dieser angeblich Arbeitslosen
in Wahrheit im Bildungssystem ihren Studienabschluss absolvieren.
SCHIERMEYER, Matthias
(2017): Die neue Zeit zieht ohne sie.
Die Brücke zur Welt Niedergang: Bei
fast jeder Wahl in einem EU-Mitgliedsland müssen Sozialdemokraten
und Sozialisten schwere Niederlagen einstecken. Linke Volksparteien
leiden unter einem steten Verfall. Sie werden nach wie vor
gebraucht, doch dafür müssten sie sich grundlegend erneuern,
in: Stuttgarter
Zeitung v. 08.07.
"Nur noch acht Regierungen in
der EU werden von Sozialdemokraten oder Sozialisten geführt -
nicht einmal ein Drittel der bald 27 EU-Staaten. An sechs
weiteren Regierungen sind sie beteiligt",
erklärt uns Matthias
SCHIERMEYER, der die portugiesischen Sozialisten der
Sozialdemokratie zuordnet, während dies für Frankreich ebenfalls
zutrifft, aber verschwiegen wird:
"Insbesondere in Frankreich
drohen die Sozialisten ins Bodenlose zu fallen. Viele Wähler
sind zu Emmanuel Macron übergelaufen (...). Linke sehen ihn als
Wirtschaftsliberalen - rechte Politiker stufen ihn als
Sozialdemokraten ein."
Da passt es natürlich nicht,
wenn die Sozialisten die eigentlichen Sozialdemokraten sind. Auch
sonst bleibt der Artikel oberflächlich und ungenau, was die
angebliche Wählerschaften in Frankreich angeht.
SCHUBERT, Christian (2017): Frankreichs Steuern sinken bald.
Präsident Macron zieht Entlastung
nun doch vor,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 11.07.
Christian SCHUBERT berichtet darüber, dass
das Jammern der Wirtschaft geholfen hat.
Die Abschaffung der Vermögenssteuer auf Lebensversicherungen und
Wertpapiere soll die Profite der Finanzdienstleister steigern. Die
Rentner werden dagegen durch die Sozialsteuer CSG zur stärker zur
Kasse gebeten. SCHUBERT glaubt nicht daran, dass Frankreich wie
versprochen die 3-Prozent-Defizitgrenze einhalten kann. Von den
Steuerentlastungen von rund 13 Milliarden Euro profitieren in erster
Linie Unternehmen und Besserverdienende.
SCHUBERT, Christian (2017): Wo Frankreich sparen könnte.
Paris durchkämmt die Ausgaben.
Rentner haben höhere Einkommen als die arbeitende Bevölkerung,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 13.07.
Christian SCHUBERT spielt
Sparkommissar und sagt den Franzosen, wo sie sparen sollten:
"Frankreich gibt besonders
viel Geld für das Soziale aus. Mit fast 32 Prozent des BIP war
es 2016 mehr als in jedem anderen Staat der OECD. Seit 1980 hat
sich dieser Anteil um mehr als die Hälfte erhöht. Unter den
Sozialausgaben ist wiederum der erste Posten das staatliche
Rentensystem. Mit gut 14,2 Prozent am BIP ist es eines der
teuersten in der OECD, die nur jenen Durchschnitt von 8,4
Prozent aufweist. Denn die französische Altersvorsorge zahlt
nicht nur vergleichsweise hohe Renten, die Franzoschen gehen
auch früh in Ruhestand und haben eine lange Lebenserwartung. Das
führt zu einer absurden Lage: In Frankreich haben die Rentner im
Durchschnitt höhere Einkommen als die Gesamtbevölkerung.
Nach den jüngsten Zahlen der OECD kamen die über 65-Jährigen auf
Gesamteinkommen von 103 Prozent des Durchschnitts. In
Deutschland beträgt der Wert nur 88 Prozent. Einkünfte aus
privaten Ersparnissen wie Immobilien und Lebensversicherungen
finden sich zwar auch in dieser Kennziffer, doch der Löwenanteil
stammt in Frankreich aus dem staatlichen Umlageverfahren.
Volkswirtschaftlich ist das problematisch, denn die Pensionäre
erzielen keine Arbeitseinkommen."
Die Kritik am französischen
Rentensystem kommt also ganz ohne Hinweis auf die Demografie aus,
was nichts anderes bedeutet, dass für Neoliberale die Demografie
nichts als ein Scheinargument ist, das andere Interessen
verschleiert. Denn während uns Deutschen der Geburtenrückgang
vorgehalten wird, ist das aufgrund der nahe an der
Bestandserhaltung liegenden Geburtenrate in Frankreich kein
schlagkräftiges Argument.
"Immerhin korrigiert die
Erhöhung der Sozialsteuer CSG für Rentner. Doch mit der Erhöhung
des Rentenalters von heute 62 Jahren wäre mehr möglich",
jammert SCHUBERT sein
neoliberales Lamento. Während Neoliberale Vielfalt (neudeutsch:
Diversity) in anderen Bereichen durchaus loben, sind sie beim
Sozialen auf Gleichschaltung bedacht.
RANDOW, Gero von
(2017): Heute ein König.
Emmanuel Macron will Frankreich
reformieren und die Deutschen einholen. Überschätzt er sich?
in:
Die ZEIT Nr.29 v. 13.07.
Gero von RANDOW liefert einen
grauenhaft geschwätzigen Artikel auf einer ganzen Zeitungsseite, den
man gerne auf das Maß einer kurzen Agenturmeldung gekürzt sehen
würde. Am Ende ist der Leser nicht schlauer als am Anfang.
JANDL, Paul (2017): Provinz ist, wo ich nicht bin.
Das Verhältnis zwischen den
Zentren und der Peripherie ist angespannt wie schon lange nicht mehr,
aber wer ist schuld daran?
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 14.07.
"Selbst die Soziologen sind davon
ausgegangen, dass die Digitalisierung die Zentren und die Peripherien
näher zusammenrücken wird. Aber nichts davon. Die Gräben zwischen den
Städten und dem flachen Land sind gefährlich tief geworden, und es
gibt politische Kräfte, die wohl auch künftig Schaufel bei Fuss
stehen.
In den ländlichen Gebieten im Norden und Süden Frankreichs hat der
Populismus von Marine Le Pen sich ein Aufmarschgebiet gesichert.
Donald Trump hat seine Wähler in den strukturschwachen, nichturbanen
Gliedstaaten geholt. Wäre über den Brexit allein in London abgestimmt
worden, dann wäre England weiterhin Mitglied der EU",
beschreibt Paul JANDL die
Ausgangssituation all jener unzähligen Artikel, die sich mit den
Wahlerfolgen so genannter populistischen Parteien in den westlichen
Industrieländern beschäftigen. JANDL behauptet im Gegensatz zu Mark
SCHIERITZ in der gestrigen ZEIT, dass sich die Angelegenheit in allen
Ländern gleich darstellt: in der Niederlausitz genauso wie in North
Carolina.
"Die Arbeiterstadt Hénin-Beaumont
im Norden Frankreichs ist prototypische Provinz (...). Die Rechte ist
hier zu einem Harmoniemilieu mit einfachen Antworten geworden. Da
passt es, dass auch die Meinungsforschung ihre Ratlosigkeit hinter
eher schlichten Mutmassungen verbirgt.
Jérôme Fourquet vom französischen Institut Ifop hat kürzlich
verkündet, was politisch passiert, wenn die Provinz immer weiter an
den Rand gedrängt wird. Seine Zahlen: Schliesst ein Restaurant auf dem
Land, dann bringt das dem Front national 2,1 Prozentpunkte bei den
Wahlen, bei einem Lebensmittelgeschäft sind es 2,5 Prozentpunkte.
Verschwindet die Post, kann sich die Rechte sogar über 3,5
Prozentpunkte freuen. Das ist vielleicht weniger Empirie, als es schon
wieder Arbeit am Mythos ist."
Hénin-Beaumont zeigt vielmehr wie
die Rechten einen korrupten sozialistischen Bürgermeister beerbt haben
- mit Provinz hat das nichts zu tun.
Und diese Stadt ist kein Einzelfall. Das korrupte politische
Establishment war auch in anderen französischen Städten dafür
verantwortlich, dass sie in die Hände der Rechtspopulisten fielen. Mit
Spießertum hat das nichts zu tun!
