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Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Einsamkeit

 
       
   

Vom Alleinsein in der paar- und familienorientierten Gesellschaft. Eine Bibliografie (Teil 1)

 
       
     
   
     
 

Einführung

Einsamkeit und Alleinleben gelten in unserer paar- und familienorientierten Gesellschaft oftmals als Synonym, obwohl Einsamkeit auch in Partnerschaften ("gemeinsam einsam" oder Familien nicht selten ist. Im viel gelesenen Beitrag Einsamkeit. Single-Haushalte und die Fröste der Freiheit aus dem Jahr 2002 wurden deshalb typische Vorurteile in der Debatte um die so genannte Single-Gesellschaft aufgezeigt und das Alleinleben als anspruchsvolle Lebensform dargestellt. Außerdem wurde aufgezeigt wie man der Einsamkeitsfalle entgehen kann,

Partnerlose werden als "einsame Herzen" bezeichnet und die professionelle Partnersuche gilt als Geschäft mit der Einsamkeit, Partnerlose und Partnersuchende sind jedoch nicht identisch mit Alleinlebenden. In dieser Bibliografie steht nicht diese "Lonely Hearts"-Thematik im Mittelpunkt, weil es dazu zahlreiche speziellere Bibliografien gibt (eine Übersicht findet sich hier). Einsame sind jedoch oftmals Opfer von Liebesbetrügern, weshalb dieser Aspekt in dieser Bibliografie behandelt wird.

Wohngemeinschaften und Mehrgenerationenhäuser werden von Betroffenen als auch von der Politik als Lösung des Einsamkeitsproblems angesehen. Den Alleinlebenden droht dagegen der einsame Tod. Inwiefern dies zutreffend ist, zeigt die kontrovers geführte Debatte um den demografischen Wandel. Können nicht Nachbarn, Haustiere, Freunde oder gar neue Technologien gegen Einsamkeit helfen und das Alleinsein angenehmer gestalten?

Gibt es Risikofaktoren oder Verhaltensweisen, die ein Leben in Einsamkeit wahrscheinlicher machen? Die psychologischen Beiträge in dieser Bibliografie beschäftigen sich mit dieser Frage. Mitte der Nuller Jahre gab es eine regelrechte Flut von Einsamkeitsliteratur, in der es um ein neues Ethos der Einsamkeit geht. In dem zweiteiligen Beitrag Das neue Ethos der Einsamen wird der Wandel des Einsamkeitsverständnisses in der neuen Ratgeberliteratur vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels beschrieben.

Im Zeitalter der Demografiepolitik symbolisiert die kinderlose Karrierefrau die Einsamkeit par Excellence: Einsame Spitze oder Erfolgreich, einsam, kinderlos (so der Untertitel eines Bestsellers) bringen dies auf den Punkt. Auch dieser Aspekt wird in anderen speziellen Bibliografien und Beiträgen ausführlicher beleuchtet (mehr hier) und hier nur am Rande thematisiert.

Kommentierte Bibliografie (Teil 1: 1977 - 2004)

1977

ZORN, Fritz (1977): Mars, München: Kindler Verlag

HENÉ, Mario (1977): Lieber allein, als gemeinsam einsam, Hamburg: Metronome Musik GmbH

1978

SPIEGEL-Titelgeschichte: Alleinleben.
Die neue Freiheit

SCHREIBER, Hermann (1978): Du bist du, und ich bin ich.
Teil 1: Vor Liebe wird gewarnt,
in: Der Spiegel, Nr. 25 v. 19.06.

Herman SCHREIBER beschreibt in der 3-teiligen Spiegel-Serie das Alleinleben als Reaktion auf die Einsamkeit zu zweit.

1979

GERZ, Jochen (1979): Einsamkeit. In: Bettina Best (Hrsg.) Ich lebe alleine, München: Matthes & Seitz Verlag

"Die Einsamkeit ist ein relativer Begriff. Man kann damit ganz verschiedenes meinen. Wenn jemand macht, was er will und dahin geht, wohin er will, kann das Wort für ihn anziehend sein. Wenn er aber mitten auf einer Straße, die mit Leuten überfüllt ist, einsam ist, kann er das eigentlich gar nicht sein, denn das heißt ja ohne andere Menschen sein, und gleichzeitig heiß es auch (in den Berichten, die Einsiedler und sonstige Leute betreffen, die sich zurückzogen in die Einsamkeit): sich selbst genug sein, sich selbst disponibel halten für sich selbst. So heißt Einsamkeit heute oft das Gegenteil von früher und ist vor allem trist und ausweglos", (S.35) schreibt Jochen GERZ.

1980

PSYCHOLOGIE HEUTE-Titelgeschichte: Einsamkeit.
Lernen sich selbst zu ertragen

SEIFERT, Theodor (1980): Lernen sich selbst zu ertragen.
Einsamkeit und Alleinsein sind zweierlei. Viele leben allein, doch nicht alle fühlen sich einsam. Und die Einsamkeit hat viele Erscheinungsformen. Manche können die Angst vor ihr kaum mehr ertragen, andere sehnen sich danach, allein zu sein. Sicher sind die meisten auf den Kontakt mit anderen Menschen angewiesen. Wie gut wir aber auch ohne sie auskommen, hängt davon ab, wie wir zu uns selber stehen,
in: Psychologie Heute, H.2, Februar

RUBINSTEIN, Carin/SHAVER, Philipp/PEPLAU, Letitia Anne (1980): Einsamkeit.
Die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit,
in: Psychologie Heute, H.2, Februar

M.M. (1980): "Eine ganz gewöhnliche Reaktion".
Einsamkeit: Der Soziologe Robert Weiß gilt als Nestor der Einsamkeitsforschung: Für ihn ist Einsamkeit eine Reaktion auf das Fehlen von emotionalen oder sozialen Beziehungen,
in: Psychologie Heute, H.2, Februar

1987

PSYCHOLOGIE HEUTE-Titelgeschichte: Einsamkeit. Eine Herzkrankheit?

MEER, Jeff (1987): Einsamkeit.
Wie entsteht das Gefühl der Einsamkeit, das immer mehr Menschen quält? Und wann wird aus der unvermeidbaren Erfahrung der Einsamkeit ein chronischer Zustand? Psychologen haben begonnen, die Einsamkeit und ihre Ursachen zu erforschen,
in: Psychologie Heute, H.3,
März

1989

STRASSER, Eva (1989): Der ewige Single.
Warum immer mehr junge Frauen einsam sind,
in: Wiener, Mai, S. 86-93

PULS, Wichard (1989): Soziale Isolation und Einsamkeit: Ansätze zu einer empirisch-nomologischen Theorie, (Diss.), Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag

Die Entwicklung der Einpersonenhaushalte veranschlagt Wichard PULS aufgrund einer Berechnung des Statistischen Bundesamtes auf 14,7 % im Jahr 1990 (1981: 12,9 %). Anhand einer Literaturstudie, bei der die Ergebnisse der GETAS-Studie (1980), eine Untersuchung von OPASCHOWSKI & NEUBAUER (1981) und die Forschungen von Jenny DE JONG-GIERVELD berücksichtigt werden, kommt PULS zur Hypothese:

"Je größer der Anteil der Personen einer Gesellschaft ist, der in Einpersonenhaushalten lebt, desto wahrscheinlicher ist es, daß sich eine Person innerhalb dieser Gesellschaft in einem Zustand der sozialen Isolation befindet und sich einsam fühlt" (1989, S.380; im Original unterstrichen)

1990

STRASSER, Eva (1990): Nie mehr Single.
Das Ende einer Ära,
in: Wiener, März S.76-80

"Einsamkeit wird als Leiden der 80er Jahre die Krankenstatistik anführen. Zehn Millionen Alleinlebende in Deutschland sind ihre potentiellen Opfer. Halbe Metropolen sind zu gigantischen Lazaretten verkommen, wo angeknackste Einzelkämpfer verzweifelt ihr Image als lockerer Großstadt-Sklave zu retten.",

schreibt Eva STRASSER in dem Zeitgeistmagazin. Sie datiert den Beginn des "Single-Kults" auf das Jahr 1975.

