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Zitate
aus der Debatte um die Einsamkeit in der Single-Gesellschaft
Lieber allein, als gemeinsam einsam
"Einsamkeit ist der Preis meiner Freiheit
ich möcht' sie trotzdem nicht verliern.
Lieber allein als gemeinsam einsam
vor Zufriedenheit zu friern".
(Mario Hené, 1977)
Das ganz normale
Chaos der Liebe
"In den
Idealisierungen der modernen Liebesehe spiegelt sich noch
einmal der Weg der Moderne. Die Überhöhung ist das Gegenbild
zu den Verlusten, die diese hinterläßt. Gott nicht, Priester
nicht, Klasse nicht, Nachbar nicht, dann wenigstens Du. Und
die Größe des Du ist die umgedrehte Leere, die sonst
herrscht.
Das heißt auch: weniger das materielle Fundament und die
Liebe, sondern die Angst vor dem Alleinsein hält Ehe und
Familie zusammen. Was jenseits von ihr droht oder
befürchtet wird, ist bei allen Krisen und Konflikten
vielleicht das stabilste Fundament der Ehe: Einsamkeit."
(Ulrich Beck & Elisabeth Beck-Gernsheim, 1990,
S.49f.)
Die Wonnen der
Einsamkeit
"Hermann Hesse war
einer von denen, die das Alleinsein ganz bewußt einer festen
Bindung vorzogen - weil ihm die »Wonnen des Alleinseins«,
die er als unerläßlich für eine kreative Tätigkeit
erachtete, stets wichtiger waren."
(aus: Jügen vom der Scheidt, Lieber allein? Im Sog der
Single-Gesellschaft 1991, S.125) |
Alleinleben und Einsamkeit
Während das Alleinleben ein sozialstatistischer
Sachverhalt ist, der vom Statistischen Bundesamt in
Wiesbaden erfasst wird, bezeichnet Einsamkeit einen
psychischen Zustand, der auf subjektiven Verarbeitungsprozessen
beruht. Zwischen beiden Sachverhalten wird oftmals ein
direkter Zusammenhang hergestellt, der in dieser Form nicht
existiert. Bereits der Begriff "Single-Haushalt" ist
irreführend, wenn damit das Problem der Partnerlosigkeit
bezeichnet werden soll. Alleinlebende sind nach der
Definition des Statistischen Bundesamt zuallererst Alleinwirtschaftende. Sie müssen deshalb weder allein wohnen, noch partnerlos sein
. Hans BERTRAM hält den Haushaltsbegriff für
ungeeignet, um familiäre Lebensformen zu erfassen. In Bezug auf
die älteren Alleinlebenden, die noch immer die größte homogene
Gruppe der Single-Haushalte darstellen, schreibt BERTRAM in
einem Handwörterbuchartikel zum Stichwort Familie:
Familie
"Personen,
die in einem eigenen Haushalt leben, werden selbst dann als
Single gezählt, wenn sie als alt gewordene Mütter in der
Einliegerwohnung im selben Haus wie die Kinder wohnen. So ist
die deutliche Zunahme der Zahl der Singlehaushalte auch darauf
zurückzuführen, daß eine zunehmend größere Zahl älterer Menschen
einen eigenen Haushalt führt, aber sehr wohl in der Nähe der
eigenen Kinder und in engem Kontakt mit diesen lebt."
(Hans Bertram im Handwörterbuch zur politischen Kultur der
Bundesrepublik Deutschland, 2. völlig überarbeitete und
aktualisierte Auflage, 2002) |
Da unter dem
Begriff "Single-Haushalt" so unterschiedliche Lebensformen wie
Wohngemeinschaften, nichteheliche Lebensgemeinschaften, Paare
ohne gemeinsamen Haushalt und allein wohnende Partnerlose
zusammengefasst werden, hilft der Begriff bei der Eingrenzung
des Phänomens Einsamkeit nicht weiter. Einsame sind unter
allen Haushaltsformen zu finden. Psychologen definieren Einsamkeit deshalb unabhängig vom
physischen Alleinsein:
Gemeinsam einsam?
