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Zitate
zur Debatte
Soziale
Beziehungen: Verlust oder Liberalisierung?
"Was die Verfügbarkeit
sozialer Unterstützung betrifft, befinden
sich diejenigen Menschen, deren Lebenslauf
dem traditionellen Familienzyklus folgt, im
Durchschnitt auf der sicheren Seite (...).
Dabei hat sich das alleinige Festmachen
solcher familialen Lebenszusammenhänge an
Haushaltszugehörigkeiten bzw. Haushaltstypen
als viel zu enger Maßstab für solche
Solidaritäten erwiesen. Insbesondere Eltern
und Kinder leben, auch nach dem Auszug der
Kinder aus dem Elternhaus, räumlich meist
nicht weit voneinander entfernt, halten
regelmäßigen und regen Besuchskontakt
miteinander und spielen füreinander eine
herausragende Rolle als Rückhalt in
verschiedenen alltäglichen und
Notsituationen.
(...).
Auch die sogenannten neuen und die
nichtfamilialen Haushaltsformen lassen sich
nicht einheitlich in eine Richtung bewerten,
sondern müssen jede für sich betrachtet
werden. Die nichtehelichen
Lebensgemeinschaften haben sich, sofern
die Partner im selben Haushalt
zusammenwohnen, als überraschend 'normal'
erwiesen (...). Bei den anderen
Haushaltsformen spielt das jeweilige Alter
der Befragten eine entscheidende Rolle für
die Einschätzung strukturell gleicher
Haushaltsformen. So haben sich die jüngeren alleinwohnenden
Ledigen, anders als es in ihrem
"Single"-Image entsprechen würde,
als einer der Leistungsträger im Austausch
von Unterstützungsleistungen zwischen den
Privathaushalten herausgestellt"
(Martin
Diewald, 1991, S.253f.)
Die Erfindung des Politischen
"Die meisten sozialen
Rechte sind individuelle Rechte.
Nicht Familien können sie in Anspruch
nehmen, sondern eben nur Individuen, genauer:
erwerbstätige (oder zur Erwerbsarbeit
bereite, arbeitslose) Individuen. Die
Teilnahme an den materiellen Sicherungen und
Wohltaten des Sozialstaates setzt in den
allermeisten Fällen Erwerbsbeteiligung
voraus. Das bestätigt unter anderem der
Streit um die Ausnahmen: Hausarbeitslohn,
Hausfrauenrente (...). Der Sozialstaat ist -
vielleicht wider Willen - eine Versuchsanordnung
zur Konditionierung ichbezogener Lebensweisen.
Und man mag das Gemeinwohl mit einer
Pflicht-Impfung in die Herzen der Menschen
spritzen, diese Litanei der
verlorengegangenen Gemeinsamkeit ist
doppelzüngig, doppelmoralisch, solange die
Mechanik der Individualisierung intakt bleibt
und niemand sie wirklich ernsthaft in Frage
stellt - dies weder will noch kann.
(...).
Diese Art von Individualisierung bleibt nicht
privat, sie wird in einem bestimmten, neuen
Sinne politisch"
(Ulrich Beck
"Die Erfindung des Politischen",
1993, S.153f.)
"Subpolitik
unterscheidet sich von Politik dadurch, daß
(a) auch Akteure außerhalb des
politischen oder korporatistischen Systems
auf der Bühne der Gesellschaftsgestaltung
auftreten (...) und (b) dadurch, daß nicht
nur soziale und kollektive Akteure, sondern
auch Individuen mit jenen und
miteinander um die entstehende
Gestaltungsmacht des Politischen
konkurrieren."
(Ulrich Beck
"Die Erfindung des Politischen",
1993, S.162)
Haushalten und Gesellschaft
"Die säkulare Entwicklung
einer Verkleinerung der durchschnittlichen
Haushaltsgröße, insbesondere der
kontinuierlichen Zunahme der
Einpersonenhaushalte, ist ungebrochen. Zwar
erfüllt auch ein Einpersonenhaushalt die
Kriterien eines Haushalts, aber das
Haushalten erhält einen völlig anderen
Charakter, wenn es nicht mehr die Abstimmung
und Unterstützung zwischen verschiedenen
Personen beinhaltet. An die Stelle des
Haushalts treten in einer Gesellschaft der
Einpersonenhaushalte die sozialen Netzwerke,
wobei es fraglich ist, inwieweit sie die
Haushalte ersetzen können."
