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Übersicht der Themen des Monats ]
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Das Karlsruher Pflegeurteil
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Die
Polarisierer und die Folgen für die "Singles"
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Akteure
und Themen
Die Entwicklung des
Eigenanteils zur Pflegeversicherung der Rentner (PVdR)
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Jahr |
Eigenanteil der
Eltern
zur PVdR |
Eigenanteil der
Kinderlosen zur PVdR |
1. 1 |
1. 7 |
1.1. |
1.7 |
1995 |
1,00 % |
1,00 % |
1,00 % |
1,00 % |
1996 |
1,00 % |
1,70 % |
1,00 % |
1,70 % |
1997 |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
1998 |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
1999 |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
2000 |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
2001 |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
2002 |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
2003 |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
2004 |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
1,70 % |
2005 |
1,70 % |
1,70 % |
1,95 %
(+0,25 %) |
1,95 %
(+0,25 %) |
2006 |
1,70 % |
1,70 % |
1,95 %
(+0,25 %) |
1,95 %
(+0,25 %) |
2007 |
1,70 % |
1,70 % |
1,95 %
(+0,25 %) |
1,95 %
(+0,25 %) |
2008 |
1,70 % |
1,95 % |
1,95 %
(+0,25 %) |
2,20 %
(+0,25 %) |
2009 |
1,95 % |
1,95 % |
2,20 %
(+0,25 %) |
2,20 %
(+0,25 %) |
2010 |
1,95 % |
1,95 % |
2,20 %
(+0,25 %) |
2,20 %
(+0,25 %) |
2011 |
1,95 % |
1,95 % |
2,20 %
(+0,25 %) |
2,20 %
(+0,25 %) |
2012 |
1,95 % |
1,95 % |
2,20 %
(+0,25 %) |
2,20 %
(+0,25 %) |
2013 |
2,05 % |
2,05 % |
2,30 %
(+0,25 %) |
2,30 %
(+0,25 %) |
2014 |
2,05 % |
2,05 % |
2,30 %
(+0,25 %) |
2,30 %
(+0,25 %) |
2015 |
2,35 % |
2,35 % |
2,60 %
(+0,25 %) |
2,60 %
(+0,25 %) |
2016 |
2,35 % |
2,35 % |
2,60 %
(+0,25 %) |
2,60 %
(+0,25 %) |
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Quelle:
Rentenversicherung in Zeitreihen 10/2016,
S.263; eigene
Darstellung |
Die Polarisierer
BIRG, Herwig
- Die Dramatisierung des
Geburtenrückgangs
BORCHERT,
Jürgen - Der Familienrhetoriker
OBERNDÖRFER,
Dieter - Politikziel
Geburtenwettlauf
KIRCHHOF,
Paul - Der Familienrhetoriker
MÜNZ,
Rainer - Politikziel Zuwanderung
Der Unbeachtete
SCHMÄHL,
Winfried - Der Störfall
Der Beschwerdeführer
MÜLLER,
Alfred - Der Kinderreiche
Der Initiator
ROLLINGER,
Alfred - Familienbund
der Deutschen Katholiken
Die Richter
HAAS
HÖRNIG
HOFFMANN-RIEM
HOHMANN-DENNHARDT
JAEGER,
Renate
KÜHLING
PAPIER,
Hans-Jürgen
STEINER, Udo
Die Wissenschaftler
RAFFELHÜSCHEN,
Bernd
RÜRUP, Bert
Die Politiker
BLÜM,
Norbert - Der frühere
Arbeitsminster der CDU
SCHOLZ, Olaf
- Der Sozialexperte der SPD
Das Urteil
im Wortlaut
Berichte
zum Urteil
Leitartikel,
Kommentare und Analysen
Die Anwälte
der "Familie"
Die Anwälte
der "Singles"
Hintergrundberichte zur
Rechtfertigung des Urteils
Die
demografische Entwicklung und die
Dramatisierung des Geburtenrückgangs
Familienpolitik im internationalen
Vergleich
Die
Entwicklung der Geburtenraten in anderen
Ländern als Beleg für die Wirksamkeit
spezifischer familienpolitischer
Massnahmen
Das Problem der Umsetzbarkeit des
Urteils
Eltern
sind nicht gleich Eltern und Kinderlose
sind nicht gleich Kinderlose oder was die
Polarisierung verschleiert
Das Problem der
Reichweite des Urteils
Welche
Folgen hat das Urteil für den Umbau des
Sozialstaats?