Das Zitat, das Jérôme Fourquet
zugeschrieben wird, ist eine Verkürzung der Studie
L’influence de l’isolement et de l’absence de services et commerces de
proximité sur le vote FN en milieu rural vom März 2016. Die Studie
bezog sich auf die Europawahlen im Jahr 2014 und gilt nur für Orte mit
weniger als 1.000 Einwohner, weshalb die Ergebnisse auch nur in diesem
Rahmen Sinn machen, während sie in der deutschsprachigen
Berichterstattung (z.B.
FR 20.04.17) verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen
wurden.
Fazit: Unsere Medien schaffen sich
ihre Mythen selber!
ALTWEGG, Jürg
(2017): Lügen für den Präsidenten.
Burnout in Paris: Macrons
Amtsantritt hat auch eine neue Ära in der Beziehung zwischen Macht
und Medien eingeleitet. Was als Allianz begann, ist Distanz und
offener Feindseligkeit gewichen,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 18.07.
Der Umgang von MACRON mit den Medien zeigt, dass hier Tendenzen
vorhanden sind, die bei ERDOGAN bereits deutlicher aufscheinen. Es
werden von MACRON nur jene Journalisten bedient, die ein angenehmes
Bild von MACRON zeichnen. Die Hofberichterstattung ist
monopolisiert.
Die französischen Medien, die wie
in Deutschland eng mit der Politik verbunden waren, müssen sich nun
neu ausrichten, was dazu führt, dass die alten Seilschaften nicht
mehr funktionieren und Berichterstatter sich neuen Sujets zuwenden
müssen:
"Ein für die Sozialisten
zuständiger Korrespondent muss sich künftig auch um die
Linksextremisten kümmern. Bei »tf1« wird die Berichterstattung über
die verbleibenden »Republikaner« mit dem Front National
zusammengelegt. Das Boulevardblatt »Le Parisien« will sich »weniger
auf die Parteien und mehr auf die Orte der Macht konzentrieren«. In
zahlreichen Medien scheint ein Generationenwechsel in Gang zu
kommen",
berichtet Jürg ALTWEGG,
der merkwürdigerweise ausgerechnet die "Promiskuität von Macht und
Medien" als "Teil des Verlusts von Vertrauen in die Eliten" beklagt,
die ja auch in Deutschland die Mainstreammedien prägt. Und wenn er
schreibt:
"Unter Ministern war es gang und
gäbe, sich in zweiter oder dritter Ehe mit prominenten
Fernseh-Journalistinnen zu vermählen",
dann gilt das für Deutschland
ebenfalls. Was aber vor allem daran lag, dass die obere
Mittelschicht noch nicht die Politik prägte, was jedoch inzwischen
vermehrt der Fall ist. Der Politikstil sagt von daher auch viel über
die Herkunft der Politiker aus. MACRON ist kein sozialer Aufsteiger,
sondern als Arztsohn Teil der oberen Mittelschicht. Und wenn ihn
schon ein liberaler Publizist als "aufgeklärten Despoten"
bezeichnet, dann dürfte den Franzosen in den nächsten Jahren noch
einiges bevorstehen. Noch sind Säuberungen in westlichen Demokratien
noch nicht so weit verbreitet, doch mit MACRON könnte sich das nun
ändern!
HANKE, Thomas
(2017): Erster Test für Macron.
Die Generäle sind wütend wegen
Einsparungen, Regionen und Gemeinden kritisieren geplante
Steuersenkungen: Frankreichs Präsident steht Ärger ins Haus,
in:
Handelsblatt v. 19.07.
BRÄNDLE, Stefan
(2017): Populisten ohne Perspektiven.
Marine Le Pen und der FN kommen auf
ihrem Weg in die Bedeutungslosigkeit gut voran,
in:
Frankfurter Rundschau v. 19.07.
WALTHER, Rudolf
(2017): Neoliberaler Bonapartismus.
Frankreich: Emmanuel Macron will
das Wahl- und das Arbeitsrecht reformieren. Er regiert
technokratisch, bisweilen autoritär. Und der Ausnahmezustand? Auch
damit hat er etwas vor,
in:
Freitag Nr.29 v. 20.07.
Rudolf WALTHER berichtet nur kurz
über die Fraktionsbildung in der Nationalversammlung:
"Die Sozialisten (PS) haben 90
Prozent ihrer Sitze verloren und verfügen über eine Fraktion von nur
noch 29 Mitgliedern. Eine Versammlung des böse gescheiterten
PS-Präsidentenbewerbers Benoît Hamon wird als Auftakt zur Gründung
einer neuen Partei gedeutet, während die Parteilinke um Arnaud
Montebourg beabsichtigt, die alte PS wiederzubeleben und zu
»rekonstruieren«. Zwischen der Linken von Mélenchons La France
Insoumise und den Kommunisten der PCF scheiterten die Verhandlungen
über eine gemeinsame Fraktion."
Die
ehemaligen Sozialisten ("nouvelle gauche") haben zwar 29 Sitze
erobert, bilden aber mit weiteren Abgeordneten zusammen eine
Fraktion mit 31 Mitgliedern.
WIEGEL, Michaela (2017): Ein Generalstreik der Wähler?
Wie Frankreich zu einem Land ohne
echte parlamentarische Opposition geworden ist,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
v. 20.07.
Michaela WIEGEL berichtet über
die Fraktionsbildung in der französischen Nationalversammlung:
"Die
Nationalversammlung zählt erstmals sieben Fraktionen, ein
Rekord in der Geschichte der V. Republik. Fünf Fraktionen ordnen
sich selbst der Opposition zu.
François Bayrous Mouvement démocrate mit 47 Abgeordneten
gehört zur Präsidentenmehrheit, die sich aus 313 Abgeordneten
zusammensetzt. (...).
Die Republikaner (...) teilen sich fortan in zwei Fraktionen
auf:
100 Abgeordnete für die Republikaner und
35 Abgeordnete für Les constructifs. (...). Die
sozialistische Fraktion zählt nur noch 31 Abgeordnete (...).
Ihre Mitglieder nennen sich künftig »neue Linke«.
Die Kommunisten verfügen über 16, das
»Unbeugsame Frankreich« über 17 Abgeordnete. Der Front
National hat nicht einmal Fraktionsstärke erreicht."
17 Abgeordnete gehören keiner der Fraktionen an, darunter auch
die Mitglieder von Front National.
WERNICKE, Christian
(2017): Patriotisch, rechts, lauwarm.
Front National,
in:
Süddeutsch Zeitung
v. 20.07.
Christian WERNICKE berichtet nur
über innerparteiliche Konflikte in der Partei Front National.
BAILLY, Jean-Christophe (2017): Der Norden?
in:
Merkur Nr.819, August
Der französische Schriftsteller Jean-Christophe BAILLY, der bislang
in Deutschland unbekannt ist und von dem im Herbst
Fremd gewordenes Land erscheinen soll, beschreibt den
Gegensatz von Nord und Süd innerhalb von Frankreich. Für
Nordfrankreich stehen die Regionen Nord-Pas-de-Calais und die
Picardie. BAILLY hebt den Gegensatz der Metropolen und den,
gesichtslosen "allgemeingültigen" Städten als "Kondensationspunkte
für die Tendenzen eines Zeitalters" hervor:
"wenn es etwas Allgemeingültiges
in den Regionen des Nord-Pas-de-Calais und der Picardie gibt, was
sie im Übrigen mit weiten Teilen Belgiens gemein haben, vor allem
mit der Wallonie, dann ist es ein gewisser Vorstadt- oder
Dorfvorstadtcharakter, eine gewisse Tradition der städtischen
Ausdehnung, mal ermattet, mal aufgefrischt, mit der die
Trabantensiedlungen bewegliche und zumeist unzusammenhängende
Partituren bilden.
Dieses bunte, in gewissen Ballungsgebieten so gut wie
ununterbrochene Geflecht, das aus kleinen Verschönerungen und großen
Trostlosigkeiten besteht, ist wie das Fixierband oder -mittel, das
die eigentlichen Städte mit ihren zuweilen sehr schönen Zentren
umhüllt".
Beispielhaft gelten ihm dafür
Béthune, Valenciennes und Saint-Quentin, nicht jedoch Lille (mit der
Vision von Euralille), Dunkerque und Roubaix. Letztere wird bei
BAILLY zum Inbegriff des Nordens:
"Stadt, die zu ihren Glanzzeiten
dank der florierenden Textilindustrie bis zu 125.000 Einwohner
zählte. Heute sind es weniger als 100.000, und alle anderen Zahlen
sind genauso beunruhigend und aufschlussreich: eine
Arbeitslosenquote von 30 Prozent, drei Viertel der Einwohner leben
in einer »sensiblen städtischen Zone«, wie es die französischen
Bürokraten nennen (das Ungedachte besteht zweifellos darin, das
»Nichtsensible« zum Ziel zu erheben)."
