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Singles in Frankreich

 
       
   

Die Geburtenentwicklung in Frankreich

 
       
   
Tabelle : Indikatoren der Geburtenentwicklung in Frankreich
Jahr Anzahl Lebendgeborene Zusammengefasste
Geburtenziffer (TFR)
Rohe Geburtenziffer

Französische Bücher, die
auch in Deutschland
diskutiert wurden

(inklusive
Übersee)
(ohne
Übersee)
(inklusive
Übersee)

(ohne
Übersee)

(inklusive
Übersee)
(ohne
Übersee)
1990 793 071 762 407   1 778 13,6 13,4  
1991 790 078 759 056   1 770 13,5 13,3  
1992 774 755 743 658   1 733 13,2 13,0 La trame conjugale
(Jean-Claude KAUFMANN)
1993 741 306 711 610   1 660 12,6 12,4  
1994 740 774 710 993 1 683 1 663 12,5 12,3 Extension du domaine
de la lutte

(Michel HOUELLEBECQ)
1995 759 058 729 609 1 730 1 713 12,8 12,6  
1996 764 028 734 338 1 750 1 733 12,8 12,7  
1997 757 384 726 768 1 745 1 726 12,7 12,5  
1998 767 906 738 080 1 779 1 764 12,8 12,6

La tyrannie du plaisir
(Jean-Claude GUILLEBAUD;
Les particules élémentaire
(Michel HOUELLEBECQ)

1999 775 796 744 791 1 808 1 791 12,9 12,7 La femme seule et
le prince charmant

(Jean-Claude KAUFMANN)
La fatigue d'être soi
(Alain EHRENBERG)
2000 807 405 774 782 1 893 1 874 13,3 13,1  
2001 803 234 770 945 1 895 1 877 13,1 13,0  
2002 792 745 761 630 1 881 1 864 12,9 12,7 Premier matin
(Jean-Claude KAUFMANN)
2003 793 044 761 464 1 891 1 874 12,8 12,6  
2004 799 361 767 816 1 915 1 898 12,8 12,6  
2005 806 822 774 355 1 938 1 920 12,8 12,7 Casseroles, amour et crises
(Jean-Claude KAUFMANN)
2006 829 352 796 896 1 997 1 980 13,1 12,9  
2007 818 705 785 985 1 977 1 959 12,8 12,7 No Kid
(Corinne MAIER);
Les nouvelles solitudes
(Marie-France HIRIGOYEN)
2008 828 404 796 044 2 007 1 990 12,9 12,8  
2009 824 641 793 420 2 004 1 989 12,8 12,7 Retour à Reims
(Didier ERIBON)
2010 832 799 802 224 2 029 2 016 12,9 12,8 Le Conflit
(Elisabeth BADINTER)
2011 823 394 792 996 2 010 1 996 12,7 12,5  
2012 821 047 790 290 2 008 1 992 12,6 12,4  
2013 811 510 781 621 1 988 1 973 12,3 12,2  
2014 811 384 781 167 1 990 1 974 12,3 12,2  
2014* 818 565

-

1 999 - 12,4    
2015* 798 948 760 421 1 995 1 925 12,0 11,8  
2016* 783 640 744 697 1 924 1 891 11,8 11,5  
2017* 769 553 730 242 1 895 1 860 11,5 11,3  
2018* 758 000 719 000 1 873 1 839 11,3 11,1  
Quelle: INSEE Stand: 15.01.2019)
Anmerkungen:
* Geburtenziffer inklusive Übersee-Departément Mayotte.
Bei den Zahlen ab 2016 handelt es sich um vorläufige Zahlen.
 