Vorschläge
zum familienfreundlichen Umbau der
Gesellschaft
Meine
Stellungnahme zur Debatte in der TAZ v.
07.04.2001
Weiterführende Links zum Thema
Der Kampf
der Lebensstile und die
Normalfamilie der Neuen Mitte
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Die
Akteure
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DROBINSKI,
Matthias (2001): Zehn Kinder und
ein Cembalo.
Familie
Müller hat geklagt,
in:
Süddeutsche
Zeitung v.
05.04.
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KIRSTENFEGER,
Hartmut (2001): Der
Mannschaftssprecher.
Diese Woche
urteilt Karlsruhe über die
Pflegeversicherung.
Verfassungsrichter Udo Steiner
stellt dafür die Weichen,
in:
Focus
Nr.14 v. 02.04.
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DRIBBUSCH,
Barbara (2001): "Nicht zwingend
nachvollziehbar".
Der
SPD-Sozialexperte und Jurist Olaf Scholz
ist vom Urteil des
Bundesverfassungsgerichtes überrascht
und sieht es kritisch: "Auch
unfreiwillig Kinderlose werden ungleich
behandelt",
in:
TAZ
v. 04.04.
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Die
Themen
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-
Dpa
(2001): Das Urteil im Wortlaut.
Das
Bundesverfassungsgericht hat entschieden,
dass Eltern bei den Beiträgen zur
Pflegeversicherung spürbar entlastet
werden müssen. Die wesentlichen Passagen
des Urteils,
in:
Financial
Times Deutschland Online
v. 03.04.
In
der Begründung heißt es unter
anderem, dass in Deutschland die
Zahl der Lebendgeborenen seit
Mitte der sechziger Jahre
"in rascher Folge"
gesunken sei.
Dieser
rapide Geburtenrückgang lässt
sich jedoch anhand der
Geburtenstatistik nicht
nachweisen. Vielmehr liegen die Geburtenzahlen im
Jahr 1999 über den Zahlen der
Lebendgeborenen von 1973 bis
1987. Von einem kontinuierlichen
Rückgang kann also nicht
gesprochen werden.
Mit
der so genannten
Prognosefähigkeit der
Wissenschaften ist es nicht weit
her, wenn sie eine simple
Fortschreibung der jeweiligen
gegenwärtigen Trends darstellen.
So gingen die Schätzungen der
Bevölkerungsentwicklung jeweils
zeitgeisttypisch daneben.
Anfang
der 60er Jahre wurden die
anormalen 50er Jahre als Maßstab
der Berechnungen genommen,
folglich wurde die zukünftige
Geburtenzahl überschätzt (z.B. SCHWARZ
1963).
Seit
Mitte der 70er Jahre dagegen wird
die Geburtenentwicklung
unterschätzt, so z.B. bei den
Prognosen der renommierten
Bevölkerungswissenschaftler Karl
SCHWARZ & Charlotte HÖHN
(1985),
die deutlich unter den
tatsächlichen Geburtenzahlen
lagen.
Die
Fehleinschätzungen beruhen vor
allem auf einer mangelhaften
Datenlage. Lange Zeit wurden
wichtige Daten überhaupt nicht
erhoben, d.h. die
Vergleichbarkeit der Zahlen ist
nicht gegeben. Die Zahl der
Singles bzw. Kinderlosen wird in
den gängigen Haushaltstatistiken
überschätzt. Diese verzerrte
Optik verhindert den Blick auf
die Tatsache, dass
Deutschland
eine Familiengesellschaft ist.