BECK, Ulrich & Elisabeth BECK-GERNSHEIM (1990): Das ganz normale Chaos der Liebe, Frankfurt a/M: Suhrkamp Verlag

"Die Grundfigur der durchgesetzten Moderne ist - zu Ende gedacht - der oder die Alleinstehende (...).
Doch in dem Maße, in dem diese individualisierte Existenzführung gelingt, wächst die Gefahr, daß sie zu einem unüberschreitbaren Hindernis für die ja meist doch angestrebte Partnerschaft (Ehe, Familie) wird. In dem Single-Dasein wächst die Sehnsucht nach dem (der) anderen ebenso wie die Unmöglichkeit, diesen Menschen in den Bauplan des nun wirklich  »eigenen Lebens« überhaupt noch aufnehmen zu können. Das Leben wurde ausgefüllt mit der Nichtgegenwart des anderen. Jetzt ist kein Raum mehr für ihn (sie). Alles atmet die Abwehr von Einsamkeit: die Vielfalt der Beziehungen, die Rechte, die man ihnen einräumt, die Gewohnheiten des Wohnens, die Verfügung über den Zeitplan, die Arten des Rückzugs, um die hinter den Fassaden bohrenden Schmerzen zu bewältigen. Dies alles wird durch die erhoffte Zweisamkeit in seiner mühselig austarierten Feinbalance gefährdet. Die Konstruktionen der Selbständigkeit werden zu Gitterstäben der Einsamkeit", (S.190f.)

schreibt Ulrich BECK in dem Bestseller. Der französische Soziologe Jean-Claude KAUFMANN hat diese Sicht dann in seinem Untersuchungen in den 1990er Jahren zum Ausgangspunkt seiner Betrachtung des Single-Daseins gemacht. Seine Grundthese lautet, dass der Single-Alltag das spätere Paarleben durch die Macht der Gewohnheiten torpediert (vgl. z.B. Schmutzige Wäsche)

1991

GROSS, Peter (1991): Solitäre Enklaven. Zur Soziologie des Nicht-Sozialen. In: Vetter (Hg.) Muster moderner Lebensführung. Ansätze und Perspektiven, Weinheim/München: Juventa, S.379-406

SCHEIDT, Jürgen vom (1991): Die Wonnen der Einsamkeit, in: Copray, Norbert (Hrsg.) Lieber allein? Im Sog der Single-Gesellschaft, München: Kösel, S. 120-126

"Auf jeden Single, der in einem Einpersonenhaushalt lebt, kommt mindestens noch ein weiterer, dem man das nicht so ohne weiteres ansieht. Es ist sogar anzunehmen, daß Singlesein inzwischen die am weitesten verbreitete Lebensform im psychologischen Sinne ist - nur wissen es oft nicht einmal die Betroffenen selbst. Ich nenne diese Leute (...) »Krypto-Singles«. Denn obgleich sie - nach außen hin - im Gegensatz zum echten Single im Sinne der Statistik mit anderen Menschen in einer engen Gemeinschaft leben, sind sie doch so viel allein, und leben sie vor allem in einer solch ausgeprägten inneren Einsamkeit und Distanz zu ihrer Familie, daß man sie ohne Bedenken als Single bezeichnen darf" (S.124),

schreibt Jürgen vom SCHEIDT, der Singles nicht im soziologischen Sinne als Alleinlebende begreift, sondern psychologisch im Sinne einer Grundhaltung.

1992

MAKOWSKY, Arno (1992): Solo-Trip über fünfzehn Stockwerke.
Wie die Menschen in einem typischen Münchner Appartementhaus mit 443 Einzelmietern über die trennende Gemeinsamkeit denken, allein zu leben,
in: Süddeutsche Zeitung v. 30.05.

"Die Anonymität: In der Franziskanerstraße ist sie allgegenwärtig. Niemals, sagt Birgit G., sehe man Nachbarn, die sich unterhalten, an Bekanntschaften sei gar nicht zu denken. So ist es kaum erstaunlich, wenn ein Münchner Polizeisprecher es als »ganz normal« bezeichnet, daß in großen Appartementhäusern Todesfälle oft erst nach Wochen, manchmal Monaten entdeckt werden. (...). Vom Dauerauftrag für die Miete bis zur automatisch abgebuchten Telefon- und Stromrechnung - der moderne alleinlebende Mensch hat sein Leben so geregelt, daß sein Tod nicht weiter auffällt", schreibt Arno MAKOWSKY.

1993

SCHWAB, Reinhold (1993): Einsamkeit. In: Angela Schorr (Hg.) Handwörterbuch der Angewandten Psychologie. Die Angewandte Psychologie in Schlüsselbegriffen. Bonn: Deutscher Psychologen Verlag, S.148-151

FOCUS-Titelgeschichte: Schicksal Single.
Der Preis der Ich-Sucht

KLONOWSKY, Michael (1993): Schicksal Einsamkeit: Der Preis der Ich-Sucht.
Jede zweite Wohnung in den Großstädten ist ein Single-Appartement. Während die moderne Einsiedelei weiter boomt, leiden die Eremiten,
in: Focus Nr.49 v. 06.12.

"Der unbekannte Mann, auf den Polizeibeamte am 30. März 1993 in einer Wohnung im Wiesbadener Stadtteil Biebrich stießen, starb ungefähr Ende Oktober 1989. Seine mumifizierte Leiche lag dreieinhalb Jahre auf dem Küchenfußboden. Hätte nicht Interesse an der Wohnung bestanden, läge er vermutlich heute noch dort.
Einsam sterben - nur ein Randgruppenschicksal?
Offenbar nicht", meint Michael KLONOWSKY.

1997

NAUMANN, Frank (1997): Solo in die Jahre kommen. Auch Singles werden älter, Reinbek: Rowohlt

FLIEGEL, Steffen (1998): "Kontaktanzeigen".
Eine Hilfe gegen Einsamkeit?,
in: Vorname genügt, Sendung des WDR 2
v. 18.05.

PSYCHOLOGIE HEUTE-Titelgeschichte: Zeitkrankheit Einsamkeit.
Isolation überwinden, Kontakte knüpfen

LEVEND, Helga (1997): "Bin ich gut genug?"
Überhöhte Ansprüche an sich selbst können einsam machen,
in: Psychologie Heute, H.6, Juni

"Einsamkeit ist kein Phänomen unserer Zeit. Sie ist ein Grundgefühl des Menschen, dem er sich immer wieder neu stellen muß. Allenfalls haben sich die Ursachen und das Erscheinungsbild etwas verändert.
Wissenschaftler haben herausgefunden: Es sind eher junge als ältere Menschen, die über Einsamkeit klagen", meint
Helga LEVEND.

UNVERZAGT, Gerlinde (1997): Einsamkeit: Chance zum persönlichen Wachstum,
in: Psychologie Heute, H.6, Juni

SCHREP, Bruno (1997): Die 40 Quadratmeter der Marianne W.
Fünf Jahre lag ein Toter unbemerkt in seinem Hamburger Apartment - der Fall schockt die ganze Republik,
in: Spiegel Nr.40 v. 29.09.

1998

KOELBL, Susanne (1998): Ist doch irre.
Fünf Jahre lag ein Toter unbemerkt in seinem Hamburger Apartment - der Fall schockt die ganze Republik,
in: Spiegel Nr.48 v. 23.11.

1999

RÖHRLE, Bernd & Julia OSTERLOW (1999): Gemeinsam allein?
Zur Psychologie der Einsamkeit,
in: Universitas Nr.636, Juni, S.572-585

HANIKA, Iris (1999): Wir einsamen Frauen,
in: Merkur Nr.6, Juni, S.568-574

2000

VASKOVICS, Laszlo A./ROST, Harald/ENGEL, Sabine/MATTSTEDT, Simone/SMOLKA, Adelheid (2000): Älterwerden als Single, ifb-Forschungsbericht Nr.4, Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg

SCHMIDT, Stephanie (2000): "Zweisam", "Dreisam", aber niemals einsam. Wohngemeinschaften als ideale Lebensform,
in: Süddeutsche Zeitung v. 04.08.

ROTTENBERG, Thomas (2000): Zu Besuch bei alten Damen.
Die "Gesellschafterin" soll Einsamkeit vertreiben helfen,
in: Standard v. 09.10.