"»Einsamkeit«
wollen wir (...) das subjektive Erleben von Verlassensein,
Traurigkeit, Verzweiflung, ungeduldiger Langeweile, die
Sehnsucht nach sozialer Eingebundenheit und Wertigkeit
bezeichnen - unabhängig davon, ob man gerade allein ist oder
sich in der Gesellschaft anderer Menschen befindet."
(Bernd Röhrle & Julia Osterlow in der Zeitschrift
Universitas Nr.636, Juni, 1999, S. 574) |
Einsamkeit
bezeichnet im Gegensatz zum Alleinsein heutzutage einen
unerwünschten Zustand, der als "Diskrepanz zwischen
gewünschten gegenüber tatsächlichen sozialen Bindungen" (RÖHRLE
& OSTERLOW 1999, S.575) beschrieben werden kann.
Alleinwohnen
und Partnerlosigkeit als Risikofaktoren
Das
Alleinwohnen und das partnerlose Dasein in der Paargesellschaft
sind Lebensweisen, die den Betroffenen besondere Anstrengungen
abverlangen, um nicht in die Einsamkeitsfalle zu geraten. Frank
NAUMANN schreibt dazu im Buch Solo in die Jahre kommen
aus dem Jahr 1997:
Solo in die Jahre kommen
"Wer in
Familie lebt, hat mindestens einen Menschen um sich, mit dem er
reden und Gefühle austauschen kann. Alleinlebende müssen täglich
neue Anstrengungen unternehmen, um mit anderen ins Gespräch zu
kommen. Wer kontaktfaul ist, lebt in der Gefahr, sich binnen
kurzem oder langem völlig zu isolieren."
(1997, S.123) |
Die
Geschichte der Single-Bewegung zeigt jedoch, dass auch
Partnerschaften kein Garant für ein befriedigendes und
glückliches Leben sind. Der Liedermacher Mario HENÉ hat dies in
dem Song Lieber allein, als gemeinsam einsam auf den
Punkt gebracht:
Lieber allein, als gemeinsam einsam
"Einsamkeit ist der
Preis meiner Freiheit / ich möcht' sie trotzdem nicht
verliern. / Lieber allein als gemeinsam einsam / vor
Zufriedenheit zu friern".
(Mario Hené, 1977) |
Der Slogan Lieber allein,
als gemeinsam einsam verweist darauf, dass eine
nicht-funktionierende Partnerschaft oder Ehe ein starkes Motiv
für den Aufbruch in eine ungewisse Zukunft sein kann. Wenn der Soziologe Ulrich
BECK dagegen schreibt, dass die Einsamkeit das stabilste
Fundament der Ehe ist, dann zeigt dies andererseits die
Ambivalenz von Lebensformen jenseits der Paargesellschaft.
Das erste Mal - Der Einstieg als
Herausforderung
Das
Alleinleben ist selten freiwillig gewählt und je nach
Lebensphase gestaltet sich der Einstieg unterschiedlich. Im Jugendalter ist es
meist der Berufseinstieg, das Studium oder der Wehrdienst bzw.
Zivildienst, der einen Umzug in eine fremde Stadt erforderlich
macht. Im mittleren Lebensalter ist das Alleinleben
dagegen eher die Folge von Trennungen oder Scheidungen, während
im Alter der Tod des Partners häufig das Alleinleben
einleitet. Entwicklungspsychologen
bezeichnen Umzüge, Trennungen oder den Tod eines Partners als
kritische Lebensereignisse, die stresshaft sind. Positiv
gewendet handelt es sich um Entwicklungsaufgaben, deren
erfolgreiche Bewältigung den Betroffenen stärkt. Wer z.B. einen
Umzug erfolgreich gemanagt hat, der wird dem nächsten Umzug
gelassener entgegensehen. Mit Umzügen ändert sich oftmals auch
das soziale Umfeld. Solche Änderungen im sozialen Netzwerk
können Einsamkeitsgefühle hervorrufen.
"Wer verzweifelt nach Freunden sucht, der findet keine"
"Früher hatte
ich oft stundenlang mit Freunden telefoniert, die ich noch am
selben Tag treffen sollte. Jetzt gab es niemanden mehr, mit dem
ich mich hätte verabreden können. Neue Stadt, neuer Job. Neue
Freunde? Fehlanzeige.
