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Debatte

 
       
   

Die Neidgesellschaft

 
       
   

Feindbild: soziale Aufsteiger und die Kritik an der "Single-Gesellschaft"

 
       
     
       
   
     
 

Status und Scham

"Jede/r hat so seine Haßfiguren, die persönlich abgelehnt, deren Eigenschaften, Besitz oder Erfolg aber heimlich begehrt werden: (...) der blöde Yuppie, der sich alles leisten kann, der Aufschneider, auf den jeder reinfällt. (...) Stillschweigend bewundert man, was lauthals abgelehnt wird, »neidlose« Anerkennung oder scheinbar nur Gleichgültigkeit hinterläßt. Doch knapp unter der Oberfläche des dargestellten Selbst frißt sich das Gefühl, zu kurz gekommen zu sein, immer tiefer in die eigene Seele"
(Sighard Neckel, 1991)

Lebensstile und Politik: Zivilisierung - Politisierung - Vergleichgültigung

"Auffällig sind zum einen die relative Konfliktlosigkeit, mit der die Gentrifizierung (Anm.d.V.: Aufwertung) der Innenstädte durchgesetzt werden konnte, und zum anderen die Ignoranz der stadtsoziologischen Gentrificationsforschung gegenüber jenen städtischen Konflikten, die infolge der Modernisierungen der Stadtteile entstanden sind. Die typischen Stadtteile der Gentrifizierung werden keineswegs dominant von Möchtegern-Yuppies eingenommen, sondern insbesondere von (...) ökologisch orientierten erfolgreichen Mittelschichten" [mehr]
(Claudia Ritter, 1997, S.249)

Blanker Neid, blinde Wut? Sozialstruktur und kollektive Gefühle

"In der Öffentlichkeit dient »Neid« als politischer Kampfbegriff, den (...) vor allem besser Gestellte benutzen. Wer stets alles haben kann, was er begehrt, mag mühelos das Ressentiment bei jenen entdecken, deren Bestrebungen weniger vornehm aussehen. In den symbolischen Kämpfen um die Verteilung von Gütern und Positionen ist der Neidvorwurf eine beliebte Rhetorik, um Forderungen nach größerer Teilhabe als Ausdruck häßlicher Charaktereigenschaften zu diskreditieren. Darin teilt sich auch immer die Botschaft sozialer Verachtung mit, wollen sich bessere Kreise hiermit doch auch moralisch über den gewöhnlichen Menschen erheben." [mehr]
(Sighard Neckel in Leviathan, 1999, Nr.2)

Mann gönnt sich ja sonst nichts

"Männer auf Jobsuche, die sich als »verheiratet« vorstellen, kriegen Pluspunkte. Das signalisiert: Ich habe eine Familie zu ernähren, also bin ich hoch motiviert - und zu Hause sorgt meine Frau für das wohlige, die Arbeitskraft erhaltende Nest. Überdurchschnittliches »Engagement« ist in Führungspositionen fest eingeplant, eine intensive Vater-Kind-Beziehung nicht vorgesehen. Männern, die Erziehungsurlaub beantragen, droht die soziale Ausgrenzung, im schlimmeren Fall Mobbing oder sogar die Kündigung. »Neue« Väter, die mehr als Sonntagspapa sein wollen, werden als unsichere Kantonisten eingestuft. Wie Mütter sind sie einer mittelbaren Diskriminierung ausgesetzt: Sie sind einfach nicht so mobil und zeitlich flexibel wie die Kollegen, die das Hausfrauenmodell praktizieren."
(Thomas Gesterkamp, 2000)

Ex und hopp und nicht nach gestern gefragt

"Ihr Geld ist nicht geerbt wie bei anständigen Leuten, so ein Bonmot, sondern selbst verdient: Nouveau riche. Und um diese Stufe des Erfolgs und des Prestiges zu erreichen, wird hart gekämpft, werden radikal die Wurzeln abgeschnitten, verschämt die Eltern und Großeltern versteckt, als wäre man aus dem Nichts geboren."
(Astrid von Friesen in der Süddeutschen Zeitung v. 29.04.2000)

Elternhaus dient als Sprungbrett

"Zumindest in einem Punkt hat sich seit den fünfziger Jahren nichts geändert: Für Akademiker mit Doktortitel ist das gut situierte Elternhaus nach wie vor das entscheidende Sprungbrett, um auf einen Spitzen-Posten in der Wirtschaft zu gelangen"
(Jörg Feuck, FR 04.01.2001)