KLÜVER, Reymer (2000): Requiem für Nummer 16098.
Immer mehr Leichen kommen unter die Erde, ohne dass Angehörige Notiz davon nehmen - Geistliche wollen darüber nicht einfach Gras wachsen lassen,
in: Süddeutsche Zeitung v. 25.11.

Menschen in Pflege- oder Altenheimen erscheinen in keiner Statistik zur Single-Gesellschaft. Viel wird über "Bindungslose" geschrieben, aber man sucht sie in Einpersonenhaushalten, statt in den Anstaltshaushalten oder unter den Obdachlosen. Diese Ausgesonderten gelten nicht einmal mehr als "Singles".

Im Glossar werden die Begriffe "Alleinlebende (Einpersonenhaushalt)" und "Anstaltshaushalt" erklärt.

2001

ZOUBEK, Holger (2001): Anrufe gegen die Einsamkeit.
Bei den Mitarbeitern der evangelischen Telefonseelsorge melden sich jeden Tag mehr als 60 Ratsuchende,
in: Süddeutsche Zeitung v. 16.02.

BAUSCHMID, Elisabeth (2001): Man arrangiert sich.
Eine Studie belegt: Der Single ist nicht einsam,
in: Süddeutsche Zeitung v. 24.02.

Man liest und denkt, zu schön um wahr zu sein. In der SZ ein kritischer Artikel über die familienpolitische Debatte? Man liest erstaunt über statistische Ungenauigkeiten bei der Erfassung von Singles und davon, dass nur 3 % der Bevölkerung Singles sind, aber dann kommt doch noch das Übliche: das "Single-Gespenst".

Der "Nicht-Single" wird glorifiziert: Für Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sind die Ehefrau und die Tochter zuständig! Wer das nicht hat - also Singles - der liegt der Allgemeinheit auf der Tasche.

DIE wichtigste Botschaft aber fehlt: Nicht-Singles und Singles sind keine ausschließende Kategorien, sondern meist Phasen innerhalb eines Lebenslaufs. Wer heute Nicht-Single ist, der kann morgen durch den Tod des Partners oder der einzigen Tochter zum Single werden. Aber für diesen Sachverhalt gibt es in unserer Gesellschaft kein Bewusstsein. Witwen sind die größte Subgruppe der Alleinlebenden und nicht die Yuppies, wie das die Medien suggerieren...

MAYRING, Eva-Maria (2001): Kampf der Einsamkeit.
Förderung von Wohngemeinschaften für Ältere
in: Süddeutsche Zeitung v. 07.03.

KNA/WAZ (2001): Es geht auch ohne Familie.
Die Ich-Gesellschaft als Ausdruck von Einsamkeit und Isolation? Der Münchner Sozialpsychologe Heiner Keupp widerspricht dieser Betrachtung und warnt vor "gesellschaftsdiagnostischen Schnellschüssen",
in: WAZ Wochenende v. 13.07.

Der Sozialpsychologe Heiner KEUPP widerspricht der These vom Niedergang des Sozialkapitals. Jüngere haben eine neue Form des sozialen Engagements entwickelt: "Menschen in ähnlicher Lebenslage kümmerten sich verstärkt umeinander.
Das Gute: Die Hilfe erfolge freiwillig und weniger aus dem Gefühl der Verpflichtung heraus, das durch traditionelle Gemeinschaftsbindungen entstehe. Die neuen Beziehungen beschreibt Keupp als zwangloser, vielseitiger und beweglicher. Und: Sie seien weniger von einem 'moralisch aufgeladenen Helferpathos' geprägt".

MISCHKE, Roland (2001): Die schlimmste Not ist die Einsamkeit.
Vielen Eltern sind Beruf und Freizeitvergnügen wichtiger als ihre Kinder: Wir stehen vor einer "Erziehungskatastrophe", klagt Journalistin Susanne Gaschke
in: Saarbrücker Zeitung v. 16.08.

Interview mit der Journalistin Susanne GASCHKE über ihr umstrittenes Buch:

"Frage: Sie behaupten, dass wir es mit einem makabren Wohlstandsphänomen zu tun haben, mit der 'anderen Armut', wie Schwedens Bestseller-Autor Henning Mankell sagt. Obwohl unsere Kinder wirkliche Not nicht kennen, stecken sie in vielen Nöten.
Gaschke: Die schlimmste Not ist die Einsamkeit, und zu viele Kinder erfahren sie. Zwar haben wir hierzulande eine recht gute Versorgungssituation. Für viele Kinder ist es im Kindergarten und in der Schule sogar besser als zu Hause. Aber die Gruppe kann eben nicht Mutter und Vater ersetzen. Kinder brauchen Erwachsenenaufmerksamkeit wie Luft zum Atmen."

Der österreichische Soziologe Leopold ROSENMAYR hat die von GASCHKE beklagte Vereinsamungstendenz als Singularisierung bezeichnet.

GLOBERT, Yvonne (2001): Einsam im August.
Wenn alle übers Sommerloch stöhnen, laufen beim Berliner Krisendienst die Telefone heiß. Nicht nur Alleingebliebene, auch Touristen suchen Hilfe,
in: TAZ v. 22.08.

KURIER (2001): Singles in New York fühlen sich einsam,
in: Kurier v. 08.10.

Das Klischee von New Yorker Singles wird von Yuppie-Serien wie Sex and the City bestimmt. Nach den Terroranschlägen soll das Single-Dasein - wie die New York Times meldete - noch ein bisschen einsamer geworden sein.

Es ist üblich geworden, jedes passende und unpassende Ereignis zum Anlass zu nehmen, um das "Ende der Spaßgesellschaft" zu fordern oder zu verkünden. In den Berichten über die "neue Qualität" des Single-Daseins nach den Terroranschlägen wird versucht eine Ausnahmesituation zu normalisieren. Nichts mehr, und nicht weniger.

Die Gleichung "Single-Gesellschaft" = "Spaßgesellschaft" hat vor dem 11. September nicht gestimmt und wird deshalb jetzt auch in ihrer Umkehrung nicht richtiger.

AFP (2001): Erster Konversations-Roboter für einsame Singles in Japan,
in: Kieler Nachrichten v. 13.10.

SCHWARZACHER, Lukas (2001): Ein digitales Lächeln gegen die Einsamkeit.
Der Roboter als Lebensgefährte hat in Japan Konjunktur.
in: Frankfurter Rundschau v. 16.10.

EICHHORN, Roland (2001): Auch Einsamkeit macht krank.
Für Herzinfarkte sind zahlreiche psycho-soziale Faktoren mitverantwortlich
in: Frankfurter Rundschau v. 06.11.

"Der US-Arzt Dean Ornish hat in einer Vielzahl von Studien aus aller Welt den großen Einfluss von sozialer Isolation und fehlendem menschlichen Rückhalt herausgestellt. Auch für die Herzerkrankungen gilt: Isolation macht krank, Verbundenheit und Nähe (sogar mit Haustieren) wirkt als Gesundheitsschutz",

schreibt Roland EICHHORN. Normalerweise wird zwischen sozialer Isolation als objektivem Tatbestand der Kontaktlosigkeit und Einsamkeit als einem subjektiven Gefühl unterschieden.

Der Slogan "Lieber allein, als gemeinsam einsam" weist darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen beiden Phänomen nicht sehr eng ist. Unerwünschte Unterstützung ist ebenfalls ein Stressfaktor, dem aber angesichts der sozialpolitisch verzerrten Single-Debatte keine Aufmerksamkeit zuteil wird. Gerade Untersuchungen, die mit objektiven Faktoren arbeiten, sitzen gravierenden Fehlschlüssen auf. Wenn es um das subjektive Phänomen Einsamkeit geht, dann ist durchaus mit negativen Folgen im Sinne von ORNISH zu rechnen.

BRIGITTE-Dossier: Einsamkeit - das große Tabu
Einsamkeit raubt uns das Selbstbewusstsein und stempelt uns zu Versagern. Einsamkeit kann jeden treffen, trotzdem wird sie verschwiegen. Sechs Frauen brechen das Schweigen

HAEGELE, Anja (2001): "Wer verzweifelt nach Freunden sucht, der findet keine",
in: Brigitte Nr.24 v. 14.11.