Das Telefon verkörperte diese Einsamkeit. Nicht weil es nie
geklingelt hätte. Im Gegenteil. Meine Freunde von früher riefen
häufig an, um zu hören, wie es mir ging. Und sie erzählten mir
von dem Leben, das ich auch geführt hatte (...).
Wegen dieser Erinnerungen ging ich oft nicht ans Telefon. Es
quälte mich, das Klingeln zu ignorieren. Aber was hätte ich
erzählen sollen? Dass ich heulend auf dem Sofa saß, (...) dass
es niemanden gab, mit dem ich ins Café hätte gehen können?
Nein. Das wollte ich nicht erzählen."
(Anja Haegele in der Zeitschrift Brigitte Nr.24 vom
14.11.2001) |
Hier erzählt
keine Partnerlose, sondern eine Frau, die nach zwei Jahren
Fernbeziehung zu ihrem Freund gezogen ist und nun ihr
umfangreiches soziales Netzwerk vermisst. Erst ein weiterer
Umzug beendet die Einsamkeitsphase. Im Nachhinein erscheint eine
solche Phase schnell als verlorene Zeit:
"Wer verzweifelt nach Freunden sucht, der findet keine"
"Ich hätte
stoßweise Bücher lesen können, eine neue Sprache lernen oder mir
Bauchmuskeln antrainieren. Ich habe vergessen, dass Einsamkeit
wie eine Lähmung ist."
(Anja Haegele in der Zeitschrift Brigitte Nr.24 vom
14.11.2001) |
Die Sehnsucht nach der großen Liebe und die
Kehrseite Einsamkeit
Die Herbst-
und Winterzeit gilt im Volksmund als Zeit, in der Partnerlose
mit ihrer Partnerlosigkeit besonders stark konfrontiert werden.
Das Gedicht Herbsttag von Rainer Maria RILKE wird gerne
zitiert, um die Einsamkeit der Alleinlebenden zu beschwören
(z.B.
Hendrik WERNER "Ball der einsamen Herzen", WamS
29.09.2002):
Herbsttag
"Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben."
[mehr]
(Rainer Maria Rilke,
1902) |
Wem der
Zeitrahmen für die Partnersuche solcherart eingeschränkt
erscheint, der gerät schnell in die Einsamkeitsfalle. Thomas
KIRSCHNER schreibt deshalb in dem Buch Jetzt backe ich sie
mir selbst folgerichtig:
Jetzt backe ich sie mir selbst
"Wahrscheinlich wurde nie ein Gedicht geschrieben, dessen
Wirkung auf Alleinstehende verheerender ist als dieses. Warum?
Weil es den Zeitrahmen derart einengt, daß man glaubt, man hätte
entweder noch ganze zwei Tage, um ein Date vom Zaun zu brechen,
oder man müßte sich einen langen, einsamen Winter lang von der
Einsamkeit irgendwelche leeren Alleen entlangjagen lassen.
Das ist natürlich Quatsch (...). Im Wyberspace gibt es keine
Jahreszeiten."
[mehr]
(2000) |
KIRSCHNER
versucht in seinem Ratgeber u.a. die mentalen Barrieren der
Partnerlosen bei der Partnersuche aufzuzeigen. Der
Partnersuchende soll sich bewusst werden, dass seine
Vorstellungen über den Verlauf und das Ziel der Partnersuche
entscheidend den tatsächlichen Verlauf beeinflussen.
Wer einsam ist, der macht bei
der Partnersuche oftmals Kompromisse, die sich auf eine
spätere Partnerschaft negativ auswirken können. Andererseits
kann seine Ungeduld einen potenziellen Partner abschrecken. Steffen FLIEGEL hat in einer WDR 2-Sendung Kontaktanzeigen als eine Hilfe
gegen die Einsamkeit vorgeschlagen (18.05.1998). KIRSCHNER geht ausführlicher
auf dieses Thema ein und verbindet es zudem mit den
Möglichkeiten, die das Internet bietet.