       
   

französische Singles und gesellschaftlicher Wandel in den Medien

 
       
   
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Die Ära Macron in Frankreich (2017 - heute)

Die Wahlkampfberichterstattung in der deutschsprachigen Presse. Wie im Vorfeld der französischen Präsidentschaftswahlen (23.04. und 07.05.) und der Wahlen zur Nationalversammlung (11. und 18. Juni) unser Bild von Frankreich durch die Medien geprägt wurde

 
       
   

2018

PAPON, Sylvain & Catherine BEAUMEL (2018): Bilan démographique 2017.
Plus de 67millions d’habitants en France au 1er janvier 2018,
in:
Insee Première v. 16.01.

Das Mütter-Vorbild Frankreich, das bei Vereinbarungsverfechtern genauso beliebt ist wie bei Traditionalisten, schwächelt bei der Geburtenentwicklung. Im Jahr 2017 wurden rund 767.000 Kinder geboren. Das waren ca. 17.000 weniger als im Vorjahr. Die Geburtenrate ist von 1,92 auf 1,88 Kinder pro Frau gefallen. Seit 2013 sind die Geburtenzahlen zurückgegangen (Höchststand: 811.500). Das Durchschnittsalter der französischen Mütter liegt bei 30,6 Jahren.

BRÄNDLE, Stefan (2018): Kein Geld für Kinder.
Frankreich hat traditionell die höchste Geburtenrate Europas. Doch jetzt bringen die Französinnen weniger Kinder auf die Welt. Deutschlands Wirtschafts- und Sozialmodell gilt plötzlich als Vorbild,
in:
Frankfurter Rundschau v. 23.01.

Nicht erst diese Woche wie Stefan BRÄNDLE behauptet (was daran liegen mag, dass der Bericht bereits letzte Woche in der Luzerner Zeitung stand und die FR das ohne Abänderung übernommen hat), sondern bereits vor einer Woche wurden in Frankreich die Geburtenzahlen für 2017 veröffentlicht, wie auf dieser Website nachzulesen war (Deutschland ist dazu nicht annähernd in der Lage, sondern hat erst im November vorläufige Zahlen für 2016 geliefert).

"Der Nationalstolz ist (...) getroffen, weil damit die bisherige Annahme, Frankreich (...) werde Deutschland (...) in einem halben Jahrhundert als bevölkerungsreichstes Land Europa ablösen, in weite Ferne rückt",

trötet BRÄNDLE. Anfang des Jahrtausends wurde umgekehrt den Deutschen damit gedroht (z.B. 2002 im katholischen Rheinischen Merkur, dem die Leser davongelaufen sind und der inzwischen eingestellt wurde). Diese Art von Berichterstattung zeigt, dass der Kosmopolitismus und der Europagedanke nicht einmal bei unseren Medien vorhanden ist. Vielmehr reicht dieser unsägliche Geburtenvergleich zurück in die Zeiten der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Deutschland. In dieser kriegerischen Vergangenheit wurde mit falschen Bevölkerungsangaben zum Nachbarland Stimmung gemacht.

Anders als früher wird heute dieser Krieg und die Geburtenwettlaufshysterie ökonomisch geführt und medial geschürt. Die Verankerung von Bevölkerungsbewusstsein im Volke, gemäß dem nationalkonservativen Bevölkerungswissenschaftlers Herwig BIRG eine nationale Propagandaaufgabe, ist heutzutage offensichtlich immer noch aktuell - aller Europarhetorik zum Trotz.

Typisch für dieses kleinkariert, nationalistische Konkurrenzdenken unserer Medien ist der Versuch Geburtenzahlen, deren Zustandekommen ungeklärt ist, für familienpolitische Schnellschüsse zu vereinnahmen. Während in Deutschland Vereinbarkeitsverfechtern (wegen der Kinderbetreuung) und Nationalkonservativen (wegen der pronatalistischen Ausrichtung) Frankreich als Vorbild gilt, behauptet BRÄNDLE nun dreist, dass in Deutschland die Familienpolitik "sozial" sei, obwohl davon beim Elterngeld keine Rede sein kann. Das Elterngeld ist eine bevölkerungspolitisch motivierte Maßnahme, die auf der Prämisse beruht, dass Akademikerinnen mehr Kinder bekommen sollen als Nicht-Akademikerinnen. 