Ein Umzug in eine fremde Stadt ist - trotz fester Partnerschaft - ein kritisches Lebensereignis wie Anja HAEGELEs Beispiel zeigt.

HELD, Monika (2001): Einsamkeit tut weh.
Alleinsein ist eine Kunst, Einsamkeit ein Makel. Man ist nicht einsam. Nicht in unserer Spaßgesellschaft,
in: Brigitte Nr.24 v. 14.11.

taz-Serie: Aufzeichnungen aus Pflegehäusern (Teil 5)

FUCHS, Peter & Jörg MUSSMANN (2001): Die Erkrankung Einsamkeit.
Aufzeichnungen aus Pflegehäusern (5): Im rationellen Zeitmanagement kann eben nicht wahrgenommen werden, dass Kommunikation zwar alles andere als effektiv und linear ist, sondern eher ornamental, aber genau darin - unverzichtbar,
in: TAZ v. 27.11.

DPA (2001): Einsame Singles unterm Weihnachtsbaum sind Irrglaube.
Laut Uni Mainz wird an Wochenenden Alleinsein schlimmer empfunden,
in: Mannheimer Morgen v. 19.12.

DPA (2001): Alleinlebende sind am Wochenende einsamer als zu Weihnachten,
in: Dolomiten v. 19.12.

Singles meint hier allein wohnende Partnerlose und diese haben nach Stefan HRADIL die Wahl zwischen der Weihnachtsfeier mit den Eltern oder teuren Veranstaltungen speziell für jene, die davor genauso viel Horror haben wie vor einem Wochenende allein zu Hause.

2002

GEBHARDT, Miriam (2002) Trauer und Glück der Überlebenden.
Verwitwete Frauen bleiben oft über Jahrzehnte allein. Wie sie leben - danach fragt niemand in einer Gesellschaft, die den Tod verdrängt,
in: Die ZEIT Nr.3 v. 10.01.

Miriam GEBHARDT berichtet aus dem Mittelschichtleben von 3 Witwen. Zwei Witwen können zum normalen Witwenleben gezählt werden, während die dritte Witwe mit ihren 30 Jahren zu den atypischen Witwen gehört. Sie gehört zu rund 250.000 Witwen und Witwern unter 50 Jahren in Deutschland. Weitere 250.000 Menschen dieses Alters haben ihren Partner durch Tod verloren. Martina NICOLAIDIS hat aufgrund dieser Erfahrung eine Selbsthilfeorganisation für verwitwete Mütter & Väter gegründet, die auch im Web unter www.verwitwet.com präsent ist.

ABI (2002): HR-Stadtgespräch.
Die Einsamkeit in der Spaßgesellschaft,
in: Frankfurter Rundschau v. 12.01.

"'Einsam allein oder glücklich allein?' Das Stadtgespräch des Hessischen Rundfunks am Donnerstag, 17. Januar dreht sich um Singles - freiwillige und unfreiwillige."

Die Ankündigung lässt eine der üblichen Veranstaltungen der Kulturpessimisten erwarten. Das Thema dürfte auch vollkommen verfehlt sein, da es um Einsamkeit geht und davon sind in erster Linie Nicht-Singles betroffen. Ein Terminus wie "Spaßgesellschaft" lockt auch nicht unbedingt Singles in diesen Gesprächskreis. Da Pessimismus ansteckt, sollte man die Kulturpessimisten sich selbst überlassen...

FOD (2002): "Männer leiden stärker unter Alleinsein als Frauen".
Der Gerontologe und Psychiater Dr. Peter Netz sprach über Suizidalität im Alter - "Gesunkenes Selbstwertgefühl" - Diskussion um Sterbehilfe,
in: Gießener Anzeiger v. 02.02.

Von den über-65jährigen sollen 25 % sozial isoliert sein. Es wird jedoch nicht angegeben, was darunter verstanden wird. Soziale Isolation wird von einigen Forschern mit dem Führen eines Einpersonenhaushaltes gleichgesetzt, andere verstehen darunter die geringe Kontakthäufigkeit. Beides sind jedoch keine ausreichenden Indikatoren für "Vereinsamung". Witwer scheinen besonders gefährdet. Über die Ursachen wird im Bericht jedoch nur spekuliert. Angeblich soll die Unfähigkeit einen Haushalt allein führen zu können, eine Rolle spielen. Tatsache ist jedoch, dass ältere Männer nur selten einen Einpersonenhaushalt führen, weil sie entweder wieder heiraten oder früher sterben als ihre Ehefrau.

ZIPS, Martin (2002): Roland - allein zuhaus.
In Bayerns Großstädten lebt jeder Zweite allein. Besuch bei einem von zwei Millionen Singles - wie ein 40-Jähriger das Leben in der Einsamkeit meistert,
in: Süddeutsche Zeitung v. 09.02.

Es ist eine Schande, dass in einer überregionalen Zeitung immer noch Falschmeldungen über die Anzahl der Singles zu lesen sind.
Es kann gar keine Rede davon sein, dass in Bayerns Großstädten jeder Zweite allein lebt. Der Autor verwechselt die Haushalts- und Personenebene.

Martin ZIPS hätte besser bei seinem Kollegen von der Regionalzeitung Main Echo (10.12.2002) abgeschrieben, denn dort steht zu lesen, dass

"in den bayerischen Städten mit mindestens 100 000 Einwohnern über 26 Prozent der Menschen alleine (lebten). Fast jeder zweite Haushalt (49 Prozent) bestand dort aus nur einer Person."

Auch wenn man bei der SZ gerne die Familien als aussterbende Minderheit darstellt, so sollte man nicht versuchen die Anzahl der Singles künstlich zu dramatisieren, denn dies ist singlefeindliche Medienberichterstattung.

"Nur wenige Singles sind unter 30".

Dies ist so richtig wie falsch! Die größte Gruppe sind die älteren Witwen. Aber auch junge Singles unter 30 sind in Bayern mit 18 Prozent eine bedeutende Gruppe. Die Alleinlebenden jedoch, die im Brennpunkt der Medien stehen, sind die 25-45 Jährigen. Nur ist das nicht die Mehrheit, wie es ZIPS nahelegt, sondern eine Minderheit.

Nur in einem Punkt liegt ZIPS richtig: Männer dominieren in dieser Gruppe auch wenn die weiblichen Yuppies gerne in den Vordergrund gerückt werden. Das Fallbeispiel eines geschiedenen Alleinlebenden, der Unterhalt zahlen muss liegt näher an der Wirklichkeit des typischen männlichen Singles im mittleren Lebensalter als die üblichen Lifestyle-Yuppie-Geschichten. Der Soziologe Jörg ECKHARDT nennt diese Gruppe die "gebrauchten Junggesellen".

KAUFMANN, Jean-Claude (2002): Singlefrau und Märchenprinz. Über die Einsamkeit moderner Frauen, Konstanz: UVK

Die Kennzeichnung der Armut durch Einsamkeit ist öfter männlich, während die Kennzeichnung des gesellschaftlichen Erfolgs durch Autonomie häufiger weiblich ist. Alleinlebende Männer findet man häufiger unten auf der gesellschaftlichen Leiter, alleinlebende Frauen häufiger oben" (S.251),

beschreibt der französische Soziologe Jean-Claude KAUFMANN den geschlechtstypischen Unterschied bei den Alleinlebenden.

DPA (2002): Geräusch-CD für einsame Singles,
in: Thüringer Allgemeine Zeitung v. 31.05.

Die Agenturmeldung wird von der Zeitung mit dem Bild einer Frau im mittleren Lebensalter repräsentiert. Die Frau sitzt allein in einem leeren Straßencafé. So soll Einsamkeit angeblich aussehen. Die CD wird angepriesen mit den Worten:

"Realitätsnahe Stücke wie »Noch kurz die Zeitung lesen«, »Zwischendurch einen Cappuccino« oder auch »Jeder muss mal« führen mehr oder weniger einfühlsam vor, was man alles verpasst, wenn man sein Leben als Single verbringt".

Wann kommt die Geräusch-CD für frustrierte Paare und Eltern? Der Markt dafür müsste angesichts des Gejammers der Paartherapeuten und Familienrhetoriker eigentlich wesentlich größer sein als jener für einsame Singles.