Roubaix, wo der Niedergang der Industrie bereits in den 1970er
Jahren einsetzte, wird zum Gegenpol zu Cannes mit seiner nächtlich
strahlenden Croisette und seinen Filmfestspielen, die das Bildnis
per Fernseher in jedes Wohnzimmer senden.
Vor diesem Hintergrund zeichnet BAILLY ein düsteres Bild von der
Bindungskraft der Republik:
"Selbst kurze Aufenthalte
innerhalb der deutlichsten und extremsten Kluft dieser Unterschiede
vermindern (...) den Wunsch, große brüderliche Gesänge anzustimmen,
doch möchte ich hier (...) über die Art und Weise, wie derartige
Klüfte mit ihren sie nährenden Kategorien von Gegenständen eben die
Vorstellung problematisch machen, dass es von einem Rand zum
anderen, irgendetwas Gemeinsames oder Teilbares geben kann in dem
Sinn, wie es eine Republik trotz ihrer Unterschiede erfordert.
Die Trennung ist komplett: geografisch, klimatisch, sozial und
natürlich politisch. Aber vielleicht ist es nicht einmal
gerechtfertigt, hier von »Trennung« zu sprechen, denn das hieße,
dass es zuvor ein gemeinsames Leben gegeben hätte, worauf aber
nichts schließen lässt."
BAILLY geht sogar so weit die
Ärmlichkeit eines Eckladens in Roubaix mit der "Dritten Welt" zu
vergleichen, was das Trennende der französischen Lebenswelten
besonders deutlich werden lässt.
Ob Emmanuel MACRON der Richtige
ist, diese Gegensätze zu negieren, darf als unwahrscheinlich gelten
- schließlich steigert er die Gegensätze sogar noch durch seinen
enthobenen Regierungsstil.
Beschreibungen der französischen
Gesellschaft anhand der Geografie sind in Frankreich durch den
Aufstieg des Front National populär geworden. Das nun ins Deutsche
übersetzte Buch erschien bereits 2011 unter dem Titel
Le Dépaysement. Solche Reisereportagen (im gleichen Jahr
erschien von Eric DUPIN
Voyages en France (Den Untertitel La fatigue de la
modernité könnte man mit Die Erschöpfung der Moderne
übersetzen). 2014 erschien
En France von der Journalistin Florence AUBENAS sowie
La France Peripherique von dem Geograf Christophe GUILLUY,
das immer noch der Übersetzung ins Deutsche harrt. GUILLUY wurde in
Deutschland vielfach erst im französischen Präsidentschaftswahlkampf
entdeckt, wie z.B. der deutsch-französische Geograf Christophe NEFF
in seinem Blog bemängelt.
HANKE, Thomas (2017): Frankreich reformiert den Arbeitsmarkt.
Freie Hand für Macron: Das
französische Parlament hat die Regierung von Macron ermächtigt, das
Arbeitsgesetz mit Erlassen zu reformieren,
in:
Handelsblatt
v. 03.08.
"Streit gibt es (...) über
betriebsbedingte Kündigungen: Derzeit ist die Voraussetzung, dass
ein Unternehmen weltweit Umsatzeinbußen erleidet. Das will die
Regierung ändern",
schreibt Thomas HANKE lapidar zu
dem Aspekt, der im Mittelpunkt des Artikels von Ralf KLINGSIECK
steht.
KLINGSIECK, Ralf (2017): Kompromiss begünstigt große Konzerne.
Frankreichs Nationalversammlung
entmachtet sich selbst. Macron kann Arbeitsrecht per Dekret
reformieren,
in: Neues
Deutschland
v. 03.08.
Ralf KLINGSIECK weist darauf hin,
dass die Nationalversammlung bereits zugestimmt hat, während der
Senat erst heute zustimmt:
"Für diesen Donnerstag steht das
Votum des Senats an. Dessen Zustimmung steht außer Zweifel, obwohl
hier die rechtskonservativen Republikaner dominieren."
In den Republikanern sieht
KLINGSIECK jene Partei, die eine Privilegierung der Konzerne bei den
betriebsbedingten Kündigungen durchgesetzt hat:
"In den Verhandlungen konnten die
Republikaner eine bedeutsame Verschärfung durchsetzen. Sie betrifft
internationale Konzerne mit Filialen in Frankreich. Dort sollen
künftig mit wirtschaftlichen Problemen begründete Massenentlassungen
statthaft sein, selbst wenn der Konzern im Ausland blendend dasteht
und dort üppige Gewinne ausschütten kann."
Als Verhandlungsführer im
Schlichtungsausschuss werden
Laurent PIETRASZEWSKI (REM) und
Alain MILON (LB) genannt.
DEAN, Martin R. (2017): In Marseille lerne ich den Schmutz zu
lieben.
Die Schönheit ist die kleine
Schwester des Hässlichen. Sie ist ohne ihr Gegenteil nicht zu haben,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 04.08.
Während
Marseille in den diesjährigen Wahlkämpfen als Hochburg von Links-
und Rechtspopulismus beschrieben wurde, erscheint nun diese
Polarisierung im milden Licht des Schriftstellers Martin R. DEAN als
Offenheit und Unfertigkeit der Hafenstadt.
SIEBECK, Florian (2017): Ollivier
und die Ausbeuter.
Alte Baustoffe für neue Häuser sind
der Renner. Doch woher stammt das Material? In Frankreich kämpft ein
Bürgermeister mit allen Mitteln gegen den Ausverkauf seiner Stadt,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 06.08.
Florian SIEBECK berichtet über
die schrumpfende französische Kleinstadt
Joinville, in der der Bürgermeister gegen den Niedergang kämpft:
"Die Gemeinde ist ein schmuckes
Städtchen, aber in Teilen gleicht es einer Filmkulisse: Hinter der
altehrwürdigen Fassade herrscht Leere. Der Ort an der Marne wurde
von der französischen Tourismusindustrie als »Petite Cité de
Caractère« ausgezeichnet (...). Darauf ist man hier sehr stolz,
nicht viele Orte in Frankreich dürfen dieses Prädikat tragen.
In Joinville lässt sich aber auch die tragische Entwicklung, die
viele dieser kleinen Städte durchmachen, besonders eindrücklich
beobachten. Die Herren von Joinville gehörten im hohen Mittelalter
zum führenden Adel der Champagne, die Stadt wuchs im 16. Jahrhundert
zu höchster Blüte. Später, nach der Französischen Revolution waren
die Glanzzeiten (...) vorüber (...). Noch bis in die siebziger Jahre
des vergangenen Jahrhunderts florierte die Wirtschaft, die Leute
arbeiteten in Gießereien für Zulieferer der Auto-Industrie.
Dann aber ging es bergab, als die Aufträge wegbrachen und die Stadt
in Lethargie versank. Die Arbeitslosenquote stieg auf 20 Prozent,
die Bevölkerung schrumpfte innerhalb von 30 Jahren von 5.000 auf
gerade mal 3.000 Einwohner. Die Häuserpreise kollabierten. Die
reichen Leute haben die Stadt längst verlassen, ihre Häuser ließen
sie zurück."
In diesem Zusammenhang wird der
Markt für alte Baustoffe gesehen. Alte Häuser werden ausgeschlachtet
statt saniert. Bertrand OLLIVIER, seit 2006 Bürgermeister der
Kleinstadt will diesem Treiben ein Ende setzen. Seit 2012/13 tritt
er diesem Ausverkauf der Stadt entgegen. Ob sich dieser Kampf gegen
den Niedergang gewinnen lässt, das wird jedoch die Zukunft zeigen
müssen.
KLINGSIECK, Ralf (2017): Schnell,
bequem, erfolgreich, aber viel zu teuer.
Mit dem Hochgeschwindigkeitszug TGV
entstand ein Zwei-Klassen-System im französischen Bahnverkehr,
in:
Neues Deutschland v. 12.08.
"Am
20.
September 1981 wurde die erste Strecke zwischen Paris und Lyon
eingeweiht. Im Abstand von jeweils mehreren Jahren folgten die
Strecken von Paris nach
Tours, Le Mans und
Lille, nach Calais und durch den Eurotunnel nach London, nach
Marseille und
Straßburg. Durch die jetzt in Betrieb genommenen (...)