(Wolfgang
Glatzer "Haushalten und
Gesellschaft", 1994, S.240)
Lebensstile und Politik
"Mit der Stagnation der
sozialen Bewegungen und inzwischen auch ihrer
Institutionen wurde ein Teil der
sozialwissenschaftlichen Aufmerksamkeit von
den artikulationsstarken und politisch
vergleichsweise zielstrebig arbeitenden neuen
sozialen Bewegungen wieder abgezogen. Seither
wird sie unter dem Stichwort civil
society verstärkt auf das breite
Spektrum gesellschaftlicher Assoziationen und
Organisationen gerichtet, in denen Orte der
gesellschaftlichen Politisierung vermutet
werden. Dabei geht es je nach Ansatz um einen
enger oder weiter abgesteckten Raum an
zivilgesellschaftlichen Institutionen,
intermediären Einrichtungen bis hin zu
Verbänden und Unternehmen. Entscheidend ist,
daß sie potentiell in der Lage sind, ihre
Strategien der Bearbeitung sozialer Probleme
eigenständig zu ändern. Soziale Bewegungen
nehmen in den civil society-Konzepten
weiterhin einen zentralen Stellenwert ein.
Doch nicht nur die Entwicklung in der
politischen Öffentlichkeit, sondern auch die
vorpolitische Willensbildung, die sich
häufig an der Schwelle zur Politisierung
bewegt, hat eine schwer einschätzbare
Dynamik der gesellschaftlichen Veränderung
entfaltet (...). So stehen die Begriffe
'Subpolitisierung' und
'zivilgesellschaftliche Assoziationen' für
alles, was einen informellen oder
institutionellen Spielraum für Diskurse und
Selbstreflexion bietet. Lebensstile gelten
ebenfalls als zivilgesellschaftliche
Assoziationen, insbesondere wenn sie als
sozial-kohäsive Lebensstilgruppen verstanden
werden. Sie befinden sich mehr oder weniger
an dem einen Ende des Spektrums
zivilgesellschaftlicher Institutionen, zur
Seite der privaten Alltagspraxis hin, an
dessen anderem Ende die politische
Öffentlichkeit und gesellschaftliche
Organisationen angesiedelt sind." [mehr]
(Claudia
Ritter,
1997, S.10)
Gouvernementalität der Gegenwart
"Nicht eine Abnahme
staatlicher Souveränität und
Planungskapazitäten, sondern eine
Verschiebung von formellen zu informellen
Formen der Regierung lässt sich beobachten.
Diese umfasst die Verlagerung von
nationalstaatlich definierten
Handlungsmustern auf suprastaatliche Ebenen
ebenso wie die Etablierung neuer Formen von
»Subpolitik«, die gleichsam »unterhalb«
dessen operieren, was traditionellerweise das
Politische ausmachte."
(Thomas
Lemke, Susanne Krasmann, Ulrich Bröckling
"Gouvernementalität, Neoliberalismus
und Selbsttechnologie. Eine Einleitung, 2000,
S.26)
Zivilgesellschaft light?
"Das Faszinosum der
Zivilgesellschaft erklärt sich daher, dass
dieser Begriff alte Grenzziehungen aufhebt
und an die Stelle der Exklusion Inklusion,
Aktivierung, neue Identitäten,
Verantwortlichkeiten, Macht- und
Aufgabenteilung setzt. Wer also von
Zivilgesellschaft in einem politisch
gehaltvollen Sinne spricht, meint damit (...)
eine Reformidee, die die gesamte
Gesellschaft, also auch Politik, Staat,
Verwaltung, Wohlfahrtsverbände,
Interessenorganisationen, politische Parteien
etc. einschließt. Meine Idee der bezahlten,
freiwilligen, selbstorganisierten
Bürgerarbeit ist in diesem Sinne als
inklusives Konzept gedacht, das gerade auch
die vermeintlich Nicht-Aktivierbaren
aktivieren will, also den Mittelschicht-Bias
des bürgerschaftlichen Engagements
überwinden will.
Darauf zielt das Schlüsselkriterium der
Bezahlung, weil nur dann diejenigen, die
herausgefallen sind, oder herauszufallen
drohen, überhaupt eine Chance haben, an den
Aktivitäten der Zivilgesellschaft
teilzunehmen. Darauf zielt das Merkmal der
Mobilität zwischen den verschiedenen
Tätigkeitsfeldern der Gesellschaft
(Bürgerarbeit, Hausarbeit, Erwerbsarbeit).