KRAUSE, Tilman (2002): Allein sein im Geheimnis.
Produktive Potenziale II: Der Rückzug auf sich selbst,
in: Welt v. 29.08.

Tilman KRAUSE plädiert für das Alleinsein als einfache Methode der Konfliktbewältigung, die in den Zeiten der Außenleitung (RIESMAN) aus der Mode gekommen ist:

"Die Selbst-Konfrontation zählt schließlich zu den wenigen großen Abenteuern, die auch dem Mittellosen zugänglich sind. Wer sich ihr überlässt, wird in jedem Falle reicher. Reicher an Einsichten über das Menschsein. Und die kommen nicht nur dem Ich, die kommen dann sogar der Gesellschaft zugute."

HENDRIK, Werner (2002): Ball der einsamen Herzen.
In keiner Stadt leben mehr Singles als in Berlin. Und nirgendwo treibt die Kuppelbranche so bizarre Blüten wie hier,
in: Welt am Sonntag v. 29.09.

GEO-Titelgeschichte: Einsamkeit.
Was ist wichtig am Alleinsein? Was ist zerstörend am Alleinsein?

POSSEMEYER, Ines (2002): Einsamkeit.
Ein Gefühl der Verlassenheit, ein heilsamer Zustand des Massenwesens Mensch, eine Geißel der individualisierten Gesellschaft? Noch nie wurde von Wissenschaftlern so viel Aufwand getrieben, sich dem Menschheitsthema Einsamkeit zu nähern: Sie analysieren Verhalten und Immunfunktionen, sie messen Empfindungen und soziale Kontakte - und sie lassen in raffinierten Experimenten sogar Tiere einsam sein,
in: Geo, Oktober

HANIKA, Iris (2002): Der moderne Mensch - einsam?
Von seltsamen Strategien für Singles,
in: Politisches Feuilleton. Sendung des DeutschlandRadio v. 31.10.

Iris HANIKA betrachtet den Einpersonenhaushalt als die "schlechteste aller Lebensformen". Sie sitzt dabei den drei typischen Missverständnissen auf: Alleinwirtschaften = Alleinwohnen = Partnerlosigkeit. Diese Gleichung stimmt heutzutage immer weniger! Alleinwirtschaften können (Ehe)-Paare, Wohngemeinschaften, Wochenendväter und -mütter und auch Nesthocker.

Die Absatzprobleme von CDs wie Nie mehr allein, die HANIKA hier behandelt - ist deshalb zu allererst die Überschätzung der Partnerlosigkeit und der Einsamkeit im mittleren Lebensalter. Für die Gruppe der einsamen Partnerlosen - und nicht der Alleinlebenden - gilt dann vielleicht HANIKAs Einwand gegen die CD:

  • "Fühlt man sich aber wirklich umsorgt, wenn fremde Leute im Hintergrund Geräusche machen? Eher nicht; sonst würde man sich ja nie über seine Nachbarn ärgern. Aber es ist natürlich richtig, daß auch der alleinlebende Mensch nicht immer seine Ruhe haben will. Nur sollten die Geräusche, die er dann gerne hören würde, nicht darum vertraut sein, weil er sie schon hundertmal gehört hat - solche Geräusche kann nämlich jeder jederzeit selbst erzeugen -, sondern sie sollten vertraut sein, weil ein vertrauter Mensch sie erzeugt. Denn nicht nach Geräuschen an sich sehnt sich der alleinlebende Mensch in solchen Momenten, sondern nach einem Erzeuger von Geräuschen. Und den kann eine CD ebensowenig ersetzen wie ein Solarium die Karibik oder ein Vibrator den Liebhaber."

  •  

    WIESCHE, B. aus der (2002): Die Angst vor der Einsamkeit des Alters,
    in: Kölner Stadt-Anzeiger v. 20.12.

    "Eine Viertel der Kölner Bevölkerung, etwa 250 000 Menschen, sind älter als 60 Jahre. Ihr Hauptproblem ist nicht etwa materielle Armut - die überwiegende Mehrheit hat ein gutes Einkommen - sondern die Gefahr der Vereinsamung. Betroffen sind vor allem Alleinstehende, Verwitwete und Kinderlose",

    behauptet WIESCHE. Die Sozialstatistik und -forschung weis da anderes zu berichten.

    2003

    HEINKE, Nathalie (2003): Der vermeintlich letzte Ausweg.
    Weit über zehntausend Menschen sterben jährlich in Deutschland durch Selbstmord. Das sind mehr, als im Straßenverkehr umkommen. Vor allem die über 60-Jährigen sind suizidgefährdet. Die Ursachen sind Depression und Einsamkeit,
    in: TAZ v. 13.06.

    Selbstmord ist männlich: über 8000 Männer und weniger als 3000 Frauen nahmen sich 2001 das Leben. HEINKE führt dazu aus:

    "Nach Depressionen und Suchtmittelabhängigkeit scheint das Kriterium Alter die dritthäufigste Gefährdungskategorie für eine suizidale Entwicklung zu sein, so die Expertensicht. Einsamkeit, der Verlust des vertrauen Umfeldes oder des Lebensgefährten, Krankheit, Isolation, Armut und Misshandlungen - die Gründe, weshalb alte Menschen an Selbstmord denken oder ihn in die Tat umsetzen, sind vielfältig."

    STUCK, Silke (2003): Ersatzfamilie gegen Einsamkeit,
    in: Berliner Zeitung v. 24.06.

    BÄRTELS, Gabriele (2003): Einsamkeit,
    in: Freitag Nr.47 v. 14.11.

    DRIBBUSCH, Barbara (2003): Das Paradox des Wohlbefindens.
    Jobs werden unsicherer, das Leben ungerechter, die Menschen einsamer - so die Mythen über Deutschland. Die Wirklichkeit sieht anders aus,
    in: TAZ v. 31.12.

    2004

    PSYCHOLOGIE HEUTE (2004): Die Pein allein.
    Ein Mangel an befriedigenden Sozialkontakten belastet den Kreislauf,
    in: Psychologie Heute, Januar

    HÖGE, Helmut (2004): "Eine unnötige Zirkulation von Papier und Geld".
    Die Geschichte hinter den Obdachlosen-Zeitungen: Ein Insider berichtet aus der Szene in der Hauptstadt,
    in: Frankfurter Rundschau v. 06.01.

    Helmut HÖGEs Informant berichtet von Singles, die in keiner Single-Statistik erfasst werden:

    "Die meisten Obdachlosen sind Männer. Frauen verlieren zwar schneller ihren Job, kommen aber besser damit klar, auch mit der Einsamkeit. Männer verwahrlosen zudem leichter. Sie suchen verzweifelt Kontakte, treffen sich mit anderen am Kiosk oder im Bahnhof, pennen mal hier mal dort und irgendwann sagen sie sich: »Ich brauch meine Wohnung, diesen Saustall, doch eigentlich gar nicht.» Man gibt einem Menschen noch kein Zuhause, wenn man ihm eine Wohnung zuweist."

    Männliche Singles als Modernisierungsverlierer war von single-generation.de bereits vor längerer Zeit als ein Thema benannt worden, das es zu entdecken gilt. Der Artikel von HÖGE ist ein erster Einstieg in ein weitgehend brachliegendes Thema:

    "Für Frauen gibt es an sich (...) mehr und bessere Hilfsangebote als für Männer. Außerdem sprechen die Gerichte zu Recht im Trennungsfall, wenn ein Kind da ist, meistens der Frau die Wohnung zu.
    Und dann sind hier in den letzten Jahren rund 500 000 Männerarbeitsplätze weggefallen, aber 700 000 Frauenarbeitsplätze neu entstanden. Für Männer sieht es also immer schlechter aus - besonders von einem bestimmten Alter an und bei bestimmten Berufen. Es gibt inzwischen eine regelrechte Partnerlosigkeit aus Armut. Die Männer sind einsam, weil sie arm sind und umgekehrt.
    "

    KOBER, Henning (2004): "Ein Tanz auf dem Hochseil".
    Seit 1995 ist Jürgen Domian auf Sendung. Tief in der Nacht spricht er im Radio und im Fernsehen mit Menschen über ihre Probleme. Am Anfang heftig kritisiert, ist der Medienseelsorger inzwischen Träger des Bundesverdienstkreuzes. Ein Gespräch
    über Freaks, Heimat und Einsamkeit,
    in: TAZ v. 24.01.