Es geht also nicht primär um eine Umverteilung zwischen
Kinderlosen und Familien, sondern um eine
Umverteilung
zwischen verschiedenen
Familienformen und -phasen.
Kinderlose werden damit zu
Sündenböcken im familialen
Verteilungskampf...
FR (2001): Wer Kinder erzieht,
soll weniger zahlen.
Der dramatische
Geburtenrückgang und die wachsende Zahl
der Pflegebedürftigen. Aus dem Urteil
des Bundesverfassungsgerichts zur
Pflegeversicherung
in: Frankfurter
Rundschau v. 04.04.
Das Urteil
steht und fällt mit der
Beurteilung dieses Sachverhaltes:
"Die Benachteiligung der
beitragspflichtigen Versicherten
mit Kindern gegenüber
kinderlosen Mitgliedern der
sozialen Pflegeversicherung, die
jeweils der Generation der
Beitragszahler angehören, kann
der Gesetzgeber so lange
vernachlässigen, wie eine
deutliche Mehrheit der
Versicherten Erziehungsleistungen
erbracht hat."
Das
Urteil stützt sich dabei auf die
so genannte demografische
Entwicklung und damit letztlich
auf Prognosen, die
wissenschaftlich strittig sind.
Zum
einen geht es nicht um Kinderlose
contra Familien, sondern nur um
jene Deutschen, die zur
gesetzlichen Versicherung
"gezwungen" werden, zum
anderen ergeben sich gravierende
Probleme bei der Bestimmung, wann
denn nun keine deutliche Mehrheit
der Versicherten
Erziehungsleistungen erbracht
hat. Diese schwammige
Formulierung dürfte bei der
Umsetzung Probleme ergeben.
Ist
dieser Richterspruch nicht
permanenter Anfechtbarkeit
unterworfen? Das Verhältnis
zwischen Erziehungsleistenden und
Nicht-Erziehungsleistenden ist
ständigen Veränderungen
unterworfen. Jeder Jahrgang weist
ein anderes Verhältnis auf. Muss
also jeder Geburtsjahrgang vor
das Bundesverfassungsgericht
ziehen, um sich seine
Sozialstaatsfähigkeit erkämpfen
bzw. seine
Sozialstaatsunfähigkeit
attestieren zu lassen? Die Folgen
dieser Art von Lebensstilpolitik
sind unabsehbar.
Ein
anderer Punkt der Begründung hat
dann auch rein gar nichts mit dem
Konflikt zwischen Kinderlosen und
Eltern zu tun: die
"Vergreisung der
Gesellschaft". Wollen die
Richter Kinderlose für die
erhöhte Lebenserwartung der
Deutschen haftbar machen?
Die
demografische Entwicklung
spiegelt einen Problemkomplex
wider, der weit über das von den
Richtern verhandelte Problem
hinausweist...
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KERSCHER,
Helmut (2001): Der Wert der Kinder.
Familienverände
betrachten ihren Sieg in Karlsruhe als
Dammbruch in der Sozialversicherung,
in:
Süddeutsche Zeitung
v. 04.04.
Helmut KERSCHER geht auf die Rolle
des Bevölkerungswissenschaftlers Herwig BIRG im Rahmen des
Gerichtsverfahrens ein und meint:
"Möglicherweise ist eine
gewisse Vorentscheidung schon durch die Auswahl eines
Sachverständigen gefallen".
NOTZ, Anton
und Cordula TUTT (2001): Geburtshilfe aus
Karlsruhe.
Mit ihrem
spektakulären Urteil zur
Pflegeversicherung haben die
Verfassungsrichter gleich das gesamte
Sozialversicherungssystem ins Wanken
gebracht. Ökonomen halten die
Entscheidung jedoch für praxisfern,
in:
Financial
Times Deutschland
v. 04.04.