Streckenabschnitte Tours-Bordeaux und Le Mans-Rennes verkürzt sich
die Fahrtdauer zwischen Paris und Bordeaux von 3 Stunden 15 Minuten
auf 2 Stunden, 5 Minuten und zwischen Paris und Rennes von 2
Stunden, 4 Minuten auf 1 Stunde, 25 Minuten,"
beschreibt Ralf KLINGSIECK den
Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecken in Frankreich. Als
problematisch beschreibt er, dass die TGV-Züge auch auf
unwirtschaftlichen Strecken, jenseits der
Hochgeschwindigkeitsstrecken, eingesetzt wurden:
"Die 500 TGV-Züge, die täglich
350.000 Fahrgäste befördern (...)
fahren landesweit 200 Bahnhöfe an, also nicht nur die der Großstädte.
Wo es keine spezielle TGV-Strecke gibt (...) können sie im Schnitt
nur 160 km/h schnell fahren, oft sogar nur 80 km/h, selten bis zu
220 km/h. Die Ursache für diese unwirtschaftliche Nutzung liegt in
der Innenpolitik. Die wurde jahrzehntelang durch Politiker
dominiert, die in Personalunion Bürgermeister und
Parlamentsabgeordneter oder Senator waren. Diese setzten bei den
Regierungsbehörden in Paris ihren Einfluss ein, damit auch ihre
Stadt ins TGV-Netz einbezogen wurde."
In Deutschland sieht es mit dem
ICE auch nicht besser aus, der auf vielen Strecken lediglich als
teurer IC eingesetzt wird.
Emmanuel MACRON gilt KLINGSIECK
als Hoffnungsträger, denn er legt die Priorität nun auf
Verbesserungen auf den Regionalbahnstrecken und hat den weiteren
Ausbau der Hochgeschwindigkeitsstrecken auf Eis gelegt. Inwiefern
das nicht nur Programm, sondern auch umgesetzt werden wird, muss
sich jedoch zeigen.
JARDINE, Anja (2017): Held seines Lebens.
Frankreichs Präsident Macron legt
Tatkraft, Souveränität und ein majestätisches Gebaren an den Tag -
nicht jedem gefällt das,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 21.08.
Anja JARDINE
frönt anlässlich der ersten 100 Tage der Präsidentschaft von
Emmanuel MACRON einem boulevardblattmäßigen Personenkult, das mit
lebensgeschichtlichen und voluntaristischen Darstellungen nicht
geizt.
"Selbstherrlichkeit wird ihm
vorgeworfen, majestätisches Gebaren. Nur zu gut erinnern alle,
dass er vor zwei Jahren in einem Interview sagte, den Franzosen
fehle ihr König: mit der Hinrichtung von Louis XVI. sei ein
emotionales Vakuum entstanden. Wie es scheint, traut er sich zu,
es auszufüllen",
meint JARDINE.
Biografietheoretisch kann man zwischen positiven und negativen
Verlaufskurven sprechen, erstere beschreiben sich als Gestalter -
insbesondere Elitenangehörige - letztere sind Getriebene. JARDINE
beschreibt hier MACRONs Steigkurve. Inwiefern dies der Realität
entspricht, wird die Zukunft zeigen.
KLINGSIECK, Ralf (2017):
Unsozial, außenpolitisch geschickt.
ND-Tagesthema 100 Tage Macron:
Präsident Emmanuel Macron enttäuscht viele seiner Wähler.
Umfragewerte im freien Fall,
in:
Neues Deutschland v. 21.08.
"Nach jüngsten Umfragen sind
heute nur noch 36 Prozent der Franzosen mit Macron zufrieden. Bei
seiner Amtseinführung waren es noch 64 Prozent.
Noch nie in der seit 1958 bestehenden Fünften Republik hat ein
Präsident in so kurzer Zeit so viel Vertrauensvorschuss verspielt.
Am stärksten hat Macron viele links eingestellte Franzosen
enttäuscht, deren Wunschkandidat er nicht war, die aber nach dem
Versagen der sozialdemokratischen Parti socialiste und des
Präsidenten François Hollande auf den jungen Hoffnungsträger Macron
gesetzt hatten",
berichtet Ralf KLINGSIECK.
Beispielhaft wird dafür die Sicht eines Ex-Bürgermeisters genannt:
"Stellvertretend für viele linke
Wähler bringt das der ehemalige kommunistische Bürgermeister von
Saint-Denis, Patrick Braouezec in einem Beitrag für die Zeitung »Le
Monde« zum Ausdruck. Unter der Überschrift »Ich habe Macron
unterstützt und bin enttäuscht«, schreibt der Kommunalpolitiker, der
2010 die Kommunistische Partei Frankreichs (PCF) aus Protest gegen
deren Erstarrung verlassen hatte: »Ich habe vom ersten Wahlgang an
für Emmanuel Macron gestimmt, trotz meines Engagements für die
Linke. Meine Unterstützung für ihn war ohne Illusionen, aber ich
habe auf Macrons Willen vertraut, mit der Unbeweglichkeit von
Hollande und der reaktionären Politik von Sarkozy zu brechen.« Grund
für seine Enttäuschung sei nicht die Außen-, sondern die
Wirtschafts- und Sozialpolitik."
Hätte Patrick BRAOUEZEC keine
Illusionen gehabt, wie er sagt, dann könnte er jetzt nicht
enttäuscht sein!
SCHMID, Bernard (2017): Front
National streitet über Euro-Austritt und Neonazis in den USA.
ND-Tagesthema 100 Tage Macron: Seit
sich Marine Le Pen bei der französischen Präsidentschaftswahl
geschlagen geben musste, debattiert die rechte Partei über die
Gründe,
in:
Neues Deutschland v. 21.08.
"Sophie Montel ist Vorsitzende
der FN-Franktion im
Regionalparlament Bourgogne-Franche Comté in Ostfrankreich, wo
die Partei bei den Regionalwahlen 2015 ihren höchsten Stimmenanteil
erhielt. Sie steht dem Vize Florian Philippot nahe und schlug (...)
nach dem Scheitern bei der Parlamentswahl vor, die Selbstdarstellung
der Partei beim Thema Einwanderung zu überdenken. (...).
Doch dass sie (...) an ideologischen Grundfesten der Partei (...) zu
rütteln beabsichtige, wurde der 47-Jährigen zum Verhängnis. Am 30.
Juni dieses Jahres wurde sie durch Marine Le Pen kalt abserviert und
verlor ihren Fraktionsvorsitz",
berichtet Bernard SCHMID über
innerparteiliche Querelen. Was SCHMID nicht schreibt: Sophie MONTEL
schied bei den Parlamentswahlen im Juni im
4. Wahlkreis des Departéments Doubs im 2. Wahlgang gegen den
REM-Kandidaten aus.
KLINGSIECK, Ralf (2017): Das
Telefon steht nicht mehr still.
Viele in Frankreich lebende
Briten wollen angesichts des Brexits französische Staatsbürger
werden,
in:
Neues Deutschland v.
28.08.
SOLDT, Rüdiger (2017): Weniger
historisch und näher an der Basis.
Die Regierung in Stuttgart ordnet
ihre Beziehungen zur französischen Grenzregion neu,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 30.08.
"Institutionell und personell ist
durch die Gründung der neuen Region Grand Est (...) einiges in
Bewegung gekommen. »Durch die Gebietsreform in Frankreich, die
Fusion von Alsace, Champagne-Ardenne und Lorraine zur Region Grand
Est hat sich der Charakter der deutsch-französischen Beziehungen in
den Grenzregionen verändert: Das politische Zentrum sind nicht nur
der Oberrhein und Straßburg«, sagt Frank Baasner, Direktor des
Deutsch-Französischen Instituts (DFI) in Ludwigsburg. Die Länder
Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und das Saarland müssten ihre
Arbeit nun besser koordinieren, weil sie es auf französischer Seite
gemeinsam mit der neuen Region zu tun hätten",
schreibt Rüdiger SOLDT über die
deutsche Sicht auf die Gebietsreform, die in Frankreich zur Stärkung
des Front National beigetragen hat.
KUCHENBECKER, Tanja (2017):
Macrons Schicksalsprojekt.
Hohe Erwartungen, große Gegenwehr:
Der französische Präsident hat seine Arbeitsmarktreform vorgestellt,
in:
Handelsblatt v. 01.09.