BLUME, Georg (2018): In Frankreich fehlen die Babys.
Immer war das Nachbarland stolz auf seine hohe Geburtenrate. Nun bekommen auch dort die Frauen weniger Kinder. Woran liegt das?
in: Die ZEIT Nr.8
v. 15.02.

Georg BLUME liefert einen konfusen Artikel ab, der von Ungereimtheiten nur so strotzt:

"Erstmals seit über 20 Jahren geht die französische Geburtenrate wieder zurück. 2017 kamen in Frankreich 767.000 Babys zur Welt, 17.000 weniger als im Vorjahr."

BLUME spricht von Geburtenrate, obwohl er nur die absoluten Geburtenzahlen nennt. Die Geburtenrate geht jedoch seit 2010 (Höchststand: 2,03) fast kontinuierlich zurück - die Geburtenzahlen ebenfalls (Höchststand 2010: 832.800). Nur durch die Einbeziehung Übersee-Departéments Mayotte in die französische Bevölkerungsentwicklung im Jahr 2014 gab es eine scheinbare Erholung. BLUME verbreitet also schlichtweg Fake-News!

Es ist genauso falsch, dass die Geburtenrate seit 20 Jahren ständig angestiegen ist. 15 Jahre zuvor lag die Geburtenrate ebenfalls bei 1,88 Kinder pro Frau. Aber es geht bei BLUME genauso konfus weiter:

"2016 und 2015 war der Rückgang ähnlich hoch. Hält diese Entwicklung an, könnte das eine historische Wende für das Land bedeuten.
Erst bei 2,1 Kindern sehen Bevölkerungsforscher den Erhalt der Bevölkerung überhaupt gewährleistet. In Frankreich war das lange der Fall, nicht mehr."

Der letzte Satz steht so verstümmelt in der ZEIT. Der Leser kann den Satz auf zwei Weisen interpretieren: Zum einen "In Frankreich war das lange der Fall, jetzt nicht mehr" und zum anderen: "In Frankreich war das lange nicht mehr der Fall". Die 2,1 Kinder pro Frau wurden nur im Jahr 2010 knapp verfehlt, d.h. die letzte Lesart wäre die Korrektere.

2,1 Kinder pro Frau ist nur für nationalkonservative Bevölkerungswissenschaftler das Maß der Dinge. Es gilt jedoch nur für geschlossene, nicht jedoch für offene Gesellschaften der Moderne. Zuwanderungsüberschüsse sorgen dafür, dass in solchen Gesellschaften - insbesondere bei guter Wirtschaftslage, die Bevölkerung auch unterhalb der Bestandserhaltungszahl wachsen.

Auch die nationalkonservative Sicht, dass Frankreich die Babys fehlen, ist in Frankreich umstritten. Der Journalist Guillaume DUVAL sieht gerade im Babyboom und dem starken Bevölkerungswachstum in Frankreich einen gravierenden wirtschaftlichen Nachteil gegenüber Deutschland:

"Im Jahr 2015 lag die Fertilitätsrate der französischen Frauen bei durchschnittlich zwei Kindern pro Frau, während die Geburtenrate in Deutschland 1,5 Kinder pro Frau betrug (...). Daraus ergibt sich, dass Deutschland trotz des Zustroms von Flüchtlingen in den vergangenen Jahren zwischen 2000 und 2016 nur 276.000 Einwohner hinzugewann, während die französische Bevölkerung um über sechs Millionen Einwohner wuchs."