Denn nur wenn die Barrieren abgebaut werden,
die einen Wechsel zwischen diesen
Tätigkeitsbereichen erschweren oder
ausschließen, kann Bürgerarbeit zur
Qualifizierungschance, zum Sprungbrett
zurück in die Erwerbsarbeit werden.
(...)
Zivilgesellschaft ist also gerade kein
Kostensenkungsprogramm, nicht die größte
denkbare Rationalisierungsmaßnahme im
öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft.
Der Neoliberalismus missbraucht die
Lobpreisung der »Zivilgesellschaft«, um
Kosten und Probleme auf den so genannten
selbstverantwortlichen Bürger
abzuwälzen, der dadurch zum
»Müllschlucker« systemischer Widersprüche
gemacht wird.
Die Zivilgesellschaft ist mehr als eine
Mittelschichtsveranstaltung. Sie muss für
diejenigen geöffnet werden, die von den
Gewerkschaften nicht erreicht werden
die Modernisierungsverlierer, die sich oft
gar nicht mehr als Bürger begreifen. Die
Ersetzung des Begriffs »Bürgerarbeit«
durch den Begriff »bürgerschaftliches
Engagement« signalisiert dagegen einen
Rückzug: Bürgerarbeit meint schöpferischer
Ungehorsam. »Bürgerschaftliches
Engagement« dagegen ist Zivilgesellschaft
light."
(Ulrich Beck
in der Süddeutschen Zeitung vom 23.06.2001) |
Die
Zivilgesellschaft als Problemlösemaschine
jenseits von Markt und Staat?
Ein Beitrag zur
Politik der Lebensstile
Zivilgesellschaft
ist ein Modebegriff, der im Spannungsfeld
gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse
angesiedelt ist. Je nach Interessenlage ergibt
sich die Notwendigkeit dessen, was nur unscharf
als Zivilgesellschaft umrissen wird, aus dem
Wandel der Haushaltsstruktur, dem Markt- oder dem
Staatsversagen. Andererseits
konkurrieren Haushalte, Zivilgesellschaft, Markt
und Staat gleichsam um die Herstellung der
jeweils erforderlichen
"Dienstleistungen". Der Konflikt
entzündet sich in erster Linie an der
Bezahlbarkeit bzw. an der Bezahlung dieser
Dienstleistungen. Die Debatte
um die Zivilgesellschaft ist durch jeweils
spezifische Einseitigkeiten gekennzeichnet, so
dass kaum jemals der ganze Komplex sichtbar wird.
Deshalb soll hier zuerst auf die Grundelemente
des Gesellschaftsverständnisses eingegangen
werden, das der Zivilgesellschaft erst zu ihrer
zentralen Bedeutung verhilft.
Die
Haushalte und der Wandel der Lebensformen
Seit
den 1980er Jahren werden die Modernisierungsfolgen
kontrovers diskutiert. Die Befürworter der
Modernisierung betonen die Befreiung aus
den alten Zwangsgemeinschaften
("liberated communities"), während die
kommunitaristischen Kritiker den
ersatzlosen
Verlust traditioneller Gemeinschaften
beklagen ("community lost").
Der Trend
zu kleiner werdenden Haushalten - Wolfgang GLATZER (1994)
spricht gar von einer "Gesellschaft der
Einpersonenhaushalte" - wird üblicherweise
als Reduzierung der Leistungsfähigkeit
der Haushalte interpretiert. Haushalte
werden in dieser Sichtweise nicht nur als
Konsumenten, sondern in zunehmenden Masse auch
als Produzenten gesehen. Diese Ökonomisierung
des Sozialen ist verbunden mit
ökonomistisch verkürzten Begrifflichkeiten. Man
spricht salopp von Familien, meint damit aber nur
Familienhaushalte
. Haushaltsübergreifende
Sozialzusammenhänge bleiben dadurch
ausgeblendet. Legitimiert wird dies durch die
Annahme, dass diese Sozialzusammenhänge ("soziale
Netzwerke") per se weniger
leistungsfähig sind als Haushalte. Die netzwerkorientierte Sozialforschung tritt diesem
Vorurteil mit empirischen Belegen entgegen (z.B.
Martin DIEWALD) und konnte zeigen, dass diese
vereinfachende Sicht nicht haltbar ist.
