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Kommentierte Bibliografie (Teil 6: 2019)
2019
RINGLE,
Anna (2019): Der Riss geht mitten durch Welzow.
Brandenburg: In der
Kleinstadt im Lausitzer Kohlerevier fürchten die einen um ihre
Arbeitsplätze und die anderen um ihre Häuser,
in:
Neues Deutschland v.
04.01.
RADA, Uwe (2019): Ein Dorf gehört
sich selbst.
Brandenburg: Nichts ungewöhnliches:
Hobrechtsfelde ist eine Siedlung vor den Toren Berlins. Höchst
ungewöhnlich: Das Dorf gehört komplett seinen Bewohnern. Die Mieten
sind mehr als erträglich. Wie geht so was?
in:
TAZ
v. 17.01.
Uwe RADA stellt uns ein Lösungskonzept für die Belange von
Besserverdienenden vor:
Hobrechtsfelde, ein Wohnplatz, der zur Gemeinde Panketal gehört
und als Idylle zwischen Prenzlauer Berg und Naturpark Barnim
beschrieben wird.
MORGENSTERN, Tomas
(2019): Mehr Altstadtleben mit weniger Autos.
Brandenburgs Städte buhlen um
Gäste, doch mehr Kraftverkehr wollen sie nicht,
in:
Neues Deutschland v.
19.01.
Im Mittelpunkt steht die
Kleinstadt
Beeskow im Oder-Spree-Kreis, deren Bürgermeister Frank
STEFFEN derzeit Vorsitzender der
Arbeitsgemeinschaft Städte mit historischen Stadtkernen des
Landes Brandenburg ist, in der sich 31 Kommunen zur
Vertretung ihrer Interessen zusammengeschlossen haben .
BURGHARDT, Peter (2019):
Herzlich willkommen.
"Wir sind 'ne blühende Landschaft
geworden. Anderswo verfallen Häuser." Aus dem Osten Deutschlands
wandern seit Jahren die Menschen ab, und die Alten sterben. Aber
Rettung naht. Denn immer mehr Polen leben jetzt hier,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 29.01.
Peter BURGHARDT schreibt in der SZ
aus der Sicht von Menkin, einem 167 Einwohner
zählenden Dorf, das rund 30 Kilometer von Stettin entfernt ist:
"Polen (...) beleben deutsche
Städte und Orte, aus denen das Leben in den vergangenen Jahren immer
mehr verschwunden ist. Der Vorteil ist, es gibt hier spottbillige
Immobilien, deutsches Kindergeld, deutschen Rentenanspruch, deutsche
Schulen - und die polnische Metropole (...).
Nirgendwo an der 460 Kilometer langen Grenze sind sich deutsche Dörfer
und eine polnische Großstadt so nahe wie hier. (...). 1.800 polnische
Zuwanderer haben sich im Bezirk Löckwitz niedergelassen, in ganz
Mecklenburg-Vorpommern sind es 12.070. Menkin liegt nur sechs
Kilometer von Löcknitz entfernt. Die Polen ersetzen die abgewanderten
oder verstorbenen Deutschen."
BURGHARDT erweitert mit
Menkin,
einem Ortsteil der brandenburgischen Landstadt Brüssow, den
Blick auf
Löcknitz.
Brüssow, das an den Landkreis Vorpommern-Greifswald grenzt, kommt
auf nicht einmal 2.000 Einwohner und mit rund 18 Einwohner pro
Quadratkilometer kommt es einem Dorf näher als einer Stadt.
Das Wunder von Löcknitz ist auch
seiner Funktion als Verwaltungssitz von Löcknitz-Penkun und der
speziellen geografischen Lage der "Konkurrenzstadt" geschuldet,
was DREISBACH unerwähnt lässt, wenn sie schreibt:
"Während in Penkun, 22 Kilometer
weiter, eine Schule um ihr Fortbestehen kämpft, gibt es in Löcknitz
vier Schulen mit insgesamt 1.000 Schülern: eine Grundschule, eine
Förderschule, eine Regionalschule und das deutsch-polnische
Gymnasium."
Mit rund 1.800 Einwohnern und 23
Einwohner pro Quadratkilometer ist die Gemeinde Penkun geradezu ein
Dorf im Vergleich zu Löcknitz.
Fazit: Besonders die FAZ-Reportage
malt ein zu positives Bild von der Entwicklung in Löcknitz, wenn man
die dortige privilegierte Situation der Gemeinde mit der Situation
anderer Gemeinden in der Region vergleicht, deren Voraussetzungen
ungleich schlechter sind. Das relativiert die vermeintlichen Erfolge,
die dem CDU-Bürgermeister zugeschrieben werden. Nimmt man den
Internetauftritt der Gemeinde und des Amts, dann existiert in Löcknitz
kein Leben mehr!
NEIßE, Wilfried (2019): Cottbus soll ministerial werden.
Brandenburg:
Wissenschaftsministerium soll in Potsdam Platz für die
Bundespolizei machen,
in:
Neues Deutschland v. 17.04.
FRITSCHE, Andreas (2019):
Was aus Cottbus wurde und warum.
Brandenburg: Ein Opferberater und
ein Wissenschaftler haben den Rechtsruck in der Stadt analysiert,
in:
Neues Deutschland v. 24.05.
"Noch bei der Landtagswahl 2014
erzielte die AfD (in
Cottbus) mit 7,2 Prozent ein unterdurchschnittliches Ergebnis.
Landesweit hatte sie damals 12,2 Prozent bekommen. Doch schon bei
der Bundestagswahl 2017 ereichte die AfD in der Stadt 24,3 Prozent
und damit ihr bestes Ergebnis im Land Brandenburg. Im Oktober 2018
ergab eine Umfrage, dass 30 Prozent der Cottbuser die AfD wählen
wollen. Damit würde die Partei bei der Kommunalwahl am kommenden
Sonntag höchstwahrscheinlich die stärkste Fraktion in der
Stadtverordnetenversammlung werden",
befürchtet Andreas FRITSCHE.
Bei der
Kommunalwahl 2019 wurde die AfD mit 22,3 Prozent und 11 Sitzen
im Stadtrat von Cottbus zur stärksten Fraktion vor der CDU (17,2
%, 9 Sitze). Die Linke wurde dagegen nur viertstärkste Kraft.
FRITSCHE, Andreas (2019): Jung und alt und links.
Brandenburg: Kommunalwahlkampf auf
dem Markt von Neuruppin,
in:
Neues Deutschland v. 25.05.
"Bei der Kommunalwahl 2014 landete
die Linkspartei in Ostprignitz-Ruppin mit 19,9 Prozent knapp
hinter SPD und CDU. Die AfD spielte damals noch keine Rolle. Sie
ist bis heute im Landkreis strukturell und inhaltlich schwach.
(...). Das Wahlziel der Sozialisten, ihr Ergebnis zu halten und
vor der AfD zu bleibe, sollte »machbar« sein, schätzt der
Kreisvorsitzende Schmudlach",
erzählt uns Andreas FRITSCHE
zur Linkspartei, die mit 16,2 % Verluste von 3,7 % hinnehmen
musste, aber vor der AfD mit 12,7 % blieb..
FRITSCHE, Andreas & Wilfried NEIßE (2019): SPD, CDU und Linke
stürzen ab.
Brandenburg: Ergebnisse der
Kommunalwahl zeigen: Nach der Landtagswahl dürfte es kompliziert
werden,
in:
Neues Deutschland v. 28.05.
FRITSCHE, Andreas (2019): "Links bin ich nie gewesen".
Brandenburgs
AfD-Landesgeschäftsführer Lars Hünich gehörte bis 2014 acht Jahre
lang der Linkspartei an,
in:
Neues Deutschland v. 27.06.
WZB (2019): Zuwanderung vor allem in arme Stadtviertel.
WZB-Studie zeigt große
Unterschiede bei sozialräumlicher Verteilung,
in:
Pressemitteilung
Wissenschaftszentrum Berlin
v. 05.07.
STERNBERG, Jan (2019): Im Osten was Neues.
Sachsen-Anhalt: Der Bund
will den abgehängten Regionen helfen. Die Menschen dort wissen,
was für sie am besten ist. Ein Besuch im Städtchen Tangerhütte,
in:
Frankfurter Rundschau v.
10.07.
Jan STERNBERG berichtet nicht nur
über Tangerhütte, sondern auch über Wittenberge in Brandenburg:
"Wittenberge (...) 90 Kilometer
elbabwärts, Landkreis Prignitz in Brandenburg, Rang 395 im
»Prognos
Zukunftsatlas«. Wittenberge war Textil- und Nähmaschinenstadt
und ist immer noch Eisenbahnknotenpunkt zwischen Hamburg und
Berlin. Seit den 1980er Jahren hat die Stadt die Hälfte ihrer
Bewohner verloren, 17.000 sind es noch."
Dort arbeitet sich der
Bürgermeister Oliver HERMANN am schlechten Image der Stadt ab. Mit
dem mit 80.000 Euro aus Landesmitteln geförderten Projekt "Summer
of Pioneers" sollen "digitale Nomaden" angelockt werden:
"20 Kreativarbeiter aus den
Großstädten sollten ein halbes Jahr nach Wittenberge ziehen, zum
Probewohnen und Arbeiten. Für 150 Euro monatlich bekommen sie eine
Wohnung und einen Platz im Coworking-Space mit Elbblick (...). 60
Bewerbungen gab es (...). 20 von ihnen wurden ausgewählt, die
ersten sind am 1. Juli eingezogen."
DECKER, Markus (2019): "Wow, hier geht was!"
Brandenburg: Stephanie
Auras-Lehmann verließ als Jugendliche ihren Geburtsort in
Brandenburg, kam zurück und hilft nun anderen bei der Heimkehr,
in:
Frankfurter Rundschau v. 10.07.
Markus DECKER interviewt Stephanie AURAS-LEHMANN, die in
Finsterwalde die Willkommensagentur
Comeback Elbe-Elster gegründet hat.
NEIßE, Wilfried (2019):
Ein Kandidat schwimmt auf Geld.
Landtagswahl in Brandenburg: Freie Wähler starten Wahlkampf
mit einer Ein-Mann-Show ihres Landesvorsitzenden,
in:
Neues Deutschland v. 16.07.
Wilfried NEIßE porträtiert den Landesvorsitzenden der Freien
Wähler und Direktkandidat im Wahlkreis 14 Barnim II:
"2014 waren drei Kandidaten der
Freien Wähler in den Landtag eingezogen, doch zwei davon haben der
Gruppierung den Rücken gekehrt (...). Christoph Schulze (...)
hatte seinen Wahlkreis, den er seit 1990 zuvor immer für die SPD
geholte hatte, 2014 für die Freien Wähler gewonnen und damit die
Fünf-Prozent Hürde ausgeschaltet. Für ihre 2,7 Prozent bekamen sie
deshalb drei Mandate zugestanden.
Nicht ausgeschlossen ist, dass es noch einmal so ähnlich kommt.
Nachdem die Freien Wähler mit 21,5 Prozent der Stimmen die
Kommunalwahl in Bernau gewonnen hatten, könnte Pèter Vida in
dieser Gegend durchaus den Landtagswahlkreis gewinnen. Dann wäre
es nicht so schlimm, wenn die Freien Wähler knapp an der
Fünf-Prozent-Hürde scheitern sollten."
Zumindest
wahlkreisprognose.de hält das auch für möglich, während
election.de die AfD vorne sieht.
NEFF, Benedict (2019): Eine Hymne auf Ostdeutschland.
Brandenburg: Aus dem AfD-Irrenhaus:
Ganz Deutschland ist verrückt, nur wir sind es nicht,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 18.07.
Benedict NEFF berichtet über den AfD-Wahlkampfauftakt in Cottbus.
Mehr als Emotionen schüren gegen alte weiße Männer ist da nicht
drin.
FRITSCHE, Andreas (2019): Leerstand und Wohnungsnot.
Brandenburg: Der Berliner
Speckgürtel und die ländlichen Regionen Brandenburgs driften
auseinander,
in:
Neues Deutschland v. 18.07.
Andreas FRITSCHE berichtet über die Kritik der
Linken-Landtagsabgeordneten Anita TACK an der Sicht des Verbandes
Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU):
"BBU-Mitgliedsunternehmen
(bewirtschaften) mit zusammen knapp 340.000 Quartieren etwa die
Hälfte des brandenburgischen Mietwohnungsbestandes (...). In
erster Linie geprägt wird der BBU allerdings durch die
Wohnungsgenossenschaften und die kommunalen Wohnungsgesellschaften
(...). Nur in einem geringeren Maße sind private Firmen mit an
Bord."
Wohnungsnot beginnt bei TACK
bei Gemeinden mit einer Leerstandsquote von unter 3 Prozent. Ein
Leerstand von 20 und mehr Prozent sei dagegen ebenfalls
problematisch:
"In Lauchhammer sind es
beispielsweise 30,2 Prozent, in Forst 27,8 Prozent und in
Wittenberge 21,5 Prozent. (...). Dazu muss man wissen, dass seit
1990 in Brandenburg bereits 60.000 Wohnungen abgerissen worden
sind und noch immer beziehungsweise jetzt wieder 27.000 Wohnungen
leer stehen.
Nicht immer gibt es zum Abriss keine Alternative. Zuweilen wäre es
eine Lösung, bessere Zugverbindungen nach Berlin zu schaffen."
STEINHARTER, Hannah
(2019): Dynamik in der Provinz.
HB-Serie Zukunftsatlas -
Berliner Umland (5): Teltow-Fläming im Süden von Berlin ist der
Top-Aufsteiger. Keine andere Region in Deutschland konnte ihre
wirtschaftlichen Zukunftschancen schneller verbessern,
in:
Handelsblatt
v. 19.07.
"Klapproth (zog) Ende
vergangenen Jahres aus dem Start-up und Bio-Milieu der Hauptstadt
fort und verlegte seine Firma nach Dahlewitz in Blankenfelde
Mahlow - einer Gemeinde im Landkreis Teltow-Fläming. (...). Die
Wahl fiel (...) auf eine Industriehalle im Envo-Park (...). Der
Standort ist nah genug, damit Jouis Nour seine frischen Produkte
nach Berlin liefern kann, aber weit genug entfernt, um von
günstigeren Mieten zu profitieren. (...).
Teltow-Fläming (...) kletterte im Zukunftsatlas 115 Plätze nach
oben, belegt nun Platz 170. Auf jeweils 10.000 Einwohner kommen
dort 119 Unternehmensgründungen. Die Arbeitslosenquote sank um ein
Drittel auf 4,2 Prozent und gehört damit zu den Bundesweit
niedrigsten Quoten",
erzählt uns Hannah STEINHARTER
zum Landkreis Teltow-Fläming. Daneben wird die Landrätin Kornelia
WEHLAN (Linkspartei) des Landkreises und der Amtssitz Luckenwalde
angeführt:
"Wehlans Amtssitz in
Luckenwalde befindet sich nicht mehr in Berlins Speckgürtel,
sondern in einer »Stadt in der zweiten Reihe« - im 60 Kilometer
vom Berliner Stadtzentrum entfernten Luckenwalde. Das direkte
Berliner Umfeld ist längst kein Geheimtipp mehr. Nun weichen
Firmen, Arbeitnehmer und Familien nach Luckenwalde und in andere
Städte der zweiten Reihe aus."
Dazu wird uns die Geschichte der
Biotechnologie-Firma GeneQuine erzählt, die sich in Luckenwalde
niedergelassen hat, weil es sonst nirgends ausreichend S2-Labore
gab:
"In Hamburg, dem Hauptsitz der
Firma, gab es kein einziges. In München, dem Zentrum der
Biotechnologiebranche, sind alle geeigneten Labore belegt. Nur in
Luckenwalde wurde Guse im Herbst 2018 fündig. Im
Biotechnologiepark von Teltow-Fläming gibt es ausreichend
S2-Labore: 16 Firmen haben sich inzwischen eingemietet, damit sind
alle Räume mittlerweile ausgebucht."
In den Zukunftsatlas 2019 fließen
jedoch nur Zahlen bis 2017 ein. Das Beispiel taugt also nicht, um
den "Aufstieg" zu erklären, sondern ist eher PR für den Landkreis.
Als letztes Fallbeispiel wird uns die Süßmost- und Weinkelterei
Hohenseefeld präsentiert.
Das
Berliner Umland spielt in dem Artikel, anders als die
Überschrift suggeriert, keine große Rolle nur ganz am Ende des
Artikels heißt es:
"Neben Teltow-Fläming zeichnet
sich die Entwicklung auch in anderen Landkreisen des Berliner
Umlands ab. »Etwa in Potsdam-Mittelmark, in
Dahme-Spreewald oder in Oberhavel«", erklärt Steffen Kammradt,
Chef der Wirtschaftsförderung Brandenburg. Dass die vier
Landkreise so erfolgreich sind, hat vor allem etwas mit den
Autobahnen und Bundesstraßen zu tun. (...). Die Ansiedlungen
entwickelten sich zu den heutigen Wirtschaftszentren des
jeweiligen Landkreises und strahlen seither aus. (...).
Teltow-Fläming unterscheidet sich dabei lediglich in einem Punkt
von den anderen. »Es ist der einzige Landkreis mit zwei
Wachstumskernen«, sagt Kammradt.
In Ludwigsfelde hat sich mit MTU und Daimler ein Standort für
innovative Verkehrstechnik herausgebildet, in Luckenwalde sammeln
sich Biotechnologieunternehmen."
NEIßE, Wilfried (2019):
Die Grundstückspreise steigen
weiter.
Brandenburg: In Kleinmachnow
kostete der Quadratmeter Bauland im vergangenen Jahr 680 Euro -
mehr als in Potsdam,
in:
Neues Deutschland v. 19.07.
Wilfried NEIßE berichtet über den am Donnerstag veröffentlichten
Grundstücksmarktbericht
2018 für Brandenburg.
FRITSCHE, Andreas
(2019):
Auf Stimmenfang beim Fischerfest.
Landtagswahl in Brandenburg: Die junge Sozialistin Claudia
Sprengel kandidiert für den Landtag,
in:
Neues Deutschland v. 22.07.
Andreas FRITSCHE stellt die
Linkspartei-Kandidatin Claudia SPRENGEL vor, die zum einen als
Direktkandidatin im
Wahlkreis 18 Potsdam/Mittelmark II antritt und zum anderen auf
der
Landesliste auf Platz 17 rangiert. Die Chancen stehen für die
30-Jährige eher schlecht:
"Bei der Landtagswahl 2014
landete Astrit Rabinowitz (Linke) mit 14,1 Prozent weit
abgeschlagen hinter dem damaligen Bildungsminister Günter Baaske
(SPD), der den Wahlkreis mit 44,9 Prozent souverän gewann.
Inzwischen wechselte Baaske (...) in eine weniger stressige Rolle
als Hinterbänkler im Landtag. Trotzdem ist er der Favorit im
Wahlkreis. (...).
Mit Platz 17 auf der Landesliste wäre Sprengel nur dann sicher im
Parlament, wenn die Linke in Brandenburg noch so stark wäre wie in
früheren Jahren. (...) Doch bei der Kommunalwahl (...)
schaffte die Linke nur 14,1 Prozent und die Umfragen versprachen
der Partei zuletzt für die Landtagswahl selten nennenswert mehr
als das.
Allerdings liegen SPD, CDU, AfD, Linke und Grüne etwa gleichauf.
Es könnte in den Wahlkreisen einige Überraschungen geben",
meint FRITSCHE, denn
bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Gemäß
wahlkreisprognose.de (Stand 21.07.2019) ist der Wahlkreis ein
sicherer für die SPD, der 14 der 44 Wahlkreise zugetraut werden.
Die AfD könnte bis zu 17 Wahlkreise gewinnen. Sie liegt jedoch nur
im Wahlkreis 29 Oder-Spree II und 42 Spree-Neiße II 12 % und mehr
vorne. Die Linke wird dagegen nur mit maximal 4 Wahlkreisen vorne
gesehen, wobei nur 22 Potsdam II als sicher gilt.
Betrachtet man die
Umfragen, dann zeigt sich für die Linkspartei und die CDU ein
Abwärtstrend sowohl bei Infratest/dimap als auch bei INSA. Das
Gegenteil trifft auf die Grünen zu. Bei SPD und AfD gibt es
dagegen keinen einheitlichen Trend. Die rot-rote Landesregierung
könnte bei der Landtagswahl abgestraft werden.
FRITSCHE, Andreas
(2019):
Die Grünen schnuppern Landluft.
Landtagswahl in Brandenburg: Spitzenkandidatin Ursula
Nonnemacher absolviert ein Heimspiel bei einem Biobauern, sonst
hat es ihre Partei abseits von Berlin noch schwer,
in:
Neues Deutschland v. 22.07.
Andreas FRITSCHEs Artikel zu
den Grünen ist wesentlich dürftiger als jener zur
Linksparteikandidatin. Fakten gibt es erst kurz vor Ende:
"In Potsdam könnten die Grünen
einen Wahlkreis gewinnen, vielleicht auch noch ein oder zwei
weitere Wahlkreise im Berliner Speckgürtel. Weit weg von dort, im
Westhavelland, hat Grünen-Direktkandidat Stefan Behrens (...)
keine Chance. (...) Als Favorit gilt Finanzminister
Christian Görke (Linke), der den Wahlkreis schon drei Mal in
Folge gewann."
GÖRKE tritt im Wahlkreis 4
Ostprignitz-Ruppin III/Havelland III an, ist aber durch die
Landesliste mit Platz 4 sehr gut abgesichert. Spricht das nicht
gegen einen sicheren Sieg? Auch für
wahlkreisprognose.de (Stand 21.07.2019) ist der Wahlkreis
keineswegs sicher für die Linken. Dort sieht man für die Grünen
auch keinen sicheren Wahlkreis. Potsdam I ist derzeit am
wahrscheinlichsten von den maximal vier Wahlkreisen, die den
Grünen zugetraut werden.
GÖTZE, Susanne (2019): Krabats rauchende Erde.
Brandenburg: Lausitz. Die
Entdeckung der Kohle setzte 1.500 Jahren sorbischer Kultur fast
ein Ende. Der Strukturwandel könnte sie wiederbeleben,
in:
Freitag Nr.30 v. 25.07.
Susanne GÖTZE präsentiert uns die Sicht von David STATNIK,
Vorsitzender des Bundes Lausitzer Sorben und von Hauke BARTELS,
Leiter des Sorbischen Instituts, das in Cottbus und Bautzen seinen
Sitz hat.
"Sprache (...) gehöre zum
Gemeinwissen der Region und würde auch die regionale Identität
stärken",
zitiert GÖTZE den Leiter des
Sorbischen Instituts. Es geht um viel Geld aus dem
Strukturstärkungsgesetz, das den Kohleausstieg abfedern soll, und
nicht nur der Infrastrukturförderung zufließen soll. Im
neoliberalen Sachsen heißt Infrastruktur zu allererst Autobahnbau
statt z.B. Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs. Ob
Sprachförderung jedoch die Abwanderung stoppt, darf bezweifelt
werden. Während die Rechten das Völkische stärken wollen, geht es
den Linken um die Ethnisierung der Konflikte durch
Identitätspolitik für Minderheiten, was kaum besser ist. Von
Kosmopoliten würde man erwarten, dass sie sich für die
Verbesserung der grenzüberschreitenden Kommunikation einsetzen.
Doch offensichtlich ist Europa nur ein Elitenprojekt!
MORGENSTERN, Tomas
(2019): Neuanlauf für älteste Bahnstrecke der Region.
Brandenburg: Zukunftsprojekt
"Deutschlandtakt" des Bundesverkehrsministerium sieht die
Reaktivierung der Stammbahn vor,
in:
Neues Deutschland v.
25.07.
Es ist Wahlkampf und die rot-rote Landesregierung steht mächtig
unter Druck. Aber reichen ein paar Zukunftsprojekte, die zudem
nur der Hauptstadtregion zu gute kommen, um die Wähler zu
überzeugen? Wohl kaum! Es sieht eher nach Verzweifelung aus,
wenn die "Parteizeitung der Linkspartei" ausführlich über
Projekte berichtet, für die es keinerlei verbindliche Planungen
gibt. Solange die "linken" Parteien lediglich als Getriebene der
AfD erscheinen, ist an einen wirklichen Befreiungsschlag nicht
zu denken.
MAIER, Anja (2019):
Monika Mayer-Westhäuser will eine
neue Politik-Richtung.
Unter Leuten: 8,7 Millionen
Menschen leben in Brandenburg, Thüringen und Sachsen. Hier ist eine
von ihnen,
in:
TAZ v. 26.07.
"Die 49 Jahre alte
Managementtrainerin lebt mit ihrer zehnjährigen Tochter in
Bad Saarow. (...) 6.000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis
Oder-Spree (...). Der alte Kaiserbahnhof, die schmucke
Uferpromenade am Scharmützelsee - viele BerlinerInnen machen hier
Ferien. (...).
Vor zehn Jahren ist sie von Worms in Rheinland-Pfalz nach Bad
Saarow gezogen. Dort wurde sie Mitglied der Industrie- und
Handelskammer, in Vereinen und im Landesverband der CDU.
(...). Für die Landtagswahl am 1. September wünscht sie sich, dass
die SPD nach 30 Jahren als Regierungspartei abgelöst wird. (...).
Sie will, dass ihre CDU regiert, wenn es sein müsste, auch mit
Grünen oder der AfD",
schreibt Anja MAIER in ihrem
mageren Porträt, denn Monika MAYER-WESTHÄUSER ist nicht nur
Mitglied im CDU-Landesverband, sondern bewarb sich auch bei der
Kommunalwahl 2019 erfolglos als Kandidatin der CDU im Wahlkreis 3
des Landkreises Oder-Spree. Warum also wird eine erfolglose
CDU-Politikerin porträtiert? Nur weil sie einer Koalition mit der
AfD nicht abgeneigt ist?
GAMMELIN, Cerstin (2019): Ende Gelände.
Wirtschaftsreport: Im Osten der
Lausitz stand einst das größte Energiekombinat der DDR. Den Fall der
Mauer hat es nicht überlebt. Heute gibt es immerhin noch einen echten
Exportschlager - zumindest bis 2038. Und dann?
in:
Süddeutsche Zeitung v. 27.07.