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Leitartikel, Kommentare und
Analysen
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BEISE, Marc
(2001): Karlsruhe setzt einen
Meilenstein,
in:
Süddeutsche
Zeitung v. 04.04.
FTD (2001):
Paradigmenwechsel im Sozialsystem,
in:
Financial Times
Deutschland v.
04.04.
"Nicht
zufällig richten sich Werbung
und Konsumindustrie längst an
die lebensfrohen Singles und
nicht mehr an die 'Rama'-Familie
der 70er-Jahre",
das ist
für KUNZ das Indiz, dass Singles
zu Lasten der Familien leben. Nur
KUNZ übersieht, dass die
"Rama-Familie der 70er
Jahre" ein Auslaufmodell
war. In den 70er Jahren war
nämlich die Geburtenrate auf
einen Tiefststand, von dem wir
heute weit weg sind. Im Jahr
1978
wurden in den alten
Bundesländern 100.000 Kinder
weniger geboren als 20 Jahre
später. Das
gegenwärtige
Modell
der multilokalen
Mehrgenerationen-Familie
wird dagegen von
rückwärtsgewandten
Sozialromantikern als "individualisierte
Single-Gesellschaft"
fehlinterpretiert, weil es die
empirische Sozialforschung
versäumt hat den gewandelten
Familienformen Rechnung zu tragen
und an einem veralteten
Familienbegriff festhält.
SIEMS,
Dorothea (2001):
Die deutsche
Sozialversicherung steht vor einer
Revolution,
in: Welt
v. 04.04.
ZASTROW,
Volker (2001): Dynamisierte
Sozialstaatsverfassung,
in: Frankfurter Allgemeine
Zeitung v. 04.04.
ZILLER,
Peter (2001): Pflege-Notstand.
Das Bundesverfassungsgericht
gab mit seinem Urteil zur
Pflegeversicherung den Gesetzesmachern in
Berlin wieder einmal schriftlich, dass
sie schlecht gearbeitet haben,
in: Frankfurter
Rundschau v. 04.04.
HAUCH-FLECK,
Marie-Luise (2001): In der Zwickmühle.
Das familienfreundliche
Karlsruher Urteil zur Pflegeversicherung
setzt die Regierung unter massiven Druck,
in: Die ZEIT
Nr.15 v. 05.04.
HERZ,
Wilfried (2001): Richter als Abgeordnete.
Karlsruhe korrigiert die
Pflegeversicherung zu Recht,
in: Die ZEIT Nr.15
v. 05.04.
BIRNBAUM,
Robert (2001): Kein Neid, nur Mathematik.
Das Pflege-Urteil taugt
nicht für einen Kulturkampf
"Kinderlose gegen Eltern",
in: Tagesspiegel
v. 05.04.
Robert BIRNBAUM geht der
Frage nach, ob jetzt jemand den
Aufstand der Kinderlosen
organisiert. Den
derzeitigen Parteien in den
Parlamenten traut er dies nicht
zu, aber es könnte ja zur
Gründung einer
"Klientelpartei"
kommen. Da es nicht einmal eine
Interessenorganisation der
"Kinderlosen" gibt, ist
dies ziemlich weit hergeholt. BIRNBAUM
meint, dass das Gericht wertfrei
geurteilt hat. Gerade dies muss
jedoch angezweifelt werden. Das
Urteil gründet sich nach Aussage
des Autors auf eine ominöse
Störung des generativen
Gleichgewichtszustandes. Dazu
bedarf es jedoch eines
Bezugspunktes. Die Wahl des
Bezugspunktes ist eine
Wertentscheidung. Die Anwälte
der Familie haben den
Geburtenrückgang seit einem
Jahrzehnt dramatisiert, indem ein
kontinuierlicher
Geburtenrückgang suggeriert
wird. Besonders deutlich wird
dies bei
Astrid
WIRTZ im Kölner Stadtanzeiger v.