Und über allen wacht Ober-Nerd Bill Gates

"Nerds sind die Menschen, die früher in der Schule stets als erste die Matheaufgaben gelöst hatten, beim Sport aber übrig blieben, wenn die Mannschaften gewählt wurden. Nerds tragen in der Regel Brillen, oft mit Schmierfilm und in Modellen jenseits jeder Mode. Später werden sie keine Freundin haben - allerdings ohne darunter zu leiden. Sie haben einen hohen IQ, ein gestörtes Sozialverhalten, ein Abo für eine abartige Zeitschrift und eine grässlich anzusehende Homepage. Der Nerd lebt anspruchslos und verträglich in Bibliothekskellern, Gemeindearchiven oder im Silicon Valley. Er kann stundenlang vorm Bildschirm sitzen, wobei er Bettfrisur, Hochwasserhosen und verknöpfte hellblaue Oberhemden trägt. Weibliche Nerds sind eher selten, weil sich Frauen weniger gern aus dem sexuellen Selektionsprozess heraus katapultieren. Die meisten Nerds verdienen aus Versehen viel Geld. In sehr frühen Gesellschaften war der Nerd nicht überlebensfähig, heute besetzt er ohne sonderliches Interesse an seiner Umgebung wichtige Schaltstellen. Das ist das Problem aller anderen."
(Ulrich Steinmetzger in der Saarbrücker Zeitung v. 09.01.2001)

Achtung, erste Generation

"Mit dem »Bildungsboom« der siebziger Jahre, und das war von allen »Kulturbrüchen« im Gefolge von '68 mit Abstand der größte, hielten an den Gymnasien und an den geisteswissenschaftlichen Fakultäten jene Heerscharen Einzug, die in erster Generation mit Gelehrsamkeit konfrontiert wurden. (...).
Der Loslösung von ihrer proletarisch-kleinbürgerlichen Herkunft bedürftig (...) waren sie die denkbar leichteste Beute jener (...) Weltverbesserungspläne, die damals an den Universitäten grassierten. Sie kamen aus dem intellektuellen Nichts und fraßen brav, was ihnen angeboten wurde. Wie auch anders? Sie kannten ja nichts, von Haus aus. Dies sollte nun ihre geistige Heimat sein, und da schlugen sie umso tiefere Wurzeln, je kompromissloser sie mit ihren jetzt meist verachteten Ursprungsmilieus brachen."
(Tilman Krause, Welt 27.01.2001)

Die Neue Mitte und ihr Interesse an der Polarisierungsthese "Singles contra Familien"

Die Debatte um die Single-Gesellschaft und die These von der Polarisierung Singles contra Familien ist Ausdruck der deutschen Neidgesellschaft. Die Polarisierungsthese wird vor allem von jenen vertreten, die selbst Angehörige von wohlhabenden Familien der Neuen Mitte sind. Sie ist Ausdruck eines härter werdenden Verteilungskampfes um sozialstaatliche Ressourcen.

Seit der Bildungsexpanison der 1960er Jahre ist eine neue Bildungselite entstanden, die sich nicht im gleichen Maße im Erwerbssystem widerspiegelt. Die Folge ist eine Polarisierung zwischen einer neuen Mittelschicht und einem "Bildungsproletariat" . Diese Polarisierung ist jedoch nicht so zu verstehen, dass es zwischen diesen beiden Gruppen keine Übergänge gibt. Es ist gerade die Angst vor dem Absturz (Barbara EHRENREICH), die die Vehemenz des Kampfes der Lebensstile erklärt.

Peter GLOTZ (1999) hat dieses Thema für den Digitalen Kapitalismus variiert. Er beschreibt die Gefahr von Kulturkämpfen zwischen Beschleunigern (jene, die ihre Chance in der globalisierten New Economy sehen) und Entschleunigern (jene, die sich als Anwälte der Globalisierungsverlierer verstehen) . Das jetzige "Bildungsproletariat" bekommt durch die New Economy die Chance zum sozialen Aufstieg. Dies ist eine Bedrohung für die "alte Mitte". Dieser Kampf ist bereits im Gange und dokumentiert sich in der heftigen Debatte um die Neuen Medien und die neuen Stereotypen Nerds und Yetties . Sozialer Aufstieg ist vor allem im Bereich der Neuen Medien und den neuen technischen Berufen möglich. Die neuen Medien stellen das Informationsmonopol der alten Medien und damit die "alte Mitte" in Frage. Es müssen neue Themen etabliert werden, um sich abzugrenzen. Dies wird auch Auswirkungen auf die Debatte um die Single-Gesellschaft haben. Die gegenwärtige Debatte um die 68er-Generation ist Ausdruck dieses Kampfes, denn die 68er-Generation besetzt Schlüsselpositionen im Bereich der alten Medien und der Politik .