REEH, Martin (2019): Mit Taktstock und Ossi-Karte.
Lunapharm geht in die Offensive:
Was bleibt ein Jahr danach vom Brandenburger Skandal um angeblich
unwirksame Krebsmedikamente?
in:
TAZ v. 29.07.
Martin REEH beschreibt die ehemalige Sozialministerin Diana GOLZE
als charismatische, aber mit der Führung eines Ministeriums,
überforderte Linken-Politikerin, die aufgrund eines Pharmaskandals
zurücktreten musste:
"Die, die in der Öffentlichkeit
am besten ankommen, sind nicht unbedingt die, die Behörden (...)
gut leiten können. Das Ministerium war schlecht gemanagt. (...).
Golze hatte noch vor ihrem Rücktritt eine Task-Force beauftragt
(...). Der Befund: Das Landesgesundheitsamt war nach langer
Sparpolitik unterbesetzt, die Vergütung auch im Vergleich zur
Pharmaindustrie nicht attraktiv, der Standort abgelegen in
Wünsdorf. Die Kommunikationsstrukturen stimmten nicht."
Das Hauptproblem der
Neuorientierung im Gesundheitsamt sieht REEH im Standort:
"Wer pendelt schon ins
6.000-Seelen-Nest Wünsdorf, wenn er auch eine besser bezahlte
Stelle in Berlin oder Potsdam haben kann? In Wünsdorf war mal die
größte russische Garnison in der DDR stationiert. Als die Soldaten
abzogen, siedelte das Land einige seiner Behörden dort an. Büttner
will nun zumindest Teile des Gesundheitsamts nach Potsdam verlegen
(...).
Ob Büttner mit dem Umzug nach Potsdam durchkommt? Der Trend geht
in die andere Richtung, hin zur Behördenlandverschickung. (...).
Das Ziel: den ländlichen Raum zu stärken. Nun zieht Brandenburg
nach. Nachdem Rot-Rot in dieser Legislaturperiode mit einer
Kreisreform, die vieles zentralisiert hätte, am Widerstand der
Bürger scheiterte, ist das Gegenteil angesagt. (...). (G)ute
Bewerber zu finden, spielt in den Überlegungen keine Rolle."
Wünsdorf ist seit 2003 ein Stadtteil der fast 20.000 Einwohner
zählenden und stark wachsenden Kleinstadt
Zossen im Landkreis
Teltow-Fläming, die
noch nicht zum Berliner Speckgürtel zählt. Warum gute Bewerber
jedoch nur in Berlin oder Potsdam wohnen bzw. arbeiten möchten,
ist eine arrogante kosmopolitische Sicht, die auf den umstrittenen
Annahmen von Richard FLORIDA beruht.
MORGENSTERN, Tomas
(2019): Das zweite Gleis Richtung Zukunft.
Bahn nimmt abschnittsweiten Ausbau
der Regionalbahnstrecke in der Lausitz in Angriff,
in:
Neues Deutschland
v. 30.07.
Tomas MORGENSTERN berichtet über
Zukunftspläne zum Ausbau der 29 Kilometer langen Regionalbahnstrecke
zwischen Lübbenau und Cottbus. Es ist Wahlkampf und Rot-Rot steht mit
dem Rücken zur Wand, weshalb sich nun die Politiker der etablierten
Parteien notgedrungen dem Stiefkind ÖPNV widmen. Ob solche
Verheißungen die Versäumnisse der Vergangenheit übertünchen können,
darf bezweifelt werden. Dass der Bau einer nur 29 Kilometer langen
Bahnstrecke 8 Jahre dauern soll, dürfte kaum als Erfolgsprojekt
verstanden werden!
FRITSCHE, Andreas
(2019): Richtung Osten zur Revolution.
Auf Wahlkampftour in Brandenburg
mit den Linke-Spitzenkandidaten Kathrin Dannenberg und Sebastian
Walter,
in:
Neues Deutschland
v. 30.07.
Der Bericht von Andreas FRITSCHE
zeigt das ganze Ausmaß der desolaten Lage der Linkspartei:
"Kathrin Dannenbergs erwachsene
Tochter (...) versorgt die Spitzenkandidaten (...), verwickelt
Passanten in Gespräche und macht diese dann mit ihrer Mutter und mit
Sebastian Walter bekannt. Denn deren Namen und Gesichter sind in
Brandenburg vielen Bürgern noch kein Begriff. Ursprünglich wollte die
Linke Sozialministerin Diana Golze zur Spitzenkandidatin machen. Die
musste aber wegen eines Pharmaskandals vor einem Jahr zurücktreten.
Das Duo Dannenberg und Walter ist die Ersatzvariante."
Das
zu lange Festhalten an Diana GOLZE und die Posse um deren Weiterverwendung ist ein Beispiel für die
Unfähigkeit der Linkspartei angemessen zu reagieren. Das hat sie mit
der SPD gemein. Die neoliberalisierte Linkspartei versucht sich nun
AfD-getrieben in Schadensbegrenzung, was von den Wählern kaum goutiert
werden dürfte.
KAMANN, Matthias & Annelie NEUMANN
(2019): Hitler, die Wehrmacht - und die Radikalität des Andreas
Kalbitz.
Landtagswahl in Brandenburg: Der AfD-Spitzenkandidat in
Brandenburg steht vor einem Triumph. Er hat eine neue Form für seine
Gesinnung gefunden, die sich seit Jahrzehnten in Bezügen zur äußersten
Rechten niederschlägt. Dazu gehören auch zwei Filme über die NS-Zeit,
in:
Welt
v. 01.08.
"Vielmehr, so Schröder, profitiere
die AfD davon, »dass die anderen Parteien politisch zu schwach agieren
und stattdessen permanent versuchen, die AfD zu diskreditieren, was
dann zu Trotz- und Gegenreaktionen in der Wählerschaft führt«,
zitieren KAMANN & NEUMANN ein
ehemaliges AfD-Parteimitglied. Ansonsten wird im Artikel die Biografie
des AfD-Spitzenkandidaten durchleuchtet und KALBITZ als Stütze von
Alexander GAULAND in der Potsdamer Landtagsfraktion beschrieben. Ist
also GAULAND nichts als eine Marionette des völkischen Flügels, den
die Mainstreamzeitungen zur eigentlichen Machtbasis der AfD
stilisieren. Wer aber wie die Mainstreammedien die Neoliberalen und
Nationalkonservativen in der AfD - aufgrund der geistigen Nähe nicht
als eigentliche Gefahr begreift, könnte bald in einem Albtraum
erwachen!
FRIEDRICH, Sebastian
(2019): Das fehlende Puzzleteil.
Andreas Kalbitz ist AfD-Landeschef
in Brandenburg. Der "Flügel"-Strippenzieher gilt als Kronprinz von
Gauland,
in:
Freitag
Nr.31
v. 01.08.
MACHOWECZ, Martin (2019): Das Lausitz-Paradox,
Wenn Deutschland aus der Kohle aussteigt, fließen allein
in das ostdeutsche Revier 17 Milliarden Euro. Was tun mit all dem
Geld?
in:
Die ZEIT Nr.32 v. 01.08.
Martin MACHOWECZ schreibt an der Heldensaga des Brandenburger
SPD-Bürgermeisters Thomas ZENKER, der seit 1994 in der Kleinstadt
Großräschen im Landkreis Oberspreewald-Lausitz
das Amt ausübt:
"Zenker hat (...) Erfolg. In
Großräschen bekam die SPD
bei der jüngsten Kommunalwahl 30 Prozent, die »Grüne Liga« 21, die
AfD für Lausitzer Verhältnisse bescheidene 15."
Großräschen ist jedoch alles andere
als typisch für die Lausitz:
"In gewisser Weise hat Großräschen
bereits durchgemacht, was dem Großteil der Lausitz noch bevorsteht -
weil der Ort seinen Kohle-Ausstieg früher erlebt hat als andere. Der
Tagebau Meuro wurde 1999 stillgelegt. Da befand sich Großräschen
längst im Niedergang. Die Arbeitslosigkeit stieg, zeitweise hatte
jeder Zweite keinen Job, die Menschen zogen weg."
Zeigt also Großräschen, was in der
Lausitz möglich ist oder hatte die Stadt lediglich das Glück des
frühen Ausstiegs? Diese Frage lässt sich nicht beantworten, denn die
17 Milliarden Euro für die Lausitz sind derzeit nur Absichtserklärung
einer Koalition, deren Ende durch den Ausgang der Wahlen in
Ostdeutschland schneller kommen könnte als es derzeit aussieht.
Die Empfehlungen der
Kohlekommission und die Absichtserklärungen der Politiker sind nichts
wert, sondern reine Wahlkampfpropaganda:
"Die wesentlichen Entscheidungen
werden nach den ostdeutschen Landtagswahlen fallen. Was, wenn dann die
Angst vor der AfD gar nicht mehr so groß ist - könnte dann, womöglich,
das eine oder andere Projekt doch noch unter den Tisch fallen. Jemand
in einflussreicher Position in Dresden sagt dazu: »Man stelle sich mal
vor, es gibt Neuwahlen im Bund, und Robert Habeck wird Kanzler.
Vielleicht wird aus dem, was hier verhandelt wurde, dann niemals
konkrete Politik«".
Dass Robert HABECK demnächst
Kanzler wird, ist unwahrscheinlich, genauso, dass die Angst vor der
AfD schnell schwinden könnte. Wahrscheinlicher ist, dass die Leute in
Ostdeutschland sehr genau wissen, dass sie nur durch die Stärkung der
AfD sicher sein können, dass die abgehängte Region weiter im Fokus der
Politik bleibt. Schließlich tun die etablierten Parteien alles dafür,
dass das Misstrauen wächst!
MORGENSTERN, Tomas
(2019): Mehr neue Lehrer für mehr Schüler.
Zum Schuljahresbeginn stellt das
Land 1474 Pädagogen ein, ein Drittel sind Seiteneinsteiger,
in:
Neues Deutschland
v. 02.08.
Tomas MORGENSTERN lobt die
Bildungspolitik in Brandenburg.
Tatsächlich hat Brandenburg NOCH weniger Probleme als Sachsen. Ein
Drittel Seiteneinsteiger, obwohl Brandenburg noch gut dasteht, ist
jedoch keine beruhigende Nachricht, weil das eigentliche Problem erst
in den nächsten Jahren überhaupt im Schulbereich spürbar wird.
MAIER, Anja (2019): Wer wandert da und lacht so froh? Ingo! Ingo!
Nahaufnahme: Der Spitzenkandidat
der CDU in Brandenburg mag die Linke lieber als die AfD. Sein Song
für den Wahlkampf klingt ... einzigartig. Wer ist er? Eine
Wanderung mit Ingo Senftleben,
in:
TAZ v. 02.08.
Anja MAIER streicht die grünenaffinen Aspekte des
CDU-Spitzenkandidaten Ingo SENFTLEBEN heraus, in erster Linie also
eine Politik für Frauen, die jedoch am Widerstand der CDU
gescheitert ist, weil sich die frauenfreundliche CDU-Liste nicht
durchsetzen ließ:
"Platz 2,4 und 6 hatte
Senftleben für moderne Politikerinnen reserviert, selbst die
Rechtsauslegerin Saskia Ludwig hatte Senftleben mit Platz 8
einzubinden versucht.
(...). Von den Frauen überlebten nur die liberalkonservative
Kristy Augustin auf Platz 2 und Saskia Ludwig. Alle anderen wurden
nach hinten durchgestimmt".
Platz 18, den Anja SCHMOLLACK
belegen sollte, stuft MAIER noch als aussichtsreich aus, während
der Platz 26, der SCHMOLLACK dann zugestanden wurde, als "eher
chancenlos" eingestuft wird.
"(D)ie Oberhaveler
Landtagskandidatin Nicole Walter-Mundt (...) kandidiert auf Platz
16 der Landesliste. Die 41 Jahre alte Hausfrau und Mutter von zwei
Kindern hat gute Chancen, im nächsten Landtag zu sitzen. (...).
Vor elf Jahren ist sie in die CDU eingetreten, sie ist
Kreisvorsitzende der Frauen-Union, kümmert sich im Sozialausschuss
um die Anliegen von Familien, Bedürftigen, Alten",
nennt MAIER noch eine weitere
weibliche Kandidatin im letzten Drittel des Berichts. SENFTLEBEN
wird innerhalb seiner Partei auch wegen seiner fehlenden Absage an
eine Koalition mit den Linken angefeindet. MAIER sieht in
Brandenburg eine rot-rot-grüne Koalition als machbar. Zitiert
werden Zahlen, die keiner Umfrage auf
wahlrecht.de entsprechen. Weder das Meinungsforschungsinstitut
noch das Datum der Umfrage wird in der taz genannt, was
unseriös ist!
HAGEN, Kevin & Valerie HÖHNE (2019):
Ups, wir könnten gewinnen.
Parteien: Die einen schrumpfen in
Brandenburg seit Jahren, die anderen spielten lange keine Rolle. Nun
könnten ausgerechnet Linkspartei und Grüne im Nordosten bald den
Regierungschef stellen,
in:
Spiegel Nr.32 v. 03.08.
Der Spiegel ist in der Krise, denn sonst hätte er nicht solch
einen sensationsgeilen Artikel nötig. HAGEN & HÖHNE stellen uns den
unbekannten Linkspartei-Spitzenkandidat Sebastian WALTER als möglichen
nächsten Ministerpräsidenten von Brandenburg vor, weil bei der
jüngsten Onlineumfrage beide Parteien fast gleichauf lagen!
Online-Umfragen haben den Nachteil, dass sie vor allem jüngere Wähler
repräsentieren, die bekanntlich für den Wahlausgang weniger
entscheidend sind. Man muss das Porträt also eher als Vorstellung
eines unbekannten Kandidaten werten.
Der Spiegel hätte auch viel
lieber die grüne Annalena BAERBOCK als erste grüne Ministerpräsidentin
in Ostdeutschland. Ob sich jedoch ihre guten Umfragewerte auch an der
Urne einlösen lassen, das ist die andere Frage.
RIETZSCHEL, Antonie & Jens SCHNEIDER (2019):
Mittelfinger des Ostens.
Brandenburg, Sachsen und Thüringen:
In den ostdeutschen Wahlkämpfen inszeniert sich die AfD als Erbin der
Wende. Obwohl ihre Protagonisten gar nicht dabei waren, gelingt ihr
so, worum sich andere Parteien vergeblich mühen: die Stimmung zu
treffen,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 06.08.
"In Brandenburg liegt die SPD Umfragen zufolge bei 19 Prozent, das
wäre ein dramatischer Einbruch in ihrem ostdeutschen Stammland, wo sie
seit 1990 durchgehend den Regierungschef stellt. 2014 erreichte sie
noch 31 Prozent. Ministerpräsident Dietmar Woidke will sich mit dem
Slogan »Ein Brandenburg« gegen den Machtverlust stemmen und den
Wählern erklären, dass es keine abgehängten Regionen geben solle
(...). Seine Partei regiert freilich seit Jahren im Land und im Bund",
entgegnen
zu Recht RIETZSCHEL & SCHNEIDER.
HEIDTMANN, Jan (2019):
Schaut auf diese Stadt.
Die Linke regiert in Brandenburg
mit, doch Umfragen verheißen ihr für die Landtagswahl nichts Gutes.
Wie den Niedergang stoppen? Ein junger Oberbürgermeister zeigt seinen
Parteifreunden, wie das gehen könnte,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 06.08.
Jan HEIDTMANN präsentiert uns den Oberbürgermeister von Frankfurt an
der Oder, den 35-jährigen René WILKE, als Hoffnungsträger der
Linkspartei. Im Wahlkreis 35 kandidiert jedoch mit
Wolfgang NEUMANN das genaue Gegenteil: ein 69-Jähriger.
Wahlkreisprognose.de sieht im Wahlkreis 35 leichte Vorteile für
die AfD.
Election.de sieht dagegen die Linke mit 63 %-Wahrscheinlichkeit
vor der AfD vorne. Es läuft also in diesem Wahlkreis auf ein Duell
zwischen den Direktkandidaten von Linken und der AfD hinaus.
FRITSCHE, Andreas & Wilfried NEIßE
(2019): Wer mit wem und gegen wen?
Landtagswahl in Brandenburg: Die brandenburgische SPD erklärt die
AfD zu ihrem Hauptfeind im Landtagswahlkampf,
in:
Neues Deutschland
v. 07.08.
FRITSCHE & NEIßE nerven uns mit einer Wahlkampfrede
des SPD-Fraktionschef Mike BISCHOFF. Das hätte man in drei Sätzen
abhaken können und nicht einen halben Artikel damit pflastern. Typisch
Parteizeitung!
"Bischoff distanzierte sich von
dieser Tage bekannt gewordenen Forderungen des Hallenser
Wirtschaftswissenschaftlers Reint Gropp, die Politik sollte Mittel
künftig auf die Großstädte und auf die Anbindung des Umlands an die
urbanen Zentren konzentrieren",
heißt es. Haben also FRITSCHE
& NEIßE das ganze Jahr im Tiefschlaf verbracht? Sonst wüssten sie,
dass diese Forderung seit März kursiert:
"Ich möchte jetzt wegkommen von dem
Wort Stadt. Es gibt in Ostdeutschland sowieso relativ wenig
Ballungsräume, wie Sie ja wissen. Es gibt am Ende ja nur Berlin,
Halle, Leipzig, Dresden und noch einige andere, aber es ist relativ
dünner besiedelt als der Westen. Da sollte man schon versuchen zu
investieren, um dort attraktiver zu werden für die neue Wirtschaft,
und die neue Wirtschaft wird nicht getrieben sein von staatlichen
Entscheidungen, sondern die wird getrieben sein von den Entscheidungen
einzelner Unternehmer, von Startups, von solchen Menschen, die etwas
bewegen wollen, und diese Menschen muss man überhaupt erst mal in den
Osten bekommen. Berlin ist da erfolgreich gewesen. Wir müssen aber
sehen, dass wir auch in anderen Regionen erfolgreicher sind. Da geht
es nicht nur um Leipzig, sondern da geht es um Leipzig, Halle,
Delitzsch und andere umliegende Gemeinden. Das wäre tatsächlich eine
sinnvolle Infrastruktur-Investition",
meint GROPP z.B. in einem
Deutschlandfunkinterview vom Mai 2019. Die ganze Medien-Debatte
lässt sich auf der IWH-Homepage
hier nachlesen. Die zweite Hälfte des Artikels wird
Koalitionsmöglichkeiten gewidmet und der Frage, wer den künftigen
Ministerpräsidenten stellen könnte. Dazu ist im
Spiegel bereits alles gesagt worden.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Im Zentrum der Revolution.
Landtagswahl in Brandenburg: In Brandenburgs Wahlkreisen ist am 1.
September alles möglich - in Potsdam dominieren Linke und Grüne,
in:
Neues Deutschland
v. 07.08.
Andreas FRITSCHE stellt uns zwei
Direktwahlkandidaten der Linkspartei vor. Zum einen
Hans-Jürgen SCHARFENBERG, der als im Lokalen verankerter Kümmerer
beschrieben wird:
"Scharfenberg (...) versucht (...).
seinen Landtagswahlkreis im südlichen Teil von Potsdam zum dritten Mal
zu gewinnen. Dort wohnt er in einem 1999 gebauten Eigenheim in einer
Siedlung mitten im Plattenbauviertel am Stern. (...). Am Stern wohnen
16.000 Menschen. Außerdem gibt es im Wahlkreis noch den Schlaatz und
die Waldstadt I und II - alles in der DDR errichtete Neubausiedlungen,
in denen Scharfenberg schon lange als der heimliche
Ortsteilbürgermeister gilt. (...).
Zum Keplerplatz kann Scharfenberg zu Fuß gehen. Er nennt ihn »das
revolutionäre Zentrum von Potsdam«. (...) Er hat persönlich Einfluss
genommen, dass die Gegend nach der Wende nicht vernachlässigt wurde
und lebenswert geblieben ist. Hier gibt es keinen Leerstand."
SCHARFENBERGs Wahlkreis 22 -
Potsdam II ist sowohl bei
election.de als auch bei
wahlkreisprognose.de ein sicherer Wahlkreis für die Linkspartei.
"Lediglich ein einziger Wahlkreis
in der Uckermark gilt als sicher für eine Partei - die SPD. Dort tritt
SPD-Fraktionschef Mike BISCHOFF an. Sonst ist gar nichts sicher",
meint FRITSCHE. Das stimmt mit der
Sicht von election.de überein, während wahlkreisprognose.de neben dem
Wahlkreis 12 Uckermark II noch den Wahlkreis 41 Spree-Neiße I und 18
Potsdamm-Mittelmark II als sicher einstuft.
Im letzten Drittel des einseitigen
Berichts geht FRITSCHE auf den Wahlkampf der Grünen-Politikerin Marie
SCHÄFFER ein, die durch den Listenplatz 7 abgesichert ist, falls sie
ihren Wahlkreis 21 Potsdam I nicht gewinnt. Sowohl election.de als
auch wahlkreisprognose.de sehen SCHÄFFER im Vorteil. FRITSCHE
beschreibt den Haustürwahlkampf:
"Da ist zum Beispiel der 16
Stockwerke hohe Wohnblock an der Breiten Straße 22. Die Bewohner sind
untypisch für den nördlichen Potsdamer Wahlkreis. In anderen
Ortsteilen wie Babelsberg und Berliner Vorstadt hat sich durch
zugezogene Westdeutsche eine alternative Szene etabliert oder
zumindest ein linksliberales Milieu, das den Grünen zuneigt. Dort hat
es Schäffer einfach. Doch hier im Plattenbau ist es wie in
Scharfenbergs Revier am Kepplerplatz. Die zumeist älteren Mieter sind
Stammwähler der Linkspartei oder aber von der Politik insgesamt
enttäuscht."
In der Parteizeitung der
Linkspartei darf natürlich die Konkurrentin nicht fehlen:
"Auch Schäffers direkte
Konkurrentin, die junge Landtagsabgeordnete
Isabelle Vandre (Linke), macht Haustürwahlkampf. Die stellt es
allerdings ein wenig geschickter an",
meint FRITSCHE. Wer erfolgreicher
ist, das wird sich in drei Wochen zeigen! Isabelle VANDRE ist wie die
grüne Konkurrentin ebenfalls mit Listenplatz 7 abgesichert, was
FRITSCHE unterschlägt.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Den Armen helfen wie die Kommunisten.
Landtagswahl in Brandenburg: Kandidatin Franziska Schneider
(Linke) will als Landtagsabgeordnete nur 2.000 Euro für sich behalten,
in:
Neues Deutschland
v. 08.08.
"Franziska Schneider (...) möchte
ihren Lebensstil nicht ändern. Muss sie aber eventuell. Denn bei der
Brandenburger Landtagswahl am 1. September kandidiert sie für den
Landtag. Sie steht auf Platz 13 der Landesliste der Linkspartei, und
sie tritt direkt an im Wahlkreis 31, zu dem ihre Heimatstadt
Erkner
gehört. Außerdem umfasst der Wahlkreis die Gemeinden Hoppegarten,
Neuenhagen, Schöneiche und Woltersdorf.
Renate Adolph hat diesen Wahlkreis 2004 und 2009 für die Linke
gewonnen. Aber das waren andere Zeiten (...).
Michael Voges, Vorsitzender der Basisorganisation in Erkner, sieht
nüchtern nur eine ganz kleine Chance (...) den Platzhirsch von der
SPD, Agrarminister Jörg Vogelsänger zu besiegen. Allerdings ist es für
die Linke gegen den Landestrend in Erkner für die Linke sehr gut bei
der Kommunalwahl am 26. Mai (gelaufen). (...). Auch in Hoppegarten
sieht es gut aus. Dort stellt sich Bürgermeister Karsten Knobbe
(Linke) am 1. September den Bürgern zu Wiederwahl. (...).
Es gibt tatsächlich eine Prognose von
election.de, dass Schneider vor ihren Mitbewerbern Erdmute
Scheufele (Grüne) und Jörg Vogelsänger (SPD) landen könnte. (...).
Listenplatz 13 ist nicht schlecht, aber keineswegs sicher. (...). In
Brandenburg entspricht ein Prozent ungefähr einem Sitz im Landtag.
Doch die Direktmandate gehen vor",
informiert uns Andreas FRITSCHE.
Der Wahlkreis 31 Märkisch-Oderland I/Oder-Spree IV liegt noch im
Berliner Speckgürtel. SCHNEIDER führt eher einen unkonventionellen
Wahlkampf:
"Das Modell »Helfen statt Reden«
hat sie sich von Ernest Kaltenegger abgeschaut. Der war für die
Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) von 1998 bis 2005
Wohnungsbaustadtrat in Graz und danach bis 2010 Landtagsabgeordneter
in der Steiermark. Wegen seines Engagements für bedrängte Mieter
erfuhr er Zustimmung aus breiten Bevölkerungsschichten und erreichte
Wahlergebnisse, die für seine Splitterpartei KPÖ sonst außerhalb jeder
Vorstellung lagen."
SCHNEIDER versucht an die frühere
ostdeutsche Kümmererpartei PDS anzuknüpfen. In drei Wochen wissen wir
mehr.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Gregor Gysi würde Wolfgang Neumann wählen.
Landtagswahl in Brandenburg: Der Bundestagsabgeordnete betätigt
sich als Sprecher in einem Werbespot des Landtagskandidaten,
in:
Neues Deutschland
v. 09.08.
Andreas FRITSCHE berichtet über den
traditionellen Wahlkampf von Wolfgang
NEUMANN im
Wahlkreis 35 Frankfurt/Oder. Der Promi-Faktor soll den Linken das
Mandat sichern. Ob diese Rechnung aufgeht?
LEHMANN,
Timo/MÜLLER, Ann-Katrin/PIEPER, Milena (2019): Sie sind schon da.
Demokratie: In den drei ostdeutschen Bundesländern, in denen bald
gewählt wird, ist die AfD längst Volkspartei, sie könnte auf dem
ersten Platz landen. Woher schöpft die Partei ihre Kraft? Eine
Spurensuche in fünf Gemeinden,
in:
Spiegel Nr.33 v. 10.08.