04.04. Nimmt
man aber das Jahr 1978 als
Bezugspunkt, dann kann man sogar
einen Anstieg der Geburten für
die alten Bundesländer
feststellen: Von 1978
mit 576.468 Geburten stieg die
Zahl auf 664.018 im Jahr 1999 an. Von
nüchterner Mathematik kann also
gar keine Rede sein...
"Jede
Randgruppe in unserer
Gesellschaft hat Anwälte in der
Politik. Nur nicht die
Familie".
Es sind solche
Sätze, die Menschen aufregen
müssten, die in unserer
Gesellschaft als
"Singles" oder
"Kinderlose"
diskriminiert werden sollen. Aber
viele
Singles ahnen gar nicht, dass sie
gemeint sind, weil sie sich als
Eltern verstehen. Wie ist das
möglich?
Es gibt keine
gesellschaftliche Gruppe, die in unserer Gesellschaft besser
politisch organisiert ist, als die Familie. Von einer
Minderheit kann keine Rede sein. Eine Minderheit wäre gar
nicht in der Lage ein solch verzerrtes Bild von sich selbst in
allen gängigen Medien zu verbreiten. Der zentrale Punkt ist,
dass Anwälte der Familie es schaffen, dass Familie mit
Familienhaushalt gleichgesetzt wird.
Eltern
werden dann zu Kinderlosen
und das ist schon ein
Kunststück, das nur eine
machtvolle Gruppe schafft. Die
Wissenschaft, die solche
Begrifflichkeiten etabliert hat,
ist eine Wissenschaft der
Familienväter und -mütter.
Singles
sind so unbedeutend, dass es sich
nicht lohnt, überhaupt
empirische Studien über sie zu
erstellen. Stattdessen verkaufen
Wissenschaftler Familienstudien
unter dem schicken Label
"Single".
Der Mainzer Soziologe Stefan HRADIL
durfte für das Bundeskanzleramt
eine "Single-Studie"
erstellen - ein grandioses
Beispiel für die desolate Lage
der Singleforschung. HRADIL hat
einfach ein paar vorhandene
Studien nach verwertbarem
Material durchgesehen. Um die
unterschiedlichen
Begrifflichkeiten hat er sich
erst gar nicht groß geschert,
Hauptsache es passte irgendwie
zum Thema. Seitdem darf er sich
von den Medien als Single-Experte
feiern lassen. Single-Forschung
ist ein Abfallprodukt der
Familienforschung und wie Müll
werden Singles in der
Gesellschaft behandelt. Man darf
z. B. die Frage stellen, ob
Singles Nützlinge oder
Schädlinge sind. Eine Gruppe,
die angeblich die Macht in der
Gesellschaft übernommen hat.
Würde die sich so etwas
ernsthaft gefallen lassen?
Der Bamberger
Familienforscher VASKOVICS
hat sich in seiner Studie
Älterwerden als
Single mit einer Gruppe der
Kinderlosen beschäftigt, die
gerade einmal 3 % der
Bevölkerung ausmacht, aber nach
Anwälten der Familie auf dem Weg
ist die Familie zu verdrängen.
Die Begründung solcher Forschung
liegt nicht darin, dass man sich
für Singles interessiert. Kann
man sich für Schädlinge
interessieren? Die werden
höchstens zertreten! Nein. Man
möchte Aufschlüsse über das
zukünftige Leben von alten
Eltern gewinnen, denn ihre
Situation gleicht den wirklich
Kinderlosen immer mehr.
Es gibt viele Forschungen,
die das Label "Single" verpasst bekommen. Wo "Single"
draufsteht, ist aber selten "Single" drin, aber sie sind eben
die Lieblinge der Medien. Warum? Weil es so viele Singles
gibt? Nein, sondern weil Familien sich gerne über Singles
mokieren. Dies hilft über den harten Verteilungskampf zwischen
Familien hinweg...