    WDR-Radiomoderator Jürgen DOMIAN u.a. über Einzelgängertum: "Sie bezeichnen sich als Einzelgänger - was macht einen dazu?
    Ich hatte schon als Kleinkind eine ausgeprägte Sehnsucht nach Autonomie. In Gesellschaft von Erwachsenen habe ich mich wohler gefühlt als bei der ganzen Kindermischpoke. Ich bin Einzelkind, wurde aber eigentlich nicht so erzogen.
    Hätten Sie gern Geschwister gehabt?
    Ja, einen großen Bruder oder auch eine kleine Schwester. Vielleicht wird man durch Geschwister etwas lockerer.
    Ist es gut, ein Einzelgänger zu sein?
    Ich weiß, dass ich es allein kann. Mich packt nicht wie andere die Panik, wenn ich etwas allein machen muss. Aber es macht das Leben auch schwer, wenn man Menschen oder Gruppen aus dem Weg geht."

    BITTNER, Jochen (2004): Jung, gebildet, allein.
    Von wegen neoliberale Spaßgesellschaft. Wenn Jobs und Geld knapp sind, bleibt für Zweisamkeit kaum Zeit. Romantik wird zum Luxusgut,
    in: Die ZEIT Nr.6 v. 29.01.

    HERBON, Bernd (2004): Single bells.
    "Quirkyalones": Rechtzeitig zum Valentinstag formieren sich die glücklichen Einsamen,
    in: Süddeutsche Zeitung v. 14.02.

    Bernd HERBON berichtet über eine neue Single-Bewegung in den USA. "Quirkyalones" nennt Sasha CAGEN jene selbstbewussten Singles, die - entgegen dem Bridget-Jones-Stereotyp - ihr Single-Dasein nicht um jeden Preis überwinden möchten, sondern ihrem Alleinleben Positives abgewinnen können. In den USA sind Kinderlose bereits seit der Ära CLINTON Anfang der 90er Jahre massiv in die Defensive geraten. Die Regierung BUSH und ihre neokonservativen Anhänger verfechten die Familienwerte noch militanter. In diesem singlefeindlichen Klima - das mittlerweile auch in Deutschland spürbarer wird - haben die Singles das negative Stereotyp vom "schrulligen Alleinstehenden" zu einem Kampfbegriff umfunktioniert. Diese Strategie verwendete die Anti-Ehe-Bewegung bereits erfolgreich Ende der 60er bzw. Anfang der 70er Jahren als erstmals Singles massenhaft öffentlichwirksam in Erscheinung getreten sind. HERBON schreibt zur neuen Singlebewegung:

    "Die Anti-Gefühlsterror-Einheit meint es ernst: In einem ersten Handstreich hat sie den Valentinstag gekapert und kurzerhand zum »International Quirkyalone Day« erklärt. In diesem Jahr wird er bereits in 40 amerikanischen und europäischen Städten gefeiert.
    Initiatorin der Bewegung ist die Publizistin Sasha Cagen aus San Francisco – eine aparte 30-Jährige, deren letzte längere Beziehung nach eigenen Angaben mehrere Jahre zurückliegt. 1999 veröffentlichte sie ihre Betrachtungen eines »eingefleischten Singles« in der Zeitschrift To-Do-List und erhielt überwältigende Reaktionen. Der Essay dient nun als Grundlage des gerade erschienenen Buches »Quirkyalone: A Manifesto for Uncompromising Romantics«. Inzwischen haben die »kompromisslosen Romantiker« eine heftig frequentierte Website (
    www.quirkyalone.net) und die Aufmerksamkeit aller großen US-Medien.
    Cagens pathetisch-kämpferische Unabhängigkeitserklärung richtet sich gegen falsches Mitleid der Gesellschaft und eventuell aufkommendes Selbstmitleid der Alleinstehenden: »Als Romantiker, Idealisten und Exzentriker empfinden wir unser Single-Dasein als natürlichen Ruhezustand«. Quirkyalones, so Cagen weiter, sehen sich als »Rebellen« in einer von Ehe und Partnerschaft bestimmten Gesellschaft – spätere Liebesbeziehung oder gelegentliche Lebensabschnittsgefährten natürlich nicht ausgeschlossen. Denn auf keinen Fall sei man »anti-sex« und »anti-love« . Ein enges Netzwerk von Freunden und Gleichgesinnten soll dabei helfen, den Gefühlshaushalt der Quirkyalones zu stabilisieren. Damit nicht passiert, was die Journalistin Heike Faller im »Kursbuch: Die 30-Jährigen« als ultimative Horrorvorstellung ihrer Generation beschreibt: »Alleine zu bleiben. Kinderlos. Bis man schließlich mit 60 beim Fensterputzen ausrutscht und zwei Jahre später skelettiert aufgefunden wird.«
    Freundeskreise als Familienersatz propagiert der amerikanische Sachbuchautor Ethan Watters bereits als neues Zeitgeist-Phänomen. Auch dem deutschen Lifestyle-Magazin Neon ist das Thema eine Titelstory wert. Watters bezeichnet die Zweckgemeinschaften der »never-marrieds« als »urban tribes« – Stämme von städtischen Singles mit eigenen Ritualen und Treffpunkten, vorzugsweise chicen Cocktailbars.
    "

    Hinsichtlich der Einschätzung des politischen Einflusses von Singles in Deutschland deckt sich HERBONs Sichtweise mit jener, die von single-generation.de vertreten wird:

    "In Deutschland leben 13 Millionen Menschen allein – Tendenz steigend. Das entspricht einem Drittel der Privathaushalte.
    Doch die Größe dieser wachsenden Minderheit spiegelt keinesfalls ihren Einfluss. Wahrscheinlich, weil es schwer fallen dürfte, ein gemeinsames Sprachrohr für ältere Frauen mit winziger Witwenrente und Ferrari fahrende Yuppies zu finden. So dienen Singles als Zielscheiben unterschiedlichster Couleur. Im krisengeschüttelten Sozialstaat werden sie schon mal als selbstsüchtige Hedonisten etikettiert und gegen generationenvertragstreue Familien mit Kindern ausgespielt.
    "

    Jetzt aber aufgepasst liebe Leser! Nun folgt der Clou! Der Artikel wird von single-generation.de nur als WICHTIG, NICHT ABER als SINGLEFREUNDLICH eingestuft. Der Grund ist einfach: HERBON argumentiert unredlich! Die Rede vom "schlafenden Riesen", der von einer Singlebewegung geweckt werden könnte, lässt sich nur durch eine Argumentation auf der Haushaltsebene rechtfertigen. Bereits 1/3 Singles. WOW! Und der Anteil steigt sogar noch. WOW! Der politische Einfluss von Ehe und Familie ist in Gefahr, soll das heißen. Her mit dem Familienwahlrecht würden jetzt die Familienfundamentalisten fordern. Dies ist auch der Grund, warum single-generation.de in der Individualisierungsthese eine Ursache des derzeit entstehenden Familienfundamentalismus sieht. HERBON benützt die singlefeindlichen Strategien der Individualisierungsvertreter, die insgeheim Familienromantiker sind. Betrachtet man die Machtverhältnisse jedoch nicht auf der Haushaltsebene, sondern auf der Personenebene, dann wird deutlich, dass hier von HERBON ein Papiertiger aufgebaut worden ist. Bei der Bundestagswahl 2002 gab es gemäß FAZ vom 24.09.2002 ca. 61,3 Millionen Wahlberechtigte. Dem stehen jedoch nur ca. 13,5 Millionen Alleinlebende in Deutschland gegenüber, d.h. die Alleinlebenden stellen nur ca. 22 % der Wähler und nicht etwa 1/3, wie HERBON das suggeriert! Erst nachdem dies klar herausgestellt ist, kommt das zum Tragen, was HERBON als Interessenantagonismus deutlich gemacht hat. Die Heterogenität der Single-Haushalte ist jedoch noch gravierender. Grob gesagt, gibt es mindestens drei Interessengruppen innerhalb der statistischen Gruppe der Alleinlebenden, die sich aus der Stellung im Lebenszyklus ergeben: Alleinlebende sind in erster Linie Menschen vor der Familiengründung und in zweiter Linie Menschen, deren Kinder nicht mehr im Familienhaushalt leben. Dagegen sind Alleinlebende, die ihr Single-Dasein als Alternative zu Ehe und Familie betrachten eine Minderheit der Alleinlebenden. Diese lebenszyklischen Interessengegensätze der Alleinlebenden werden dann noch einmal durch die krassen Einkommensunterschiede innerhalb der statistischen Gruppe der Einpersonenhaushalte torpediert. Nur auf diese Einkommensunterschiede hebt jedoch HERBON ab.  Nun dürfte auch dem letzten Leser klar geworden sein, warum dieser Artikel zwar in der familienfreundlichen Süddeutschen Zeitung erschienen ist, in dieser Form jedoch nie für single-generation.de geschrieben worden wäre.