LEHMANN/MÜLLER/PIEPER stellen zwei AfD-Politiker aus Brandenburg vor,
die typisch für die kommunale Verankerung der AfD sein sollen. Zum
einen:
"Daniel von Lützow, 45, lehnt am
Türrahmen der Geschäftsstelle des AfD-Kreisverbands Teltow-Fläming im
brandenburgischen Zossen (...). Lützow sitzt für die AfD im
Gemeinderat seines Heimatorts
Blankenfelde-Mahlow, ist Kreistagsabgeordneter und
stellvertretender Landesparteichef. (...). Nun tritt er auch als
Direktkandidat für die Landtagswahl an.
Seine Chancen stehen gut, bei der Europawahl gewann die AfD im
Landkreis.
Lützow ist verheiratet, Vater von fünf Kindern, Maurer und ehemaliger
Zeitsoldat. (...).
Das Geschäft mit der Angst funktioniert: Bei den Kommunalwahlen im Mai
konnte die AfD ihr Ergebnis in der Gemeinde mehr als verdoppeln. Sie
erhielt fünf Mandate in Blankenfelde-Mahlow, Lützow bekam dort die
meisten Stimmen aller Kandidaten - 340 mehr als der amtierende
SPD-Bürgermeister. (...). Früher spielte er Fußball und Handball,
heute ist er Elternvertreter einer Grundschule, bei dem
Traditionsverband der Lützower Jäger von 1813 und bei der freiwilligen
Feuerwehr."
Daniel Freiherr von Lützow tritt im
Wahlkreis 25 - Teltow-Fläming III an. Während
election.de (Stand 11.08.2019) die CDU vorne sieht, hat bei
wahlkreisprognose.de (Stand 12.08.2019) die AfD leichte Vorteile.
Zum anderen:
"Dominik Kaufner, ein Lehrer aus
Brandenburg. Der 36-Jährige (...) steht am Rande eines Fußballplatzes
in
Dallgow-Döberitz, sein Sohn hat gerade Training. Früher war
Kaufner selbst Co-Trainer.
Der AfD-Politiker hat in Geschichte promoviert und war
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bayrische
Landesgeschichte der Universität Regensburg. In seiner Dissertation
beschäftigte er sich mit einem Kloster. (...).
Noch unterrichtet Kaufner an einem Gymnasium in Berlin-Spandau, 20
Minuten von seinem Brandenburger Wohnort entfernt. Aber vielleicht
nicht mehr lange: Er kandidiert für ein Direktmandat im Landtag.
(...). Wie die meisten führenden Funktionäre im Osten ist auch der
Lehrer Kaufner Teil der AfD-Bewegung »Flügel«."
Dominik KAUFNER tritt im Wahlkreis
5 - Havelland 1 an. Sowohl
election.de (Stand 11.08.2019) als auch
wahlkreisprognose.de (Stand 12.08.2019) sehen den SPD-Kandidaten
Johannes FUNKE mit leichten Vorteilen vorne.
ORDE, Sabine am (2019): "Sie haben erlebt, dass ein System
kollabiert".
Vor den Landtagswahlen inszeniert
sich die AfD als neue Bürgerrechtsbewegung und vergleicht die
Bundesrepublik mit der DDR. Woher kommt das. David Begrich
erklärt, was ostdeutsche Comics mit dem Erfolg der AfD zu tun
haben,
in:
TAZ v. 10.08.
LÖHR, Julia (2019): Mojito für alle: Die Gentrifizierung erreicht das
Dorf.
Immer mehr Städter richten sich auf dem Land alte Höfe und Fabriken
zum Leben und Arbeiten her. Eigentlich müssten sie willkommen sein.
Aber dem ist nicht überall so,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 12.08.
Julia LÖHR stellt die Broschüre
Urbane Dörfer vor, wobei Gerswalde in Brandenburg im
Vordergrund steht:
"Längst gilt Gerswalde als »Hipsterdorf
in der Uckermark«, eine Art zweites Berlin-Mitte, nur viel grüner und
ohne Partytouristen, die nachts in den Hauseingang urinieren. (...).
Jan Lindenberg zum Beispiel wäre ohne das japanische Café kaum in
Gerswalde gelandet."
Vergreisung und hohe
Bevölkerungsverluste werden uns als Probleme beschrieben, obwohl die
Projekte keineswegs in den besonders bedrohten Gebieten angesiedelt
sind. Auch der Hof Prädikow darf nicht fehlen. Im Gegensatz zu anderen
Medienberichten wird auch auf die Probleme hingewiesen, die Hipster
verursachen:
"Manchmal formiert sich auch
handfester Widerstand, etwa in Röblingen, wo eine Gruppe Städter in
ein verlassenes Bahnhofsgebäude zog, was zuvor der inoffizielle
Treffpunkt der Dorfjugend war. (...). In Gerswalde wiederum schauen
sich am Wochenende mittlerweile so viele Berliner Immobilien an, dass
manchen Alteingesessenen eine eher städtische Angst umtreibt: die Gentrifizierung."
Gentrifizierung ist im
kosmopolitischen Milieu das ultimative Problemlösungsmittel, weshalb
es kaum verwundert, dass
Reiner KLINGHOLZ die Gentrifizierung von Dörfern propagiert. Das
Problem ist für ihn eher, dass die Städter das Landleben schnell satt
haben könnten. Aus Familienwanderern werden in dieser Sicht
landflüchtige Empty-Nest-Wanderer und die AfD-Erfolge könnten Hipster
schnell verjagen.
WEHNER, Markus (2019): Grüne stellen sich auf Spitzenamt in
Brandenburg ein.
Landtagswahl in Brandenburg: Nonnemacher: Stehe bereit. AfD in
Umfragen stärkste Partei. Bartsch gegen Bündnis von Linkspartei und
CDU,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 12.08.
Der
Spiegel hat gerufen, aber statt BAERBOCK prescht bei den
Grünen nur Ursula NONNEMACHER vor. WEHNER begründet die
Ministerpräsidentinnenfrage damit, dass eine Forsa-Umfrage vom
09.08.2019, die Grünen nur 1 % hinter der SPD sieht. Das aber hatte
bereits eine
Infratest-dimap-Umfrage fast zwei Monate zuvor ebenfalls erbracht.
Damals standen die Grünen sogar bei 17 % statt nur bei 16 %. Die
Brandenburger Linkspartei wäre - im Gegensatz zur Bundespartei - einer
Koalition mit CDU und Grünen gegenüber aufgeschlossen, behauptet
WEHNER.
Alle Planspiele sind jedoch
Makulatur, wenn die FDP an der 5 %-Hürde scheitert und die
Splitterparteien weniger Prozente erreichen.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Ingo fast ganz oben angekommen.
Landtagswahl in Brandenburg: CDU-Spitzenkandidat beendete seine
Wahlkampftour durch Brandenburg auf der Heidehöhe,
in:
Neues Deutschland
v. 12.08.
Andreas FRITSCHE stellt den Maurer
Ingo SENFTLEBEN vor, der sich auf dem zweiten Bildungsweg zum
Hochbautechniker fortbildete. Hatte noch bis vor nicht allzu langer
Zeit jeder Politiker Akademiker (am besten mit Doktortitel) sein
wollen, so betrachten nun Politiker ihre Proletenherkunft als
Auszeichnung. Ohne die Erfolge der AfD ist das nicht erklärbar.
"Während die alte Arbeiterpartei
SPD mit dem Agraringenieur Dietmar Woidke an der Spitze in den
Landtagskampf zieht und die ebenfalls in der Arbeiterbewegung
wurzelnde Linke mit der Lehrerin Kathrin Dannenberg, hat die
bürgerliche CDU also einen Arbeiter nominiert",
rückt FRITSCHE die Herkunft der
Kandidaten in den Mittelpunkt. Es geht jedoch u.a. um den Manager
Robert TREBUS, der im Wahlkreis 25
Teltow-Fläming III für die CDU antritt. Election.de sieht die CDU
vorne, während wahlkreisprognose.de der AfD mehr Chancen einräumt.
Im Seebad Rangsdorf wird uns Jürgen
MUSCHINSKY, Vorsitzender der Senioren-Union, und entschiedener Gegner
einer Koalition mit der Linkspartei, präsentiert.
FRIELINGHAUS, Jana
(2019): Stadtflucht als Gruppenprojekt.
Eine Studie empfiehlt dörflichen Kommunen, die Landlust urbaner
Kreativer zu fördern,
in:
Neues Deutschland
v. 13.08.
Jana FRIELINGHAUS stellt die Broschüre
Urbane Dörfer vor, wobei es nur um den Hof Prädikow in der
rund 1.000 Einwohner zählenden Brandenburger Gemeinde
Prötzel im Landkreis Märkisch-Oderland geht. Begründet wird
die Förderung "urbaner Dörfer" mit einem weiteren deutlichen
Bevölkerungsrückgang "vor allem im ländlichen Raum". Nur liegt das
vorgestellte Projekt nicht im ländlichen Raum, sondern im Berliner
Speckgürtel.
DRIBBUSCH, Barbara (2019):
Homeoffice in der Landkommune.
Die Digitalisierung der Arbeitswelt
ermöglicht neue kollektive Wohn- und Arbeitsprojekte auf dem Land.
Aber so ganz weit draußen soll es dann doch nicht sein. Neue
Studie,
in:
TAZ v. 13.08.
Barbara DRIBBUSCH stellt die Broschüre
Urbane Dörfer vor, wobei es - wie bei Jana FRIELINGHAUS - nur um den Hof Prädikow in der
rund 1.000 Einwohner zählenden Brandenburger Gemeinde
Prötzel im Landkreis Märkisch-Oderland geht. Im Bericht ist
nichts darüber zu lesen, dass es sich bei dem Projekt nur um eine
Planung handelt. Bislang existieren nur 45
Genossenschaftsmitglieder mit ihren Ideen.
BEITZER, Hannah (2019):
Homeoffice in Prädikow.
Die Digitalisierung kann den
ländlichen Raum neu beleben,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 13.08.
Bei Hannah BEITZER verbindet sich der Bericht über Urbane Dörfer
mit einer Grafik zum Leerstand in Ostdeutschland im Jahr 2017. Würde
man diese jedoch mit einer Grafik vergleichen können, in der die
betrachteten Projektstandorte eingezeichnet sind, dann wäre
ersichtlich, dass ausgerechnet die Gebiete mit dem geringsten
Leerstand jene Gebiete sind, in denen sich in erster Linie die
Projekte angesiedelt haben.
MENKENS, Sabine (2019): Vom glücklichen Arbeiten in der Provinz.
Hohe Mieten und der Wunsch nach
Natur treiben eine neue Klientel in die Dörfer. Junge Städter wollen
das Landleben neu erfinden. Kann das funktionieren?
in:
Welt v. 13.08.
Sabine MENKENS beschränkt sich nicht auf die Projekte in der Broschüre
Urbane Dörfer, bleibt jedoch auch auf Brandenburg fixiert:
Im Ortsteil
Raddusch der Spreewald-Kleinstadt Vetschau wird das Projekt
"Kaiserliche Postagentur" besucht. Daneben werden lediglich der Hof
Prädikow und das Projekt Coconat in Bad Belzig, beide in Brandenburg,
genannt.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Kein Abschied von der Politik.
Landtagswahl in Brandenburg: Linksfraktionschef Ralf Christoffers
will und kann seinen Landtagswahlkreis gewinnen,
in:
Neues Deutschland
v. 13.08.
"Ralf Christoffers (Linke) (...)
bemühte sich nicht um einen Platz auf der Landesliste seiner Partei.
Im bleibt also nur eine Möglichkeit: Er muss seinen Wahlkreis im
nördlichen Berliner Umland gewinnen, der aus der Stadt Bernau und der
Gemeinde Panketal besteht. (...). (D)ie Linke (gab) bei der
Kommunalwahl am 26. Mai 2019 nach langer Zeit ihre Führungsposition in
Bernau ab. Sie wurde bei der
Wahl des Stadtparlaments erstmals knapp überflügelt von den Freien
Wählern, deren Landesvorsitzender Péter Vida nun auch den hiesigen
Landtagswahlkreis gewinnen möchte. Wenn ihm das gelingt, schaltet dies
die Fünf-Prozent-Hürde aus, an der die Freien Wähler sonst mit vier
Prozent zu scheitern drohen",
erklärt uns Andreas FRITSCHE die
Situation im Wahlkreis 14 - Barnim II. Ralf CHRISTOFFERS war 2009-2014
Wirtschaftsminister des Landes Brandenburg und Befürworter des
Braunkohletagebaus Welzow-Süd II. Davon will er nun nichts mehr
wissen. Ob dieser Opportunismus jedoch von den Wählern goutiert wird,
das ist die entscheidende Frage. Während
election.de die Linkspartei im Wahlkreis 14 vor der AfD sieht,
liegen bei
wahlkreisprognose.de die Freien Wähler vorne. Das Rennen ist hier
also noch offen.
HÄHNIG, Anne (2019): Der Tabubrecher.
Landtagswahl in Brandenburg: Ingo Senftleben will für die CDU
Ministerpräsident in Brandenburg werden und dafür notfalls auch mit
den Linken reden. Seine Partei macht das nervös,
in:
Die ZEIT Nr.34 v. 15.08.
"Bislang hat er meist gegen
den Zeitgeist gehandelt. (...). Er kandidierte für ein Direktmandat in
seiner Heimat, im äußersten Süden Brandenburgs, wo die CDU immer
verloren hatte. Aber Senftleben gewann. Über Nacht wurde er zum Star
seines Landesverbandes",
beschreibt uns Anne HÄHNIG die
Karriere des Spitzenkandidaten der CDU, dem
wie üblich die Herkunft als
Arbeiter als Adelsprädikat verliehen wird. Ingo SENFTLEBEN
gewann den
Wahlkreis 38 Oberspreewald-Lausitz I, was ihn auf dem Politikmarkt
zum Volksversteher werden lässt.
ORDE, Sabine am
(2019): Der Flügel-Kämpfer.
Landtagswahl in Brandenburg: Nahaufnahme: Er spricht hölzern, hat
eine rechtsradikale Biografie. Er ist intelligent und gut vernetzt.
Andreas Kalbitz, Brandenburger AfD-Spitzenmann, steht laut Umfragen
vor einem Wahlsieg, der ihn bis an die Spitze seiner Partei führen
könnte,
in:
TAZ
v. 15.08.
Angesichts einer
Forsa-Umfrage vom 09.08.2019, die die AfD vorne sieht, wird nun
die Biografie des Spitzenkandidaten zum Politikum gemacht, wobei die
Springer-Presse den Takt vorgegeben
hat.
LOCKE, Stefan und Markus WEHNER (2019): Das grüne Jawort.
Brandenburg und Sachsen: Plötzlich ist die Partei auch im Osten stark.
Sie will sogar regieren. Kann das gelingen?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 16.08.
"Nun können die Grünen in der Mark
mit
fünf, sechs, sieben Direktmandaten rechnen, und das nicht nur in
Potsdam und in Wahlkreisen des Berliner Speckgürtels, sondern selbst
in entfernter liegenden Wahlkreisen.
Die Partei (...) wird nun einen Erststimmenwahlkampf mit den
Gesichtern ihrer aussichtsreichen Kandidaten führen", berichten LOCKE
& WEHNER.
NEIßE, Wilfried (2019):
Die ersten Maßnahmen der CDU-Macht.
Landtagswahl in Brandenburg: Wenn Ingo Senftleben (CDU) nach der
Brandenburger Landtagswahl am 1. September Ministerpräsident wird,
dann hat er ein Sofortprogramm für die ersten 100 Tage im
Schreibtisch,
in:
Neues Deutschland v. 16.08.
FRITSCHE, Andreas
& Uwe KALBE
(2019): Macht Links den Unterschied?
Landtagswahl in Brandenburg: Rot-Rot kann auf Erfolge verweisen
und steht doch vor dem Aus,
in:
Neues Deutschland
v. 17.08.
"Die AfD jagte 2013 der Linkspartei
sieben Prozent ihrer Wähler ab (...). Vier Jahre später war das Bild
nicht viel besser: Noch einmal vier Prozent mehr, nämlich elf Prozent
Linke-Wähler wechselten 2017 zur AfD. Damit war es erneut die Linke,
der die AfD am meisten schadete. Auch in Brandenburg, wo Schroeder
zwischen 2009 und 2014 unter Sozialminister Günter Baaske (SPD)
Staatssekretär gewesen ist, zeigte sich dieser Trend",
erklären uns FRITSCHE & KALBE den
Absturz der Linkspartei, die nun nicht mehr viel Wähler an die AfD
verlieren kann, was als positiv vermarktet wird. Der Vorschlag von
Horst KAHRS das "reibungslose" Regieren durch "rebellisches" Regieren
zu ersetzen, dürften Protestwähler kaum attraktiv finden. Schließlich
praktiziert das die SPD seit dieser Wahlperiode ausgiebig. Erfolg
gleich Null! Denn wer nur rebellische Rhetorik statt Taten
präsentiert, verliert das letzte Quäntchen Glaubwürdigkeit auch noch.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Auf Zugsuche.
Landtagswahl in Brandenburg: Viele Teile Brandenburgs werden
veröden, lauteten die Prognosen. Es kam anders. Nun ist die
Infrastruktur Topthema im Wahlkampf,
in:
Neues Deutschland
v. 17.08.
Im Jahr 2016 wurde eine Kreisreform
mit Blick auf die lineare Fortschreibung der Bevölkerungsentwicklung
bis 2030 beschlossen, die von der Parteizeitung der Linkspartei
vehement verteidigt und gegen jegliche Kritik immunisiert wurde (z.B.
14.07.2016 oder sogar noch
13.05.2017). Nun erklärt uns Andreas FRITSCHE:
"Binnen fünf Jahren ist die Zahl
der Pendler in Brandenburgs Regionalzügen um 40 Prozent gestiegen.
(...). Zwischen 2012 und 2017 sei die Zahl der insgesamt gefahrenen
Zugkilometer (...) in Brandenburg überhaupt nicht gestiegen. Im
Frühjahr 2019 sei dann die Zahl der Plätze in einigen Regionalzügen
deutlich aufgestockt worden, doch der Handlungsbedarf sei nach wie vor
riesig. (...).
Zu der Fehlentwicklung ist es gekommen, weil die Politik lange
Bevölkerungsprognosen geglaubt hat, die sich in Teilen als
unzutreffend erwiesen haben. Demnach sollten die Einwohnerzahlen im
Berliner Speckgürtel steigen - soweit haben sich die Vorhersagen
erfüllt. Außerhalb dieser Zone von 30 Kilometern rund um Berlin
stellte sich die Verwaltung auf einen starken Schrumpfungsprozess ein.
Doch (...) finden sich nun auch aus Berlin verdrängte Mieter in den
Städten und Gemeinden in der sogenannten zweiten Reihe ein. (...). Es
hängt allerdings alles an einer vernünftigen Bahnverbindung."
Auf dieser Website wird eine solche
- durch Bevölkerungsvorausberechnungen - begründete Politik als
Demografisierung
politischer Probleme kritisiert. Je kleiner die betrachteten Räume
solcher "Prognosen" sind, desto schneller sind sie überholt. Im
Zeichen des
progressiven Neoliberalismus wurde die Alternativlosigkeit von
Politik gerne mit dem demografischen Wandel gerechtfertigt.
Die
Kollateralschäden sind inzwischen erst in Ansätzen sichtbar.
Aufgrund der drastischen
Wählerverluste entdeckt nun die neoliberalisierte Linkspartei die
Kehrseite ihres Demografie-Starrsinns. FRITSCHE streicht deshalb die
Außenseiterpositionen innerhalb der Linkspartei heraus, um das Image
aufzupolieren:
"Als Ministerpräsident Dietmar
Woidke (SPD) noch eine Kreisgebietsreform durchsetzen wollte, die er
mit dem demografischen Wandel begründete, hat CDU-Franktionschef
Senftleben geschimpft, die rot-rote Koaliton gehe von falschen
Prognosen aus. Schließlich erkannte auch die Landtagsabgeordnete
Andrea Johlige (Linke), dass die Kreisreform am Ende vielleicht
deshalb abgesagt werden musste, weil viele Bürger nicht verstehen
konnten, warum die Regierung ihnen von sich entleerenden ländlichen
Räumen erzählt, während sie selbst schwer eine Wohnung finden. Eine
Enquetekommission des Landtags stellte fest, dass das alte Schema vom
Wachstum ausschließlich im Berliner Speckgürtel und vom Schrumpfen
jenseits des Gürtels die Verhältnisse nicht mehr beschreibt."
Andrea JOHLIGE entdeckte erst
im Herbst 2018 den "ländlichen Raum" als Problem:
"»Das Land verändert sich, wie man
es nicht erwartet hätte«, sagt die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige
(LINKE). Alle meinten, man müsse sich außerhalb des Berliner Umlands
auf sinkende Einwohnerzahlen einstellen. So begründete die rot-rot
Koalition, warum eine Kreisgebietsreform notwendig sei. Die
Landesregierung stützte sich dabei jedoch auf neue
Bevölkerungsprognosen, während sich die alten Vorhersagen gerade als
zumindest teilweise falsch erwiesen. Was die Politiker von SPD und
LINKE ihnen erzählten, hatte mit der Lebenswirklichkeit der Menschen
wenig zu tun."
Das aber hinderte FRITSCHE damals
nicht daran, der CDU die Schuld an der gescheiterten Kreisreform
zuzuschreiben. Das aber heißt im Grunde: Ohne den Widerstand der CDU
hätte Rot-Rot das Projekt durchgezogen - egal welche Kollateralschäden
damit verbunden gewesen wären. Demografischer Wandel als Farce! Aber
es wird noch peinlicher für die Parteizeitung der Linkspartei:
"Der erste, der die Entwicklung
nicht vorausahnen konnte, aber schon vor 15 Jahren in die richtige
Richtung dachte, war der damalige Landesvorsitzende der Linkspartei,
Thomas Nord. Er warnte seinerzeit davor, Zukunftsentscheidungen
allein an Bevölkerungsprognosen zu orientieren, von denen niemand
wissen könne, ob es wirklich so schlimm kommen werde wie vorhergesagt.
Aber dass es sogar aufwärts geht, hätte niemand erwartet. Entsprechend
unvorbereitet ist die Politik in die jetzige Lage geschlittert",
behauptet FRITSCHE. Die Politik ist
nicht unvorbereitet in die jetzige Lage geschlittert, sondern hat im
Gegenteil Bevölkerungsvorausberechnungen als Rechtfertigungsmittel
missbraucht um ihre politischen Ziele ohne großen Widerstand
durchsetzen zu können. Spätestens mit der Veröffentlichung der
13. koordinierten
Bevölkerungsvorausberechnung vom April 2015 wurde klar, dass es
bei solchen "Prognosen" nicht um Treffsicherheit, sondern um
Immunisierung von Politik geht. Jeder Politiker, der sich mit solchen
"Prognosen" beschäftigt hat, konnte wissen, dass bei Nichteintreffen
der Annahmen auch die Ergebnisse falsch sein müssen.
Weil Politik, Wissenschaft und
Medien den Geburtenanstieg und die veränderten Migrationsströme
ignoriert haben, sollen sich die Wähler nun für möglicherweise
haltlose Versprechungen statt für die vergangene Regierungsarbeit der
Parteien interessieren!
FRITSCHE, Andreas
(2019): Aufgalopp für den Bürgermeister.
Bürgermeisterwahlen Brandenburg: In der Rennbahngemeinde Hoppegarten
tritt Karsten Knobbe (Linkspartei) wieder an,
in:
Neues Deutschland
v. 17.08.
"6.000 Einwohner zählte die
Rennbahngemeinde vor 25 Jahren, jetzt sind es 19.000. »Das darf man
nicht unterschätzen.« 80 Prozent der Zugezogenen stammen aus Berlin,
und von denen sind wiederum 80 Prozent aus Ostberlin gekommen, so wie
auch Knobbe selbst. In Hoppegarten lebt die Mittelschicht. »Es sind
Familien, die darauf angewiesen sind, dass beide Eltern arbeiten, um
das Häuschen abbezahlen zu können«, beschreibt der Bürgermeister die
vorherrschende soziale Lage.
Als größtes Problem Hoppegartens, das gerade gelöst werde, nennt
Knobbe die beengten Verhältnisse in den Schulen. Eine Grundschule im
Ortsteil Hönow (...) soll im November fertig sein. Ein freier Träger
stehe bereit, ein privates Gymnasium aufzumachen. Bislang pendeln die
Gymnasiasten aus Hoppegarten nach Neuenhagen. Weil aber auch dort
nicht genug Platz für alle ist, müssen einige nach Rüdersdorf und
Strausberg ausweichen. Das ist kompliziert. Nach Rüdersdorf dauert es
mit öffentlichen Verkehrsmitteln anderthalb Stunden, mit dem Auto nur
20 Minuten",
beschreibt Andreas die Situation in
der Gemeinde
Hoppegarten im Landkreis Märkisch Oderland, die
im Berliner Speckgürtel liegt.
"Bei der Kommunalwahl am 26. Mai
verlor die Linke zwei ihrer acht Mandate in der Gemeindevertretung von
Hoppegarten, ist jedoch stärkste Fraktion geblieben. Das eröffnet gute
Aussichten für die Bürgermeisterwahl am 1. September",
wird das Ergebnis schöngeredet. Die
AfD hat auf Anhieb 4 Sitze gewonnen. Die Grünen ihre beiden Sitze auf
5 erhöht, während die SPD ihre 4 Sitze halbiert hat.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Als erstes schaffen wir die Kitagebühren ab.
Landtagswahl in Brandenburg: Brandenburgs Finanzminister Christian
Görke über Bildung, kaputte Straßen und seine Lust aufs Regieren,
in:
Neues Deutschland
v. 20.08.
Linkspartei-Promi Christian GÖRKE tritt im Wahlkreis 4
Ostprignitz-Ruppin III/Havelland III an (siehe
ND 22.07.2019) und darf
nun im Interview die Erfolge der Linkspartei herausheben, die jedoch
eher dem
Niedergang des progressiven Neoliberalismus geschuldet sind als
dem angemessenen Agieren der Partei. Es
wurde erst sehr spät reagiert und nun herrscht panischer Aktionismus.