KUCHENBECKER, Tanja (2017):
Experiment Mietspiegel.
HB-Serie Wege aus der Wohnungsnot:
Das Nachbarland Frankreich versucht, steigende Wohnungskosten mit
ähnlichen Mitteln wie Deutschland zu bremsen. In Paris gelingt dies
- wenn auch auf hohem Niveau. Und der befürchtete Einbruch der
Neubauanträge blieb aus,
in:
Handelsblatt v. 01.09.
FINKENZELLER, Karin (2017): Er
ist nicht allein.
Emmanuel Macron: Der Reformer
verliert an Zustimmung. Doch das Rad lässt sich nicht zurückdrehen.
Junge Unternehmer haben das alte Denken längst abgeschafft,
in:
Wirtschaftswoche Nr.36 v. 01.09.
"(I)n Frankreich ist längst eine
Revolution im Gange - und moderne Unternehmer könnten zu den
wichtigsten Reformhelfern für den jungen Präsidenten werden.
Flachere Hierarchien, Eigeninitiative, der Mut zum Risiko und auch
zu Irrtum und Umkehr treten quer durch viele Branchen an die Stelle
einer Tradition der Besitzstandswahrung. Was vielen Franzosen früher
als Garant sozialer Sicherheit schien, wird heute als Gefahr für die
Zukunftsfähigkeit empfunden",
meint Karin FINKENZELLER. Dieser
Sound war hierzulande auch in den Nuller Jahren zu hören - als
Begleitmusik zur Agenda 2010. Floskeln aus der New Economy-Ecke und
die Anrufung der neuen Bürgerlichkeit, mit der endlich die Bonner
Arbeitnehmerbeschaulichkeit über Bord geworfen werden sollte,
gehören seitdem zum Neusprech in Deutschland. Nun soll also das
gleiche Neusprech Frankreich auf Trab bringen. Wird also demnächst
eine Titelgeschichte zu Frankreich über die dortige selbstzufriedene
Republik erscheinen?
SCHUBERT, Christian (2017):
Frankreichs Personalchefin.
Muriel Pénicaud verantwortet mit
dem Umbau des Arbeitsrechts die erste große Reform von Emmanuel
Macron. Sie fühlt sich dabei in ihrem Element,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 01.09.
WÜPPER, Gesche (2017): Macron wagt den Angriff auf die Rente.
Nach dem Arbeitsrecht will der
französische Präsident nun weitere Teile des Sozialsystems
reformieren,
in:
Welt v. 04.09.
Gesche WÜPPER beschreibt keine
anstehenden Reformen des Rentensystems in Frankreich, sondern die Wunschliste Neoliberaler in Zeiten des
Bundestagswahlkampfes (vgl. Dietrich CREUTZBURG, FAZ 05.09.2017)!
MEISTER, Martina (2017): Marine
Le Pen versucht ein Comeback.
Front-National-Chefin war nach der
Niederlage bei der Präsidentschaftswahl abgetaucht. Gibt es für sei
eine zweite Chance?
in:
Welt v. 12.09.
Martina MEISTER bekräftigt ihre
bekannte Sicht zum Front National. Anlass war das Ende der
politischen Sommerpause:
"»Ich komme mit großer
Entschlossenheit zurück«, sagt Le Pen am Samstag in Brachay,
jenem winzigen Dorf im Osten Frankreichs, das sie auserkoren
hat, Schauplatz ihrer politischen »Rentrée« zu sein, weil 90
Prozent des 55 Seelen zählenden Dorfes den FN wählen, die
meisten davon Landwirte im Rentenalter."
KLINGSIECK, Ralf (2017): Macrons
Partei fehlt die Kraft zum Sturm des Senats.
Bei den am Sonntag anstehenden
Teilwahlen zur zweiten Kammer des französischen Parlaments ist die
bürgerliche Rechte im Vorteil,
in:
Neues Deutschland v. 22.09.
"Von den 348 Sitzen des Senats sind
am Sonntag 171 für die nächsten sechs Jahre zu besetzen.
Die Senatoren werden nicht direkt gewählt, sondern durch ein Gremium
aus Abgeordneten von Kommunal-, Departemental- und Regionalräten.
Und dieses stehen mehrheitlich rechts, entsprechend den Kommunal-
und Regionalwahlen der letzten Jahre. Die junge Bewegung En marche
ist dort bislang überhaupt nicht vertreten",
beschreibt Ralf KLINGSIECK die
Lage vor den Wahlen zum
Senat am 24. September. Gemäß einer
Pressemeldung des Senats vom 8. September werden 170 Senatoren
gewählt.
Gemäß KLINGSIECK gehören im Senat
derzeit nur
29 Senatoren zur Bewegung von MACRON. Er zitiert den
Fraktionsvorsitzenden
François PATRIAT, der als Ziel für die Teilwahl eine Erhöhung um
60 Sitze gesetzt hatte. Die Kandidaten kommen
"zu 40 Prozent von den
Republikanern, zu 40 Prozent von den Sozialisten und zu 15 Prozent
von der Zentrumspartei, ein Kandidat war vorher bei den Grünen",
berichtet KLINGSIECK. Diese
Kandidaten sieht er nun von MACRON im Stich gelassen.
WIEGEL, Michaela
(2017): Der Euro oder ich.
Florian Philippot will sich nicht
lächerlich machen und verlässt den Front National - der
Richtungsstreit in der Partei ist vorläufig entschieden,
in: Frankfurter
Allgemeine
Zeitung v. 22.09.
KLIMM, Leo (2017): Die Rache der
Marine Le Pen.
Die Front-National-Chefin drängt
ihren Stellvertreter aus der Partei. Doch ein größerer Konflikt
steht noch bevor,
in:
Süddeutsche
Zeitung v. 22.09.
KAFSACK, Hendrik (2017): Im
Super-Sozial-Europa.
Protektionismus nach außen, Schutz
vor "Sozialdumping" nach innen, lautet Macrons Formel,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 05.10.
Hendrik KAFSACK legt unfreiwillig
die darwinistischen Wurzeln des Neoliberalismus frei. In dieser Sicht
sind Sozialsysteme grundsätzlich "marode" und müssen "reformiert"
werden, denn nur der "Markt" ist angeblich der einzige Garant einer
funktionierenden Weltgesellschaft. Die Hackordnung der Länder im
globalen Wettbewerb wird als Win-Win-Situation dargestellt.
Unproduktive Länder erkaufen sich durch Sozialdumping (im neoliberalen
Gebäude heißt das Wettbewerbsvorteil!) ihren Platz in der Hackordnung
der Wettbewerbsfähigkeit. Oder wie es schönfärberisch heißt:
"EU-Staaten (gleichen) (...) ihre
geringere Produktivität (...) durch Wettbewerbsvorteile wie günstigere
Löhne, Sozialleistungen oder steuern (aus)."
So jedenfalls steht es im Lehrbuch
des neoliberalen Idealisten. Dort existiert weder Intransparenz noch
Monopolbildung. Der Markt ist hier eine Art Gott, der jedem seinen
gerechten Anteil zukommen lässt. Mit der Wirklichkeit hat das nichts
zu tun!
KAFSACK erregt sich nun darüber
dass Emmanuel MACRON den neoliberalen Weg der Marktkonkurrenz verlasen
will:
"Seine Ziele für eine europäische
Sozialunion hat Macron offen benannt. Er will nicht mehr die
Wettbewerbsfähigkeit der EU in den Mittelpunkt der Politik stellen,
sondern die soziale Angleichung. »Convergence« statt »concurrence«
heißt das auf Französisch.
KAFSACK beschreibt MACRON also als
bessere Marine Le PEN und malt das Schreckgespenst des Protektionismus
an die Wand:
"Da das französische Sozialsystem
innereuropäisch nicht konkurrenzfähig ist, sollen es möglichst alle
EU-Staaten einführen."
Im Neoliberalismus herrscht also
das Diktat der "Konkurrenzfähigkeit". Was das ist, das definiert
allein der Markt. Sozialsysteme sichern jedoch - wenn man nicht auf
Waffengewalt setzt - den inneren Frieden. Dieser Aspekt kommt im
neoliberalen Denken nicht vor, sondern als Ideal wird die Ersetzung
des Sozialstaats durch den Markt angesehen. Letztlich heißt das
Bürgerkrieg!
Inwiefern MACRON lediglich auf
Symbolpolitik setzt, diese Frage stellt sich für einen Neoliberalen
erst gar nicht.