In dem Buch
Singlefrau und
Märchenprinz beschreibt der französische Soziologe
Jean-Claude KAUFMANN die Einsamkeit moderner Frauen. Die
Abwärtsspirale von Warten auf den Märchenprinz und der Rückzug
auf die eigene Wohnung führt direkt in die "finsterste
Einsamkeit":
Singlefrau und Märchenprinz
"Das Leben
lediglich aus einer Perspektive des Mangels wahrzunehmen, ist
die Folge einer radikalen, passiven Wartehaltung, einer
Vorstellung von Zukunft als reinem Schicksal. Wenn er
Märchenprinz eines Tages tatsächlich kommen sollte, um einen aus
diesem unerträglichen, leblosen Leben zu befreien, dann liegt
das daran, dass »es irgendwo geschrieben steht« (Salomé). Wir
haben es hier mit einer fatalistischen Wahrnehmung des Lebens zu
tun, die häufig auch auf die gegenwärtige Situation ausstrahlt
(...). Diese Philosophie des Seins verfängt sich somit in einem
Manichäismus: Das Nichts, die Einsamkeit als Krankheit, oder der
Prinz - die Befreiung. Doch wenn von letzterem zu viel erwartet
und er zu sehr idealisiert wird, wird er unerreichbar, was
wiederum dazu führt, dass sich die Leere noch verstärkt und die
»Krankheit« nur noch schlimmer wird."
(Jean-Claude Kaufmann, 2002, S.194f.) |
Der von
KAUFMANN beschriebene Teufelskreis führt vor Augen, dass das
Alleinwohnen in Verbindung mit speziellen Denkmustern und
Gewohnheiten in der Einsamkeitsfalle endet. Die
Konstruktionen der Selbständigkeit werden dann zu "Gitterstäben
der Einsamkeit" (Ulrich BECK, 1990). Psychologen wie Reinhold
SCHWAB zählen allein lebende Partnerlose deshalb zu den Gruppen
mit einem erhöhtem Einsamkeitsrisiko:
Einsamkeit
"Alleinlebende sind in der Regel einsamer als Nichtalleinlebende
(De Jong-Gierveld, 1987), allerdings nur, wenn sie keine/keinen
feste/festen Partnerin/Partner haben (Schwab, 1986).
(aus: Handwörterbuch der Angewandten Psychologie 1993) |
Problemzeiten und Einsamkeit
Festtage wie
Weihnachten oder der Jahreswechsel, der Jahresurlaub oder das
Wochenende - speziell Sonntage - gelten als Problemzeiten für
Partnerlose, weil sich mit diesen Tagen in der Paargesellschaft
Zweisamkeit verbindet. Die
Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft, Multikulturalismus und
Erlebnisgesellschaft sind Stichworte für ein verändertes
Gesellschaftsverständnis, das Singles auch in diesen
Problemzeiten eine Alternative zum Paarleben ermöglicht. Die
Nutzung dieser Angebote setzt jedoch zum einen Kaufkraft und zum
anderen Eigeninitiative voraus. Kommen zum Alleinleben
Arbeitslosigkeit oder Krankheit hinzu, dann stellt dies hohe
Anforderungen an Singles. Wenn Alleinlebende auf die
Herkunftsfamilie oder ein stabiles Netzwerk zurückgreifen
können, dann sind auch solche Zeiten zu meistern. Je länger
solche Krisenzeiten jedoch andauern, desto wichtiger ist es,
dass sich Singles bereits vorher mit diesen Wechselfällen des
Lebens auseinandergesetzt haben.
Singularisierung: Einsamkeit als Konsequenz
frühkindlicher Bindungen?
Die neuere
Bindungsforschung beschäftigt sich mit dem Zusammenhang
zwischen Einsamkeit und unterschiedlichen Bindungstypen. Das
Einsamkeitsrisiko wäre dann keine Konsequenz der aktuellen
Partnerlosigkeit, sondern eine Folge kindlicher Beziehungen zur
Mutter bzw. anderen relevanten Bezugspersonen. Der österreichische Jugend-
und Familiensoziologe Leopold ROSENMAYR prägte in diesem
Zusammenhang den Begriff "Singularisierung", um damit
eine generelle Tendenz zur Vereinsamung in der
Gegenwartsgesellschaft zu bezeichnen
. Dagegen sprechen die
Psychologen
Bernd RÖHRLE & Julia OSTERLOW (1999) von einem Rückgang der Zahl
der einsamen Menschen.