GÖRKE tritt immer noch als oberster Sparkommissar auf, obwohl der Zug
dafür längst abgefahren ist:
"In Brandenburg sind nur etwa 70
Prozent der Ausgaben durch eigene Steuereinnahmen gedeckt. Das ist
nicht genug, obwohl es die beste Steuerdeckungsquote in Ostdeutschland
ist. Das hätte uns niemand zugetraut, als der Freistaat Sachsen noch
der Klassenprimus war."
FRITSCHE, Andreas
(2019): Das Grundvertrauen verspielt.
Landtagswahl in Brandenburg: Die märkische SPD hat nicht gelernt,
eine Landtagswahl zu verlieren. Bisher haben ihr die Bürger noch alles
verziehen, doch damit scheint es vorbei zu sein,
in:
Neues Deutschland
v. 20.08.
Andreas FRITSCHE ist der irrigen
Meinung, dass die SPD den schwarzen Peter hätte und möchte das
Scheitern der Kreisgebietsreform als alleiniges Problem der SPD
verstanden wissen. Diese fatale Realitätsverkennung dürfte sich bei
den Wahlen rächen!
LOCKE, Stefan & Markus WEHNER (2019): Wenn es nur bergauf gehen kann.
Bei den vergangenen Wahlen flog die FDP aus den Landtagen in
Brandenburg und
Sachsen. Nun will sie dort wieder einziehen - ob das wohl klappt?
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20.08.
"Laut Umfragen steht die FDP in
Brandenburg bei fünf Prozent, ihr Einzug in den Landtag bei den
bevorstehenden Wahlen ist nicht sicher. Doch im Vergleich vor fünf
Jahren ist es ein deutlicher Aufschwung. (...). Der damalige
Spitzenkandidat Andreas Büttner trat im Herbst 2015 aus der FDP aus
und sogleich bei der Linkspartei ein - im Oktober vorigen Jahres wurde
er Staatssekretär im Potsdamer Ministerium für Arbeit, Soziales und
Gesundheit.
Für die Freien Demokraten kann es also nur bergauf gehen", meinen
LOCKE & WEHNER.
REINECKE, Stefan
(2019): SPD hoch 2.
Landtagswahl in Brandenburg: Nahaufnahme: In der boomenden Stadt
Potsdam muss sich Klara Geywitz der Grünen erwehren. In der
Braunkohleregion um Spremberg kämpft Jörg Rakete gegen die AfD um ein
Brandenburger Landtagsmandat. Kann das gut gehen?
in:
TAZ
v. 20.08.
Stefan REINECKE lässt die
Positionen der Kosmopolitin Klara GEYWITZ (und neuerdings zusammen mit
Olaf SCHOLZ Kandidatin für den SPD-Parteivorsitz) auf die des
Kommunitaristen Jörg RAKETE prallen. Zum Wahlkreis 21 Potsdam I, in
dem GEYWITZ antritt, heißt es:
"Marlene-Dietrich-Straße im
Potsdamer Stadtteil Babelsberg. (...).
Gegenüber liegen Universität, das Rundfunkhaus Berlin-Brandenburg, der
Filmpark. Nebenan strahlen ein paar Dutzend neue, edle Stadtvillen.
Bodentiefe Fenster, adrette Fassaden. In Geywitz' Wahlkreis,
Babelsberg und Potsdam-Mitte gibt es ein paar Superreiche, ein wenig
Plattenbauten, und viel obere Mittelschicht.
In der brandenburgischen Landeshauptstadt, einer prosperierenden
170.000 Einwohner-Stadt, ist die SPD-Welt noch halbwegs in Ordnung.
Bei der Oberbürgermeisterwahl 2018 gewann ein Sozialdemokrat gegen
eine Linksparteipolitikerin. Geywitz holt hier seit 2004 immer das
Direktmandat. Meist vor der Linkspartei. Doch bei der Kommunalwahl im
Mai bekamen die Grünen hier im schicken Teil von Babelsberg 32
Prozent, die SPD wählten nur 19 Prozent."
Die andere Seite repräsentiert Jörg
RAKETE, Direktkandidat im Wahlkreis 42 Spree-Neiße 2:
"Rund um Berlin und Potsdam boomt
es, im Norden und Süden wandern noch immer Leute ab. Der Speckgürtel
um Berlin, der mittlerweile bis in 80 Kilometer entfernte Städte
reicht, wählt eher grün, die Provinz, vor allem im Südosten, AfD. Die
SPD war seit den 1990er Jahren die Brandenburg-Partei. (...).
In Spremberg, einer Kleinstadt an der Grenze zum Freistaat Sachsen,
ist (...) Heimatfest.
Die Häuser in der Altstadt sind renoviert. Es gibt ein Kino, ein
Dutzend Kitas, viele Schulen, ein Schwimmbad. Das ist viel für eine
Stadt mit 17.000 Einwohnern. Es läuft, auf den ersten Blick, gut in
Spremberg in der Lausitz. Doch im Mai haben bei der Europawahl hier 35
Prozent AfD gewählt, mehr als SPD und CDU zusammen."
Diese Stadtidylle unterscheidet
sich krass von der Beschreibung eines
Gewerbegebiets in Spremberg!
Verschwiegen wird uns, dass die AfD bei der
Stadtratswahl im Mai nur knapp vor der CDU lag (26,6 % gegenüber
25,0 %). SPD und CDU kamen zusammen auf 35,7 %. Bei der
Kreistagswahl schnitt die AfD zwar besser ab, dennoch weit
entfernt von den
Europawahlergebnissen.
Zur kosmopolitischen Sicht gehört
inzwischen die Klage, dass Fakten, d.h. neoliberale Kennzahlen, die
Menschen nicht mehr beeindrucken, weil sie mit ihrer Lebenswelt
("Gefühle") nichts zu tun haben:
"Das Gefühl, weniger wert, nicht so
wichtig zu sein, ist stärker als die Zahlen, die zeigen, das die
Arbeitslosenquote in der Lausitz nur weniger höher ist als im
Durchschnitt. Oder die Kitas, das Kino, die hübsche Altstadt.
Spremberg hat ein knappes Drittel weniger Einwohner als 1990. Und es
kommen neuerdings zwar Jüngere zurück aus dem Westen in die Lausitz,
aber noch immer gehen mehr weg."
Journalisten und Politiker wenden
solche "politische Zahlen" gerne gegen Kritiker der verteidigten
Politik. Da ist es völlig egal wer der politische Gegner ist.
"Rakete ist in der aktuellen
Stimmungslage Außenseiter. Der Südosten war schon immer konservativer
als der Norden. Rakete ist seit elf Jahren ehrenamtlicher
Bürgermeister in Döbern, einem unweit gelegenen 3.000-Seelen-Ort. Im
Döbern haben bei der Europawahl 40 Prozent AfD und 20 Prozent SPD
gewählt. Aber auf dem Zettel für die Kommunalwahl haben sie ziemlich
genau umgekehrt angekreuzt: 40 Prozent SPD, 20 AfD. Das geht auf sein
Konto. Weil Bürgermeister Rakete sich für eine neue Schule engagiert,
ein Zeichen, dass es aufwärtsgeht in Döbern. Das ist die Hoffnung des
konservativen Sozialdemokraten Rakete - man wählt ihn, weil er sich um
seine Leute kümmert.
Bedroht sieht er diese Hoffnung durch seine Genossen aus den
Metropolen",
erklärt uns REINECKE die Spaltung
der SPD. GEYWITZ ist der Meinung, dass die Zukunft für die
Kosmopoliten spricht:
"Im Umfeld von Berlin leben
mittlerweile eine Million Menschen, 40 Prozent der Brandenburger,
Tendenz steigend. (...). Eine kulturell konservative,
Braunkohle-nostalgische Sozialdemokratie, wie Rakete sie will, hätte
gegen die Grünen gar keine Chance."
In dieser Sicht werden Metropole
mitsamt Speckgürtel und ländlichem Raum unterschiedliche Mentalitäten
zugeschrieben. Dies aber ist ein Irrtum, denn die politischen
Gegensätze verlaufen quer durch die Räume. Diese Spaltung dürfte in
den nächsten Jahren jedoch deutlicher zutage treten.
GAMMELIN, Cerstin (2019):
"Eigentümliche Stimmung".
Landtagswahl in Brandenburg: Den Bürgern in Brandenburg geht es
gut, trotzdem ist bei manchen der Unmut groß. Sie machen die
regierende SPD für viele Probleme verantwortlich - und sind von der
Demokratie enttäuscht,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 20.08.
Cerstin GAMMELIN erzählt uns von der Verständnislosigkeit des
Wirtschaftsministers Jörg STEINBACH. Wie kann es sein, dass die dumme
Bevölkerung anderer Meinung ist als seine schönen Zahlen, die Ausdruck
eines neoliberalen Politikverständnisses sind.
"Im bundesweiten Gründerranking der
KfW-Bankengruppe hat sich das Land auf den dritten Platz
vorgearbeitet. Besser sind nur noch Berlin und Hamburg",
wird uns vorgeschwärmt. Aber wer
ist schon Gründer?
"Brandenburgs Fläche besteht zu
einem Drittel aus Seen, Wäldern und Naturparks. Das Land
erwirtschaftet mehr als die Hälfte seines Bruttosozialprodukts mit
Dienstleistungen, Hotels und Gaststätten".
Das heißt aber zugleich zwei
Drittel des BIP wird woanders erwirtschaftet. Und wer davon
profitiert, ist noch eine ganz andere Sache.
"Das Land hat zwar nach 1990
ähnlich viele Einwohner verloren wie Sachsen oder Thüringen. Aber
anders als die Nachbarländer ist die Einwohnerzahl insgesamt kaum
gesunken, weil viele Leute aus der rasant wachsenden Bundeshauptstadt
ins Umland ziehen. Es leben gut 2,5 Millionen Menschen in dem
Flächenland",
erzählt uns GAMMELIN und so geht es
die ersten zwei Drittel der Lobeshymne weiter. Erst im letzten Drittel
wird deutlich, dass die Menschen zu Recht verärgert sind:
"Manches hat man in Potsdam auch
unterschätzt. Etwa den Ärger der Pendler in überfüllten Regionalzügen.
(...). Das Land (...) scheute das Investment, sparte, stellte sich
lange taub."
Was hier fehlt: Die
Wirtschaftsteile aller Mainstreamzeitungen haben diese neoliberale
Austeritätspolitik mitgetragen und eine Mitschuld, dass die Politik
tatenlos sein konnte. Die Regierung in Brandenburg ist nicht das
einzige Opfer des
Niedergangs des progressiven Neoliberalismus. In den nächsten
Jahren dürften die Probleme überdeutlich werden.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Wahlkampf in Familie.
Landtagswahl in Brandenburg: Felix Thier (Linke) bemüht sich im
roten Luckenwalde um ein Landtagsmandat,
in:
Neues Deutschland
v. 21.08.
Andreas FRITSCHE macht Werbung für
Felix THIER von der Linkspartei, der auf einen aussichtslosen
Landeslistenplatz gesetzt wurde und nun den Wahlkreis 24
Teltow-Fläming II gewinnen muss, wenn er in den Landtag einziehen
will. Seine Konkurrenten von SPD und AfD sind bereits im Landtag.
THIER dagegen wäre Neuling. Sowohl
election.de (Stand: 24.08.2019) als auch
wahlkreisprognose.de (Stand: 23.08.2019) sehen die SPD mit
leichten Vorteilen vorne. Election.de sieht THIER nicht einmal als
Zweitplatzierten. Ob es da hilft, dass FRITSCHE einen "ausgezeichnet
laufenden Straßenwahlkampf" wahrnimmt?
"Erik Stohn (Anm.: SPD) hat hier
bei der Landtagswahl 2014 das Direktmandat geholt. 2004 und 2009
schaffte das Kornelia Wehlan (Linke), die seit 2013 Landrätin in
Teltow-Fläming ist",
schreibt FRITSCHE. Die SPD hat also
aus Wahlforschungssicht einen Bonus, der die Vorteile für die SPD
erklären kann. Wahlkreisprognose.de sieht zudem die SPD stark im
Aufwind seit der letzten Prognose. Sie könnte bis zu 7 Wahlkreise mehr
gewinnen. Linke (-3) und Grüne (-2) wären dagegen die größten
Verlierer. Da die Unterschiede zwischen den Prognosen groß sind, ist
der Ausgang ungewisser denn je.
LOCKE, Stefan & Markus WEHNER (2019):
Schwester Agnes und der Ostfaktor.
In
Brandenburg weiß die Linke nicht, ob sie noch mal regieren will. In
Sachsen
wird sie nicht mehr stärkste Oppositionspartei,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 22.08.
"Vor allem in den dünnbesiedelten
Gegenden im Osten und Süden Brandenburgs hat die AfD der Linken den
Rang abgelaufen. »Wir haben die schlechte Stimmung im ländlichen Raum
unterschätzt«, heißt es selbstkritisch (...). Die Gründe für die
Schwäche sind vielfältig. Die rot-rote Landesregierung zeigte zu
Beginn der Legislaturperiode wenig Reformeifer. Viele überfällige
Schritte, wie die stärkere Bezuschussung des öffentlichen Nahverkehrs
in dreistelliger Millionenhöhe, wurden erst im vergangenen Jahr
ergriffen. Wenn aber im Ort kein Bus mehr fährt, fühlen sich die
Bewohner abgehängt. Hinzu kommt ein Problem mit den Spitzenkandidaten,
die wenig bekannt sind. (...). Das Regieren mit den Sozialdemokraten
war für die Linke zunehmend spannungsreich",
meinen LOCKE & WEHNER, die in
Rot-Grün-Rot trotzdem die einzige Koalitionsmöglichkeit für die
Linkspartei sehen.
PUSCHNER, Sebastian
(2019): 29 Jahre ohne Sprücheklopfen.
Landtagswahl in Brandenburg: Ein sanfter Tonfall und
Verbindlichkeit prägen hier die Politik der SPD. Nicht mal die AfD
bringt sie aus der Ruhe,
in:
Freitag
Nr.34 v. 22.08.
Wenn es schlecht läuft für eine
Partei, dann ist nostalgische Rückwendung angesagt:
"Nur drei Ministerpräsidenten
brauchte die Partei hier seit 1990, so wenige hat es in keinem anderen
ostdeutschen Bundesland gegeben. Ihre Mehrheit war nie in Gefahr, die
Koalitionspartner konnte sich die SPD aussuchen",
erzählt uns Sebastian
PUSCHNER. Die abgeblasene
Kreisgebietsreform stellt er als Verdienst des SPD-Ministerpräsidenten
hin, obgleich sie auf das Konto des Widerstands der CDU geht. Das
Sprücheklopfen übernehmen hier die Medien!
BARTSCH, Michael
(2019): Der Osten im Osten.
Landtagswahl in Brandenburg: Zwischen Sonderwirtschaftszone und
Grundeinkommen: Für die Lausitz gibt es viele Ideen, aber noch keinen
Plan,
in:
Neues Deutschland
v. 22.08.
Bei Michael BARTSCH werden aus den
17 Milliarden Euro "netto etwa zehn Milliarden Euro Strukturhilfen vom
Bund" für den Kohleausstieg. Am Beispiel von Spremberg in Brandenburg
werden uns die Folgen der enttäuschten Aufschwungserwartungen
aufgezeigt:
"In einem 82 Hektar großen
Industriegebiet Ost kann man heute nur noch mit Sarkasmus von
blühenden Landschaften sprechen. Über Gleisanschlüssen wuchern
Jungbäume, Straßen enden im Nichts. Eine einstellige Zahl von Firmen
in modernen Hallen ist zu entdecken, aber auch mehrere Betriebsruinen,
die Abenteuerspielplätzen gleichen. Ansonsten: grüne Wiese."
ZÜLCH, Tim
(2019): 12.000 Schritte für Brandenburg.
Landtagswahl in Brandenburg: Berliner Linke-Vorsitzende hilft im
Nachbarland im Landtagswahlkampf und hält sich dabei gleich noch fit,
in:
Neues Deutschland
v. 23.08.
Tim ZÜLCH berichtet
erneut über den Wahlkampf von
Franziska SCHNEIDER im Wahlkreis 31 Märkisch-Oderland I/Oder-Spree IV.
Sowohl
election.de (Stand: 24.08.2019) als auch
wahlkreisprognose.de (Stand: 23.08.2019) sehen die SPD mit
leichten Vorteilen vorne. Da SCHNEIDER bei election.de zweitplatziert
ist, gibt es durchaus Chancen.
RICHTER, Peter (2019): Janz weit draußen.
Die AfD könnte stärkste Kraft in
Brandenburg werden: Neues Futter für die alte Hassliebe zwischen
vielen Berlinern und ihren Nachbarn? Szenen einer Landpartie,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 24.08.
Peter RICHTER besucht das - offenbar - einzige, weil völlig von
Journalisten überrannte - Hipster-Dorf Gerswalde. Den Hype begründete
die Filmemacherin Lola RANDL, die aus dem Dorf eine Geschäftsidee
machte: Film, Buch, Garten, Café und Workshops sorgen für
Hipster-Rummel. Der Song Brandenburg des Liedermacher Rainald
GREBE aus der westdeutschen Generation Golf soll uns das
Lebensgefühl der Kosmopoliten vermitteln. Der Song wurde 2005
veröffentlicht, also als die neue Bürgerlichkeit mit der Hartz-Reform
ihren Zenit erreichte. Damals war die kosmopolitische Welt noch
alternativlos. Inzwischen ist der progressive Neoliberalismus der
neuen Bürgerlichkeit im Niedergang begriffen und die AfD kann als
Symptom dieses Niedergangs begriffen werden.
"In Berlin wohnen inzwischen eher
vier Millionen, und in Gerwalde finden Lola Randls nachziehende
Freunde ebenfalls schon keine Wohnung mehr. Aber das Lied (...) stammt
aus einer Zeit, als die Brandenburger noch regelmäßig die SPD zur
stärksten Partei wählten. Und als in Berliner Wohngemeinschaften immer
irgendwo ein Exemplar von Judith Hermanns Erzählband »Sommerhaus,
später« stand, schon weil der Titel so eine Verheißung war und das
Bild dazu auch: ein Haus auf dem Land, malerisch verwittert,
knarrendes Holz, ein bisschen wie das von Lola Randl in Gerswalde."
Ach waren das herrliche Zeiten,
doch die Nostalgie trügt. Sommerhaus, später erschien bereits
1998 und Judith HERMANN wurde damals als Fräuleinwunder bestaunt.
Popliteratur war angesagt und die New Economy setzte zum Höhenflug an.
Landleben war damals alles andere als angesagt! Stattdessen hoffte die
Generation Golf auf die erste Million, denn die lag damals
scheinbar überall am Straßenrand. Start-Ups hießen damals noch
Dot.coms. Florian ILLIES setzte sich und der Pop-Generation mit
Generation Golf ein Denkmal. Doch dann kam der New
Economy-Crash und
die Pop-Welt implodierte in den Köpfen der Neocons, den geistigen
Vorläufern der AfD. Die
Wutbürger um Arnulf BARING und
die FAZ-Wutjournalisten verschafften ihrem Frust Luft über ihre
Jobkrise. Mit
Generation Golf zwei hechelte dann ILLIES dem Zeitgeist nur
noch hinterher. Die Jahre zwischen 1998 und 2005 waren die große Zeit
von Rot-Grün und des progressiven Neoliberalismus. Die
neue Bürgerlichkeit, die von der Generation Berlin
ausgerufen wurde, war der Beginn eines neuen Klassenkampfes, der von
der AfD nur radikalisiert wurde.
Ohne diese Vorgeschichte ist der
Jammer unserer Kosmopoliten nicht zu verstehen. Peter RICHTER aus der
Wendegeneration hat zur Brandenburg-Wahl nur die üblichen Themen
parat. Die AfD hat die besseren Marketingexperten, denn ihre Slogans
"Wende 2.0 - Die Friedliche Revolution mit dem Stimmzettel" oder "Mehr
Demokratie wagen" mit dem Konterfei von SPD-Ikone Willy BRANDT sorgen
für die nötige Aufmerksamkeit auf den Medienmärkten. Je mehr die
Kosmopoliten sich nur erregen, aber nichts verstehen, desto mehr
spielen sie der AfD in die Hände. Die Rechten haben die Achillesferse
der etablierten Parteien erkannt: die einstige Hartz IV-Protestpartei
wird als "staatstragend" klassifiziert, was den Wählerschwund in
Richtung AfD treffend charakterisiert. Dies gilt umso mehr, da die
Lieblings-Linke der taz, Katja KIPPING die Linkspartei auf grün
trimmt. Da fragt man sich höchstens, ob man dann nicht lieber das
Original wählt. Die Linkspartei geht den SPD-Weg und macht sich
überflüssig!
"Anwesen (...), die demnächst von
Investoren aus Berlin in Co-Working-Spaces für Nerds ausgebaut werden,
die bisher in Kreuzberger Fabriketagen hocken und die Sonne nie sehen.
Denn
naturnahe Co-Workings-Spaces für Nerds aus Berlin gelten jetzt als
Brandenburgs Zukunft, wenn nicht gar Erlösung. Aber (...) dafür
(wären) halt funktionierende Bahnanbindungen essenziell (...), denn
Nerds fahren heute nur selten noch Auto",
zitiert RICHTER einen Anonymus.
Der Begriff
"Nerd" ist abwertend, weshalb stattdessen gerne von "Start-Ups"
oder "Gründern" gesprochen wird.
Die Soziologin Cornelia KOPPETSCH
hat im kosmopolitischen Milieu Ausgrenzungstendenzen festgestellt, die
den gleichen Prinzipien wie ihren Gegnern im rechten Spektrum folgen.
Solche Bunkermentalitäten oder wie RICHTER sie nennt:
Wagenburgmentalitäten, finden sich auch innerhalb der kosmopolitischen
Milieus. Es geht dann um die Frage, wer war zuerst da und steht
deshalb auf der richtigen Seite. Nicht umsonst steht Lola RANDL im
Mittelpunkt der Geschichte, denn sie lebt schon seit 10 Jahren in
Gerswalde und gehört damit zu den Pionieren in Sachen "urbaner
Dörfer".
"Dass nun die Uckermark, ganz
einfach weil es die hügeligste und lieblichste Region in Brandenburg
ist, gerade zu dem zu werden verspricht, was für London die Cotswolds
sind oder für New York die Hamptons: Das führt wiederum zuallererst zu
einem Konflikt zwischen den Berlinern selbst. Nämlich zwischen den
Kreuzberger Kulturbohemiens, die ganz hier rausgezogen sind, und
denen, die sich hier Zweitwohnsitze »mit skandinavisch gebeizten
Dielen« ausbauen können und damit die Preise hochtreiben."
Die mit den Zweitwohnsitzen werden
von RICHTER als Berliner "Geschmacksbürger" bezeichnet, ein Begriff,
den Ulf POSCHARDT 2004 ("Die universelle Boutique") in die
Springer-Welt setzte:
"Wenn
man bei Google das Wort »Geschmacksbürgertum« eingibt,
werden noch null Treffer angezeigt. Das wird sich bald ändern.
Geschmack bezeichnete Scott Fitzgerald - ganz Gentleman der alten
Schule - als die weibliche Form des Genius. In diesem Sinne wäre die
Boutiquisierung der Kultur - folgte man dem Machismo Fitzgeralds -
auch ein Erfolg weiblicher Emanzipation. Die Kultur wird metrosexuell."
Weil der Begriff wohl doch nicht
einschlug, wird das Buch
Geschmacksbürgertum von FDP-Popper POSCHARDT seit Juni 2011
nur angekündigt, aber ist bis heute nicht erschienen.
BETHKE, Hannah (2019): Ist das schlimmer als Diktatur?
Landtagswahl in Brandenburg: Angegriffen und abgehängt: Vor den
Landtagswahlen kocht im Osten die Stimmung. Davon profitiert vor allem
die AfD. Eine Reise durch die Dörfer Brandenburgs,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 24.08.
"Aktuelle
Umfragen prognostizieren, die AfD werde (...) in Brandenburg
stärkste Kraft, vor der CDU, gleichauf mit den Sozialdemokraten, die
derzeit gemeinsam mit der Linkspartei das Land regieren",
beschreibt Hannah BETHKE die
Ausgangssituation aus dem Blickwinkel der CDU.
"Im beschaulichen
Klettwitz machen wir halt. Das Dorf im Landkreis
Oberspreewald-Lausitz hat rund 1.300 Einwohner und gehört zu den
Orten, die in der DDR für den Braunkohleabbau »devastiert«, also
verwüstet wurden. Im Ortskern befindet sich eine kleine Kirche. Sie
ist saniert und wird von der Gemeinde genutzt - noch. In den beiden
Kommunen, für die der ortsansässige Pfarrer zuständig ist, seien nur
noch zwölf Prozent Mitglieder der evangelischen Kirche. In der
katholischen Kirche seien es unter zwei Prozent",
beschreibt BETHKE den Ort, wobei
der Niedergang der Kirche beklagt wird.
"Zu viele machten es sich bequem in
der Hängematte des Sozialstaats.
Viele Menschen, mit denen wir sprechen, teilen diese Ansichten",
erklärt uns BETHKE. War nicht die
Hartz-Gesellschaft die neoliberale Lösung dieses Problems, das die
Mainstreampresse in den Nuller Jahren umtrieb? Und wurde nicht damals
in den Hass eingeübt, den die AfD nun bewirtschaften kann? Nichts
davon lesen wir, sondern:
"In seinem aktuellen Buch über den
Rostocker Statteil Lütten Klein, das das »Leben in der ostdeutschen
Transformationsgesellschaft« analysiert, bezeichnet der Soziologe
Steffen Mau das schwindende Vertrauen in die Grundmechanismen der
Demokratie als »gesellschaftliche Fraktur«. Sie begünstige in der
ostdeutschen Gesellschaft die Empfänglichkeit für Ressentiment und
Radikalisierung."
Das kann verstehen wer will, besser
man lässt diese Küchenpsychologie bleiben.
"Wir fahren einige Kilometer weiter
nach
Elsterwerda. Der Ort gehört zum Landkreis Elbe-Eltser und hat
knapp achttausend Einwohner. Eine saubere Straße führt durchs Zentrum.