    NEON-Titelgeschichte: Haben wir die Liebe verlernt?
    Wie Single-Börsen und Flirt-Partys zu unserer letzten Hoffnung werden

    VORBEK, Lilli (2004): Allein zu Hause.
    Schafft man es auch alleine, wenn der richtige Partner auf sich warten lässt? Es geht, glaubt unsere Autorin. Auch wenn's manchmal hart ist. Aber besser fast glücklich alleine sein als unglücklich zu zweit,
    in: Neon, Mai

    Lilli VORBEK unterscheidet zwischen Menschen, die für das Single-Dasein geschaffen sind ("Sheriffs") und jenen, die zu weich dafür sind ("Weiber"). Das Single-Dasein stillt den unbändigen Erfahrungshunger, während das Paar-Dasein etwas für den ruhige Lebensabend ist. Am besten legt man beim Lesen eine CD von Christiane RÖSINGER und den Lassie-Singers auf, denn VORBEK schreibt über die "Pärchenlüge" der Langzeitpärchen und ihre abschreckenden Pärchenabende. Die Autorin ist definitiv eine kompromisslose Romantikerin, die lieber allein als einsam zu zweit ist. Wenn der Märchenprinz wider Erwarten ausbleibt, dann ist es Zeit für ein Buch von Jean-Claude KAUFMANN.

    STAUN, Harald (2004): Der Papst der Einsamkeit.
    Wem die Jugend eine Marter ist, dem ist das Alter eine Erlösung: Morrissey ist wieder da. Und besser denn je,
    in: Spiegel Online v. 02.05.

    Der Rolling Stone verspricht das einzige Interview mit Morrisey und bringt ein wenig informatives 16-seitiges Special über den ehemaligen Sänger und Songwriter der Popband The Smiths, die in den 80er Jahren das Lebensgefühl von Gymnasiasten und Postadoleszenten getroffen haben und auch heute wieder für Postadoleszente in der Quarterlife Crisis aktuell sind. Nun ist die erste Single des neuen Soloalbums da und das neue Abum erscheint Mitte des Monats. Anlass für Harald STAUN eine Loblied auf Morrissey zu singen:

    "Es ist ein Segen, daß Morrissey sein Selbstmitglied mittlerweile ein wenig sparsamer dosiert; daß sich aber seine Verzweifelung in einen gesunden Zynismus verwandetl hat und seine Unsicherheit in Souveränität: das bedeutet viel, viel mehr. Es beinhaltet ein Versprechen, das in der Geschichte des Pop noch nie so deutlich formuliert worden ist: Das Leben wird besser, wenn man älter wird."

    SCHMITT, Peter-Philipps (2004): Einsam bis in den Tod.
    Immer mehr Menschen werden "zwangsbeigesetzt", weil sich keine Angehörigen finden,
    in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 08.05.

    Die FAZ berichtet über vereinsamte Tote ohne Angehörige, die den Kommunen teuer kommen. Ein Hamburger Pastor sieht darin ein typisches Problem der anonymen Großstadt.

    KRAHLISCH, Nancy (2004): Gemeinsam statt einsam,
    in: Berliner Zeitung v. 28.05.

    Im Rahmen einer Freizeit-Serie hat KRAHLISCH einen eher unüblichen, aber nichtsdestoweniger wichtigen Zugang zum Single-Dasein gefunden:

    "Im Jahr 2003 sind 116 000 Leute nach Berlin gezogen. »Die Zahl der Zuzüge ist insgesamt zwar leicht rückläufig, bei den 20- bis 30-Jährigen stellen wir aber einen Zuwachs fest«, sagt Jürgen Pfaffhausen vom Statistischen Landesamt. Die meisten kommen wegen eines Jobs oder um hier zu studieren. Egal, ob man allein kommt, als Paar oder als Familie - die erste Zeit ist meist ein wenig einsam. Der Freundeskreis ist in der alten Stadt geblieben, neue Freunde muss man erst mal finden. Als Student ist das noch relativ einfach, denn auch viele Mit-Studenten sind neu in der Stadt und sehr kontaktfreudig. Wenn man dagegen berufstätig ist, wird es schon schwieriger. Man ist umgeben von Paaren, Familien, von Menschen, die bereits einen festen Freundeskreis haben."

    Freunde finden, statt Partnersuche, ist das primäre Problem in der mobilen Gesellschaft, wie sie die Hartz-Reformen besonders für Alleinstehende vorsieht. Für Berlin hilft da auch das Internet weiter:

    "Seit fünf Jahren gibt es www.new-in-town.de, und es sieht so aus, als ob ihre Erfinder eine Marktlücke gefüllt haben. Deutschlandweit sind 150 000 Nutzer registriert. »Bei uns gibt es kein ,Er sucht sie' oder umgekehrt. Es werden auch keine Fotos veröffentlicht. Bei uns geht es darum, möglichst einfach und unkompliziert passende Freizeitpartner zu finden. Egal ob für Kino, Sport oder einen Kneipenbesuch«, sagt Jochen Nehr, Projektleiter der Seite, die von einer Wiesbadener EDV-Firma betrieben wird. Die Idee hatte ein Kollege von Nehr, der oft mehrere Wochen am Stück reisen musste. »Es hat ihn so geärgert, niemanden zu kennen und die Abende im Hotelzimmer zuzubringen, dass er sich das Konzept überlegte«, sagt Jochen Nehr."

    Der US-amerikanische Journalist Ethan WATTERS hat die Wichtigkeit von Freundschaften in seinem Buch Urban tribes beschrieben.

    HANDEL, Stephan (2004): Letzte Vorgänge.
    Eine Frau stirbt, und niemand ist da, der sie beerdigt - immer öfter müssen die Behörden handeln, wenn der Tag des Todes kommt,
    in: Süddeutsche Zeitung v. 25.06.

    "Am Ende ihres Lebens war eine Fremde bei Elisabeth B., sonst niemand - der Mann schon lange tot, keine Kinder, keine Verwandten",

    schildert HANDEL das Schicksal einer Alleinstehenden am Ende ihrer Tage, um anschließend auf die Lage in München und in anderen deutschen Städten einzugehen:

    "Etwa 800 Fälle kommen pro Jahr herein, in gut 400 davon sind die Ahnen-Fahnder erfolgreich und finden Nachgeborene. In Hamburg dagegen gab es vor sechs Jahren 380 »Bestattungen von Amts wegen«. Im vergangenen Jahr waren es mehr als zweimal so viele. In Köln und Berlin haben sich die Zahlen ebenfalls verdoppelt".

    GUDE, Hubert (2004): Falscher Flirt.
    Ein Insider berichtet, wie ein Hamburger Dienste-Provider mit professionellen Chat-Moderatoren SMS-Kunden systematisch abzockt,
    in: Focus Nr.30 v. 19.07.

    Hubert GUDE berichtet wie Lonely Hearts mit SMS-Flirts abgezockt werden. Bezeichnenderweise werden die Praktiken politisch korrekt anhand einer "einsamen" Karrierefrau erläutert, während am Ende des Artikels geschrieben wird, dass es sich bei den Betrogenen überwiegend um Männer handelt.

    STEIN, Hannes (2004): Eine ganz schlechte Angewohnheit.
    Denken ist schädlich und unsozial und zertrümmert Karrierechancen,
    in: Welt v. 31.07.