BRÄNDLE, Stefan (2017): Jean-Luc
Mélenchons "Bürgermedium".
Der Sender "Le Média" des
französischen Linken-Chefs lässt die Grenze zwischen Journalismus und
Politik zerbröseln,
in:
Frankfurter Rundschau v. 25.10.
Welche Grenze zwischen Medien und
Politik soll da eigentlich noch zerbröseln können? Parteizeitungen
gibt es schon längst. Jede neue politische Bewegung schafft sich ihre
eigenen Medien, um sich abseits der Konsensmedien des Establishments
Gehör zu verschaffen.
BRÄNDLE kritisiert, dass heutzutage
nicht mehr ersichtlich sei, "ob gerade Politiker oder Journalisten
sprechen". Liest man die Mainstreamzeitungen, dann schreiben dort
möglicherweise zwar Journalisten, aber nur als Durchlauferhitzer von
Interessen, die verschleiert werden. Wenn von "Experten" und
"Fachleuten" geschwafelt wird, die angeblich etwas Alternativloses
oder Unumstrittenes von sich geben, dann hat das nichts mit seriösem
Journalismus zu tun. Alternativlosigkeit und Unumstrittenes sind
Floskeln, um den eigenen Standpunkt nicht argumentativ gegen andere
Standpunkte begründen zu müssen. Fazit: Ideologie statt Aufklärung ist
bereits heutzutage der Kern des Mainstreamjournalismus. Wenn sich also
eine politische Bewegung ein eigenes Medium schafft, dann ist das
ehrlicher als ein Journalismus, der seine Interessen nicht offen legen
will.
BÜCHI, Christophe (2017):
Der Sowohl-als-auch-Präsident.
An Emmanuel Macron scheiden sich
Frankreichs Intellektuelle,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 04.11.
Christophe BÜCHI teilt die
intellektuelle Kritiker von Emmanuel MACRON in Linke (Didier
ERIBON, Édouard LOUIS) und rechte Kritiker (Alain FINKIELKRAUT,
Eric ZEMMOUR) ein. Aber im Grunde sind ihm die Intellektuellen
einerlei (bzw. Opportunisten), wenn es heißt:
"Sollten (...) die Revision
des Arbeitsrechts und die Reduzierung der Steuerbelastung hoher
Einkommen zu Wirtschaftswachstum und dieses dereinst zu einer
Senkung der Arbeitslosigkeit führen, könnte Macrons Popularität
wieder steigen. Dann wird es auch nicht an Intellektuellen
fehlen".
MEISTER, Martina (2017): Der
unglaubliche Absturz der alten Politik-Elite.
Frankreich hat kurzen Prozess
gemacht mit einem als ausgedient empfundenen System und etablierter
Politiker wie Ex-Premier Valls gnadenlos aussortiert. Die sind jetzt
auf Entzug - denn die Macht ist eine harte Droge,
in:
Welt v. 06.11.
Martina MEISTER widmet sich drei
Verlierern der Sozialistischen Partei (PS) in Frankreich: dem
ehemaligen Parteichef Jean-Christoph CAMBADÉLIS, der nach 4
Legislaturperioden gegen MACRONs Nobody aus dem Parlament flog und
seinen Frust in Buchform ("Chronique d'une débâcle") niederschrieb.
Desgleichen der Kurzzeit-Innenminister Bernard CAZENEUVE ("Chaque jour
compte"). Zuletzt wird der Ex-Premierminister Manuel VALLS als
deklassierter Parteihinterbänkler von MACRONs Gnaden als Aussätziger
beschrieben.
WIEGEL, Michaela (2017):
Wohlgemeinte Ratschläge aus Amiens.
Anders als die französischen
Staatschefs vor ihm hat Emmanuel Macron keine gewachsene
Wählerbastion. Auch in seiner Heimat Amiens gilt er manchen als
Präsident der Reichen. Selbst einige seiner Anhänger haben Zweifel am
Kurs Macrons,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 09.11.
Michaela WIEGELs Reportage über
Amiens, der Heimatstadt von Emmanuel MACRON beginnt mit der
UDI-Bürgermeisterin Brigitte FOURÉ, die sich von MACRON
Unterstützung für ihre niedergehende Stadt erhofft, sieht sich
jedoch vor allem vom linken Feind bedroht:
"Amiens (sei) viel weiter
links als der Präsident. Macron erhielt dort im ersten Wahlgang
28 Prozent der Stimmen. Der linksextreme Kandidat Jean-Luc
Mélanchon 24,8 Prozent und die Rechtspopulistin Marine Le Pen
18,4 Prozent. Fouré glaubt, dass die kommunistische
Vergangenheit in der früheren Arbeiterhochburg, einst einer der
wichtigsten Standorte der französischen Textilindustrie,
nachwirkt."
MACRON sei ein Präsident der
Reichen zitiert WIEGEL sowohl François RUFFIN vom
Unbeugsamen Frankreich (FI) als auch Yves DUPILLE vom Front
National (FN). Ersterer gewann
einen der zwei Wahlkreise von Amiens. WIEGEL porträtiert die
beiden Widersacher MACRONs. RUFFIN ist über Amiens hinaus bekannt
geworden, weil er die Proteste gegen die Arbeitsrechtsreform unter
HOLLANDE anstieß.
"Er quartierte sich zwei
Jahre in einer Sozialwohnung in den heruntergekommenen
Arbeitervierteln im Norden von Amiens ein, als journalistischer
Selbstversuch. 2006 widmete er dieser Erfahrung das Buch
»Quartier Nord«, in dem er die Bewohner als Bürger zweiter
Klasse beschreibt",
berichtet WIEGEL über den
Publizisten RUFFIN (hier
ein Artikel von ihm über die Gentrifizierung von Marseille aus dem
Jahr 2007).
Zuletzt lässt WIEGEL einen
Anhänger MACRONs der ersten Stunde zu Wort kommen: Olivier
WILLIAME, der seinem Präsidenten wohlgemeinte Ratschläge erteilt.
"Er entlastet die
Superreichen steuerlich, in der Hoffnung, dass sie das Geld in
die Wirtschaft pumpen. Aber was passiert, wenn sie das nicht
tun?"
BALMER, Rudolf (2017): Macron-Fans wollen keinen Sonnenkönig.
Die Partei des französischen
Präsidenten hat vor ihrem ersten Parteitag mit internen Kritikern zu
kämpfen: Sie kritisieren Strukturen wie im Ancien Régime,
in:
TAZ
v. 16.11.
TZERMIAS, Nikos (2017):
Mitglieder von Macrons Partei beklagen ein Demokratiedefizit.
Die Basis der
Präsidentenbewegung La République en marche beschwert sich über
den Mangel an Mitspracherechten,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 18.11.
HANKE, Thomas
(2017): Marcheur
der ersten Stunde.
Christophe Castaner: Emmanuel
Macron hat mit dem Ex-Sozialisten bei seiner Partei "La République en
Marche" einen engen Vertrauten installiert,
in:
Handelsblatt v. 20.11.
Thomas HANKE berichtet über den
Akklamationsverein LREM, mit dessen Hilfe Emmanuel MACRON willfährige
Zuarbeiter in Ämter hievt.
"Statt der völlig neuen Politik und
des veränderten hierachiefreien Stils, die versprochen wurden, gab es
Durchregieren von oben herab",
schreibt HANKE, als ob das nicht im
Voraus absehbar war. Die Partei der Blauen will dieses autoritäre
Modell in Deutschland installieren.
BALMER, Rudolf
(2017): Neue Risse durch Frankreichs Rechte.
Macrons Bewegung spaltet die
Bürgerlichen zunehmend,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 30.11.
Rudolf BALMER berichtet über
die Parteigründung Agir, la droite constructive, die aus
der Nationalversammlungs-Fraktion Les Constructifs
entstanden ist und ein Spaltprodukt der Partei Les Républicains
ist. Außerdem wird gemeldet, dass der Budgetminister Gérald
DARMANIN, der Staatssekretär für Umwelt Sébastian LECORNU und der
Abgeordnete Thierry SOLÈRE zu MACRONs Partei LREM übergewechselt
sind. Damit hat sich nur vollzogen, was sich bereits im Sommer
abzeichnete.
2018
ROSEN, Björn (2018): "Die Linke protestiert für
sich selbst".