Die Häuser sind renoviert, alles sieht gepflegt und hergerichtet aus.
Aber es ist keine Menschenseele zu sehen. Nur im »Café der
Möglichkeiten« treffen sich einige Leute. (...). Sie kommen aus
Syrien. Vor dreieinhalb Jahren sind sie geflohen. (...). Die Frau
arbeitet in dem Café, das von dem ehrenamtlichen Verein »Freiraum«
getragen wird. Kürzlich wurde dem Verein in Berlin das »Band für Mut
und Verständigung« verlieren."
Warum in
Senftenberg die Linkspartei und in Cottbus die SPD aufgesucht
wird, ist wohl nur einem Satz geschuldet:
"Aber warum sind die Parteien in
den Dörfern so wenig präsent? »Ach«, sagt sie, »aus den Dörfern ziehen
doch sowieso alle weg.«"
In
Drewitz, "einem Dorf mit etwa fünfhundert Einwohnern" findet
dann BETHKE dagegen ein Paar, das gerne dort lebt.
"In
Guben
an der Grenze zu Polen kehren wir in einer Pension ein. Der Besitzer
und seine Frau betreiben im Erdgeschoss eine kleine Pizzabäckerei. Sie
leben seit mehr als vierzig Jahren hier. Guben gehört zum Landkreis
Spree-Neiße, in dem die AfD bei der Europawahl die meisten Stimmen in
ganz Brandenburg geholt hat. Seit 1990 hat sich die Zahl der Einwohner
fast halbiert. Der Pensionsbesitzer (...) ist Mitglied der AfD. »Wir
vertreten das, was die CDU vor fünfzehn Jahren war«, sagt er, der
selbst einmal in der Union war."
Am Schluss steht dann die
kosmopolitische Schriftstellerin, die sich eine Wohlfühlwelt
vorstellt:
"Am nächsten Tag lassen wir die
Ruinen der sozialistischen Planstadt Eisenhüttenstadt hinter uns und
erreichen
Beeskow im Landkreis Oderspree, die letzte Station (...). In der
ortseigenen Burg (...) ist die österreichische Autorin Regina Hilber
zu Besuch. (...). Sie wünsche sich einen positiven, konstruktiven
Journalismus".
Am Ende meint BETHKE, dass sich nun
die versäumte Integrationsarbeit räche. Das ist so gut gemeint wie das
Wort zum Sonntag!
WINTER, Steffen (2019): Der Ost-Komplex.
Landtagswahlen: Nirgendwo sonst im Land ist die AfD so stark wie im
Osten, nirgendwo sonst fühlen sich die Menschen so benachteiligt und
abgehängt - dabei geht es den meisten besser denn je. Ein Blick in die
ostdeutsche Seele,
in: Spiegel
Nr.35
v. 24.08.
Steffen WINTER erkundet die
brandenburgische Seele in
Spremberg.
MÜLLER, Hansjörg (2019): Im roten Brandenburg ändern sich die Zeiten.
Landtagswahl in Brandenburg: Seit der Wende wird das ostdeutsche
Bundesland von Sozialdemokraten regiert. Nun versucht eine müde SPD,
die AfD noch abzufangen,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 26.08.
Hansjörg MÜLLER baut ein Szenario auf, in dem die SPD nicht nur von
der AfD, sondern auch von der CDU überholt wird. Brandenburg wird als
"konservatives Agrarland ohne Ballungszentren" beschrieben. Doch
inzwischen ist die Lage eine andere:
"Brandenburg ist ein geteiltes
Land: Abgelegene Regionen bluten aus; der Speckgürtel um Berlin
profitiert vom Boom der Bundeshauptstadt. 1990 hatte
Hohen Neuendorf etwa 8.000 Einwohner; heute sind es 26.000. Längst
seien die Alteingesessenen in der Minderheit, klagt eine ältere Frau
im Publikum. Die Hauspreise stiegen, und auf den Strassen staue sich
der Verkehr. Am einen Ort Niedergang, am anderen Wachstumsschmerzen".
Die NZZ ist immer noch eine
typische Autofahrer-Zeitung!
Hohen Neuendorf gehört zum Wahlkreis 8 Havelland II, wo die SPD gemäß
wahlkreisprognose.de noch Chancen auf das Direktmandat hat.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Aus Angst wird Mut.
Landtagswahl in Brandenburg: Weil sie den Aufstieg der AfD
fürchtet, kandidiert Isabelle Czok-Alm für die Linke,
in:
Neues Deutschland
v. 26.08.
Andreas FRITSCHE porträtiert die
Direktkandidatin Isabelle CZOK-ALM, die im Wahlkreis 15 Barnim III
antritt:
"Platz 33 auf der Landesliste ist
aussichtslos, ein Sieg im Wahlkreis 15 sehr, sehr schwer. Britta
Müller (SPD) gewann diesen Wahlkreis 2014. Sie tritt wieder an. 2009
holte Michael Luthardt den Wahlkreis für die Linke. Er wechselte aber
mittlerweile zu den Grünen. Die haben ihn nun hier nominiert. Carsten
Bruch (CDU), der ehrenamtliche Bürgermeister von Biesenthal, ist ein
weiterer Mitbewerber. Doch Jan-Steffen John (AfD) könnte sie alle
schlagen."
Election.de und
wahlkreisprognose.de sehen beide die AfD vorne. Election.de
sieht dahinter die Linkspartei als Zweitplatzierte. Im Mittelpunkt des
Artikels steht die Biografie der Direktkandidatin, die mit Pferd
abgebildet ist. Tiere oder Babys dekorieren gerne die Wahlkämpfer.
LOCKE, Stefan & Markus WEHNER (2019): Mit und ohne Merkel.
Die CDU-Spitzenkandidaten Michael Kretschmer und Ingo Senftleben
führen in Sachsen und Brandenburg einen schweren Wahlkampf. Sie stehen
für unterschiedliche Ausrichtungen ihrer Partei. Und die AfD ist ein
starker Gegner,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 27.08.
"Senftleben hat seine CDU ganz auf
Schwarz-Grün ausgerichtet (...).
Wenn Senftleben (...) am Wahlabend hinter der SPD mit
Ministerpräsident Dietmar Woidke liegen wird, dann wird es aus seiner
Partei viele Fragen geben. Auch Kretschmer könnte so einen Moment
erleben - wenn die CDU in Sachsen deutlich unter 30 Prozent liegt und
Kretschmer sein Direktmandat in Görlitz nicht gegen die AfD gewinnt.
Senftleben, vielen immer noch unbekannt, hat da einen Vorteil: Der
AfD-Kandidat in seinem Wahlkreis wurde zur Wahl nicht zugelassen",
meinen LOCKE & WEHNER. Gemäß
wahlkreisprognose.de ist der Wahlkreis 38 Oberspreewald/Lausitz I
für SENFTLEBEN ein sicherer Wahlkreis (Stand: 23.08.2019). Dasselbe
gilt jedoch auch für KRETSCHMERs Wahlkreis 58 Görlitz 2.
REEH, Martin
(2019): Austaktiert.
Landtagswahl in Brandenburg: In den ostdeutschen Ländern ist die
Linke auf dem absteigenden Ast. Daran ist auch ihre unentschlossene
Politik der vergangenen Jahrzehnte schuld,
in:
TAZ
v. 27.08.
Martin REEH macht die Rundumschlag
gegen die Linkspartei, wobei Sachsen nur am Rande ein Schauplatz ist,
denn im Mittelpunkt steht die Regierungsbeteiligung der Linkspartei in
Brandenburg:
"Kathrin Dannenberg, 53, hat die
Kreisreform mitgetragen. Heute ist sie eine der beiden
Spitzenkandidaten der Brandenburger Linken. Anfang August steht sie am
Wahlkampfstand in Luckenwalde - und kann sich noch immer über den
Moment empören, als die Kreisreform abgesagt wurde: »Ministerpräsident
Woidke hat sie gegenüber Journalisten auf einem Parkplatz abgesagt.«
Ohne die Linke vorab zu informieren.
Vielleicht charakterisiert die brandenburgische Linke nichts so sehr
wie der Umgang mit der Kreisreform: Sie war ein Projekt der SPD, das
die Linke nach internen Debatten durchwinkte. Als der Widerstand in
der Bevölkerung wuchs, war es auch die SPD, die das Projekt beendete.
Die Linke stand aus Koalitionsräson dazu."
Tatsächlich hat die Linkspartei
einen großen Anteil an der gescheiterten Kreisreform. Kathrin
DANNENBERG jedoch war keine zentrale Figur bei dieser Reform. Die
taz gehörte auch nicht zu den Zeitungen, in denen die
Brandenburger Kreisreform ein großes Thema war. Umso mehr erstaunt
deshalb, dass im Wahlkampf ausgerechnet die taz nun die
Linkspartei dafür kritisiert. Man kann auch von einer roten
Socken-Kampagne sprechen, wenn es heißt:
"Als die PDS in die
Landesregierungen kam, setzte sie den Politikstil der SED-Reformer
fort. (...). So verscherbelten Berlin und Dresden ihre kommunalen
Wohnungen. Und überall hieß die Antwort auf die Landflucht, die dem
wirtschaftlichen Niedergang folgte: die öffentliche Infrastruktur
zurückbauen."
Die Linkspartei war jedoch
keineswegs die einzige Partei, die dem neoliberalen Zeitgeist erlag,
sondern die Grünen waren nicht minder unbeteiligt!
Während Kathrin DANNENBERG das
Feinbild ist, wird Sebastian WALTER zum Liebling der grünen
Parteizeitung stilisiert:
"Walter, 29, steht für einen
Neuaufbruch der Linken in Brandenburg: Mit Antifa-Demostrationen
sozialisiert, DGB-Regionalgeschäftsführer. Walter will mehr Staat."
Fazit: Die Grünen sind wie die
Linkspartei Teil des Problems eines progressiven Neoliberalismus. Dass
sich dieser im Niedergang befindet belegt der Artikel nur um so
deutlicher. Die taz möchte die Linkspartei ganz auf Grüne
trimmen. Dann jedoch wäre die Linkspartei so überflüssig wie die SPD!
FRITSCHE, Andreas
(2019): Der alte Kleine und der junge Große.
Landtagswahl in Brandenburg: Die Sozialisten Gregor Gysi und
Sebastian Walter machen Landtagswahlkampf,
in:
Neues Deutschland
v. 28.08.
Andreas FRITSCHEs Artikel hat
Boulevardblattcharakter! Das können höchstens Hardcore-Linke genießen.
Promi-Wahlkampf pur:
"Gysi wirbt dafür, am 1. September
die Linke zu wählen. Er erwähnt die drei Direktkandidatinnen seiner
Partei im Landkreis Dahme-Spreewald, die auch hier sind: Claudia
Mollenschott, Astrid Böger und Monika von der Lippe."
Die drei Kandidatinnen haben
offenbar keine politische Inhalte zu bieten.
Election.de und
wahlkreisprognose.de sehen keine der drei Direktkandidatinnen
vorne. In den Wahlkreisen 26, 27 und 28 liegen entweder SPD oder AfD
vorne.
GERLOF, Kathrin
(2019): Der eindimensionale Ost-Mensch.
Landtagswahl in Brandenburg: Psychopolitik: Es heißt, dass "die"
Ostdeutschen gekränkt sind und deshalb unvernünftig wählen. Es ist
aber komplizierter,
in:
Freitag Nr.35
v. 29.08.
Kathrin GERLOF hat es sich gemütlich in ihrem dichotomen Weltbild
eingereichtet: Da sind 75 Prozent Gutmenschen, weil sie nicht die AfD
wählen, und 25 Prozent Nazis, weil sie die AfD wählen und nicht die
etablierten Parteien. Tatsächlich aber gibt es eine
Repräsentationslücke, die dazu führt, dass jenen, die weder den
etablierten Parteien noch der AfD etwas abgewinnen können, eine
Alternative zur Alternative angeboten wird. Bis zur Entstehung der AfD
war die Repräsentationslücke nur dadurch sichtbar, dass die
Nichtwähler zunahmen. Das gefiel unseren postpolitischen Eliten. Diese
Zeiten aber sind vorbei. Entweder wird es eine wählbare Alternative
zur AfD und den etablierten Parteien geben oder wir werden in einem
autokratischen Staat erwachen, in dem Bürgerkriege drohen.
LABERENZ, Lennart
(2019): Klappe jetzt, wir sind Opfer.
Landtagswahl in Brandenburg: Empörungswille: In Brandenburg löst
sich eine Idee von Politik allmählich auf. Ein Besuch,
in:
Freitag Nr.35
v. 29.08.
Lennart LABERENZ legt einen
nervigen Text vor, dessen Fakten der Meinung des Autors untergeordnet
werden. Will man die politischen Akteure einordnen, dann lässt uns
LABERENZ im Stich, weshalb der Leser auf eigene Recherchen angewiesen
ist:
Im Mittelpunkt steht Stefan LUDWIG
von der Linkspartei, Direktkandidat im
Wahlkreis 44 Cottbus 2, der mit 10,6 % auf Rang 4 landete.
Die AfD gewann den Wahlkreis
mit 27,3 % vor der SPD (24,2 %) und der CDU (19,5 %).
Eine weitere Akteurin ist Sandra NAUCK, die im Mai im
Landkreis Elbe-Elster, Wahlkreis 2, für die SPD bei der
Kreistagswahl antrat. Die Herzbergerin wurde von der SPD auf
Listenplatz 1 gesetzt und kam als eine von 6 Parteigängern der SPD in
den Kreistag. Die Mehrheit der Stimmen ihrer Partei erhielt sie
dennoch nicht, sondern sie belegte nur Rang 4. Sie will die AfD
entzaubern, aber Selbstkritik ist nicht vorhanden.
"Herzberg
(Elster) im Süden Brandenburgs. Karsten Eule-Prütz ist parteilos
und seit eineinhalb Jahren Bürgermeister (...). Er ist hier geboren,
(...) brach ein Lehramtsstudium ab aus Angst, keine Stelle zu
bekommen. Also Elektromonteur, er installierte Mobilfunkmasten, wurde
Polizist, wechselte in die Verwaltung. (...). Fragt man, wieso die
Stimmung mau sei, erzählt er von den Erwartungen der Bürger. Nämlich
alles schnell und in ihrem Sinne zu bekommen,
schreibt LABERENZ, der sich als
Kumpel der rot-roten Regierungsparteien versteht. Hohe Ansprüche der
Bürger sind eine beliebte Politikerzuschreibung für die Bürger in
erster Linie lästige Störfaktoren sind, was der Subtext des Artikels
ist.
Über den Artikel verstreut werden
uns die üblichen neoliberalen Fakten der einschlägigen Institute um
die Ohren gehauen. Motto: Euch geht's viel zu gut, haltet lieber die
Klappe! Bürgerbeteiligungen sind der Politik ein Graus:
"Anruf bei Leonie Neumann, sie hat
sich in Blankenfelde-Teltow als Moderatorin schulen lassen. (...). Es
geht darum: Bürgervertreter stehen bei Anhörungen auf, halten
weitschweifige Reden. Es geht um Empörung. Um Konfrontation, ums
Rechthaben. Nie ums Zuhören."
Die Bürger sollen also gefälligst
nur zuhören, statt widersprechende Interessen zu äußern. Das zielt vor
allem auf die Freien Wähler ab, die sich auf der kommunalen Ebene
breit gemacht haben. In Herzberg haben die Parteien CDU, AfD und SPD
zusammen gerade einmal 5 Sitze im Gegensatz zu 13 Sitzen von
Wählergruppen und einem Einzelbewerber. Die kommunale Ebene ist den
etablierten Parteien also bereits so gut wie vollständig weggebrochen.
Die Freien Wähler werden in die
Nähe der AfD gerückt:
"Leonie Naumann aus Blankenfelde
hat eine einfache Formel für die Verbindung zwischen Kreisen, die sich
liberal wähnen und als Freie Wähler auftreten, oft Interessen
vertreten, die mit Haus- und Grundbesitz zu tun haben und der AfD: Wer
ein wenig fremdenfeindlicher denke, wechsele."
Im Mittelpunkt aber, steht die
Linkspartei, die eine desaströse Niederlage erleiden wird. Der
langjährige Parteivorsitzende der Cottbuser Linken Eberhard RICHTER -
noch zu SED-Zeiten sozialisiert - tritt als Übervater auf, der das
Politikverständnis des Artikels ausspricht:
"Cottbus-Sachsendorf,
Plattenbauten, ein leerer, mühsam aufgehübster Platz, ab und zu fährt
eine Tram vorbei. (...).
In Brandenburg kann man einen Ablösungsprozess erkennen. Eine Idee von
Politik verschwindet. Eberhard Richter kann neben dem Wahlkampf-Tisch
viel über Cottbus und politische Kultur erzählen. Sie ist an
Biografien gekoppelt: Nach Sachsendorf kam er 1976, da waren gerade
die ersten Blöcke fertig. Viele Männer arbeiteten in Jänschwalde:
Tagebau, oder Kraftwerk. Viele Frauen im Textilkombinat. Rund 12.000
Wohnungen klotzte die DDR dafür neben den alten Ortskern auf die grüne
Wiese. Richter schätzt, dass irgendwann fast 40.000 Menschen hier
lebten. Im Oktober 2018 waren es 11.389. Wer es sich leisten konnte,
baute, zog weg. Richter kam vom Dorf, hat miterlebt, wie das an den
Strom angeschlossen wurde. In Sachsendorf gab es Fernwärme,
Gaststätten. Tramlinien, die einen in die Stadt brachten. Tolle Sache.
(...).
Er meint: Überzeugungen vertreten, Verfahren kennen. Mehrheiten
organisieren, um Inhalte ringen. Kompromisse schließen. Interessiere
fast niemanden. Wie aber die Leute dafür begeistern, motivieren? Die
Frage treibt ihn um, eine Lösung hat er nicht. Noch einmal hat er sich
einspannen lassen, ist wieder Vorsitzender der Linken in Cottbus
geworden, etwa 350 Genossen gibt es, vielleicht 15 seien noch aktiv
und gut zu Fuß. »Ich bin 68 Jahre alt«, lacht er. »Damit liege ich
gerade unter dem Altersdurchschnitt.«"
Die "traditionelle" Linkspartei,
eine politische Marke, die erst nach der Wende in den 1990er Jahren
entstand, sieht sich als Partei der Neubausiedlungen, die einst für
die sozialistische Stadt und Persönlichkeit standen, aber nach der
Wende ihren Charakter veränderten und sich zu sozialen Brennpunkten
verwandelten.
Der blinde Fleck des Artikels:
Nicht nur die Neubausiedlungen haben sich gewandelt, auch die
Linkspartei ist eine andere geworden. Als mitregierende Partei ist sie
von der AfD als der neuen Protestpartei von ihrem Platz verdrängt
worden. Diese Demütigungen werden nun auf die Wähler projiziert.
LEINKAUF, Maxi
(2019): Unser Dorf lebt.
Landtagswahl in Brandenburg: Rückbau: Kablow hat seit der Wende
viel verloren, aber die Leute halten zusammen. Manche meckern, wenn im
Ort Fremde auftauchen,
in:
Freitag Nr.35
v. 29.08.
"Kablow (...) drei Stationen von
Königs Wusterhausen (KW) entfernt, im Südosten von Berlin (...). Das
alte Wärterhäuschen steht da noch, nur ohne Wärter. Dann das
verfallene Haus, wo mal die Gaststätte mit Tanzsaal war. Abgerissen.
Der Bäcker ist verschwunden, der Konsum, an den Fleischer erinnert nur
noch ein Schild. Die gepflasterte Bahnhofstraße, die hin zum Dorfkern
führt, ist oft menschenleer.
An diesem Sonnabend ist Dorffest, es ist das 28. Vor der Wende gab es
das nicht",
schildert Maxi LEINKAUF die
Veränderungen seit der Kindheit in Kablow, einem Ortsteil von Königs
Wusterhausen, das zum
Wahlkreis 27 Dahme-Spreewald II/Oder-Spree I gehört.
"Die Tischlermeisterei Meinert
blieb nach der Wende bestehen, er ist Ortsvorsteher und in der CDU.
(...). Er deutet auf das Gemeindehaus (...). Im Mai dieses Jahres
wurde es eingeweiht, da wo früher die alte Schule stand (...). Kablow
ist der zweitkleinste Ort, aber der aktivste. (...). Bei der
Kommunalwahl bekam Meinert so viele Stimmen, dass er nun zwei der drei
Sitze im Ortsbeirat besetzt. (...).
Schon vor 1989 kamen Ostberliner und hatten ihre Wochenendhäuschen,
das habe der Region geholfen. Sie sind noch da, unten am Krüpelsee, wo
das Dorf endet. (...).
Wenn es den Leuten so gut geht, warum haben dann 88 von 451 Kablower
Wählern und Wählerinnen bei der Europawahl im Mai AfD gewählt, fast 20
Prozent?",
fragt LEINKAUF, schließlich liegt
das rund 900 Einwohner zählende Dorf, das erst 2003 eingemeinde wurde,
im Berliner Speckgürtel. Also sucht sie den alten Bürgermeister Walter
BLANCK von der Linkspartei auf:
"Die meisten haben keine Sorgen,
haben Haus, Hof, Auto, sagt Blanck. Es gebe kaum Abwanderung, einen
guten Jugend- und Kinderstand. Woher dann der Unmut? »Die Leute
schimpfen, weil das, was versprochen wurde, nicht mal annähernd
eingehalten wurde«, sagt Blanck. Nie wieder Funkloch? Es werde
Breitband ausgebaut, ja,
aber nur in Zeesen, Senzig, Niederlehme. (...). Für den Schulweg
nach Zernsdorf, wo die Grundschule heute steht, sei man nicht mal in
der Lage, einen Radweg anzulegen (...). Außerdem häuften sich im
Umland die Einbrüche. (...). Blanck kämpft jetzt um den Erhalt der
Kablower Feuerwehr. Das Depot ist nach Zernsdorf gewandert, niemand
wollte das. »Ein Dorf ohne Feuerwehr, das ist der letzte Husten«."
REINECKE, Stefan
(2019): Der Kandidat vom Land: ein Grüner bei den Roten.
Landtagswahl in Brandenburg: Der Ökobauer und agrarpolitische
Sprecher Sascha Philipp betreibt in Südbrandenburg einen großen
Demeter-Hof. Jetzt will er für die SPD seinen Wahlkreis gewinnen,
in:
TAZ
v. 29.08.
"Sascha Philipp (...), 47, ist
Geschäftsführer des Biolandguts Pretschen. (...).
Die Geschichte von Sascha Philipp in dem Dorf Pretschen, 80 Kilometer
südöstlich von Berlin, hat etwas von einem Märchen. Er kommt aus dem
Westen (...). 1999 kauft er den weitläufigen Gutshof, mit wenig Geld
und viel Unterstützung einer anthroposophischen Stiftung. (...).
Philipp (...) ist agrarpolitischer Sprecher der ökologischen
Anbauverbände Brandenburgs.
Demeter, Ökoanbau, Anthroposophie und die Retro-Agrarpolitik, von der
sich die SPD allenfalls millimeterweise entfernt, passen kaum
zusammen. Doch Philipp kandidiert im Wahlkreis 42 für die SPD",
erzählt uns Stefan REINECKE. Sascha
PHILIPP kandidiert jedoch im
Wahlkreis 28 Dahme-Spreewald III und hat dort gegen den
AfD-Direktkandidaten (28,9 %) verloren (25,7 %). Auch Listenplatz 10
hat nichts genützt, weil die SPD-Abgeordneten nur über
Wahlkreismandate in den Landtag kamen.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Harte Musik im harten Wahlkampf.
Landtagswahl in Brandenburg: Brandenburgs SPD hat wieder bessere
Chancen, die AfD doch noch zu überholen,
in:
Neues Deutschland
v. 29.08.
Andreas FRITSCHE berichtet über den SPD-Direktkandidaten Ludwig
SCHEETZ, der im
Wahlkreis 27 Dahme-Spreewald II/Oder-Spree I gegen den
AfD-Spitzenkandidaten Andreas KALBITZ antritt. Die SPD kann aufgrund
der Medienaufmerksamkeit auf taktische Wähler des Anti-AfD-Bündnisses
hoffen.
"(Die) AfD im Landesmaßstab auf
Platz zwei zu verweisen. Das wäre symbolisch wichtig und hätte auch
die praktische Auswirkung, dass die AfD nicht Anspruch darauf erheben
kann, den Landtagspräsidenten zu stellen",
erklärt uns FRITSCHE den
symbolischen Kampf um die stärkste Partei, der auf eine
Zweitstimmenkampagne des Anti-AfD-Bündnisses hinausläuft. Bei den
Umfragen verweist FRITSCHE auf eine Civey-Umfrage des Tagesspiegel,
in der die Linkspartei mit 15,5 Prozent gut wegkäme. Tatsächlich
reichte es nur für ganz magere 10,7 % in Brandenburg. Die Linkspartei
wurde sozusagen dem Anti-AfD-Bündnis geopfert!
Dietmar WOIDKE lockt auf einer
Wahlkampfveranstaltung im zum Wahlkreis 27 gehörigen
Königs Wusterhausen, das zum
Berliner Speckgürtel gehört, mit Infrastrukturverbesserungen:
"Königs
Wusterhausen (werde) vom Braunkohleausstieg in der weit entfernten
Lausitz profitieren (...), da die Autobahn von Berlin in den Süden mit
Finanzspritzen des Bundes für den Strukturwandel ausgebaut werden
könne."
Dieses Beispiel zeigt, dass die
Strukturförderungen für den
Kohleausstieg nur zu einem geringen Teil den betroffenen Regionen
zugute kommt, sondern gerade dort versickern, wo sie am wenigsten
gebraucht werden. Und mit Klimaschutz hat der Autobahnbau erst Recht
nichts zu tun. Der Ausbau der Bahninfrastruktur wäre wichtiger.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Die Bildung kommt zu kurz.
Landtagswahl in Brandenburg: Schulen sind in Brandenburg wichtiges
Wahlkampfthema,
in:
Neues Deutschland
v. 31.08.