Yuppisierung: Dichtung und Wahrheit

Alle Studien über Singles heben die höhere Bildung vor allem bei den Frauen hervor. Dagegen gibt es so gut wie keinerlei Untersuchungen über den Zusammenhang zwischen beruflicher Position und Lebensform. Die These von der Yuppisierung hat die öffentliche Debatte so erfolgreich besetzt, dass wissenschaftliche Untersuchungen gar nicht erst durchgeführt werden müssen. Die wenigen Forschungen, die sich diesem Thema widmen, (z.B. Angelika TÖLKE) sprechen eindeutig gegen den behaupteten Zusammenhang .

Wenn über Singles geredet wird, dann überwiegend verallgemeinernd. Dies drückt sich in der Nennung von Durchschnittswerten aus. Durchschnittswerte verschleiern die vorhandenen Polarisierungen innerhalb von Singles. Ein hohes Durchschnittseinkommen bei Singles täuscht darüber hinweg, dass es hier sowohl bei Männern als auch bei Frauen extreme Unterschiede gibt. Der kleinen Gruppe von Yuppies stehen die gut gebildeten, aber beruflich blockierten (Sozialwissenschaftler sprechen hier von "Statusinkonsistenz") und die sozial schwachen Singles gegenüber.

Der Ungleichheitsforscher Stefan HRADIL lenkt in seinem Buch »Die "Single-Gesellschaft"« (1995) den Blick auf die gut gebildeten, gut verdienenden und erfolgreichen sozialen Aufsteiger. Er tut dies, indem er erstens Alleinerziehende, d.h. Singles mit Kind aus der Betrachtung ausklammert. Dies führt dazu, dass Männer in den Untersuchungsfokus geraten, denn nach Scheidungen werden im allgemeinen geschiedene Männer Alleinlebende und geschiedene Frauen Alleinerziehende. Zum anderen werden Ergebnisse von verschiedenen Single-Untersuchungen mit jeweils ganz unterschiedlichen Definitionen herangezogen. Die Vergleichbarkeit wird dadurch verringert und entscheidende Daten fehlen gänzlich. Bei der Beschreibung der Singles hinsichtlich Herkunft, Bildung, Beruf und Einkommensverhältnissen wird nicht genau genug nach Geschlecht, Alter und Familienstand der Singles unterschieden, sodass die Polarisierungen nicht deutlich sichtbar werden. HRADILs Ansatz ist jedoch typisch für die desolate Lage der Singleforschung.

Die "Single-Gesellschaft"

"Bei den Männern ist eine gewisse Polarisierung erkennbar: Zwar sind viele erfolgreich im Beruf, aber - verglichen mit gleichaltrigen Verheirateten - arbeiten auch überdurchschnittlich viele als un- und angelernte Arbeiter. Insgesamt sind nicht alleinlebende Männer etwas erfolgreicher als Single-Männer. Bei den Frauen dominiert der Berufserfolg (...).
Die Gründe hierfür liegen, neben den bekannten, Frauen oft hinderlichen Mechanismen des Arbeitsmarkts darin, daß Männer durch Paarbeziehungen und Familienstrukturen häufig Entlastung, Motivation und Begünstigung erfahren, Frauen hingegen Belastungen"
(Stefan Hradil, 1995)

Der Soziologe Günter BURKART ("Lebensphasen - Liebesphasen") vertritt einen Milieu- und biographietheoretischen Ansatz. Seine Arbeiten befassen sich mit dem zentralen Defizit der Singleforschung, ohne dass bisher dieses Defizit grundlegend aufgearbeitet worden wäre. Qualitative Studien wie jene von BURKART können zwar das Problem deutlich machen, aber sie können nichts über das zahlenmäßige Ausmaß aussagen:

Lebensphasen - Liebesphasen

"Die Kohabitation (Anm.d.Verf.: nichteheliche Lebensgemeinschaft) wurde (...) in den siebziger Jahren als neue Lebensform etabliert, zunächst nicht als Alternative zur Ehe im allgemeinen, sondern als Alternative zur frühen Ehe, zum Alleinleben und zum längeren Verweilen im Elternhaus. Ihre Träger waren die jungen Erwachsenen der Bildungsexpansionsphase.
Hier taucht die Frage auf, ob vielleicht diese Generation der Bildungsexpansion besonders anfällig ist für das Scheitern von Ehe und Familie, nicht nur, weil sie die erste ist, die das Experiment versucht, anders zu leben (...), sondern auch, weil es sich dabei häufig um soziale Aufsteiger handelt. Bei ihnen sind Probleme mit der habituellen Übereinstimmung in der Partnerschaft wahrscheinlicher, sind sie doch hin- und hergerissen zwischen dem Herkunftsmilieu (meist Arbeiter- oder kleinbürgerliches »Harmoniemilieu«) und dem durch den Gang ins Bildungsmilieu erworbenen Selbstverwirklichungsdiskurs."
(Günter Burkart, 1997, S.90f)

