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Generationen in Familie und Gesellschaft
"Das
Generationenthema ist gleichzeitig
populär wie kontrovers. Seine
Popularität zeigt sich an der
Generationenetikettierungswut von der
auch manche Soziologen ergriffen
sind. Wie kontrovers das Thema ist,
wird daran deutlich, daß von der
einen Seite ein »Krieg der
Generationen« heraufbeschworen wird,
während andernorts von einer »neuen
Solidarität zwischen den
Generationen« die Rede ist. In
diesem Buch erläutern die führenden
Vertreter der Generationenforschung
den Stand der Diskussion und zeigen
was die Generationenforschung für
die Analyse von Familie und
Gesellschaft leisten kann." (Klappentext) |
Das Generationenkonzept
Die
Herausgeber Martin KOHLI und Marc SZYDLIK
unterscheiden zwischen familialen, bzw.
biologischen
Generationen und gesellschaftlichen
Generationen. Letztere
differenzieren sie nochmals nach politischen,
kulturellen und ökonomischen Generationen.
Eine konkrete gesellschaftliche Generation
kann eine, zwei oder sogar alle drei
Dimensionen umfassen.
Politische Generationen
Das Thema
politische
Generation wird von Heinz BUDE in
seinem Aufsatz Die biographische Relevanz
der Generation behandelt. Hierher gehören Etiketten wie
Flakhelfer-Generation
,
68er oder Generation
Berlin.
Kulturelle Generationen
Kulturelle
Generationen umfassen nach KOHLI
& SZYDLIK "Kohorten, die sich durch
spezifische (Lebens-)Orientierungen,
Einstellungen und Stile charakterisieren
lassen". Ansgar WEYMANN behandelt in dem
Artikel Sozialer Wandel,
Generationenverhältnisse und
Technikgenerationen diesen Themenaspekt. Etiketten für
kulturelle Generationen sind z.B. die
Generation @
oder die
Generation Golf.
Die 68er-Generation
ist ein Beispiel für eine politische und
kulturelle Generation.
Der Begriff
Single-Generation
würde auch hierher gehören. KOHLI & SZYDLIK halten diese Etikettierung jedoch
für unangemessen, weil die Single-Generation nicht in der
öffentlichen Arena als kollektiver Akteur
auftritt und sie auch kein spezifisches
gemeinsames Generationenbewusstsein
entwickelt hat.
Ökonomische Generationen
Ökonomische
Generationen sind durch "die
Gemeinsamkeit ökonomischer Chancen und
Risiken" gekennzeichnet. Diesem Thema
widmet sich Lutz LEISERING in seinem Beitrag Wohlfahrtsstaatliche
Generationen. LEISERING sieht Anzeichen
dafür, dass sich
Wohlfahrtsstaatliche Generationen
"der politische
Generationenkonflikt zunehmend zu einem
zumindest potenziellen Verteilungskonflikt
zwischen Wohlfahrtsgenerationen wandelt. Ein
solcher ökonomischer Generationenkonflikt
kann umgekehrt auch zu neuen politischen
Konfliktlinien führen, etwa zur Entstehung
von altersbezogenen Bewegungen und
Parteien".
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LEISERING analysiert die in
der öffentlichen Debatte vorherrschenden
Deutungsmuster über Gewinner- und
Verlierergenerationen, die sich
demografischen und ökonomischen
Argumentationsmustern zuordnen lassen.
LEISERING kritisiert die Positionen, die
demographisch-ökonomische
Verschiebungen als willentliches Handeln von
Kohorten deuten. Er sieht darin eine
Verletzung von Gleichheitsnormen zwischen
Altersgruppen, die dem bisherigen
Sozialstaatsmodell zugrunde liegen.
Sozialstaat und demographischer Wandel
"Die aktuell
diskutierten demographischen Probleme der sozialen
Sicherung sind nicht nur Probleme einzelner
Sicherungssysteme wie Rentenversicherung und
Gesundheitsversorgung, sondern, so die These dieser
Studie, Anzeichen struktureller Probleme der
sozialstaatlichen Ordnung als ganzer. Erstmals werden die
Entwicklungen in verschiedenen institutionellen Bereichen
theoretisch und empirisch im Zusammenhang analysiert und
in den Rahmen einer soziologischen Theorie des
Sozialstaats gestellt.
Die
Studie zeigt, wie im Zuge demographischen Wandels zentrale
Kategorien herkömmlicher Sozialpolitik in Frage gestellt
oder umgedeutet werden: soziale Risiken,
Generationenvertrag, Verteilungsgerechtigkeit,
Sozialversicherung als Ordnungsprinzip, politische
Rationalität." (Klappentext) |
Familiale Generationen
Bei den
familialen
Generationen steht die Frage nach
der intergenerationalen Solidarität im
Vordergrund. Hans BERTRAMs Beitrag Die
verborgenen familiären Beziehungen in
Deutschland: Die multilokale
Mehrgenerationenfamilie beschäftigt sich mit der
Familienform multilokale
Mehrgenerationenfamilie
, die
von der amtlichen Statistik nicht erfasst
wird. Die sozialpolitische Debatte um
die Single-Gesellschaft und die
angebliche Polarisierung zwischen Singles und
Familien ist die Folge eines unangemessenen
Familienbegriffs, der Familie auf
Familienhaushalt und den "Familiensektor"
reduziert
. BERTRAM
demontiert den industriegesellschaftlichen Mythos von der
"isolierten Kleinfamilie".
Ein kurzer Überblick über die weiteren
Beiträge des Sammelbands
In
dem Sammelband finden sich außerdem
Beiträge von Josef EHMER ("Ökonomische
Transfers und emotionale Bindungen in den
Generationenbeziehungen des 18. und 19.
Jahrhunderts), Harald KÜNEMUND & Andreas
MOTEL ("Verbreitung, Motivation und
Entwicklungsperspektiven privater
intergenerationeller Hilfeleistungen und
Transfers"), Kurt LÜSCHER ("Die
Ambivalenzen von Generationenbeziehungen -
eine allgemeine heuristische
Hypothese"), Gabriele ROSENTHAL
("Historische und familiale
Generationenfolge"), Leopold ROSENMAYR
("Zwischen Sippe und Modernität -
Feldstudien über das Generationenverhältnis
im afrikanischen Kulturwandel"), Helga
KRÜGER & Claudia BORN ("Vom
patriarchalen Diktat zur Aushandlung -
Facetten des Wandels der Geschlechterrollen
im familialen Generationenverbund") und
von Claudine ATTIAS-DONFUT ("Familialer
Austausch und soziale Sicherung").
Generationen (2009)
"Die Beschäftigung mit Generationen hat
eine sehr lange Tradition - und ist weiterhin hochaktuell.
Bereits im Alten Ägypten wurden Probleme der
Generationenverhältnisse diskutiert, heutzutage ist das
Generationenthema in aller Munde, und für die Zukunft wird
sogar eine noch weiter zunehmende Relevanz prognostiziert.
Namhafte Autorinnen und Autoren einschlägiger Disziplinen
(Ägyptologie, Biowissenschaft, Erziehungswissenschaft,
Ethnologie, Geschichte, Literaturwissenschaft,
Politikwissenschaft, Psychologie, Publizistik,
Rechtswissenschaft, Soziologie und
Wirtschaftswissenschaft) diskutieren in diesem Band die
Thematik aus ihrer Sicht und eröffnen damit neue
Perspektiven auf das Problem der Generationen."
(Klappentext) |
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