Der französische Geograf und
Gesellschaftsanalyst Christophe Guilluy über die innere Spaltung
seines Landes, das mangelnde Problembewusstsein der Eliten gegenüber
der Immigration - und über den zweifelhaften Erfolg des jungen
Staatspräsidenten Emmanuel Macron,
in:
Cicero, Januar
VEIEL, Axel (2018):
Ruine der Hoffnung.
Frankreich gehört wieder zu den
wichtigen Ländern, verkündete Emmanuel Macron jüngst nicht ohne Stolz.
In der Kleinstadt Villers-Cotterêts plant der Präsident ein Zentrum
für französische Sprache und Kultur. Der FR-Korrespondent hat dort mit
Idealisten gesprochen - aber auch Menschen getroffen, die schon zu oft
enttäuscht worden sind,
in:
Frankfurter Rundschau v. 15.02.
Axel VEIEL berichtet darüber, dass Emmanuel MACRON die vom Front
National regierte Kleinstadt
Villers-Cotterêts, die gemäß Christian WERNICKE im "periurbanen
Gürtel" von Paris liegt, aufwerten will:
"Auf dem flachen Land, wo sich
nicht viele Franzosen vom Fortschritt abgehängt fühlen, ihr Heil in
nationaler Abgrenzung suchen, verordnet der Staatschef Weltläufigkeit.
Das Schloss soll als Zentrum der Frankophonie Furore
machen, der französischsprachigen Welt. Der 11.000 Einwohner zählende
Ort ist auserkoren, als Mekka französischsprachiger Künstler,
Literaten oder auch Professoren globale Bedeutung zu erlangen."
Außer Absichtsbekundungen und einem
baufälligen Schloss gibt es in der Kleinstadt mit seiner
fragmentierten Stadtbevölkerung jedoch nichts, was nach
Aufbruchstimmung aussieht. Durch die symbolische Aufwertung könnte der
Front National eher gestärkt werden - insbesondere, wenn das Projekt
scheitert.
TZERMIAS, Nikos (2018):
"Ich gewinne, oder ich lerne".
Nach der Schlappe bei den
Präsidentschaftswahlen versucht Front-national-Chefin Marine Le Pen
ihre Partei regierungsfähig zu machen,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 05.03.
WIEGEL, Michaela (2018):
Die Methode Macron.
Frankreichs Präsident setzt eine
Reform nach der anderen um. Von Widerständen lässt er sich nicht
aufhalten - und irritiert damit Gewerkschaften und Arbeitgeber,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 09.03.
Michaela WIEGEL berichtet über Erfolge bei den
Reformen bei Bahn, Bildung und öffentlicher Dienst.
WIEGEL, Michaela
(2018):
Der Visionär.
Emmanuel Macron ist kein
verblendeter europäischer Jasager. Er ist ein kritischer, ein
fordernder Europäer, der die Ängste der Bürger ansprechen will - auch
und gerade in den Fragen, die mit der Einwanderung und dem Islam in
Europa verknüpft sind,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 14.03.
SCHUBERT, Christian
(2018):
Französische Lichtblicke.
Macron zieht seine innenpolitischen
Pläne durch. Die Gegner stecken in der Defensive,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.03.
"Das Potential der
Unzufriedenen bleibt hoch, solange die großen gesellschaftlichen
Herausforderungen - Arbeitslosigkeit, Sicherheit und Einwanderung
- nicht bewältigt sind",
meint Christian SCHUBERT. Die
größte Herausforderung für Frankreich fehlt in dieser Aufzählung,
nämlich die Bewältigung des Geburtenanstiegs der vergangenen Jahre,
den Frankreich aufgrund seiner Bevölkerungspolitik zwar erhofft
hatte, dessen Erfordernisse die Politik jedoch sträflich ignoriert
hat. Das französische Erziehungs- Bildungs- und Arbeitssystem ist in
keiner Weise auf diese neuen Erdenbürger vorbereitet. Den Deutschen
stehen diese Probleme noch bevor, wenngleich der Geburtenanstieg in
Deutschland scheinbar gering ausfällt.
Frankreich fehlen nicht
die Babys wie Georg BLUME in typisch deutscher Fixierung auf das
Aussterben meint, sondern eine angemessene Politik zur
Bewältigung des Geburtenanstiegs.
SCHUBERT, Christian
(2018): Macron will neues Sozialsystem für Frankreich.
Erstmals Pflegeversicherung, neue
Rentenversicherung. Fernsehduell mit kritischen Journalisten,
in: Frankfurter
Allgemeine Zeitung v. 17.04.
SCHUBERT, Christian (2018):
Spaltpilz Macron.
Vor einem Jahr kam der junge
französische Präsident ins Amt. Er hat sich viel vorgenommen. Doch
jetzt bläst ihm Gegenwind ins Gesicht, das soziale Klima in Frankreich
ist von Gereiztheit geprägt. Was kann er tatsächlich erreichen?
in: Frankfurter
Allgemeine Zeitung v. 28.04.
Je größer der Widerstand gegen die Reformen,
desto größer der Erfolg von Emmanuel MACRON, so könnte man das
Motto der Bilanz von Christian SCHUBERT umschreiben.
Seinem neoliberalen Kompass folgt SCHUBERT unbeirrt, denn alle
anderen sind orientierungslos.
"Macron ist kein Versöhner,
sondern der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich viel, aber
nicht alle Bürger gerade so einigen können",
charakterisiert SCHUBERT den
Typus des westlichen Autokraten, der Erdogan von allen
europäischen Regierungschefs am Nächsten ist.
SCHMIDT, Robert
(2018): Die Wasserschlacht.
Die Bewohner der französischen
Gemeinde Vittel sollen Wasser sparen, aber der Konzern Nestlé darf
es weiterhin in Flaschen füllen,
in: Die ZEIT Nr.22 v. 24.05.
MEISTER, Martina
(2018): Macron und seine Jungs.
Der Präsident regiert mit zwei
Männern, die selbst in Frankreich kaum jemand kennt. Diese
Konzentration der Macht kommt nicht gut an,
in: Welt v. 24.05.
WIEGEL, Michaela (2018): Macron und die Legitimität des weißen
Mannes.
Die Rede des Präsidenten über die
Banlieues hat die Bürgermeister der Vorstädte empört - und Marine Le
Pen überrascht,
in: Frankfurter
Allgemeine
Zeitung v. 25.05.
KLINGSIECK, Ralf (2018): Stadtentwicklung abgespeckt.
Frankreichs Präsident Macron sind die ehrgeizigen Programme für
Problemregionen zu teuer,
in:
Neues Deutschland v.
13.06.
Über zwei Wochen später liefert nun Ralf KLINGSIECK Hintergründe zu
einer Rede von Emmanuel MACRON vor Bürgermeistern, in dem es um
politische Maßnahmen in Problemvierteln ging. KLINGSIECK berichtet
über den im April publizierten Bericht
Vivre ensemble, vivre en grand pour une réconciliation nationale,
in dem der frühere Minister für Stadtentwicklung
Jean-Louis BORLOO 19 Maßnahmen zur Verbesserung der Lage in den
sozialen Problemvierteln vorstellte.
SATTLER, Uwe (2018): Alte Kamellen, neue Bündnisse.
Mélenchons Parti de Gauche verlässt Europäische Linkspartei,
in:
Neues Deutschland v.
05.07.
Uwe SATTLER warnt vor einer Zersplitterung der Linken, was
angesichts der Zerstrittenheit der Linken (wenn man bei den
Parteien der Europäischen Linken (EL) überhaupt von "Linken"
sprechen kann!) ziemlich niedlich ist.
BALMER, Rudolf & Harriet WOLFF
(2018): Die Arroganz der Ohnmacht.
Fast nirgends zeigt sich das Debakel der Sozialdemokratie so
drastisch wie in Frankreich. Doch statt sich zu erneuern, drischt
man meist Phrasen,
in:
TAZ v.
13.07.
BALMER & WOLFF entdecken unter den Sozialisten und Sozialdemokraten
lediglich Phrasendrescher. Offenkundig sehen sie in der SPD nur eine
Bürgerpartei, als ob die Grünen besser wären!
BALMER & WOLFF halten den spanischen Regierungschef Pedro SÁNCHEZ
für den idealen EU-Spitzenkandidaten der Sozialisten für die
Europawahlen im Mai 2019. Was vermeintliche Heilsbringer tatsächlich
Wert sind zeigt der schnelle Aufstieg und Niedergang des Martin
SCHULZ. Die Linke sollte zu allererst an eine grundlegende
Erneuerung denken.