    Der Sachbuchredakteur der Welt hat das Buch Endlich Nichtdenker! geschrieben und die Welt druckt deshalb Passagen aus der Einleitung ab. In der modernen Welt der Außenlenkung sind eigene Gedanken (Eigensinn, Schrulligkeit, erhöhte Selbstaufmerksamkeit) kontraproduktiv, vermittelt uns Hannes STEIN, und den Singles schreibt er ins Stammbuch, dass Denken einsam und unsozial macht:

    "Wer grübelt (...) schließt sich von der Mehrheit aus; er wird bald feststellen, dass er mit vielen Leuten kein Gesprächsthema mehr findet. Kneipenbesuche geraten zur Tortur - man stellt fest, dass man mit all diesen Leuten, die da unbeschwert trinken und grölen, nichts mehr gemein hat (nicht einmal dann, wenn sie einst die besten Freunde waren). Dies aber kann der Mitwelt auf Dauer nicht verborgen bleiben. Sie schaut den Denker mit scheelen Augen an. Fortan gilt er als Spielverderber, der mit seinen intellektuellen Sprüchen jede Party kaputt macht. Vor allem gilt er als elitär, und das völlig zu recht (...). Er zitiert aus Büchern, die außer ihm kein Mensch kennt; er brütet merkwürdige Ansichten aus, die er in unpassenden Momenten äußert; er ist taub für den letzten Schrei, mit dem der Zeitgeist ihn zur Ordnung ruft. Muss er sich da wundern, dass die anderen ihn schneiden?
    Wer denkt, verurteilt sich damit selbst zur schlimmsten Form der Einsamkeit (...). Ganz gewiss sind jene, die keine Freunde haben, denen sie sich öffnen können - wenn man es hart ausdrücken will - Kannibalen ihrer eigenen Herzen. Mitten in der Menge bleibt der Denker ein intellektueller Einzeller, eine Monade. Es gibt für ihn nur eine Möglichkeit, wie er wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen kann: Er muss mit seiner unsozialen Gewohnheit brechen.
    "

    Noch schlimmer - wir ahnen es schon - ist nur noch die Karrierefrau dran:

    "Es wird schwieriger, Sexualpartner zu finden. Das gilt vor allem für den weiblichen Teil der Bevölkerung, denn Männer haben begründete Angst vor Frauen, die ihnen überlegen sein könnten. Besonders schwer haben es schöne Frauen; sie sind von der eisernen Aura der Unerreichbarkeit umschlossen wie von einem Keuschheitsgürtel. Schöne, kluge Frauen haben somit die besten Chancen, als verbitterte Jungfern zu enden. Aber auch denkende Männer leiden unter einem sexuellen Handicap. Sie stellen sich schrecklich stoffelig an, träumen davon, ihre Angebetete ins Bett zu reden, und wenn sie endlich handgreiflich werden, dann im falschen Moment. Ihnen fehlt das Spielerische, Gewissenlose, Südländische."

    FRAUNE, Burkhard (2004): Einsam mitten in der Stadt.
    Die Letzte Zeit des Lebens: Vergessen und isoliert. Viele Menschen sterben unbemerkt. Ihr Zahl wird steigen, fürchten Rechtsmediziner und Sozialforscher,
    in: Rheinischer Merkur Nr.33 v. 12.08.

    WOELLER, Marcus (2004): Das Cool in der Malerei.
    Sich aufregen kostet nur Energie, also: kühlen Kopf bewahren und durch. Das Werk von Edward Hopper steht am Anfang einer Kunstgeschichte des Cool. Handlung findet sich in seinen Bildern kaum, dafür erhob er die Ereignislosigkeit zum Sujet. Tate Modern in London zeigt eine Retrospektive des Malers
    in: TAZ v. 13.08.

    Edward HOPPER wurde bislang als Maler der urbanen Einsamkeit interpretiert, neuerdings gilt das jedoch als cool...

    WAGNER, Elisabeth (2004): Die Freundin der Siegerin.
    Einige gute Gründe, allein zu sein. Ein Protokoll,
    in: Berliner Zeitung v. 28.08.

    Elisabeth WAGNER protokolliert das Leben einer Alleinlebenden: "Übrigens, ich heiße Anna, ich bin Schauspielerin, 32 Jahre alt, und ich lebe allein.
    Ich habe aufgehört zu zählen oder darüber mit meinen Freunden zu reden. Die Männer, die ich kennen lerne, stelle ich selten noch jemandem vor. Es ist doch so, sobald wir einen Termin gefunden haben und meine Freunde ihm begegnen könnten, ist es meistens auch schon wieder vorbei. Es hat lange gedauert, bis ich glauben konnte, dass sich die Dinge tatsächlich wiederholen. Denn im Grunde mag ich keine Affären, und immer, wenn etwas beginnt, sehr viel seltener als Sie sich das jetzt ausmalen, versuche ich mir vorzustellen, wohin es führen könnte. Viele meiner Freundinnen bekommen jetzt Kinder. Sie legen mir ihre Babys in den Arm und fragen: »Na, wie fühlt es sich an?« Ich sollte weinen, zusammenbrechen und meine Einsamkeit bekennen, möglich, sie wären zufrieden mit mir und würden aufhören, mich anzusehen wie eine schiffbrüchige Kranke. Aber so einfach ist es nicht. Ich kann mich nämlich anstrengen wie ich will, ich spüre das Unglück nicht."

    JOURNAL FRANKFURT-Titelgeschichte: Nie mehr Single.
    Aktion: Wir bringen Sie in die Partnerschaft

    TOMIC, Boris (2004): "Woher kommt eigentlich der Trend zur Einsamkeit?"
    Prof. Dr. Stefan Hradil von der Uni Mainz klärt uns auf,
    in: Journal Frankfurt Nr.22 v. 22.10.

    Stefan HRADIL ignoriert die Fragestellung vollständig und spricht dagegen über den Wertewandel, der seit Mitte der 1960er Jahre zur Durchsetzung des Single-Lebensstils führte. Seit den 1990ern bläst den Singles jedoch immer stärker der Wind des Sozialpopulismus entgegen. Unerwähnt bleibt bei HRADIL jedoch, dass die geburtenstarken Trägerschichten des Single-Lebensstils mittlerweile das Familiengründungsalter erreicht haben und nunmehr nur noch geburtenschwache Jahrgänge für einen geringeren Nachschub an Singles sorgen.

    NEON-Titelgeschichte: Welche Stadt passt zu dir?
    Ausgehen und Arbeiten: neun lebenswerte Umzugsziele von Berlin bis Freiburg

    SCHRÖDER, Vera (2004): Köln.
    Für Einsame,
    in: Neon, November

    Köln: Liebesschlösser an der Rheinbrücke, Foto: Bernd Kittlaus 2016

    DRIBBUSCH, Barbara (2004): Wenn die Eltern plötzlich älter werden.
    Sich von den eigenen Erzeugern absetzen, an ihnen herumnörgeln - das war gestern. Denn wenn Mutter und Vater einsam und gebrechlich werden, dann vertauschen sich die Rollen. Dann müssen wir uns kümmern. Drücken? Gilt nicht! Neue Ratgeber helfen, diese neue Situation zu bewältigen,
    in: TAZ v. 06.12.

    Die multilokale Mehrgenerationen-Familie erfordert neue Verkehrsformen zwischen den Generationen. DRIBBUSCH liefert eine Einführung in die Problematik. Außerdem gibt es ein paar konkrete Beispiele mit Lösungen.

    WICHERT, Silke & Ulf POSCHARDT (2004): Stille Nacht.
    An Festtagen ist es besonders schlimm: Wenn Alleinsein nicht selbst gewählt ist, wird es zur Qual,
    in: Welt am Sonntag v. 26.12.

    POSCHARDT, Ulf (2004): "Einsamkeit wird vererbt".
    Gespräch mit John Cacioppo,
    in: Welt am Sonntag v. 26.12.

     
         
     
           
       
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    weiterführender Link

     
           
       

    Einsamkeit - Vom Alleinsein in der paar- und familienorientierten Gesellschaft (Teil 2: 2005 - 2011)

     
           
       
     
       

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    webmaster@single-generation.de Erstellt: 27. Dezember 2015
    Update: 02. Februar 2019