Einsamkeit
"Ein Grundton wird
schon in den ersten Lebensjahren gelegt, wie Studien zur
Bindungstheorie nahe legen. Ihr Begründer, der britische
Psychiater John Bowlby, postulierte bereits in den 1960er
Jahren die fundamentale Bedeutung der Bindung zwischen dem
Kleinkind und seiner Mutter oder einer anderen wichtigen
Bezugsperson: Sie schafft eine sichere Basis, von der aus
das Kind die Welt erkunden kann - ansonsten wäre es
verunsichert, in permanenter Angst, verlassen zu werden."
(Geo-Magazin, Oktober
2002) |
Ines POSSEMEYER referiert in
der lesenswerten
Geo-Titelgeschichte über Einsamkeit vom Oktober 2002 vier
Bindungsstile:
Einsamkeit
"1) Sicherer
Typ.
Dieser Typ geht schnell Bindungen ein, kommt aber auch alleine klar, d.h.
der sichere Typ ist gegen Einsamkeit sozusagen immun.
2) Anklammernder Typ.
Dieser Typ sucht in der Partnerschaft eine symbiotische
Beziehung, fühlt sich jedoch immer zu wenig geliebt.
3) Ängstlicher Typ.
Hierbei handelt es sich um Menschen mit dem größten
Einsamkeitsrisiko.
4) Abweisender Typ.
Autonomie statt Intimität ist das Motto dieser Menschen. Es
handelt sich hier um den "geborenen" Einzelgänger. "Weil er
schon früh Ablehnung und emotionale Kälte erfahren hat, so die
Bindungstheorie, zieht er sich von Menschen zurück und wendet
sich lieber Dingen zu."
(Geo-Magazin, Oktober
2002) |
Einsamkeitsgefühle als Konsequenz
komplexer Faktorenbündel und Möglichkeiten der Bewältigung
Während die
psychoanalytisch orientierten Bindungsforscher die langfristig
wirkenden Faktoren betonen, relativieren die
Verhaltenspsychologen diesen Einfluss, indem sie zwischen
Personenfaktoren und auslösenden Umweltfaktoren unterscheiden. Die
lebensgeschichtlichen Entstehungsbedingungen der Einsamkeit sind dann nur ein
Faktor unter vielen, die das Erleben der Einsamkeit begünstigen. Ängstlichkeit, geringes
Selbstwertgefühl und mangelnde soziale Konsequenzen sind dann
Faktoren, die im Zusammenspiel mit Veränderungen im sozialen
Netzwerk aufgrund von Umzügen und Trennungen oder von veränderten Beziehungswünschen das Einsamkeitserleben
bestimmen. Diese Faktoren sind zugleich
die Ansatzpunkte für Selbsthilfe (z.B. Besuch eines
Vereins, ehrenamtliches Engagement, Haustier als Ersatzpartner
bzw. Flirthilfe, Aufbau eines befriedigenden Kontaktnetzes)
oder Fremdhilfe (z.B. Verhaltens- bzw.
Kommunikationstraining, NLP, Flirtseminare) bei der Bewältigung
von Einsamkeitsgefühlen.
Fazit: Alleinleben und Einsamkeit sind nicht
zwei Seiten einer Medaille
Im Gegensatz
zur sozialpopulistischen Rede von einer Tendenz zur Vereinsamung
in der gegenwärtigen Gesellschaft, ist Einsamkeit ein
vielschichtiges Problem, das nicht auf Single-Haushalte
beschränkt ist, sondern eine genauere Betrachtung der
jeweiligen Lebensweise erforderlich macht. Das Vorhandensein eines
Partners oder eines befriedigenden sozialen Netzwerkes sind für
das Einsamkeitserleben wichtigere Bedingungen als die
Wirtschaftsweise. Andererseits ist ein Partner
oder ein umfangreiches Kontaktnetz kein ausreichender Garant für
die Abwesenheit von Einsamkeit. Gemeinsam einsam ist in
der Paargesellschaft kein Einzelschicksal. Nichtsdestotrotz erfordert
das Alleinwohnen eine größere Eigeninitiative und die Suche nach
der großen Liebe endet zu oft in der Einsamkeitsfalle. Mit dem massenhaften
Auftreten der Alleinlebenden besteht die Chance, dass sich eine
Infrastruktur entwickelt, die bei der Bewältigung der Einsamkeit
hilfreich ist. Aber auch hier gilt: die Eigeninitiative der
Singles ist gefragt.
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