LEICHT,
Robert (2001): Freiheit - ohne
Trittbrett.
Nach dem Urteil: Die
Kosten des Individualismus soll das
Individuum tragen,
in: Tagesspiegel
v. 06.04.
Für alle, die
die Anekdote zur Einführung des
Rentensystems 1957 noch immer
nicht kennen. Die Duellanten sind
Konrad ADENAUER und Oswald von
NELL-BREUNING. Das Ergebnis
bewertet Robert LEICHT - der
Sachwalter von NELL-BREUNING.
Robert
LEICHT macht es sich
leicht und setzt zwischen
Kinderlose und
Trittbrettfahrer ein
Gleichheitszeichen - das
reicht und wie das
reicht, Herr Leicht...
HÖHER,
Sabine (2001): Das Stiefkind heißt
Familie.
Kinder sind in
unserer Gesellschaft das Armutsrisiko
Nummer eins,
in: Welt am
Sonntag v. 08.04.
LANGENDÖRFER,
Hans P. (2001): Schluss mit den
Minimallösungen!
Das Urteil von Karlsruhe - ein
Meilenstein im Kampf für Eltern und
Kinder,
in: Rheinischer Merkur
Nr.15 v. 13.04.
SIEMS,
Dorothea (2001): Eltern sind die Dummen,
in: Welt
v. 14.04.
Der Autor lehnt
als Anwalt der wohlhabenden
Familien der Neuen Mitte sowohl
die Steuerfinanzierung als auch
die Umverteilung von
Besserverdienenden zu
Sozialschwachen ab, wenn damit
ein erhöhtes Kindergeld
finanziert werden soll.
Ruth KASTNER
schreibt:
"die neuen
Mehrheiten sind lange schon
jenseits der Familien mit Kindern
zu holen".
Wie die
Machtverhältnisse tatsächlich
liegen, darüber sagen die
Haushaltszahlen wenig aus, auch
wenn gerne darauf verwiesen wird.
Die Anwälte der Familien bleiben
letztlich den Beleg für ihre
These schuldig.
Ich habe mir die Mühe gemacht
und die Zahlen vom Mikrozensus 2000 umgerechnet. Leider
liefert das Statistische Bundesamt in seinem Bericht
unzureichende Zahlen. Die Angaben zu den Familienhaushalten
lassen keine exakte Berechnung zu. Da aber die Zahl der
Mehrpersonenhaushalte nur geringfügig niedriger liegt als die
Zahl der Familienhaushalte, lassen sich gewisse Rückschlüsse
ziehen. Die Zahl der Menschen in Familienhaushalten liegt auf
alle Fälle wesentlich höher als dies die Haushaltszahlen
vorgaukeln.
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BRÜTT,
Christian (2001): Verfassungsschutz für
die Familie.
Ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zur
Pflegeversicherung will die
Erziehungsleistung anerkannt wissen,
in:
Jungle
World Nr.16 v.
11.04.
KÖPF,
Peter (2001): Geld her oder zeugen.
Immer mehr
Politiker wollen die Deutschen vom
Kinderkriegen überzeugen. Die Singles
werden zu Hassfiguren. Dabei finanzieren
die schon jetzt den Nachwuchs anderer
Leute,
in:
TAZ
v.19.04.
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Der Artikel
von WIRTZ ist ein Paradebeispiel
für die Art von Demagogie wie
sie von Anwälten der Familie
derzeit betrieben wird. Dort
heißt es:
"Die
Geburtenrate in Deutschland sinkt
seit 1967. Seit 1972 liegt sie
unter jener der
Kriegsjahre
1917/18 und 1944/45, errechnete
das Heidelberger Büro für
Familienfragen. 1965 wurden in
Gesamtdeutschland noch 1,3
Millionen Kinder geboren. 1999
waren es gerade mal 771 000 und
damit rund 42 Prozent weniger.
Sollte diese Entwicklung
anhalten, werden im Jahr 2030 nur
noch 470 000 Kinder
geboren."