DUVAL sieht deshalb in dem Buchaufsatz Frankreich ist nicht der kranke Mann Europas einen Nachteil für das französische Bildungs- und Erwerbssystem:

"Deutschland ist ein Land, in dem die Anzahl der Schüler pro Lehrer niedriger ist als in Frankreich und in dem die Lehrer viel besser bezahlt werden als in Frankreich. Aber aufgrund der niedrigen Geburtenrate wendet Deutschland für das Bildungswesen 0,7 Punkte des BIP weniger auf als Frankreich.
Zusammengefasst zählte man im Jahr 2015 in Frankreich 1,6 Millionen Personen mehr, die zwischen 0 und 15 Jahren waren, als in Deutschland und 4,8 Millionen weniger, die über 65 Jahre alt waren. Aber wenn man die Gesamtheit der über 65-Jährigen und der unter 15-Jährigen auf die Bevölkerung der 15- bis 64-Jährigen bezieht, die im sogenannten erwerbsfähigen Alter sind, so wird deutlich, dass es in Deutschland 1,9 Menschen im erwerbsfähigen Alter pro Nichterwerbstätigen gibt - in Frankreich aber nur 1,7. (...).
Dieser Unterschied in der demografischen Entwicklung erklärt (...) im Wesentlichen den zwischen Frankreich und Deutschland zu beobachtenden Unterschied bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit." (2017, S.135f.)

Gemäß dieser Sicht ist Frankreich sozusagen vom Babyboom völlig überfordert worden. Hohe Jugendarbeitslosigkeit und schlechte Bildungschancen sind das Ergebnis. Deutschland droht in den nächsten Jahren mit seinem Mini-Babyboom das gleiche Schicksal. Bereits heute zeichnet sich in Deutschland ein gravierender Mangel an Kinderbetreuung und Grundschullehrern ab. Frankreich ist kein Vorbild, sondern Mahnmal, das zeigt, dass Geburtenreichtum keinesfalls gesellschaftlichen Wohlstand bedeutet. Darauf hat der Soziologe Karl Otto HONDRICH bereits frühzeitig im Jahr 2007 in seinem Buch Weniger sind mehr hingewiesen. Die Entwicklung seit dem bestätigt diese Sicht eindrucksvoll.

BLUME bietet verschiedene Spekulationen an, warum die Geburtenrate sinkt. Die wirtschaftliche Entwicklung klammert er aus, ein Resultat seiner Falschdarstellung hinsichtlich der Geburtenentwicklung in Frankreich. Deshalb bleiben nur Stereotypen übrig, z.B. sollen die Franzosen häufigeren Sex haben und deshalb mehr Kinder bekommen. BLUME hat offenbar noch nichts von der Entkopplung zwischen Sexualität und Geburtenaufkommen gehört. Ein anderer Faktor sei die Zunahme von Trennungen. Auch dies ist zu kurzsichtig, weil sich dahinter unterschiedliche gesellschaftliche Entwicklungen verbergen.

Passend zum Leserpublikum urbanes Akademikermilieu wird die Wohnungsnot in Paris angeführt. Unter französischen Akademikerinnen mag im Vergleich zu Westdeutschland die Kinderlosigkeit niedriger sein, aber auch in Frankreich tragen Akademikerinnen weniger zum Geburtenaufkommen bei, weshalb deren Probleme kaum relevant für die Geburtenentwicklung ist. Wie für alle katholischen Länder, so gilt auch für Frankreich, dass die Bevölkerungsstatistik dem modernen Familienleben nicht gerecht wird. Während in Deutschland seit 2008 die biologische Geburtenfolge erfasst wird, wird in Frankreich noch immer nur die eheliche Geburtenfolge erfasst. Die Daten müssen deshalb durch Surveys ergänzt werden. Im Gegensatz zum Mikrozensus, bei dem 3 % der Bevölkerung befragt werden, sind es in Frankreich nur 1 - 2 %. Aus diesem Grunde sind die niedrigen Kinderlosenzahlen Frankreichs möglicherweise auch teilweise ein Forschungsartefakt. Der Buchaufsatz Childlessness in France von Katja KÖPPEN,  Magaili MAZUY und Laurent TOULEMON aus dem Jahr 2017 ist eher Ausdruck kultureller Unterschiede. Im Gegensatz zu den aufs Aussterben fixierten Deutschen, ist den Franzosen eher ein naiver Optimismus zu eigen, was den unterschiedlichen Erfahrungen der letzten Jahrzehnte geschuldet ist. Die Zukunft ist jedoch weit weniger von der Vergangenheit abhängig, als Journalisten und Demografen das gerne darstellen. Typisch für diese Kurzschlüssigkeit ist BLUMEs Artikel:

"Vor Kurzem noch konnten sich die Franzosen ausrechnen, dass sie um das Jahr 2050 herum mehr Einwohner zählen würden als Deutschland, dass sie also zum bevölkerungsreichsten Land in Europa aufsteigen. Inzwischen sieht es danach nicht mehr aus. (...). Hierzulande liegt die Fruchtbarkeitsrate pro Frau immerhin wieder bei 1,5. Halten beide Trends an, wird die Fruchtbarkeitsdifferenz zwischen beiden Ländern in ein paar Jahren verschwinden."

Langfristige Trends zu konstatieren ist verantwortungslos. Die rasante Verfallszeit von Bevölkerungsvorausberechnungen sollte eigentlich zu denken geben, nichtsdestotrotz werden immer wieder völlig haltlose Spekulationen in die Welt gesetzt. Das Statistische Bundesamt wertet deshalb seine Bevölkerungsvorausberechnungen nur noch als politische Propaganda. Treffsicherheit ist kein Kriterium mehr. Natürlich wird das nicht so drastisch ausgedrückt, aber zwischen den Zeilen kann man das so deuten.

BLUME will einen Mentalitätswandel bei jungen Franzosen festgestellt haben, der sich weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit vollzogen habe. Nur in Deutschland hat man falsche Vorstellungen von der französischen Geburtenentwicklung. Das ist jedoch der Bevölkerungspolitik geschuldet, weshalb nur der Aspekt der Kinderbetreuung und der materiellen Anreize für wohlhabende Familien herausgehoben wird, während das französische Hausfrauendasein verleugnet wurde. Schon im Jahr 2010 erschien das Buch Der Konflikt von Elisabeth BADINTER, der den Mentalitätswandel unter Akademikerinnen in Frankreich zum Thema hatte.

Als Letztes wird die französische Familienpolitik, die Nationalkonservativen und Vereinigungsverfechter als vorbildlich galt, als Problemfall betrachtet. Denn

"im Zuge der Wirtschaftskrise wurde seit 2008 die Familienförderung langsam wieder abgebaut".

In Frankreich geht es jedoch nicht um Familienförderung, sondern um qualitative und quantitative Bevölkerungspolitik. Die qualitative Bevölkerungspolitik zielt auf die Förderung wohlhabender Familien ab. Entsprechend wird auch von BLUME nur als Problem herausgestrichen, dass in Frankreich das Elterngeld niedriger als in Deutschland ist.

KLINGSIECK, Ralf (2018): Leihmütter nicht länger tabu.
Öffentliche Meinung im Wandel: Franzosen sind offen für medizinische Hilfe beim Kinderwunsch lesbischer Paare,
in:
Neues Deutschland v. 15.02.

Ralf KLINGSIECK berichtet über die Einrichtung einer Ethik-Kommission:

"Die Ergebnisse der Diskussionen sollen bis zum Sommer in einen Gesetzesentwurf münden, der ab Herbst im Parlament beraten und Anfang nächsten Jahres verabschiedet werden soll."

Eine Umfrage, die im Auftrag einer katholischen Zeitung ("La Croix") durchgeführt wurde, ergab gemäß KLINGSIECK einen weitergehenderen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung zur Akzeptanz der Leihmutterschaft als in der Partei MACRONs - ganz zu schweigen von der Katholischen Kirche.

PANTEL, Nadia (2018): Schatten auf dem Paradies.
Trotz guter Betreuung vergeht vielen Franzosen die Lust auf Kinder,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 29.03.