"Einer der wichtigsten Faktoren für die Zunahme der jüngeren (...) Singles im mittleren Alter ist die Bildungsexpansion, weil sie vor allem für Frauen die Möglichkeit geschaffen hat, unabhängig von einer Versorgungsehe sich Lebensunterhalt und Identität über eine berufliche Tätigkeit selbst zu sichern."
(Günter Burkart, 1997, S.157)

Einzig das Deutsche Jugendinstitut in München (DJI) hat bisher repräsentative Daten erhoben, die eine Kritik der gegenwärtigen Forschungspraxis ermöglichen. Der Haushaltsansatz der amtlichen Statistik und der sozialwissenschaftlichen Untersuchungsdesigns wird damit aus der Netzwerkperspektive kritisierbar. Die Auswertung der Daten ist bislang jedoch noch hinter den Möglichkeiten zurückgeblieben.

Der blinde Fleck der Singleforschung

Singleforschung war bis in die 1990er Jahre weitgehend Frauenforschung und Forschung von Frauen über Frauen. Die männlichen Singles kamen erst in den 1990er Jahren in den Blick, was verwundert, da sie im mittleren Lebensalter die Mehrheit stellen :

Alleinstehende und Alleinlebende: Die "Singles" in der amtlichen Statistik

"Die Zunahme der Ledigen unter den gesamten Alleinlebenden scheint (...) in erster Linie von den Männern verursacht zu werden, deren Anteil trotz eines kurzfristigen Einbruchs Ende der 60er Jahre kontinuierlich zugenommen hat. Die Anteile der geschiedenen und verheiratet getrenntlebenden Männer ist seit jeher höher als der der Frauen, da Frauen nach einer Trennung meist mit ihren Kindern zusammenlebenden und nicht zu den Alleinlebenden zählen."
(Renate Bauerreiss & Hiltrud Bayer in: Bertram, Hans (1995)(Hg.) Das Individuum und seine Familie. Lebensformen, Familienbeziehungen und Lebensereignisse im Erwachsenenalter, DJI Familiensurvey Bd.4, Opladen: Leske und Budrich, S. 35-60)

Es besteht also ein fundamentaler Widerspruch zwischen der Verbreitung männlicher Singles und der Fokussierung auf die Minderheit der weiblichen Singles im mittleren Lebensalter, der sich nur damit erklären lässt, dass Frauen sowohl in der Forschung als auch in den Medien die Debatte bestimmen, während männliche Singles als sozial Benachteiligte ihre Perspektive weder in der Forschung, noch in den Medien ausreichend zur Sprache bringen können.

Die so genannte Krise des Mannes hat daran nur unwesentlich gerüttelt. Bei der Krise des Mannes geht es in erster Linie um die Krise der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Nicht Männer, sondern die "neuen Väter" sind das zentrale Thema dieser Debatte, die nur eine spezifische Variante der Debatte um die Single-Gesellschaft ist.

Michel HOUELLEBECQs Erfolg mit den Büchern Ausweitung der Kampfzone und Elementarteilchen liegt vor allem darin begründet, dass seine Anti-Helden zwar zur Neuen Mitte gehören, aber im Privatleben gescheitert sind. Dies macht sie zu Symbolfiguren der Mütter- und Väterbewegung des ausgehenden Jahrtausends .

Der Ansatz von Arlene Skolnick: Familie als umkämpftes Paradies

Vor einem Jahrzehnt ist von der US-amerikanischen Familiensoziologin Arlene SKOLNICK das Buch Embattled Paradise: The American Family in an Age of Uncertainty erschienen. Dies müsste eigentlich die Bibel derjenigen sein, die sich für eine pluralistische Gesellschaft einsetzen. SKOLNICK beschreibt in diesem Buch die Folgen einer Verklärung der 1950er-Jahre-Familie, die zu einer Debatte um die Auflösung der Familie geführt hat.