Hier
wird ein kontinuierlicher
Geburtenrückgang suggeriert, der
sich genauso in die Zukunft
fortsetzen soll. Bereits der
erste Teil stimmt in dieser
Vereinfachung nicht, denn 1978
wurde der Tiefststand bei den
Geburten erreicht. Danach
konsolidierte sich die
Entwicklung auf niedrigem Niveau.
Die Geburtenzahlen liegen heute
also höher als 1978.
1977
erschien im Deutschen
Institutsverlag das Buch Bevölkerung und
Arbeitsmarkt bis zum Jahr
2000 von Günter BUTTLER
& Bernd HOF. Dort wird diese
Entwicklung relativ exakt
beurteilt:
"Die größte
Plausibilität hat aus heutiger
Sicht die Annahme, dass die
Geburtenziffern zunächst noch
leicht zurückgehen, um sich ab
1978 auf dem dann erreichten
niedrigen Niveau zu
stabilisieren" (S.31).
Im
Frühjahr 1978 berief die
Gesellschaft für sozialen
Fortschritt einen
Arbeitskreis, zu dem u. a. Elisabeth BECK-GERNSHEIM und
Günter BUTTLER gehörten. Dieser
Arbeitskreis hat seine Ergebnisse
in einem Buch mit dem Titel
Bevölkerungsentwicklung
und nachwachsende
Generationen
veröffentlicht, in dem es
hellsichtig heißt:
"Wer
über die Folgen eines
Bevölkerungsrückgangs
nachdenkt, sollte sich zunächst
erinnern, daß
Bevölkerungszahlen, wie sie
Modellrechnungen bei Beibehaltung
der derzeitigen
Fruchtbarkeitswerte für 2030 und
2070 denkbar erscheinen lassen
(39 bzw. 22 Millionen Deutsche),
jenen im Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland von
1925 und 1880 entsprechen. Dies
könnte denen ein Trost sein, die
durch eine Abnahme der
Bevölkerung bereits in
absehbarer Zeit die Erhaltung
deutschen oder westeuropäischen
Kulturguts oder nationaler
Eigenart gefährdet wähnen"
(S.16).
Was
ist daran so erwähnenswert? Es
wird nicht mit Kriegsjahren
argumentiert, sondern mit
Friedensjahren! Kriegsjahre
suggerieren reißerisch, dass man
es mit Ausnahmezuständen zu tun
hat. Friedensjahre suggerieren
dagegen Normalität. Die Wahl der
Vergleichsjahre ist Teil von Familienrhetorik.
Es werden
die Prognosen des Bielefelder
Bevölkerungswissenschaftler Herwig BIRG
zitiert.
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Interview
mit dem Direktor des
Max-Planck-Instituts für
Arbeits- und Sozialrecht in
München Prof. Bernd Baron von
MAYDELL.
Die zentrale Frage
lautet:
"Frage:
Eine Beitragsdifferenzierung ist
immer mal wieder diskutiert
worden. . .
von Maydell: Und verworfen
worden, weil sie sehr schwierig
zu regeln ist: Wenn etwa Eltern
getrennt leben, geschieden sind,
Kinder bei Pflegeeltern leben
oder adoptiert wurden - wer soll
dann in den Genuss der
Beitragsminderung kommen?"
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WIRTGEN, Klaus
(2001): "Sozialpolitik eignet sich
nicht für Schnellschüsse".
BZ-Interview mit dem
früheren Arbeitsminister Blüm über die
Konsequenzen aus dem Karlsruher Urteil
zur Pflegeversicherung,
in:
Badische
Zeitung v. 04.04.
SINN,
Hans-Werner (2001): Rentenhöhe nach
Kinderzahl.
Das
Verfassungsgerichtsurteil zur
Pflegeversicherung muss bei der
Altersversorgung berücksichtigt werden,
in:
Welt
am Sonntag v.