Andreas FRITSCHE wirbt für ein Lehramtsstudium und für die
Schulpolitik der Linkspartei:
"Wenn sich Jungen und Mädchen nicht
nach der 6. Klasse auf Gymnasien und Oberschulen aufteilen, bestehen
bessere Chancen, dass neben der Kirche auch die Schule im Dorf
gelassen werden kann."
Ob Gemeinschaftsschulen ein Rezept
gegen Schulschließungen im ländlichen Raum sind, ist fraglich, solange
der neoliberale Zeitgeist die Personalpolitik bestimmt.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Ein Proletarier in der Politik.
Landtagswahl in Brandenburg: Der Stahlwerker Mirko Böhnisch tritt
bei der Landtagswahl für die Linke an,
in:
Neues Deutschland
v. 31.08.
"Für den Landtagswahlkampf hatte
sich Mirko Böhnisch eine Woche Urlaub genommen. Zuletzt ist er wieder
zur Arbeit gegangen. In Früh-, Spät- und Nachtschichten ist der
49-Jährige Anlagenfahrer im Kaltwalzwerk des Stahlkonzerns Arcelor
Mittal in Eisenhüttenstadt - ein echter Proletarier. (...).
Türen geöffnet habe ihm in der Partei seine Mutter (...). Helga
Böhnisch war (...) Lehrerin und hatte den Landtagswahlkreis 2004 und
2009 für die Sozialisten gewonnen.
Doch das waren andere Zeiten. Mirko Böhnisch rechnet sich nur geringe
Chancen aus, es seiner Mutter gleichzutun. Der Wahlkreis droht an die
AfD zu fallen.
(...).
Böhnisch erkennt (...) die Ursachen der Frustration. Früher lebten
50.000 Einwohner in Eisenhüttenstadt. Die Menschen zogen zu DDR-Zeiten
her, weil es hier Arbeit, Wohnungen und eine gute Versorgung gab.
Seine Großeltern kamen damals mit der Mutter aus Leipzig. Nach der
Wende verkehrte sich die Lage ins Gegenteil. Die Einwohnerzahl
schrumpfte auf 24.000. Das Stahlwerk hatte einst 17.000 Beschäftigte.
Heute sind es 3.000 - und Eisenhüttenstadt muss über diese Zahl noch
froh sein. »Wenn das Werk einmal sterben sollte, stirbt die Stadt«,
ist Böhnisch überzeugt",
porträtiert Andreas FRITSCHE den
Direktkandidaten der Linkspartei im
Wahlkreis 29 Oder-Spree II, den die AfD mit 28,3 % vor CDU (23,2
%), der SPD (21,5 %) und der Linkspartei (11,8 %) gewann.
WEINZIERL, Alfred (2019): Stadt, Land, Kohle.
Brandenburg: 30 Jahre nach dem Mauerfall profitiert die Mark vom
Boom der Hauptstadt. Doch je weiter man sich von Berlin entfernt, umso
sichtbarer wird das Trauma der Neunzigerjahre - und die Sehnsucht der
Menschen nach Sicherheit,
in: Spiegel
Nr.36
v. 31.08.
"Im Jahr 30 nach dem Mauerfall
zählen sanierte Fassaden nicht mehr. Im Jahr 30 kümmert viele Bürger
nicht die Wahrheit der anderen, sondern ihre eigene Wahrheit",
jammert uns Alfred WEINZIERL vor,
den die Wahrheit der anderen genauso wenig kümmert!
"Brandenburg ist ein Flächenland,
deutlich das größte der neuen Bundesländer, und in der Mitte ein
fremder Kern: die Hauptstadt. (...). Eigentlich ist Brandenburg
dreigeteilt, nicht geografisch, sondern strukturell: Stadt, Land,
Kohle",
meint WEINZIERL. Stadt meint die
gentrifizierten Speckgürtel um Berlin, also Dahlewitz, Rangsdorf,
Mahlow oder Potsdam. CDU-Spitzenpolitiker Ingo SENFTLEBEN werden die
Worte in den Mund gelegt:
"Seit Jahren wird Brandenburg
auf
Schrumpfen regiert, das hat die Entwicklung gehemmt."
Seit Claas RELOTIUS weiß man ja
nie, was Fiction und Realität beim Spiegel ist. Das Land ist
jedenfalls "Ödnis" und dafür steht Herzberg:
"Herzberg, knapp 10.000 Einwohner,
liegt im Süden Brandenburgs. Leipzig ist näher als Berlin. Doch die
Zugverbindung in beide Metropolen ist mies. In Herzberg sitzt die
Verwaltung des Elbe-Elster-Kreises, das garantiert immerhin rund 800
Arbeitsplätze. Diverse demografische und ökonomische Studien bewerten
das landwirtschaftlich geprägte Elbe-Elster als menschenleer,
überaltert, abgehängt.
Ulf Lehmann, Elektromeister in Herzberg, entwirft ein anderes Bild.
(...). Lehmanns Ehefrau (...) hat 1997 in Herzberg Abitur gemacht. Von
den 90 Schulabgängern blieben 3 im Ort, alle anderen suchten ihr Glück
in der Ferne. (...).
Nach dem Studium ging sie nach Herzberg zurück und eröffnete 2003
einen Buchladen. (...) »Meine Rückkehr wurde mit Unvernunft
gleichgesetzt«, sagt die Geschäftsfrau, die heute einen Regionalverlag
besitzt.
Am schlimmsten, glaubt die inzwischen vierfache Mutter, habe es die
Eltern getroffen, deren Kinder fortgezogen sind (...).
Bei der Europawahl 2014 bekam die AfD im Elbe-Elster-Kreis 3.226
Stimmen; im vergangenen Mai waren es 12.538",
verrät uns WEINZIERL. Was er nicht
weiß: Bei der Landtagswahl hat die
AfD in beiden Wahlkreisen des
Landkreises die Direktmandate gewonnen. Da nützte es nicht, wenn
WEINZIERL schreibt:
"Als sich (...) die beiden
AfD-Direktkandidaten im Elbe-Elster-Kreis vorstellen, haben sich die
Bierbänke schon gelichtet. Wenn es überhaupt möglich sein sollte, dass
in Brandenburg ein Funke überspringt: An diesem Samstag in Herzberg
ist es nicht geschehen."
Kohle, das ist für WEINZIERL
Cottbus:
"Lothar Judith (...) kommt aus
Wanne-Eickel, er ist Gewerkschafter, 1998 ging er für den DGB nach
Berlin, 2003 dann nach Cottbus, mitten ins Brandenburger Kohlerevier.
(...). Vielleicht hilft es, aus dem Pott zu kommen, um sich in Cottbus
wohlzufühlen. Zweifellos ist die Stadt hübsch restauriert, rundherum
sind auf den renaturierten Tagebauflächen Seen entstanden.
Nur die Rechtsextremen nerven, sagt Judith (...). Deshalb hat sich
1999 der Cottbuser Aufbruch gebildet, von dessen Förderverein ist
Judith zweiter Vorsitzender".
Der Investitionsstau, den Rot-rot
zu verantworten hat, wird nur kurz angesprochen, denn:
"In einem Land, in dem seit
Ewigkeiten alle Impulse von oben oder von außen kamen, wäre es
vielleicht an der Zeit, die Leute (...) mal selber machen zu lassen.
Diese Vision hat jedenfalls Karsten
Eule-Prütz, seit anderthalb Jahren Bürgermeister von Herzberg.
(...).
Das Freibad, 50 Jahre alt, muss dringend saniert werden. Der
Förderantrag wurde abgelehnt. Jetzt versucht es die Stadt selbst, mit
einer Spendenaktion und mit 250.000 Euro aus dem laufenden Haushalt.
Das hat er so beschlossen."
LANDESWAHLLEITER (2019): Vorläufiges amtliches Ergebnis der Wahl zum
7. Landtag Brandenburg.
in:
wahlen.brandenburg.de
v. 01.09.
Obwohl die SPD stärkste Partei in
Brandenburg bleibt, ist das Ergebnis für die etablierten Parteien ein
Desaster. Die folgenden Tabelle zeigt die Ergebnisse der
CDU-freundlichen Forschungsgruppe Wahlen, die noch kurz vor der Wahl
eine Umfrage veröffentlichte:
|
SPD |
AfD |
CDU |
Grüne |
Linke |
BVB/Freie Wähler |
FDP |
Landeswahlleiter
(vorläufiges Ergebnis v. 01.09.2019) |
26,2
% |
23,5
% |
15,6
% |
10,8
% |
10,7
% |
5,0
% |
4,1
% |
ZDF-Forschungsgruppe Wahlen (Umfrageergebnisse v.
29.08.2019) |
22,0
% |
21,0
% |
16,5
% |
14,5
% |
14,0
% |
4,0
% |
5,0
% |
Abweichung
Umfrage/Wahlergebnis |
+ 4,2 % |
+ 2,5 % |
- 0,9 % |
-
3,7 % |
-
3,3 % |
+
1,0 % |
-
0,9 % |
Die Umfragewerte der
CDU-freundlichen Forschungsgruppe Wahlen ist entsprechend der sozialen
Erwünschtheit verzerrt, d.h. der Medienhype um die Grünen und die
Gleichsetzung von AfD mit dem völkischen Flügel in der
Mainstreampresse sind genauso wenig eingeflossen wie die abgesagte
Kreisreform, die der Linkspartei wesentlich mehr schadete als der SPD.
Besonders dramatisch ist der
AfD-Gewinn von einem Drittel der Wahlkreise (15 der 44 Wahlkreise).
Die AfD beerbte 8 Wahlkreise der Regierungsparteien (6 SPD-Wahlkreise
und 2 Linkspartei-Wahlkreise) sowie 7 Wahlkreise der CDU. Aus der
folgenden Tabelle ist die Verteilung der Wahlkreise ersichtlich:
|
Gesamtzahl
der Sitze |
SPD |
AfD |
CDU |
Grüne |
Linke |
BVB/Freie Wähler |
Anzahl Direktmandate |
|
25 |
15 |
2 |
1 |
0 |
1 |
Anzahl Listenplätze
|
|
0 |
8 |
13 |
9 |
10 |
4 |
Anzahl der Sitze |
88 |
25 |
23 |
15 |
10 |
10 |
5 |
Gewinn/Verlust zu
2014 |
88 |
- 5 |
+ 12 |
- 6 |
+ 4 |
- 7 |
+ 2 |
Die AfD konnte in Brandenburg rund
zwei Drittel ihrer Sitze über ein Direktmandat erringen. Dabei stellt
sich die Frage, ob die Wahlkreise alle im ländlichen Raum jenseits des
Berliner Speckgürtels, bzw. in Abwanderungsgebieten, liegen
(Strukturdaten
hier). Aus der folgenden Tabelle sind die 15 Wahlkreise
ersichtlich, die von AfD-Kandidaten gewonnen wurden:
Wahl-
kreis-
Nr. |
Wahlkreisname |
Partei des
Direktkandidaten
im Jahr 2014 |
10 |
Uckermark III/Oberhavel IV |
CDU |
11 |
Uckermark I |
SPD |
15 |
Barnim
III |
SPD |
28 |
Dahme-Spreewald III |
SPD |
29 |
Oder-Spree II |
CDU |
30 |
Oder-Spree III |
SPD |
33 |
Märkisch-Oderland III |
Linke |
34 |
Märkisch-Oderland IV |
SPD |
35 |
Frankfurt/Oder |
Linke |
36 |
Elbe-Elster I |
CDU |
37 |
Elbe-Elster II |
CDU |
40 |
Oberspreewald-Lausitz III/Spree-Neiße IV |
CDU |
42 |
Spree-Neiße II |
CDU |
43 |
Cottbus I |
CDU |
44 |
Cottbus II |
SPD |
Wer bei der SPD kein Direktmandat
gewann, der wird künftig nicht mehr dem Landtag angehören.
Die Linkspartei hat als
mitregierende Partei eine desaströse Niederlage zu verzeichnen und
verlor alle 4 Direktmandate. Da half auch z.B. der Einsatz von Gregor
GYSI für Wolfgang NEUMANN in
Wahlkreis 35 Frankfurt/Oder nichts. Im
Wahlkreis 4 wurde der linke Finanzminister Christian GÖRKE -
trotz massiver Wahlpropaganda
geradezu abgestraft (20,4 % statt 32,0 % im Jahr 2014), kann sich
jedoch dennoch mit Listenplatz 4 über die Ziellinie schleppen. Daneben
ging noch Wahlkreis 22
und Wahlkreis 32 verloren.
Die Grünen gewannen im
Wahlkreis 21 Potsdam I ihr einziges Direktmandat mit einem äußerst
knappen Vorsprung (27,0 %) vor der SPD (26,7 %). Besonders pikant ist
es, dass Marie SCHÄFFER
sich gegen Klara GEYWITZ
durchsetzte, die mit Olaf SCHOLZ zusammen für den SPD-Parteivorsitz
kandidiert. Das war in der Schlussphase des Wahlkampfes bekannt
geworden und dürfte zur Niederlage beigetragen haben.
FRITSCHE, Andreas
(2019): In Hoppegarten ist das Rennen um Sieg oder Platz offen.
Bürgermeisterwahlen Brandenburg: Am Sonntag gab es
Bürgermeisterwahlen in 30 Städten und Gemeinden Brandenburgs. In
einigen Fällen sind Stichwahlen erforderlich,
in:
Neues Deutschland
v. 03.09.
Andreas FRITSCHE hofft auf die Wiederwahl von Karsten KNOBBE
(Linkspartei) in Hoppegarten, wo eine Stichwahl erforderlich wird.
Daneben wird über Brügermeisterwahlen in Werneuchen (Stichwahl),
Blankenfelde-Mahlow, wo der langjährige Bürgermeister Ortwin BAIER
aufgrund seines gewonnenen Wahlkreises in den Landtag wechseln
wird, Storkow (Wiederwahl der SPD Bürgermeisterin), Wandlitz
(Einzug der Linkspartei-Kandidatin in die Stichwahl verpasst),
Fürstenberg/Havel (Wiederwahl des amtierenden Bürgermeisters),
Jüterbog (Wiederwahl des amtierenden Bürgermeisters) und Zossen
(Neuwahl einer FDP-Bürgermeisterin).
NEFF, Benedict & Marc Felix SERRAO (2019): Alle gegen Einen.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Die Bilanz der kollektiven
Anti-AfD-Strategie in Sachsen und in Brandenburg ist durchzogen,
in:
Neue Zürcher Zeitung v. 04.09.
NEFF & SERRAO sehen die Anti-AfD-Strategie als wenig effektiv:
"Hätten sich die anderen Parteien mehr auf sich selbst
konzentriert, hätten sie besser abgeschnitten".
FRITSCHE, Andreas
(2019): Laut über linke Einheitspartei nachgedacht.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: René Wilke, der
Oberbürgermeister von Frankfurt (Oder), hält eine Fusion mit der SPD
für diskussionswürdig,
in:
Neues Deutschland
v. 04.09.
"Nachdem die Linke bei der Landtagswahl (...) abstürzte, stehen Partei
und Fraktion vor finanziellen Schwierigkeiten. Die Mitarbeiter der
Fraktion, auf 17 abgeordnete berechnet, haben Arbeitsverträge bis
Dezember und müssen bezahlt werden. Eine Oppositionspartei bekommt in
Brandenburg einen finanziellen Zuschlag von 25 Prozent. Den gibt es
aber nicht, wenn es zu einer rot-rot-grünen Regierung kommt. Der
Partei werden künftig die Spenden von sieben Landtagsabgeordneten
fehlen. Vielerorts im Land hängen auch Gebietsgeschäftsstellen an
Wahlkreisbüros von Abgeordneten. Die Verankerung im Lande droht
verloren zu gehen",
klagt Andreas FRITSCHE. Vor diesem
Hintergrund wird dann der Vorschlag zur Fusion von SPD und Linkspartei
präsentiert. Doch als kurzfristiger Rettungsplan ist der Vorschlag
ungeeignet.
"Es gehe um eine langfristige
Option. Vielleicht in fünf Jahren, falls die Landtagswahlen dann noch
schlimmer ausgehen sollten."
Offenbar hat sich bei der
Linkspartei bereits ein Hang zur Selbstaufgabe breit gemacht. Eine
Fusion beseitigt nicht das programmatische Problem der Linken. Das ist
nicht durch Fusion, sondern nur durch Abspaltungen lösbar. Neue
Konfliktlinien kann nicht mit alten Konstellationen begegnet werden,
sondern erfordern neue Konstellationen. So wie die AfD ein
strömungsübergreifendes Konglomerat ist, hilft auch auf der linken
Seite nur eine Neuaufstellung, die quer zu den bisherigen etablierten
Parteien steht. Davon ist jedoch nichts zu spüren!
FRITSCHE, Andreas
(2019): Die biologische Auflösung.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Was sich die Gegner der
Sozialisten 1990 erträumten, scheint doch wahr zu werden,
in:
Neues Deutschland
v. 06.09.
"Im Brandenburger Landtagswahlkampf hatte die Abgeordnete Andrea
Johlige (Linke) nur zwei Dutzend Helfer in ihrem Wahlkreis. (...).
Im ausgedehnten Wahlkreis der 30-jährigen Kandidatin Claudia Sprengel
im Landkreis Potsdam-Mittelmark dasselbe Problem. In den Ortschaften
zwischen Bad Belzig nahe der Grenze zu Sachsen-Anhalt und Michendorf
vor den Toren Berlins wohnen oft nur noch sehr alte und im schlimmsten
Fall gar keine Genossen mehr. Wer soll dort Straßenwahlkampf machen
(...) ? Es gibt nur ein paar Inseln mit einer nennenswerten Zahl
junger Genossen: Potsdam, Cottbus, Neuruppin und Bernau
beispielsweise.
Schatzmeister Ronny Kretschmer teilt auf Anfrage mit, dass die
brandenburgische Linke mit Stand vom 31. Dezember vergangenen Jahres
5.802 Mitglieder zählte. Nur zehn Prozent dieser Mitglieder waren 35
Jahre und jünger, aber 48 Prozent schon älter als 70 Jahre. 14 Prozent
aller Genossen sind 81 bis 85 Jahre alt und 17 Prozent noch älter",
heult uns Andreas FRITSCHE vor. Hinzu kommt, dass der Linkspartei die
Berufspolitiker weggebrochen sind und deshalb der Wahlkampf für die
Direktkandidaten schwieriger geworden ist:
"Elke Bär, eine der Kandidatinnen
der Linkspartei für die Landtagswahl, ist Sportlehrerin und nutzte am
Donnerstag vor dem Wahlsonntag eine große Pause, Um (...) am Infostand
von Gesundheitsstaatssekretär Andreas Büttner (Linke) vorbeizuschauen,
der ebenfalls bei der Landtagswahl antrat. Die Sommerferien waren
vorüber, Elke Bär musste unterrichten. Sie hätte für den Wahlkampf
zwar einen Sonderurlaub beantragen können, meinte aber, angesichts des
Lehrermangels die Schüler im Stich zu lassen, käme bei den Eltern
nicht gut an und könnte Stimmen kosten",
schreibt FRITSCHE. Hier zeigt sich,
dass es hier keineswegs um ein demografisches Problem handelt, sondern
dass die rot-rote Regierung schlechte Arbeit geleistet hat und
den Lehrermangel nicht rechtzeitig angegangen ist. Die
Neoliberalisierung der Linken und ihre damit verbundene Abscheu vor
Investitionen in Lehrer, ist dem Zeitgeist geschuldet, dem sich die
Linkspartei nicht widersetzt hat, sondern brav untergeordnet hat. Die
Quittung bekommt sie nun! Auch bei der geplanten Kreisgebietsreform
hat die Linkspartei lieber dem neoliberalen Zeitgeist gehuldigt und
mit politisch korrekten Bevölkerungsvorausberechnungen, die in
keinster Weise die Realitäten im Lande wiedergaben, gerechtfertigt.
Auch dafür erhält die Linkspartei die Quittung!
"Auch andere Kandidaten wie
Mirko Böhnisch, ein Schichtarbeiter im Walzwerk Eisenhüttenstadt, oder
Isabelle Czok-Alm Erzieherin in Bernau, konnten sich nicht wochenlang
frei nehmen. So viele Berufspolitiker und Wahlkreismitarbeiter gibt es
nicht mehr, nachdem die brandenburgische Linke schon seit den
Landtagswahlen 2014 und seit den Bundestagswahlen 2017 weniger
Abgeordnete in den genannten Parlamenten sitzen hat. Das wird
nicht besser. Denn mit dem Debakel am Sonntag sind es noch einmal
sieben weniger",
heult uns FRITSCHE vor. Das kann
nicht erklären, dass die Linkspartei alle vier Direktmandate verloren
hat. Die vier Direktmandate der Linkspartei im Jahre 2014 sind aus
folgender Tabelle ersichtlich:
Landtagswahl 2014 |
Landtagswahl 2019 |
Gewonnene
Wahlkreise |
Name |
Erststimmen |
Vorsprung |
Gewinner |
Linkspartei-
Position |
Name der
Linkspartei-
Kandidaten |
4
Ostprignitz-Ruppin III/Havelland III |
GÖRKE,
Christian |
32,0
% |
6,0
% |
SPD
(24,9 %) |
3
(20,4 %) |
Wiederantritt |
22 Potsdam II |
SCHARFENBERG, Hans-Jürgen |
38,4
% |
10,5
% |
SPD
(26,5 %) |
2
(24,1 %) |
Wiederantritt |
32
Märkisch-Oderland II
|
KAISER, Kerstin |
31,5
% |
1,2
% |
SPD
(25,9 %) |
3
(17,0 %) |
WEIß,
Gregor |
35 Frankfurt/Oder |
WILKE,
René |
31,0
% |
11,0
% |
AfD
(24,8 %) |
2
(22,1 %) |
NEUMANN, Wolfgang |
Zwei Linkspartei-Kandidaten konnten
ihr Mandat nicht verteidigen, darunter der Finanzminister und
neoliberaler Sparkommissar GÖRKE. SCHARFFENBERG war nicht wie GÖRKE
über die Landesliste abgesichert, d.h. er wird nicht mehr im Landtag
vertreten sein. Bei den weiteren zwei Linkspartei-Kandidaten ist die
Vererbung des Wahlkreises gescheitert.
"(I)n Brandenburg (...) hat die
Linke seit zehn Jahren seriös mitregiert und hat sich damit einen
guten Ruf erarbeitet, der ihr zum Nachteil ausschlägt. Wenn sogar der
CDU-Landesvorsitzende Ingo Senftleben ernsthaft in Erwägung zog, eine
Koalition mit der Linkspartei zu bilden, dann taugt die Partei nicht
als Gespenst des Kommunismus",
meint FRITSCHE in Verkennung der
Realität, denn offenbar sind die Wahlberechtigten nicht dieser Ansicht
gewesen. Nicht die Parteizeitung bestimmt, was ein "guter Ruf" ist,
sondern die Wahlberechtigten. Als Protestpartei taugt die Linkspartei
genauso wenig wie als Regierungspartei. Sie hat das gleiche Schicksal
wie alle braven Juniorpartner ereilt: die Unsichtbarkeit und damit
Überflüssigkeit!
Als weitere Gründe nennt FRITSCHE
die innere Zerstrittenheit. Als positiv streicht er den Kreisverband
Potsdam-Mittelmark heraus:
"Hier dominieren Anhänger Sahra
Wagenknechts und ihrer Sammlungsbewegung »Aufstehen«. Sie hatten
dennoch Claudia Sprengel nominiert, obwohl sie (...) zum anderen
Flügel der Partei gezählt werden muss. (...). Die Kräfte sind zu
gering, um sich noch aufzusplittern."
Offenbar hat FRITSCHE nichts
verstanden, denn Claudia
SPRENGEL landete im Wahlkreis 18 Potsdam-Mittelmark II mit 8,4 %
nur knapp vor den Freien Wählern auf dem vorletzten Platz der in den
Landtag eingezogenen Parteien. Nicht mal über die Landesliste ist sie
nun vertreten. Wenn das vorbildlich sein soll, dann Gute Nacht!
Über die Landesliste schaffte es
dagegen auf Platz 10 noch Andreas BÜTTNER,
das ehemalige FDP-Mitglied. Dass die Linkspartei auf ehemalige
FDP-Mitglieder zurückgreifen muss, zeigt die Erschöpfung der Partei
besonders deutlich.
Fazit: Die Linkspartei ist nicht in
erster Linie durch "biologische Auflösung" bedroht, sondern durch die
Selbstverzwergung, die auf einem Minderwertigkeitskomplex beruht. Die
"roten Socken"-Kampagnen haben zur Selbststigmatisierung geführt,
statt zum selbstbewussten Widerstand gegen den neoliberalen Zeitgeist.
POSENER, Alan
(2019): Die Linke auf der Suche nach "Zukunftsthemen".
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Das Debakel bei den Wahlen in
Brandenburg und Sachsen erklärt die Partei vor allem mit der sinkenden
Zahl der über 60-Jährigen: Die Wähler seien nicht zur AfD abgewandert,
sondern gestorben. Nach der Thüringen-Wahl will die Partei beginnen,
sich neu aufzustellen,
in:
Welt
v. 06.09.
Alan POSENER zitiert die Politikwissenschaftlerin Barbara ZEHNPFENNIG
aus dem erzkatholischen Passau, deren Analyse an Häme grenzt.
"Die über 60-Jährigen sind die, die
uns überdurchschnittlich gewählt haben. Und diese Gruppe wird nicht
größer",
wird Bernd RIEXINGER zitiert.
Während hier mit "demografischer Faktor" die Wählerschaft gemeint ist,
hat Im Gegensatz dazu die
Parteizeitung der Linkspartei die schrumpfende Mitgliedschaft in
den Fokus gestellt.
Die Linkspartei setzt nun alle
Hoffnung in den einzigen Ministerpräsidenten: Bodo RAMELOW, der in
Thüringen mittels Amtsbonus und einem Anti-AfD-Wahlkampf die
Linkspartei als stärkste Partei retten soll. POSENER streicht die
innerparteilichen Querelen in der Bundespartei heraus, die den
Deutungskampf um die Faktoren der desaströsen Wahlniederlage
bestimmen. Dabei wird Bernd RIEXINGER gegen Bernd STEGEMANN
gegeneinander ausgespielt. RIEXINGER wird dabei als Integrationsfigur
inszeniert:
"Der
Deliveroo-Ausfahrer in Berlin mag Hipster sein, ist aber auch
prekär beschäftigt."