Die
Technisierung
der Haushalte hat den Trend zu kleineren
Haushalten ermöglicht, weswegen die
Haushaltstechnisierung gleichfalls skeptisch
beurteilt wird. Techniksoziologische
Untersuchungen, die sich mit diesem Thema
beschäftigen sind einerseits rar und müssen
andererseits mit den disziplintypischen
Vorurteilen kämpfen.
Der
Markt: Marktversagen oder sind wir auf dem Weg
zur Dienstleistungsgesellschaft?
Die
Zielgruppe des profitorientierten Marktes par
excellence ist der Yuppie.
Yuppies leben angeblich vorzugsweise in Einpersonenhaushalten
und bezahlen für Dienstleistungen jeden Preis
.
Der Einpersonenhaushalt wird damit zum Konsumentenhaushalt
degradiert. Doris ROSENKRANZ kritisiert in dem Buch
Konsummuster privater Lebensformen zu Recht:
Konsummuster privater Lebensformen
"In weiten Teilen sind die
bisherigen Forschungsergebnisse zu Konsummustern privater
Lebensformen als defizitär zu bezeichnen. Trotz eines aktuell
wachsenden Interesses werden lebensformspezifische Konsummuster
in einer sinnvollen Differenzierung kaum erfaßt. Im Vordergrund
vieler Studien stehen z.B. »Singles« als weitgehend homogene
Gruppe, was der Realität dieser Lebensform nicht gerecht wird."
[mehr]
(1998) |
Statt zu kochen,
wird im Restaurant gegessen. Wenn zuhause
gegessen wird, dann liefern Bringdienste das
Essen an. Der Yuppie residiert im intelligenten
Haus der "Gated Community", wo er sich
auf den Doorman verlassen kann. Ist der Yuppie
alt und krank, dann lässt er sich von
Pflegediensten umsorgen. Was also nach
Vorstellung der Konservativen die Familie früher
im Rahmen des Haushalts geleistet hat, das
delegiert der Yuppie an die
Dienstleistungsgesellschaft. Die unterstellte
Yuppisierung
der Gesellschaft wäre gleichbedeutend
mit einer Blüte der Dienstleistungskultur. Nach
dieser optimistischen Sichtweise wäre die
Zivilgesellschaft
überflüssig, weil sie in der
Dienstleistungsgesellschaft aufgehen würde.
Marktskeptiker
wie Helmut DUBIEL ("Warum ist das Anrufen der Zivilgesellschaft
so beliebt?", FR 23.06.2001) deuten dies zur
Gefährdung
der Zivilgesellschaft um, denn "als
Nebenfolge der Durchdringung einer Gesellschaft
durch Marktbeziehungen" wird der soziale
Zusammenhang zerstört. Als pathologische
Symptome nennt er moralische Indifferenz, soziale
Kälte und politische Apathie. Nach dieser Lesart
wäre die Antwort auf eine alles umfassende
Dienstleistungsgesellschaft, die sich DUBIEL nur als korrupte
Gesellschaft vorstellen kann, ein zivilgesellschaftlicher
Widerstand.
Wahrscheinlicher
als diese Form des Marktversagens ist dagegen die
Gefahr der Spaltung der Gesellschaft.
Nicht jeder wird den Preis der Dienstleistungen
aus eigener Tasche bezahlen können. Gerade jene,
die im Dienstleistungssektor arbeiten
("McJobs"), werden oftmals selbst nicht
zu den Nutznießern dieser
Dienstleistungsgesellschaft gehören
.
Staatsversagen
und Umbau des Sozialstaats
Die
Kritiker des Sozialstaats
behaupten die Überlastung des Staates aufgrund
der Anspruchsinflation der Sozialstaatsbürger.
Ob dies nun als Problematik des Trittbrettfahrens
oder als sozialstaatserzeugte Individualisierung
(Ulrich BECK) dargestellt wird, ist dabei
sekundär. Der Staat muss entlastet werden und
das Problem (der Bürger als
"konsumierender" Rechteinhaber) ist
zugleich Teil der Lösung (der Bürger als
"wohlfahrtproduzierender"
Pflichteinhaber). Die Rettung des Sozialstaats
wird damit der Zivilgesellschaft anvertraut.
Die
Verfechter
des Sozialstaats (z.B. Martin KOHLI)
verweisen dagegen darauf, dass die
sozialstaatlichen Leistungen in erster Linie zur
Stärkung des Familialismus beitragen. Würden
die haushaltsübergreifenden Transferzahlungen
mitberücksichtigt - so deren These - dann würde
sich ein ganz anderes Bild ergeben.