Nadia PANTEL korrigiert das "Bild der unbesorgten Französinnen", das Akademikerinnen der Medienbranche und Wissenschaftlerinnen in den Nuller Jahren gezeichnet haben. PANTEL bezeichnet es als Blick auf die "großen Städte und auf arbeitende Paare". Vereinbarkeitsverfechterinnen wie Martina MEISTER oder Barbara VINKEN sind verantwortlich für das stark verzerrte Bild auf die idealisierte, französische Mutter.

"Laut Umfrage der »Union der Familienvereine« betreuten 2016 mehr als 60 Prozent der französischen Eltern ihre Kinder bis zum dritten Lebensjahr selbst. Nur zwölf Prozent gaben ihre Kinder in eine staatliche Krippe.
(...). Doch auch in Familien mit zwei berufstätigen Elternteilen stemmen immerhin 27 Prozent der Eltern die Tagesbetreuung ohne staatliche Unterstützung. In der Gruppe der arbeitenden Eltern finden sich viele Mütter und Väter, die ihr Baby gerne in die Krippe gegeben hätten, aber keinen Platz bekommen haben. Die staatlichen Betreuungsplätze sind begehrt, und sie decken nicht den Bedarf",

erklärt uns nun PANTEL. Erst die 3-Jährigen und Älteren sind durch die Vorschule ("École maternelle") in Frankreich mit 97 Prozent versorgt. In den Nuller Jahren arbeitenden sich die deutschen Medien am "Rabenmutter"-Stereotyp ab, das berufstätigen Müttern aufgrund der typisch deutschen Tradition anhaften sollte. Die Debatte um die "Herdprämie" zeigt indes die Verschiebungen im deutschen Diskurs. Wenn jetzt ein anderes Bild von Frankreich gezeichnet wird, dann hängt das auch damit zusammen, dass nicht mehr die Kinderlosigkeit der Akademikerinnen sondern der Rückgang der kinderreichen Familie bzw. das Zwei-Kinder-Ideal neues als Hauptproblem gilt.

2019

PAPON, Sylvain & Catherine BEAUMEL (2018): Bilan démographique 2018.
La fécondité baisse depuis quatre ans,
in:
Insee Première v. 15.01.

Sylvain PAPON & Cahterine BEAUMEL von der französischen Statistikbehörde verkünden den 4. Rückgang der zusammengefassten Geburtenziffer (TFR) in Frankreich seit dem Jahr 2014. Die Geburtenrate betrug 2014 noch 1,990 inklusive des Übersee-Departéments Mayotte (ohne Mayotte: 1,999). 2018 betrug die (vorläufige) zusammengefasste Geburtenrate nur noch 1,873.

Die Geburtenzahlen hatten 2010 einen Höchststand und sind seitdem rückläufig. Nur durch die statistische Mitberücksichtigung von Mayotte ab 2014 erhöhte sich in 2014 ein einziges Mal die Geburtenzahl.

Betrachtet man nur die 96 französischen Departéments auf dem europäischen Kontinent ohne die 5 Übersee-Departéments (vgl. die Definitionen des INSEE, Stand 21.11.2017) , dann liegt die vorläufige zusammengesetzte Geburtenziffer im Jahr 2018 bei 1,839 (2014: 1,974). Pro 1000 gebärfähiger Frauen werden auf dem europäischen Kontinent von den Franzosen 34 Kinder weniger geboren als von allen Franzosen..

Bei deutsch-französischen Vergleichen werden diese und andere Unterschiede (z.B. Abgrenzungen zu Ausländern) gewöhnlich vernachlässigt, obwohl sie die deutsche Debatte um die Kinderlosigkeit der "deutschen" Akademikerinnen relativieren könnten.

 
       
   
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© 2002-2019
Bernd Kittlaus
webmaster@single-generation.de Erstellt am: 20. September 2000
Update am: 19. September 2019