Kann eine Partei sowohl im urbanen
Glamourmilieu als auch im traditionellen Milieu der Arbeitnehmer
erfolgreich sein oder führt dieser Spagat nicht zur Unkennlichkeit? Da
wählen die Menschen lieber die jeweiligen "Originale".
Am Ende steht der Vorschlag von
René WILKE, Oberbürgermeister in Frankfurt/Oder,
SPD und Linkspartei zu
fusionieren.
LEHMANN, Anna (2019): Die linke Krise.
Die Linkspartei ist in Brandenburg und
Sachsen auf das Ergebnis von 1990 zurückgefallen. Mit dem Ende als
Ostpartei steht auch ihre Existenz als bundesweite Kraft auf dem
Spiel. Wie soll es weiter gehen?
in: TAZ
v. 07.09.
"Im Osten denken nicht wenige, dass die Ursachen auch in der
Vereinigung von WASG und PDS liegen. Diese sei auf Kosten des Ostens
gegangen.
So sieht es auch die Brandenburger Linke-Vorsitzende
Anja Mayer. (...) Mayer wuchs in Rothenburg ob der Tauber auf und
lebt seit 2015 in Potsdam. Viele halten sie für eine Urbrandenburgerin,
vielleicht weil sie als Arbeiterkind so bodenständig tickt. (...).
In Brandenburg hat die Linke 7 von 17 Mandaten verloren. Das heißt: 7
von 17 Landkreisen sind nunmehr
»Betreuungswahlkreise«. Da die Partei aus diesen keine Vertreter mehr
in den Landtag entsenden kann, übernimmt ein Abgeordneter aus einem
Nachbarlandkreis den verwaisten Kreis. Das trifft etwa auf den
Landkreis Oder-Spree zu, ein Gebiet, annähern so groß wie das
Saarland",
beschreibt Anna LEHMANN die Folgen
der desaströsen Niederlage der Linkspartei in Brandenburg. Was
LEHMANN nicht erwähnt: Der
Landkreis Oder-Spree gehörte bei der Landtagswahl zu 4
Wahlkreisen, die teilweise zu anderen Landkreisen gehörten.
Wahl-
kreis-
Nr. |
Wahlkreisname |
Zugehörige
Städte, Gemeinden
und Ämter |
Partei des
Direktkandidaten
im Jahr 2014 |
Zuständige
Linke-Abgeordnete
per Landesliste 2014 |
Partei des
Direktkandidaten
im Jahr 2019 |
27 |
Dahme-Spreewald II/
Oder-Spree I |
Königs-Wusterhausen
Storkow (Mark)
Tauche
Scharmützelsee
Spreenhagen |
SPD |
PREUß,
Carsten
(Bürgerbüro Frankfurt/Oder)
SCHÖNEBURG, Volkmar |
SPD |
29 |
Oder-Spree II |
Eisenhüttenstadt
Friedland
Brieskow-Finkenheerd
Neuzelle
Schlaubetal |
CDU |
SCHÖNEBURG, Volkmar |
AfD |
30 |
Oder-Spree III |
Beeskow
Fürstenwalde/Spree
Grünheide/Mark
Rietz-Neuendorf
Odervorland mit
Steinhöfel |
SPD |
SCHÖNEBURG, Volkmar
(Bürgerbüro in Fürstenwalde) |
AfD |
31 |
Märkisch-Oderland I/
Oder-Spree IV |
Erkner
Hoppegarten
Neuenhagen
Schöneiche
Woltersdorf |
SPD |
SCHÖNEBURG, Volkmar |
SPD |
Im Wahlkreis 27 trat der
AfD-Spitzenkandidat Andreas KALBITZ an, der das Feindbild Nr.1 im
Brandenburger Wahlkampf war. Er kam auf 22,9 % (Zweitstimme:
23,8 %) hinter dem SPD-Direktkandidat mit 27,3 % (Zweitstimme: 27,6
%). Die Linke-Direktkandidatin Astrid BÖGER kam auf 12,3 %
(Zweitstimme 11,3 %) und damit sogar hinter der CDU (13,7 %).
Erstaunlich für diesen Wahlkreis: die Direktkandidaten schnitten
mehrheitlich schlechter ab als ihre Partei. Ausnahmen: Linkspartei und
Freie Wähler.
OCHS, Birgit (2019): Berlins teure Nachbarin.
Nirgendwo in Brandenburg kosten Grundstücke so viel wie in
Kleinmachnow. Dabei hatte der Bauunternehmer Adolf Sommerfeld dort
einst große Pläne für Kleinverdiener,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 08.09.
Birgit OCHS geht bis ins Jahr 1927 zurück, um uns die Entwicklung der
Kleinstadt Kleinmachnow im brandenburgischen Landkreis
Potsdam-Mittelmark zu erklären, wobei die Sommerfeld-Siedlung im
Mittelpunkt steht.
"Kleinmachnow, das zwischen 1920
und 1938 die Zahl seiner Einwohner von 3.000 fast vervierfacht hatte,
fiel in eine Art Dornröschenschlaf. (...). (Es) gehört zu den
Besonderheiten des Orts, dass er seit den Dreißigern als Wohnort eine
starke Anziehungskraft auf Künstler, Schriftsteller, Verleger und
Politiker entfaltet hat. Die wirkt bis heute - auch auf jene, die
nicht gerade gediegene Bürgerlichkeit verkörpern",
erzählt OCHS. Seit 2008 wird die
Stadt von dem SPD-Bürgermeister Michael GRUBERT regiert, der in der
"neuen Mitte" residiert:
"Das Ensemble ist ein
Paradebeispiel für am Reißbrett geplante Investorenarchitektur aus der
Mitte des vergangenen Jahrzehnts. (...). Was den Ort für die
Neu-Kleinmachnower so anziehend macht, ist die Nähe zu Potsdam, vor
allem aber zu Berlin. (...).
Im Grünen wohnen und das unendlich große Angebot der Hauptstädte
nutzen - so halten es sehr viele der Zugezogenen, die mittlerweile 80
Prozent der Einwohnerschaft ausmachen. (...). (So) pendeln Familien
(...) täglich über die Landesgrenze - und wünschen sich, dass der
Anschluss ans Bahnnetz doch noch besser wird. Denn mit dem Knotenpunkt
im U- und S-Bahn-Netz, wie ihn Adolf Sommerfeld schaffen wollte, ist
es bisher nichts geworden. Zwar gibt es konkrete Pläne, Kleinmachnow
ans Bahnnetz anzuschließen, doch das wird sich ziehen.
Die Immobilienpreise sind auch ohne besonders gute Anbindung an die
Schiene in die Höhe geschossen. (...). Die Gemeinde habe vielleicht
noch Flächen für 200 bis 300 Wohnungen. Das zementiert den exklusiven
Charakter, den der Ort heute hat."
Kleinmachnow liegt im
Landtagswahlkreis 20 Potsdam-Mittelmark IV, wo die SPD noch das
Direktmandat vor den Grünen (20,5 %) holen konnte. In der
Stadt Kleinmachnow überholten die Grünen sogar die SPD als
stärkste Partei. Hier lebt es sich also in der postmodernen
Komfortzone Brandenburgs - Die Lausitz und die AfD sind hier kein
Problem.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Mehrheiten wichtiger als Inhalte.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: SPD will mit CDU koalieren,
wenn diese ihren Streit beilegt. Deren Chef Senftleben springt ab,
in:
Neues Deutschland v. 09.09.
Andreas FRITSCHE berichtet über eine parteiöffentliche Tagung der
Linkspartei, die ihre Skandal-Politikerin Diana GOLZE wieder
reanimiert hat, was die Verzweifelung der Partei mit ihrer erschöpften
Personaldecke deutlich zeigt.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Systemkritik mit einer Utopie.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Volkswirt Martin Günther
analysiert Wahldebackel seiner Linkspartei und macht Vorschläge,
in:
Neues Deutschland v. 10.09.
Andreas FRITSCHE berichtet über eine vierseitiges Diskussionspapier
von Martin GÜNTHER, der bei der Landtagswahl gar nicht angetreten ist.
Aufgrund der Wählerwanderungen macht GÜNTHER die üblichen Vorschläge,
die nach Wahlschlappen gewöhnlich kommen: Profilschärfen, bessere
Kommunikation der eigenen Positionen. Versäumnisse werden nur zwei
genannt: Zustimmung zum Polizeigesetzentwurf und vergeblicher Einsatz
für Altanschließer. Ansonsten werden Etiketten genannt, die der Partei
ein positives Image verpassen sollen.
Fazit: Die Linkspartei ist in einer
schweren Krise, die existenziell zu werden droht, wenn in Thüringen
der einzige linke Ministerpräsident abgewählt wird.
BALCEROWIAK, Rainer
(2019): Wandlitz, was tun?
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Ortsverband der Linkspartei
besprach am Dienstagabend bei einem öffentlichen Treffen die
Wahlschlappe,
in:
Neues Deutschland
v. 12.09.
"Am Dienstag trag sich der
Ortsverband
Wandlitz. (...). Zwar erreichte die Partei dort mit 11,8 Prozent
der Zweitstimmen ein leicht überdurchschnittliches Ergebnis, doch im
Vergleich zu 2014 hat sich der Stimmenanteil fast halbiert, während
die AfD ihr Ergebnis mit 23,1 Prozent annähernd verdoppelte.
Auch bei der Bürgermeisterwahl (...) gab es eine Niederlage. Die von
den Grünen und einer unabhängigen Wählergemeinschaft unterstützte
Kandidatin Gabriele Bohnebuck (Linke) kam nur auf den vierten Rang und
verpasste so die Stichwahl",
erklärt uns Rainer BALCEROWIAK die
politische Lage in der Gemeinde Wandlitz, die zum
Landtagswahlkreis 15 Barnim III gehört. Den Wahlkreis gewann die AfD
mit 0,3 Prozent Vorsprung vor der SPD.
Isabelle CZOK-ALM von
der Linkspartei kam nur auf Platz 4. Wie überall bei der Linkspartei
votieren die Posteninhaber fürs Mitregieren.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Die Roten und die Grünen sind sich nah.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Linke und Ökopartei haben
miteinander viele Schnittmengen, brauchen zum Regieren aber den
Wahlsieger SPD,
in:
Neues Deutschland
v. 16.09.
Andreas FRITSCHE hofft mit den 10 neu gewählten linken Mandatsträgern
auf eine Regierungskoalition mit SPD und Grüne, weshalb er alle
Stationen auf dem Weg zur Regierungsbildung aufzählt und jeweils
betont, dass noch lange keine endgültige Entscheidung bevorstehe.
Bekanntlich stirbt die Hoffnung zuletzt. Als GAU werden das Scheitern
der Regierungsbildung bis Dezember und Neuwahlen bezeichnet, was eher
kein realistisches Szenario ist. Es zeigt lediglich die Verzweiflung
bei der Linkspartei an.
FRITSCHE betont, dass nur Grüne und
Linke im Wahlprogramm den Kohleausstieg auf das Jahr 2030 terminiert
hätten. Dies aber könnte genau der Knackpunkt für eine Rot-Grün-Rote
Koalition sein. In diesem Punkt stehen sich CDU und SPD näher. Die
Grünen dagegen werden ein Scheitern an diesem Punkt aufgrund ihres
strikten Anti-AfD-Kurses nicht in Kauf nehmen können. Außerdem spricht
für Rot-Schwarz-Grün, dass diese Koalition eine größere Mehrheit
hätte.
HEIDTMANN, Jan (2019):
Wo es wehtut.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Die Brandenburger vertrauen
der Feuerwehr mehr als jeder anderen staatlichen Institution, das
zeigen Umfragen. Diesen Nimbus machen sich auch die Parteien zunutze,
allen voran die AfD. Doch viele Einsatzkräfte sehen die Vereinnahmung
durch die Politik mit Skepsis,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 18.09.
"Horst Nattke ist Bürgermeister von Heinersbrück, knapp 600 Einwohner,
gelegen an der Abrisskante zum Braunkohletagebau. Cottbus, die
Hauptstadt der Brandenburger Kumpel, ist nur 20 Autominuten entfernt.
Wenige Tage nach er Wahl hat sein Ort so mit einer multiplen
Interessenlage zu kämpfen: Da ist zum einen der Tagebau, den das
Verwaltungsgericht Cottbus kürzlich stillgelegt hat, weil die
Umweltschutzauflagen nicht erfüllt wurden. Da ist dieses Wahlergebnis,
50,5 Prozent der Stimmen aus Heinersbrück gingen an die AfD, das
zweithöchste für die Rechtspopulisten in ganz Brandenburg. Und da ist
Bürgermeister Nattke selbst, der keiner Partei angehört, sondern der
Wählergruppe Freiwillige Feuerwehr Heinersbrück.
(...).
In Heinersbrück, dem Ort, in dem die AfD 50,5 Prozent holte, könnte
die Feuerwehr noch der Kitt sein, der das Dorf zusammenhält. Horst
Nattke, der Bürgermeister von Heinersbrück, will eigentlich gar kein
Bürgermeister sein. (...). Aber weil es keinen anderen Kandidaten gab
und Heinersbrück sonst vom Amt Peitz mitverwaltet worden wäre, hat er
sich von der Wahlgruppe Feuerwehr aufstellen lassen",
erzählt uns Jan HEIDTMANN für den
diese Geschichte lediglich ein Aufhänger ist, um Stimmung gegen die
Brandenburger AfD zu machen. Daniel Freiherr von LÜTZOW, der im
Wahlkreis 25 Teltow-Fläming III als AfD-Direktkandidat antrat, wird
kritisiert, weil er sich "in einer Art Uniform" ablichten ließ.
"Wie weit die Polarisierung die
Feuerwehren erreicht hat, zeigt sich in Cottbus. Dort hat Lars
Schieske bei der Landtagswahl eines von zwei Direktmandaten für die
AfD gewonnen. Bis dahin hat der 42-Jährige bei der Berufsfeuerwehr in
Cottbus gearbeitet".
Lars SCHIESKE trat im
Wahlkreis 44 Cottbus II an.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Lauter parteilose Bürgermeister.
Bürgermeisterwahlen Brandenburg: Stichwahlen in sechs Städten und
Gemeinden mit Niederlagen der Linkspartei in Hoppegarten und
Schorfheide,
in:
Neues Deutschland
v. 18.09.
Die Parteizeitung gab sich
hoffnungsvoll, dass das
Bürgermeisteramt in Hoppegarten verteidigt werden kann (mehr auch
hier). Nun muss
Andreas FRITSCHE jedoch eine Niederlage vermelden:
"Es hat alles nichts geholfen. Mit
32,5 Prozent erreichte Knobbe bei der Stichwahl am Sonntag in etwa
wieder nur das Ergebnis aus der ersten Wahlrunde am 1. September.
Konkurrent Siebert verbesserte sich dagegen von 40 auf 67,5 Prozent
und wird neuer Bürgermeister der im Landkreis Märkisch-Oderland
gelegenen Rennbahngemeinde Hoppegarten."
Dabei hatten der Seniorenbeirat und
der Vorsitzende der Gemeindevertretung Kay JUSCHKA von der CDU sogar
eine Empfehlung für Karsten KNOBBE ausgesprochen. Den Wählern aber war
die Empfehlung egal. Auch in
Schorfheide unterlag die Linkspartei trotz Wahlempfehlungen:
"Ganz dicht dran an einem Sieg war
in der Gemeinde Schorfheide (Barnim) Katharina Slanina (Linke). Mit
49,6 Prozent der Stimmen wurde sie nur äußerst knapp von Wilhelm
Westerkamp (Bündnis Schorfheide) geschlagen, der 50,4 Proeznt erhielt.
(...). Es ging um die Nachfolge des langjährigen Bürgermeisters Uwe
Schoknecht. (...) Vor der Stichwahl sprachen sich die Grünen
offizielle für Slanina aus und Sven Weller (Anm.: von den Freien
Wählern) indirekt."
Desweiteren werden die Ergebnisse
aus Grünheide (Oder-Spree), Briselang (Havelland), Schenkendöbern
(Spree-Neiße) und Sonnewalde (Elbe-Elster) aufgezählt.
PLATZDASCH, Günter (2019): In der
Lausitz hat die Zukunft der gesellschaftlichen Konflikte schon
begonnen.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Die AfD profitierte
kurzfristig: Was die DDR-Literatur vorausahnte, erforscht heute der
Industriesoziologe Klaus Dörre,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 18.09.
"Bei den Landtagswahlen wurde in
der Lausitz die AfD stärkste Partei, obwohl die Bundesregierung
unmittelbar vor der Wahl noch schnell Milliardenhilfen für den zum
Jahr 2038 geplanten Kohleausstieg beschlossen hat. Als gleichzeitig
Verwaltungsgerichte auf Klagen der Deutschen Umwelthilfe und der
Grünen Liga entschieden, dass der Tagebau an Deutschlands drittgrößtem
Kraftwerk, dem von der Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG) betriebenen
Jänschwalde just zum Wahlsonntag eingestellt werden musste, ahnte man,
dass sich das im Wahlergebnis niederschlagen würde. (...).
In Jänschwalde gibt es noch eine Krabat-Schule. Hier im Wahllokal
Jänschwalde-Ost bekam bei der Landtagswahl der sozialdemokratische
Ministerpräsident Brandenburgs, Dietmar Woidke, 26,2 Prozent, der
AfD-Kandidat 46,9 Prozent, ein Grüner 3,1 Prozent der Erststimmen; das
Direktmandat im Wahlkreis gewann der Ministerpräsident noch knapp vor
seinem AfD-Konkurrenten.
Man hätte vorher wissen können, dass es hier ein Gefühl des
Abgehängtseins ohne Verelendung gibt, dass hier etwas brodelt, das
auch andere Teile der deutschen Wirtschaft zu erreichen droht",
meint Günter PLATZDASCH, der sich
auf eine Studie um den Jenaer Soziologen Klaus DÖRRE beruft:
"Klaus Dörre hatte zu Jahresanfang,
direkt nach dem Ausstiegsbeschluss der Kohlekommission, die Stimmung
in Jänschwalde ermittelt, mit Befragungen quer durch die betriebliche
Hierarchie, vom Manager bis zum Baggerfahrer. Seiner (...) Studie hat
Dörre den Warnhinweis beigegeben, dass es unter dem Titel
»Nach der Kohle« nicht nur um die Lausitz-Braunkohle gehen kann:
Klimaschutzziele »erfordern eine Transformation, die nicht allein die
Braunkohlereviere betrifft, sondern absehbar den gesamten Energie- und
Verkehrssektor, das Wertschöpfungssystem Automobil und damit das
industrielle Herzstück des bundesdeutschen Wirtschaftsmodells«. Schaue
man in die Lausitz, dann müsse man feststellen, dass »die
Auseinandersetzung um die Braunkohle erahnen lasse, wie
gesellschaftliche Konflikte verlaufen könnten«, man begegne hier einem
»exemplarischen Transformationskonflikt« der Zukunft, der von
nationaler Bedeutung sei."
PLATZDASCH beschreibt eindringlich
die Bedeutung der LEAG als größtes Unternehmen der Region für die
Menschen in der Lausitz. Es geht um sehr gut bezahlte Arbeitsplätze
mit besten Arbeitsbedingungen und eine betriebsgeförderte
Vereinskultur:
"Die LEAG sei »das Rückgrat der
Lausitz«. Man sei gerade an dem Punkt, dass sogar die Kinder, die
wegen der Arbeit bis nach Österreich oder die Schweiz weggezogen
seien, wieder zurückkämen. Dörre fasst das Denken der Befragten so
zusammen: »Wir haben unsere Vorleistung zur Kohlendioxid-Bilanz durch
Stillegungen und Umrüstungen längst erbracht - nur weil der
Verkehrssektor seine Auflagen nicht hinkriegt, müssen wir jetzt ins
Gras beißen, obwohl wir noch für 200 Jahre Braunkohle haben.«
Besonders hervorgehoben wird der
Tweet
"Ob Nazis oder Kohle - Braun ist immer Scheiße!" der
nordrhein-westfälischen Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Monika DÜKER,
die den Wahlkämpfern der Grünen in Brandenburg keinen Gefallen getan
hat, der AfD einen umso größeren:
"Alle Befragten kennen das Zitat,
es ist im kollektiven Gedächtnis der Belegschaft. Das Empfangsspalier
von 1.500 Bergleuten und Kraftwerkern hielt es am 9. September bei der
Lausitz-Konferenz, zu der Brandenburgs Ministerpräsident eingeladen
hatte, der Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock auf einem Plakat
entgegen."
Die Menschen in der Lausitz sind
skeptisch gegenüber den politischen Versprechungen angesichts
gescheiterter oder nie realisierter Vorhaben:
"Seit der Wende vor dreißig Jahren
versprochene Strukturprojekte sind entweder nie realisiert worden oder
bald wieder gescheitert, wie eine Chipfabrik oder das Cargolifterwerk.
Man fürchtet sich jetzt vor einer »zweiten Wende«, die Erreichtes in
Frage stellt. Dann würden wieder alle in den Westen ziehen, und es
blieben in den Bergbaufolgelandschaften »nur noch Rentner und Wölfe«.
Denn »das Einkommen eines Bootsverleihers am Cottbusser Ostsee, einem
gefluteten Tagebau, dürfte deutlich niedriger ausfallen als Löhne und
Gehälter, die gegenwärtig in der Braunkohle bezahlt werden«."
Mit Hinweis auf einen
Aufsatz von Katja SALOMO fasst PLATZDASCH die demografischen
Folgen gescheiterter Transformationsversuche für die Politik zusammen:
"Wie eine »demographische
Homogenisierung« durch Abwanderung, die eine alternde Bevölkerung und
hohe Überhänge von Männern im jungen und mittleren Erwachsenenalter
zurücklässt, mit dem Erstarken von Demokratie- und
Fremdenfeindlichkeit einhergeht, hat Katja Salomo (...) untersucht.
(...). Vor dem Hintergrund ihrer Befunde muten Ideen, aus der Not eine
Tugend zu machen, zynisch an: Wären menschenleere Gegenden nicht
optimal geeignet selbstfahrende Systeme zu testen?"
In der Debatte um die Einführung
eines Elternwahlrechts, wird behauptet, dass nur Eltern die Interessen
zukünftiger Generationen angemessen vertreten.
Eltern, deren
Kinder jedoch ausgezogen sind, gelten diesen Verfechtern eines
Elternwahlrechts als Kinderlose. Der Familienhaushalt gilt durch
die individualisierte, kosmopolitische Brille als jene Instanz, die
politisch Gewicht hat. Doch diese Sicht geht an der Realität -
insbesondere in Abwanderungsgebieten - vorbei, was auch viele
politische Analysen als realitätsfern erscheinen lässt. Bei PLATZDASCH
heißt es dagegen:
"Für viele aus der Belegschaft,
deren Altersdurchschnitt über fünfzig liegt, gefährdet ein
Kohleausstieg 2038 nicht den Arbeitsplatz; dann wird man verrentet
sein. Man sorgt sich eher um die Zukunft der Kinder und leidet unter
der Abwertung der Arbeit, auf der man stolz ist. Auch beunruhigt, dass
die Grünen die Frist des Kohlekompromisses nicht mitragen, sondern den
Ausstieg vorziehen wollen. Jüngere (...) fragen sich, ob sie dann noch
einen Job finden werden oder sie besser jetzt abspringen sollten.
Jedenfalls spürt die LEAG heute schon Rekrutierungsprobleme, 2017
konnten erstmals Ausbildungsplätze nicht mehr besetzt werden.
»Abgehängt« bedeutet also nicht unbedingt materielles Elend. Die
Jenaer Studie dokumentiert kulturelle »Abwertungserfahrungen« und
Medienkritik. (...)(Es) werden Verzerrungen westlich dominierter
Medien beklagt: Demonstrationen in der Lausitz, an denen Tausende
teilnahmen, seien kaum erwähnt worden. Ein Befragter klagte: »Wir
spielten gar keine Rolle. Über den Hambacher Forst hat man, ich weiß
gar nicht wie viele Monate berichtet.«"
Die AfD wird als einzige Partei
betrachtet, die die Interessen der Bergleute vertritt.
Die Linkspartei brüstet sich
dagegen damit, dass sie wie die Grünen einen früheren Kohleausstieg im
Wahlprogramm festgeschrieben hat. Die Zeit als die Linkspartei
eine Protestpartei war, ist damit endgültig vorbei.
"»Für nicht wenige
LEAG-Beschäftigte und deren sozialen Netzwerke erscheint die Wahl der
AfD als Notwehrakt, um der angeblichen Klimahysterie Grenzen zu
setzen«. Dörre beobachtet eine »Wagenburgmentalität« bei
Braunkohlebeschäftigten und -gegnern. Durch die Abschottung eskaliere
der ökologische und soziale Konflikte: »Die gesetzliche Regelung des
Braunkohleausstiegs bringt der Lausitz in den kommenden Jahren
Milliarden. Doch in Teilen der Bevölkerung ist die Skepsis groß. Kaum
ein LEAG-Beschäftigter glaubt, dass nun bis 2037 Ruhe ist. (...). Das
erzeugt Verunsicherung. Dass die zugesagten Milliarden tatsächlich
genügen, (...) wird von vielen nicht geglaubt. Es ist nicht die Angst
vor Arbeitslosigkeit, der die Menschen umtreibt. Man fürchtet
Statusverlust (...). Mehr als 40 Prozent der Arbeiter haben in
Brandenburg AfD gewählt, in Sachsen waren es etwa 35 Prozent. Über 34
Prozent der männlichen Gewerkschaftsmitglieder stimmten für die AfD«",
wird Klaus DÖRRE zitiert. Die AfD
ist sozusagen die neue Arbeiterpartei, während die Linkspartei
inzwischen zur urbanen Studentenpartei geworden ist, deren Stammwähler
aus der Arbeiterschaft dahinsterben oder zur AfD abwandern. Der
Begriff
"Notwehrakt" wurde in Deutschland durch das Buch
Rückkehr nach Reims
von Didier ERIBON popularisiert, der damit die Abwanderung von den
Sozialisten zu den Rechtspopulisten in Frankreich begründete.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Kenia ist ein heißes Eisen.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Die Sondierungsrunden zur
Regierungsbildung werden anders als geplant noch fortgesetzt,
in:
Neues Deutschland
v. 18.09.