Das umkämpfte Paradies

"For either sex, the single state was regarded almost as a contagious disease. A young man who remained single for too long opened himself up to charges of 'emotional immaturity' or 'latent homosexuality' - phrases that were part of the basic vocabulary of the 1950s. An influential book of the period argued that all bachelors over thirty should receive psychotherapy and that spinsters should be legally forbidden to teach schoolchildren on the grounds of emotional incompetence"
(1991, S. 71).

SKOLNICK entlarvt die These vom "Tod" bzw. "Ende der Familie" als Strategie jener, die in der Kernfamilie (idealerweise das Zusammenleben von Ehemann und Ehefrau mit ihren beiden Kindern) die einzige, legitime Familienform sehen. Bei der öffentlichen Debatte um den Niedergang der Familie geht es also um einen Kulturkampf zwischen verschiedenen Familienleitbildern und nicht um die Alternative Singles contra Familien, wie das die These von der Single-Gesellschaft (Ulrich BECK) nahe legen möchte .

Der Ansatz von Kurt Lüscher: Familienrhetorik

In Deutschland hat der Konstanzer Familiensoziologen Kurt LÜSCHER seinen Ansatz der "Familienrhetorik" entwickelt, mit dem die Verwendung wissenschaftlicher Familienbegriffe in der familienpolitischen Debatte zum Gegenstand gemacht wird . Inwieweit diese Herangehensweise fruchtbar ist, muss sich erst noch erweisen. Man müsste bei der derzeitigen Debatte eher von "Singlerhetorik" sprechen.

SKOLNICK hat mit ihrem Buch wichtige Argumente gegen die Individualisierungsthese von Ulrich BECK vorgebracht. Die1950er Jahre sind historisch gesehen die Ausnahme und nicht die Regel. Mit diesem Perspektivenwechsel können die Veränderungen anders eingeordnet werden.

Der Bundestagswahlkampf um Familienwerte und die Folgen für Singles

SKOLNICKs Buch ist zudem ein Dokument des ersten Clinton-Wahlkampfes, in dem die Familienwerte ("Family values") eine zentrale Rolle gespielt haben. Seither ist die Bedeutung eher gestiegen. Der nächste Bundestagswahlkampf wird ganz im Zeichen der Familienwerte stehen. LÜSCHER beurteilte 1995 die Relevanz von Familienleitbildern folgendermaßen:

Was heißt heute Familie? Thesen zur Familienrhetorik

"Die Debatte über »family values« im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf 1992 hat gezeigt, daß Familienbilder für die politische Kontroverse instrumentalisierbar sind. Familienrhetorik oder Familienbilder sind überhaupt für den Begründungszusammenhang von Familienpolitik und Familienrecht von enormer Bedeutung. Nach wie vor läßt sich feststellen, daß familienpolitische Maßnahmen und auch familienrechtliche Reglungen in Deutschland und auch in anderen Ländern - trotz aller Veränderungen - weiterhin vielfach am bürgerlichen Familienideal ausgerichtet sind. Nicht nur in die Politik, auch in die Sozialarbeit, in das Gericht oder in die Therapie fließen Familienbilder ein und werden vielfach als impliziter Maßstab er Beurteilung des Familienalltags verwendet."
(aus: Familie der Zukunft 1995)

Die These von der Pluralisierung der Familienformen ist eher auf das Wertesystem und weniger auf die Familienwirklichkeit in Deutschland bezogen. Waren in den 1950er Jahren Kernfamilien die Norm und andere Familienkonstellationen konnten als Problemfamilien ignoriert werden, so ist gegenwärtig der Kampf um die Anerkennung von Familienformen jenseits der Kernfamilie entbrannt. Begriffe wie Ein-Elternfamilie, Patchworkfamilie und Multilokale Mehrgenerationenfamilie verweisen auf diesen Sachverhalt.

Singles sind in diesem Kampf der Lebensstile die Leidtragenden. Ihre Interessen werden im politischen System nicht repräsentiert.

Die Single-Lüge - Das Buch zur Debatte

Die Single-Debatte ist längst in eine Sackgasse geraten. Dies wird in diesem Buch u. a. der Individualisierungsthese des Münchner Soziologen Ulrich Beck angelastet.
        
Das Buch sollte als Beitrag zur Versachlichung der Debatte verstanden werden und liefert deshalb Argumente für eine neue Sichtweise auf das Single-Dasein im Zeitalter der Demografiepolitik.

 
     
 
       
   

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© 2002-2018
Bernd Kittlaus
webmaster@single-generation.de Erstellt: 28. Januar 2001
Update: 25. November 2018