08.04.
NIEJAHR,
Elisabeth (2001): Singles als Verlierer?
Das Pflegeurteil
könnte die Rentenpolitik verändern,
in:
Die
ZEIT v. 11.04.
Elisabeth NIEJAHR
widmet sich dem Grundsatzstreit:
"Soll die Erziehung von
Kindern innerhalb des Rentensystems gefördert werden
(...). Oder sollte lieber die Gemeinschaft der
Steuerzahler die Kindererziehung fördern?"
SCHÄUBLE,
Wolfgang (2001): Warum Familienpolitik
und Alterssicherung nicht getrennt
gesehen werden dürfen,
in:
Tagesspiegel v. 12.04.
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RIMSCHA,
Robert von/BIRNBAUM, Robert/MONATH, Hans
(2001): Kein Kinderspiel.
Im Grundsatz sind
sich alle einig: Für Familien muss mehr
getan werden. Das aber kostet Geld. Die
großen Parteien streiten, wie eine
angemessene Förderung auszusehen hat.
Und vor allem, auf wessen Kosten sie
ginge,
in: Tagesspiegel
v. 12.04.
KEILANI,
Fatina (2001): Was das Ehegattensplitting
bringt: Vier Rechenbeispiele,
in: Tagesspiegel v.
12.04.
Bert RÜRUP
und Jürgen KROMPARDT plädieren
für ein Familiensplitting,
während Karl Heinz DÄKE und
Wolfgang WIERGARD eine Erhöhung
der Kinderfreibeträge bzw. eine
Kindergelderhöhung präferieren.
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KITTLAUS, Bernd (2001):
Singles versus Familien.
An den Ursachen der drohenden
Pflegemisere wird vorbeidiskutiert.
betr..:"Pflege: Wer keine Kinder
hat, zahlt künftig drauf" u.a.,
in:
TAZ
v. 07.04.
"Nicht
zufällig richten sich Werbung und
Konsumindustrie längst an die
lebensfrohen Singles und nicht mehr an
die "Rama-Familie der
70er-Jahre" heißt es im Artikel von
Harry Kunz. Der Autor übersieht jedoch,
dass die "Rama-Familie der
70er-Jahre" ein Auslaufmodell war.
In den 70er-Jahren war nämlich die
Geburtenrate auf einem Tiefststand, von
dem wir heute weit entfernt sind. Im Jahr
1978 wurden in den alten Bundesländern
100.000 Kinder weniger geboren als 20
Jahre später. Das gegenwärtige Modell
der multilokalen Mehrgenerationen-Familie
wird dagegen von rückwärtsgewandten
Sozialromantikern als
"individualisierte
Single-Gesellschaft"
fehlinterpretiert, weil es die empirische
Sozialforschung versäumt hat, den
gewandelten Familienformen Rechnung zu
tragen und an einem veralteten
Familienbegriff festhält.
Rogalla schneidet ein wichtiges Thema an:
die zunehmende Stigmatisierung von
Singles! Sie bleibt jedoch dem
Scheinkonflikt "Singles versus
Familien" zu sehr argumentativ
verhaftet.
Von Sozialpolitikern wird zwar viel vom
"Generationenvertrag" geredet,
aber die Zeitdimension
"Lebenslauf" wird
vernachlässigt. Kinderlose sind dann
nämlich nicht mehr nur lebenslang
Kinderlose (die kleinste Gruppe), sondern
Eltern in der Vorkinderphase und Eltern
ohne Kinder im Haushalt, oder Eltern,
deren Kinder gestorben sind. Wenn es um
die letztgenannten Gruppen geht, dann
wird aus dem medial inszenierten Konflikt
"Singles versus Familien" der
Kernkonflikt um die Umverteilung von
Geldern zwischen verschiedenen Phasen in
der Familienbildung.
Im Glossar werden die
Begriffe
multilokale
Mehrgenerationen-Familie
und
Individualisierung
erklärt.
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