TZERMIAS, Nikos
(2018): Paris und die französische Wüste.
Im zentralistischen Frankreich
werden Provinzstädte wie das im grünen Herzen des Landes gelegene
Limoges zunehmend abgehängt,
in:
Neue Zürcher Zeitung v.
18.07.
Der NZZ-Auslandskorrespondent
Nikos TZERMIAS verabschiedet sich mit dieser Reportage über
Limoges in den Ruhestand:
"Nicht nur der Bahnhof, wo ein
TGV-Anschluss immer noch fehlt und unlängst das Buffet geschossen
wurde, wirkt wie ausgestorben. Öde und abgestanden erscheint auch das
Stadtzentrum. Im mittelalterlichen Metzgerei-Viertel, das in
Reiseführern als besonders pittoresk angepriesen wird, zerfallen die
Fassaden der kostbaren Fachwerkhäuser. (...).
Vincent Léonie, als Vizebürgermeister für die Stadtentwicklung
zuständig (...) erklärt, dass im Stadtbild (...) urbanistische Sünden
begangen worden (seien). Die früheren linken Stadtbehörden hätten das
Stadtzentrum zum Teil in ein Auffangbecken für Sozialfälle verwandelt.
Dafür wurden an der Peripherie kostspielige Prestigebauten wie etwa
eine (...) Konzerthalle errichtet. Zudem entstand am Stadtrand ein
gigantisches Shoppingcenter mit Fast-Food-Restaurants, Sportanlagen,
Kinokomples und Hotels von grossen Ketten. (...).
Die Verödung traditionsreicher Stadtzentren ist ein landesweites
Problem geworden. Sie hat zu einer spürbaren Einebnung regionaler wie
lokaler Identitätsmerkmale zugunsten des Sortiments landesweit
präsenter, zumeist in Paris domizilierter Grosskonzerne geführt.",
beschreibt TZERMIAS den Niedergang
von Limoges und anderer französischer "Mittelstädte", den er der
sozialistischen Regierung unter François HOLLANDE zuschreibt, wobei er
die Sicht der Arbeitgeberlobby einnimmt:
"Der Bau eines Grossteils der
Shoppingmals sei während der letzten zwei Jahrzehnte weniger aus
Effizienzüberlegungen, gefördert worden als vielmehr aus
beschäftigungspolitischen Überlegungen."
"Effizienz" lautet das
ökonomistische Credo des Neoliberalismus, das der Staatsverschuldung
und Steuerlast entgegengestellt wird, als ob die Privatisierung
öffentlicher Aufgaben ein Allheilmittel wäre. Wo Effizienz sein
sollte, herrscht jedoch meist nur Subvention und Monopolbildung, also
das genaue Gegenteil dessen was der Neoliberalismus zum Ideal erhebt.
Die neue neoliberale Erlöserfigur
Emmanuel MACRON verspricht mit mickrigen Summen die
"Revitalisierung der Zentren von
222 mittelgrossen Städten (...). Nutzniesser des Programms sollen
neben Limoges auch etwa
Arles,
Besançon,
Saint-Malo,
Troyes,
Colmar
oder
Mulhouse sein."
Wenn TZERMIAS von Mittelstädten
spricht, dann entspricht das nicht unbedingt deutschen Mittelstädten
(50.000 - 100.000 Einwohner), sondern dazu gehören auch Großstädte wie
Limoges (über 130.000 Einwohner), Besançon (über 116.000
Einwohner) oder Mulhouse (ca. 110.000 Einwohner). Nur Arles (rund
53.000 Einwohner), Saint-Malo (rund 46.000 Einwohner), Troyes (rund
61.000 Einwohner) oder Colmar (über 70.000 Einwohner) entsprechen
deutschen Mittelstädten. Die Unterschiede in der Stadt-Klassifikation
sind der Tatsache geschuldet, dass in Deutschland die neoliberale
Zentralisierung noch nicht so weit fortgeschritten ist wie in
Frankreich:
"Als Ausdruck jakobinischer Willkür
gilt an der Vienne besonders, dass die traditionsreiche Region
Limousin, deren Hauptstadt Limoges war, Ende 2015 vom damaligen
Präsidenten François Hollandeaufgelöst und in die neue Grossregion
Nouvelle-Aquitaine eingegliedert wurde; deren Hauptstadt ist die drei
Autostunden entfernt gelegene und doppelt so grosse Metropole
Bordeaux. Dadurch drohten Limoges und seine Umgebung noch stärker
marginalisiert zu werden.",
berichtet TZERMIAS. In Deutschland
lässt sich eine solche neoliberale Zentralisierung insbesondere im
Osten und hier vor allem in Mecklenburg-Vorpommern betrachten.
"Hollande liess sich mithin von der
typisch zentralistischen Vorstellung leiten, dass Grösse Erfolg
garantiere, und er förderte die Bildung grosser Metropolen wie Lyon,
Marseille, Aix-en-Provence, Bordeaux oder Toulouse. Die einst vom
Präsidenten François Mitterrand Anfang der 1980er in die Wege
geleitete Dezentralisierung wurde nicht weiter vorangetrieben",
schreibt TZERMIAS. Die Städte
Toulouse (rund 472.000 Einwohner),
Lyon
(rund 513.000 Einwohner) und
Marseille (ca. 862.000 Einwohner), würde man in Deutschland
zu den Metropolen zählen, während
Bordeaux (ca. 250.000 Einwohner) und
Aix-en-Provence (rund 143.000 Einwohner) eher zu den kleinen
Großstädten zählen würden.
"Nicolas Schmitt vom Institut für
Föderalismus an der Universität Freiburg i. Ü. stellte unlängst fest,
dass die jahrhundertealte Ballung der Macht in Paris bis heute den
Rest des Landes zur »französischen Wüste« verdamme und sich seit dem
derart betitelten Pamphlet des Geografen Jean-François Gravier von
1947 im Grunde nicht viel geändert habe. Zwar sind seither einige
Metropolen wie Bordeaux, Nantes, Toulouse oder Montpellier aus ihrem
Dornröschenschlaf erwacht, und diese Städte erfreuen sich einer
erheblichen Zuwanderung aus dem Moloch Paris, in dem sich immer mehr
soziale Probleme anzusammeln drohen. Doch laut Daten des
Statistikamtes Insee hat sich das demografische und wirtschaftliche
Übergewicht der Hauptstadt während der letzten drei Jahrzehnte kaum
wesentlich verringert, geschweige denn das politische. Der mehr als 12
Millionen Einwohner zählende Ballungsraum an der Seine macht weiterhin
fast 20 Prozent der Gesamtbevölkerung aus und erwirtschaftet 31
Prozent des Bruttoinlandprodukts",
beschreibt TZERMIAS die Kluft
zwischen dem Großraum Paris und dem provinziellen Restfrankreich. Das
Ende des Artikels ist einem Ausblick auf die neoliberale Ära MACRON
geschuldet, in dem die Zukunft der ehemaligen Region Limousin in einem
milderen Licht erscheint. Mit MACRON - so scheint es, wird alles gut.
Dazu wird nach La Creuse, in die Landgemeinde
Aubusson, umgeschwenkt. Dort wurde ein Landwirt zum Abgesandten
von La République en marche im
Wahlkreis La Creuse gewählt, der nun Klientelpolitik in eigener
Sache betreibt. Die Region Limosin wird zum Widerstandsnest gegen den
Rechtspopulismus verklärt:
"Die Partei der rechtsextremen
Politikerin Marine Le Pen habe in La Creuse wie im Rest von Limousin
nur wenig Erfolg gehabt, im Unterschied zu anderen wirtschaftlich
abgehängten Gegenden".
FAUTH, Lea
(2018): Die Früchte des Widerstandes.
Jahrelang besetzten
Aktivist*innen in Frankreich Land, um einen neuen Flughafen zu
verhindern. Der kommt jetzt nicht. Die Nachbar*innen des alten sind
sauer. Und die Besetzer*innen fürchten um ihr Werk,
in: TAZ v. 20.07.
Lea FAUTH berichtet über eine Landkommune in der französischen
Gemeinde
Notre-Dame-des-Landes, die gegen einen geplanten Neubau des
Flughafens von Nantes kämpfte. Auf der anderen Seite kämpfen
neoliberal wählende Landhausbewohner mit Pool in der Einflugschneise
des Flughafens für den Umzug des Flughafens und sind wütend auf
Emmanuel MACRON, der sein Wahlversprechen gebrochen habe.