Generationen in Familie und Gesellschaft
"Das
Generationenthema ist gleichzeitig populär wie kontrovers.
Seine Popularität zeigt sich an der
Generationenetikettierungswut von der auch manche
Soziologen ergriffen sind. Wie kontrovers das Thema ist,
wird daran deutlich, daß von der einen Seite ein »Krieg
der Generationen« heraufbeschworen wird, während
andernorts von einer »neuen Solidarität zwischen den
Generationen« die Rede ist. In diesem Buch erläutern die
führenden Vertreter der Generationenforschung den Stand
der Diskussion und zeigen was die Generationenforschung
für die Analyse von Familie und Gesellschaft leisten
kann."
[mehr]
(2001) |
Die
zivilgesellschaftliche Lösung
Was
wird nun unter der Zivilgesellschaft verstanden?
Die Zivilgesellschaft ist eine Art intermediäres
Netzwerk jenseits von Haushalt, Markt und Staat.
Darunter fallen z.B. die Nachbarschaftshilfe,
Bürgerinitiativen, Selbsthilfegruppen, Vereine,
Tauschringe usw. Traditionell
geht es um die Stärkung ehrenamtlicher
Tätigkeiten. Mit dem Konzept der Bürgerarbeit
(z.B. Ulrich BECK) rücken jedoch Ehrenamt und
Erwerbsarbeit näher zusammen. Inwieweit
intermediäre Institutionen die Aufgaben von
Haushalt, Markt oder Staat übernehmen können
und sollen, darüber wird gestritten.
Eine
Kritik der gegenwärtigen Debatte
Die
Debatte um die Zivilgesellschaft und den Umbau
des Sozialstaats steht erst am Beginn. Die
Kontroverse
"Familien contra Singles" wird
dabei eine zentrale Konfliktlinie sein. Auf jeden
Fall wird die Ökonomisierung des Sozialen durch
diese Debatte weiter vorangetrieben werden.
Wenn zur
Zeit die Familien als gesellschaftliche
Leistungsträger zur Sprache gebracht
werden, dann ist dies die Folge eines verkürzten
Familienbegriffs, der Familie auf den
Familienhaushalt reduziert. Haushaltsübergreifende
und generationenübergreifende
Sozialzusammenhänge und die damit verbundenen
persönlichen und sozialstaatlichen
Transferleistungen bleiben damit ausgeblendet.
Solange dies der Fall ist, wird ein verzerrtes
Bild der Gesellschaft gezeichnet. Was als
Vereinzelung oder Individualisierung erscheint,
ist in Wirklichkeit ein komplexes Geflecht aus
multilokalen Mehrgenerationen-Familien.
Die
Modernisierungsverlierer
sind jene, die mit ihrem Haushalt nicht Teil
eines solchen übergreifenden Haushaltsverbundes
sind und dies auch nicht durch soziale Netzwerke
oder den Einkauf von Dienstleistungen
kompensieren können. Eine
Sozialforschung, die diese Wirklichkeit zu
erfassen sucht, existiert bislang nur
rudimentär. Sie wäre jedoch notwendig, um
adäquate Lösungen für die gegenwärtigen
gesellschaftlichen Problemlagen zu finden.
Die
Kontroverse "Familien contra Singles"
verdeckt den intergenerationellen
Zusammenhalt zwischen Familien und Singles im
Rahmen der multilokalen Mehrgenerationen-Familie.
Die Spaltung der Gesellschaft verläuft nicht
zwischen Familien und Singles, sondern zwischen
den Modernisierungsgewinnern und -verlierern -
unabhängig von der jeweiligen konkreten
Haushaltsform. Ein zivilgesellschaftliches
Konzept, das dies nicht berücksichtigt, muss
zwangsläufig scheitern.
Die Single-Lüge - Das Buch zur Debatte
"Die
Rede von der »Single-Gesellschaft«
rechtfertigt gegenwärtig eine Demografiepolitik, die
zukünftig weite Teile der Bevölkerung wesentlich
schlechter stellen wird. In zahlreichen Beiträgen, die
zumeist erstmals im Internet veröffentlicht wurden,
entlarvt der Soziologe Bernd Kittlaus gängige
Vorstellungen über Singles als dreiste Lügen. Das Buch
leistet damit wichtige Argumentationshilfen im neuen
Verteilungskampf Alt gegen Jung, Kinderreiche gegen
Kinderarme und Modernisierungsgewinner gegen
Modernisierungsverlierer." |
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