Andreas FRITSCHE macht Hoffnung auf eine weitere
Regierungsbeteiligung, wobei er sich Aussagen des Grünen-Landeschef
Clemens ROSTOCK herausgreift, die der Linkspartei Mut machen sollen:
"Wichtiger sei, »dass die Mehrheit
durch gemeinsame Inhalte und Vertrauen steht«. Regieren mit knappen
Mehrheiten funktionierte nach Einschätzung von Rostock schon oft, so
aktuelle in Thüringen."
Die Verhandlungsführerin der
Grünen, Ursula NONNENMACHER, ist jedoch nicht auf Rot-Rot-Grün
fixiert. Der kommissarische CDU-Landeschef Michael STÜBGEN sieht
dagegen größere Übereinstimmungen mit den Grünen:
"Er sagte, die CDU sei der
Ökopartei in vielen Punkten näher als die SPD, etwa bei Ökolandbau und
Klimaschutz und beim Tagebau Welzow-Süd II. »Da ist meine Position
ganz klar: Es wird nicht weiter abgebaggert werden.«"
FRITSCHE ist jedoch der Meinung,
dass die Verhinderung einer Abschiebehaftanstalt höhere Priorität bei
den Grünen hätte.
Fazit: Die Linkspartei und ihre
Parteizeitung machen sich weiterhin etwas vor. Die Parteizeitung der
Linkspartei könnte ihren letztjährigen Relaunch nicht lange überleben.
Wer braucht schon eine Zeitung, die der Führungsspitze nach dem Mund
redet, statt die Probleme offen zu benennen? Die Parteizeitung hat den
ländlichen Raum definitiv bereits abgeschrieben und sich als weitere
Hauptstadtzeitung positioniert. Die Berichterstattung über die neuen
Bundesländer wurde gravierend eingeschränkt, statt hier eine
empfindliche Lücke zu schließen. Die Zeitung könnte also mitsamt der
Linkspartei dem Untergang geweiht sein!
FRITSCHE, Andreas
(2019): Koalition wird keine Liebesheirat.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Ministerpräsident Dietmar
Woidke (SPD) ließ noch offen, mit wem er regieren will,
in:
Neues Deutschland
v. 19.09.
Andreas FRITSCHE hofft weiterhin
auf ein Mitregieren der Linkspartei.
"Bei Wohnen, Gesundheit, Pflege und
öffentlicher Nahverkehr sei grundlegende Einigkeit erzielt",
wird die linke Landeschefin Anja
MAYER zitiert. Eine parteiinterne Kritik am Führungspersonal wird von
FRITSCHE als "nicht sehr einflussreich" abgebügelt.
WERNER, Uwe
(2019): Linke Bürgermeister bei Rot-Rot-Grün skeptisch.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Sechs Rathauschefs stellen
Bedingungen für eine eventuelle Beteiligung ihrer Partei an der
Landesregierung,
in:
Neues Deutschland
v. 19.09.
Uwe WERNER listet uns die Forderungen von 6 der noch 8 amtierenden
hauptamtlichen Rathauschefs in Brandenburg auf:
"Der öffentliche Personennahverkehr
(ÖPNV) soll gestärkt werden. (...). Konkret verlangen die
Bürgermeister für alle erwachsenen Brandenburger ein Jahresticket für
den Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg zum Preis von 120 Euro. Alle
Brandenburger unter 18 Jahren sollen den ÖPFNV kostenlos nutzen
dürfen.
Weiterhin soll die Betreuung der Kinder in brandenburgischen Kitas
spätestens ab 2021/2022 »komplett beitragsfrei« für alle Eltern sein.
»Wir erwarten, dass die neue Landesregierung ein Kita- und
Schulbauprogramm auf den Weg bringt«, erklärten die hauptamtlichen
Bürgermeister. »Nur so können der Sanierungsstau in den ländlichen
Gebieten behoben und der Neubaubedarf im Berliner Umland, zeitnah
realisiert werden.«"
Der Erzieher- und Lehrermangel ist
für die Bürgermeister von Templin, Frankfurt/Oder, Nuhetal, Bernau,
Müncheberg und Heiligengrabe offenbar kein Problem. Der Bürgermeister
von Wiesenburg fehlte und Hoppengartens Bürgermeister wurde gerade
nicht mehr wiedergewählt. Die Linkspartei steht also auf der Ebene der
Rathauschefs schlecht da.
FRIELINGHAUS, Jana
(2019): "Wir müssen eindeutig sein".
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Linksparteichef Riexinger will
das Profil seiner Partei schärfen,
in:
Neues Deutschland
v. 21.09.
"Wenn 70 Prozent der Brandenburger
sagen, dass ihnen keine Maßnahme einfällt, die die Linke in der
Regierung durchgesetzt hat, dann muss einem das schon zu denken
geben",
sagt Parteichef Bernd RIEXINGER.
Folgen hat dies jedoch nicht, wenn man bessere Kommunikation der
eigenen Positionen nicht zum Maßstab für die Beurteilung einer Partei,
sondern das Handeln betrachtet. RIEXINGER rechtfertigt, dass die
Linkspartei sich zur urbanen Studenten- und Akademikerpartei
entwickelt, denn
"wenn wir eine bedeutende
politische Rolle spielen wollen, müssen wir alle Lohnabhängigen
ansprechen".
Das Bekenntnis zum Ausbau des
öffentlichen Nahverkehrs klingt dann jedoch nur wie ein
Lippenbekenntnis, denn Deutschland ist für RIEXINGER in erster Linie
ein Autoland, weshalb die "Elektromotorisierung" zum Heilsbringer
stilisiert wird. Deren Umweltfreundlichkeit ist jedoch eher eine
Illusion. Etiketten wie "sozial-ökologischer Umbau", die in bei den
Grünen der 1980er Jahre geprägt wurden, will RIEXINGER reanimieren.
Die Ökologie ist im Kern jedoch keine linke, sondern eine rechte
Ideologie, die mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten in den 1920er
Jahren in Verbindung steht.
"Und wir müssen darauf hinweisen,
dass diejenigen, die den Osten als Experimentierfeld für marktradikale
Politik benutzt haben, mitverantwortlich sind für den Aufstieg der
Rechten",
erklärt uns RIEXINGER.
Experimentierfeld war nicht der Osten, sondern Großbritannien. Richtig
ist, dass der Neoliberalismus zur Verrohung der Politik geführt hat,
von der die AfD nun profitiert. In der rot-grünen Hartz-Gesellschaft
wurde das bürgerliche Treten nach unten eingeübt. Das hat die AfD
nicht erfunden, sondern nur radikalisiert.
Fazit: Außer schöner Leerformeln
hat RIEXINGER nichts zu bieten. Damit wird die Linkspartei nicht zu
einer ernstzunehmenden Kraft, die wie die AfD ein
Alleinstellungsmerkmal beanspruchen kann. Warum einen Zweitaufguss
wählen, wenn es die jeweiligen Originale gibt? Die Linkspartei hat
lieber mitregiert, statt soziale Gerechtigkeit als Thema groß zu
machen. Sie ist der neoliberalen Demografisierung der
gesellschaftlichen Probleme aufgesessen, statt diese als
Rechtfertigung unsozialer Politik anzuprangern. Wer sich auf
Bevölkerungsvorausberechnungen beruft, diese dann jedoch
offensichtlich falsch sind, und dann nicht die Politik revidiert, der
darf sich nicht wundern, dass er auf das Abstellgleis gerät!
FRITSCHE, Andreas
(2019): Bad Freienwalde an der Ostseeküste.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Wetterdienst und
Umweltministerium legen Klimareport für Brandenburg vor,
in:
Neues Deutschland
v. 21.09.
"Ende des Jahrhunderts (wäre)(...)
Brandenburg kein Binnenland mehr. Die Stadt
Bad Freienwalde würde an der Ostseeküste liegen. (...) Das
Oderhaffen, dessen Wellen gegenwärtig an die Insel Usedom schlagen,
würde sich nach Süden bis in den Nationalpark Unteres Odertal
verlagern",
verkündet Andreas FRITSCHE uns eine
Dystopie aus dem Geiste der Klimawende, denn Utopien sind bei der
Linken Vergangenheit. Heute zählen nur noch
Bevölkerungsvorausberechnungen und Klimareports. Je drastischer die
Ergebnisse, desto weniger muss sich Politik rechtfertigen, sondern
kann sich bequem auf die Bastaformel der Alternativlosigkeit
zurückziehen.
FRITSCHE erklärt uns, dass die
Linkspartei in Brandenburg die erste Klimaschutzpartei gewesen ist,
aber von der bösen SPD weggemobbt wurde:
"Die SPD hatte damals noch sehr
lange Braunkohle in der Lausitz fördern wollen. Trotzdem
(verweist)(...) der Minister auf das Moorschutzprogramm und die
Nachhaltigkeitsstrategie von 2014. Diese Dinge hat allerdings seine
Amtsvorgängerin Anita Tack (Linkspartei) angeschoben. Vogelsänger
hatte, als er sie ablöste, sogar den Nachhaltigkeitsbeirat aufgelöst,
an dessen Spitze der damalige Direktor des Postdam-Instituts für
Klimafolgenforschung, Hans-Joachim Schellnhuber, gestanden hatte."
Die Linkspartei inszeniert sich
also in Brandenburg als die Ökopartei, die damit um Aufmerksamkeit
buhlen will:
"Im Landkreis Oberhavel beantragt
die Linksfraktion jetzt, den Klimanotstand auszurufen. Mit diesem
Ansinnen soll sich der Kreistag in der kommenden Woche befassen.
(...). Künftig sollten alle Beschlüsse hinsichtlich ihrer Auswirkungen
auf das Klima geprüft werden".
Wer Notstandsgesetzgebungen zur
Richtschnur sinnvoller politischer Maßnahmen macht, der spielt
lediglich den Rechten in die Arme. Wer ständig den Ausnahmezustand
herbeireden muss, der verliert umso schneller seine Glaubwürdigkeit,
je weniger dann die Maßnahmen greifen und unberücksichtigte
Nebenfolgen sichtbar werden. Und was, wenn diese
"Klimaschutzmaßnahmen" weder sozialverträglich noch "demografiefest"
sind? Welche Ziele sind dann zu priorisieren?
Fazit: Die Linkspartei könnte an
ihren verleugneten Zielkonflikten scheitern!
FRITSCHE, Andreas
(2019): Gefährliche Reise nach Kenia.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Kleiner Parteitag der Grünen
macht Weg frei für Koalitionsverhandlungen mit SPD und CDU,
in:
Neues Deutschland
v. 23.09.
"Es könnte (...) sein, dass die
Koalitionsverhandlungen mit der CDU scheitern und dann noch ein
Versuch mit der Linkspartei gestartet wird",
macht Andreas FRITSCHE weiterhin
Hoffnung auf ein Regierungsbeteiligung der Linkspartei. Die Grünen
haben jedoch mit 46 Ja- zu 7 Nein-Stimmen und einer Enthaltung den
Koalitionsverhandlungen mit SPD und CDU zugestimmt. Lediglich die
Grüne Jugend hält noch zur Linkspartei. Den Gewerkschaftern war
insbesondere wichtig,
"dass bis zum Jahr 2021 ein
Mindestlohn von 13 Euro zur Bedingung für öffentliche Aufträge gemacht
werden soll."
Die Grünen haben Abstand genommen
von einem Kohleausstieg im Jahr 2030. Stattdessen heiß es nun,
"dass die Grünen in ihrem
Wahlprogramm einen Ausstieg im Jahr 2030 versprochen hatten, im
Sondierungspapier aber steht, dass spätestens erst 2038 Schluss sein
soll und nur eventuell schon 2035. Die Befürworter verwiesen darauf,
dass des keine neuen Tagebauen mehr geben solle."
Wichtig ist jedoch nicht, was im
Sondierungspapier steht, sondern im endgültigen Koalitionsvertrag.
Während bei den Sondierungen Annalena BAERBOCK dabei war, wird in den
Koalitionsverhandlungen nur noch die grüne Europaparlamentarierin Ska
KELLER am Verhandlungstisch sitzen. Man kann also davon ausgehen, dass
die grüne Parteivorsitzende nicht mit einem schlecht verhandelten
Koalitionsvertrag direkt in Verbindung gebracht werden will. Ska
KELLER ist dagegen im Europaparlament weit weg vom Schuss. An den
eigentlichen Koalitionsverhandlungen nehmen die grünen
Landesvorsitzenden Clemens ROSTOCK und Petra BUDKE, die Fraktionschefs
Ursula NONNENACHER und Axel VOGEL sowie die Abgeordneten Benjamin
RASCHKE, Julia SCHMIDT und
Jörg GLEISENSTEIN als Vertreter der Grünen Jugend und der
Kommunalpolitiker teil.
Da sich die Grünen vor Neuwahlen in
Brandenburg fürchten, ist ihre Verhandlungsposition miserabel.
WEHNER, Markus (2019): Neue Mitte Brandenburg.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: SPD, CDU und Grüne wollen in
einem geteilten Land zusammen regieren. Das kann Probleme lösen,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 24.09.
Markus WEHNER vermarktet die Kenia-Koalition als "Neue-Mitte-Bündnis".
Die Zwangsgemeinschaft wird dadurch mit einem positiven Image
versehen. Zu den "tiefen"
Sondierungen heißt es nur:
"Die
Grünen setzten durch, dass es keinen neuen Tagebau in der Lausitzer
Braunkohle geben wird, CDU und SPD, dass zusätzliche fünfhundert
Polizisten eingestellt werden."
Das geteilte Brandenburg beschreibt
WEHNER folgendermaßen:
"Brandenburg ist ein geteiltes
Land. Es muss die Probleme von Wachstum und Schrumpfung gleichermaßen
bewältigen. Es ist Teil der Metropolregion Berlin (...). Es ist dieser
Teil des Landes, der rot und zunehmend grün wählt. Brandenburg umfasst
aber auch die weit von Berlin und Potsdam entfernten Regionen, in
denen es überschuldete Kommunen gibt (...) und in denen eine
überalterte Einwohnerschaft sich von der Entwicklung des Landes
abgekoppelt fühlt. Hier hat die AfD mancherorts mehr als dreißig
Prozent erreicht."
Die "Neue Mitte" ist offensichtlich
nur für den Berliner Speckgürtel zuständig! Der ländliche Teil wird
dagegen weiterhin der AfD überlassen, denn
Landtagswahlen sind voraussichtlich erst wieder in fünf Jahren!
FRITSCHE, Andreas
(2019): Koalitionspoker bis zuletzt.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Linke erst raus aus dem Spiel,
wenn Kenia-Koalition den Ministerpräsidenten gewählt hat,
in:
Neues Deutschland
v. 24.09.
Andreas FRITSCHE erklärt uns, dass bis zum 25. Dezember 2019 der
Ministerpräsident gewählt sein muss, damit keine Neuwahlen
stattfinden. FRITSCHE ist der Meinung, dass sich die Abstimmung über
den Koalitionsvertrag bei CDU und Grünen bis Mitte November hinziehen.
Danach sei noch Luft für eine Koalition mit der Linkspartei. Die
Partei werde sich nicht davor drücken, wird uns noch erklärt.
Der grüne Schattenmann Sebastian
WALTER wird von FRITSCHE als Sympathisant von Rot-Grün-Rot
dargestellt. Während FRITSCHE in den letzten Tagen immer wieder
betonte, dass Inhalte wichtiger seien als Mehrheiten, wird nun das
Gegenteil behauptet. Dietmar WOIDKE wird uns als geschickter Taktierer
beschrieben, der sich alle Koalitionen offenhalten will, um ein
möglichst gutes Verhandlungsergebnis herauszuholen. Das aber spricht
gegen ein Platzen der Kenia-Koalitionsvereinbarungen.
FRITSCHE, Andreas
(2019): Sicherheitsdenken statt Solidarität.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Die Ergebnisse der Sondierung
von Rot-Schwarz-Rot und Rot-Grün-Rot zeigen kleine, aber wichtige
Unterschiede,
in:
Neues Deutschland
v. 24.09.
Andreas FRITSCHE spielt sich als Moralapostel auf, obwohl Solidarität
bei Regierungsverhandlungen keine politische Kategorie ist, denn dort
geht es um die Macht. Anti-AfD-Bündnisse sind hier unbedeutend bzw.
schwächen sogar Verhandlungspositionen.
"Die Ergebnisse der Sondierung mit
der CDU sind zusammengefasst unter der Überschrift
»Zusammenhalt, Nachhaltigkeit, Sicherheit«, während über den
Ergebnissen der Sondierung mit der Linkspartei steht »Solidarität,
Zusammenhalt und Nachhaltigkeit«",
schreibt FRITSCHE. Überschriften
sind dem Selbstbild von Parteien geschuldet und dienen der
Profilierung gegenüber der eigenen Basis. Sie dienen dazu,
Zielkonflikte zu verschleiern und Kompromisse zu vermarkten.
Entscheidend zu Beurteilung sind jedoch die konkreten Politikinhalte.
In dieser Hinsicht gibt es wenig:
"In beiden Versionen wird auf die
Empfehlung der Kohlekommission Bezug genommen, spätestens 2038 aus der
Braunkohle auszusteigen, und daraus geschlussfolgert, dass es im
Lausitzer Revier keine neuen Tagebaue mehr geben soll. Nach eigenen
Angaben war es die einzige rote Linie, die die Grünen gezogen hatten.
Anders als unter der bisherigen rot-roten Koalition kann es keine
Ausflüchte geben, die Grube Welzow-Süd II wäre kein neuer Tagebau,
sondern nur die Erweiterung des bestehenden Tagebaus Welzow-Süd. Denn
auch Tagebauerweiterungen schließen die Vorabsprachen ausdrücklich
aus."
Ein Bekenntnis zum Kohleausstieg
2030, den sowohl Grüne als auch Linkspartei im Wahlprogramm
festgeschrieben hatten, fehlt in beiden Sondierungspapieren.
Aus Sicht der Linkspartei und ihrer
Parteizeitung ist lediglich eine Verschärfung des Polizeigesetzes und
von Abschiebungen wichtig. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ist
FRITSCHE vollkommen gleichgültig! Diese Gleichgültigkeit spiegelt sich
auch im Sonderungspapier von SPD/CDU und Grünen wieder. Dort heißt es
lapidar:
"Die Sondierungsparteien sind sich
einig, dass der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs Priorität hat. Das
Infrastrukturprojekt »i2030« wird gemeinsam mit dem Bund und Berlin
umgesetzt. Darüber hinaus wird ein Reaktivierungsprogramm für weitere
Schienenstrecken erarbeitet. Wir brauchen nicht nur neue Regional- und
S-Bahn-Verbindungen, sondern auch Angebotssteigerungen im ganzen Land.
Dabei nutzen wir alle Möglichkeiten der Planungsbeschleunigung. Die
Sondierungsparteien sind sich einig darin, dass wir eine
Angebotssteigerung im ganzen Land brauchen, die sowohl für Pendler als
auch für die Anbindung berlinferner Regionen eine deutliche
Verbesserung bewirkt. Die Sondierungsparteien streben eine stärkere
Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs als Maßnahme der Daseinsvorsorge
und des Klimaschutzes an und werden die Einführung des 365 Euro
Tickets prüfen." (S.:9)
Im
Sondierungspapier unter Beteiligung der Linkspartei heißt es zum
ÖPNV:
"Die Sondierungsparteien sind sich
einig, dass der Ausbau des Öffentlichen Verkehrs Priorität hat. Das
Infrastrukturprojekt »i2030« wird gemeinsam mit dem Bund und Berlin
umgesetzt. Wir brauchen neue Regional- und S-Bahn-Verbindungen. Dabei
nutzen wir alle Möglichkeiten der Planungsbeschleunigung. Die
Sondierungsparteien streben eine stärkere Nutzung des öffentlichen
Nahverkehrs als Maßnahme der Daseinsvorsorge und des Klimaschutzes an
und werden dafür zusätzliche Mittel bereitstellen. Die
Sondierungsparteien sind sich darin einig, dass die Mobilität,
insbesondere für Familien, verbessert werden muss. Die
Elternbeitragsfreiheit in der Schülerbeförderung und die Einführung
des 365 € Tickets werden geprüft."
Die Handschrift der Linkspartei ist
bei diesem Punkt kaum erkennbar. Lediglich die Bereitstellung
zusätzlicher Mittel wird betont. Warum nur die Mobilität von Familien
und nicht aller Personen wichtig ist, erschließt sich nicht.
Fazit: Eine Verkehrswende in
Brandenburg lässt sich an diesen Absichtsbekundungen nicht erkennen.
Es wird sich also zeigen müssen, was dann im Koalitionsvertrag steht.
Es erstaunt vielmehr, dass hier keinerlei konkrete Projekte zu finden
sind, obwohl die Grünen und Linken doch angeblich schon immer für den
Ausbau des ÖPNV waren. Konkrete Projekte findet man lediglich im
Bereich Innere Sicherheit. Dort steht klipp und klar:
"Die Sondierungsparteien legen die
Zielzahl für die Polizei auf 8.500 Stellen fest."
FRITSCHE, Andreas
(2019): Oma Erna telefoniert gern mit der Rufbuszentrale.
Landtagswahlergebnisse Brandenburg: Für das Jahr 2020 rechnet die
Verkehrsgesellschaft Teltow-Fläming mit 10.000 Fahrgästen auf den drei
Linien,
in:
Neues Deutschland
v. 25.09.
Was die Linkspartei unter dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs
versteht, das offenbart der Artikel von Andreas FRITSCHE. Im Landkreis
Teltow-Fläming ist seit 2013 die
einzige Landrätin der Linkspartei aktiv: Kornelia WEHLAN.
"Ilka Schröter (...) ist
Geschäftsführerin der Märkischen Wach & Schutz GmbH (MWS) (...). Zu
den Geschäftsfeldern gehören (..) auch zwei Arbeitsplätze für die
Reservierung der Rufbusse. Im Oktober 2017 übernahm die GmbH im
Landkreis Teltow-Fläming die Abwicklung für den
Rufbus R 755 NU (Nuthe-Urstromtal). Im März 2019 kam als Aufgabe
der R 777 NF (Niederer Fläming) dazu. Erst seit April 2019 gibt es neu
den R 751 (Kranich-Express), der zwischen Trebbin und Blankensee
unterwegs ist. Zu zahlen sind bei allen drei Linie der normale Tarif
plus ein Euro Zuschlag pro Strecke",
erzählt uns FRITSCHE zum Ausbau des
ÖPNV in Teltow-Fläming, einem Landkreis, der der neoliberalen Prognos
AG im
Zukunftsatlas 2019 als Klassenprimus unter den Aufsteigern gilt.
Auffällig ist, dass der Ausbau erst nach der Bundestagswahl 2017
begann, als die AfD beträchtliche Zugewinne im ländlichen Raum
verbuchen konnte. Der Rufbus 755 NU findet sich bereits im
Nahverkehrsplan v. 24.02.2014 und wird dort neben dem
Skater-Shuttle (R 777) als "erste Lösung" bezeichnet. Dort heißt es:
"Das gegenwärtige Wochenendangebot
im übrigen ÖPNV ist vergleichsweise sehr schwach ausgeprägt und im
südlichen Kreisgebiet nahezu nicht vorhanden. Daran kann aus Mangel an
potenzieller Nachfrage nichts geändert werden. Allenfalls sind die
wenigen vorhandenen Achsenverkehre zu verdichten, vorzugsweise durch
Rufbusangebote. Ein wirklich nutzbares und auch noch
flächenerschließendes Angebot an Wochenenden kann nur bedarfsgesteuert
eingerichtet werden (...).
Auch im Landkreis Teltow-Fläming liegen wichtige Potenziale einer
zusätzlich zu erschließenden ÖPNV-Fahrgastnachfrage im Bereich des
Tourismus und des Freizeitverkehrs. Das Angebot im Freizeitverkehr
trägt schon jetzt der Tatsache Rechnung, dass die Ziele des
Freizeitverkehrs im Kreisgebiet entweder innerhalb der größeren Städte
gelegen und daher vergleichsweise gut mit dem SPNV erreichbar sind
(eine wichtige Ausnahme ist die Stadt Dahme/Mark, deren Anbindung über
die RVS-Linie 466 und den Bahnhof Luckau-Uckro gewährleistet ist). Die
anderen Ziele des Freizeitverkehrs sind Flächenziele, die demzufolge
auch nur mit einem flächenhaft gestalteten ÖPNVAngebot zu erschließen
sind. Der Skater-Shuttle (Linie R 777, saisonal) und der Flächenrufbus
Nuthe-Urstromtal (Linie R 755) sind dafür die ersten Lösungen." (S.32)
Die Linkspartei ist weiterhin eine
Großstadtpartei, was sich dann bei FRITSCHE folgendermaßen liest:
"Im Norden von Teltow-Fläming muss
der Landkreis mit seinem öffentlichen Personennahverkehr dem großen
Pendlerstrom nach Berlin gerecht werden. Aber Politik und Verwaltung
bemühen sich, den Süden nicht zu vergessen, versichert Landrätin
Kornelia Wehlan (Linke). Denn die Jugend muss zur Schule und die
Senioren müssen zum Arzt. Diese Generationen, die noch nicht Auto
fahren oder nicht mehr, nutzen häufig den Rufbus".
Im ländlichen Autoland Brandenburg
wird der Bus lediglich als Schulbus oder "Krankentransportmittel"
gesehen. Dazu passt:
"Im Auftrag der
Verkehrsgesellschaft Teltow-Fläming mbH (VTF) wird die Linie R 755 vom
Fahrdienst der Johanniter-Unfallhilfe bedient".
War also im Nahverkehrsplan der
Rufbus noch als "wochenendlicher Freizeitverkehr" geplant, der auf
keine Nachfrage trifft, so wird nun das Busangebot umdeklariert als
Teil der alltäglichen Daseinsvorsorge.
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