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Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Mecklenburg-Vorpommern im demografischen Wandel

 
       
   

Was ist geblieben von der demografischen Hysterie Anfang des Jahrtausends und was verlief ganz anders? (Teil 5)

 
       
     
   
     
 

Kommentierte Bibliografie (Teil 5: 2019 )

2019

JUNG, Hagen (2019): Prora nun restlos ausverkauft.
Mecklenburg-Vorpommern: Im ehemaligen NS-Koloss entstehen weitere 200 Wohnungen - Alte Geschichten um U-Bahn und U-Boot,
in:
Neues Deutschland v. 16.01.

Hagen JUNG hat Jubelprosa zu Prora verfasst, nachdem im August noch "Dunkle Wolken über Prora" gesichtet wurden. Ein Jahr zuvor fragte die SZ u.a. angesichts des Großprojekts Prora wieviel Neubau die Insel Rügen verträgt. Prora ist ein monströses Wohnprojekt, das an die schlimmsten Bausünden des Massentourismus vergangener Zeiten erinnert. Beeindruckende Blicke auf die Ostsee, wie sie JUNG verheißt, dürften nur wenige genießen können, wenn es keinen Kahlschlag bei den Bäumen zwischen Wohnkomplex und Strand gibt.

Prora, Foto: Bernd Kittlaus 2018

JUNG, Hagen (2019): Paradies für Autos statt für Urlauber.
Mecklenburg-Vorpommern: Wachsende Verkehrsbelastung auf Usedom - Polen baut Unterquerung zwischen Wollin und Swinousjscie,
in:
Neues Deutschland v. 23.01.

Hagen JUNG berichtet über das von der EU geförderte Swinetunnel-Projekt (Verbindung der Inseln Wolin und Usedom), das den Fährbetrieb ablösen soll. Im Jahr 2022 sollen dann die ersten Fahrzeuge durch den Tunnel rollen. JUNG berichtet über die Befürchtungen der Kritiker, die von einem erhöhten Verkehrsaufkommen auf Usedom durch Touristen aus dem Raum Berlin ausgehen.

GASSMANN, Michael (2019): Attraktivste Innenstädte liegen im Osten.
Eine große Umfrage zeigt, wo Menschen am liebsten einkaufen und ins Café gehen. Unter den fünf Gewinnern ist nur eine West-Stadt,
in:
Welt v. 24.01.

Im Gegensatz zur FAZ geht Michael GASSMANN auch auf die fünf betrachteten Größenklassen und die jeweiligen Gesamtsieger ein:

Größenklasse Gesamtsieger
Großstadt über 500.000 Einwohner Leipzig
Großstadt mit 200.000 - 500.000 Einwohner Erfurt
Großstadt mit 100.000 - 200.000 Einwohner Trier
Mittelstadt mit 50.000 - 100.000 Einwohner Stralsund
Städte unter 50.000 Einwohner Wismar

Die Auswahl der Studie ist jedoch nicht repräsentativ, weil z.B. München und Berlin fehlen, bemängelt GASSMANN. Besonders wird die Situation in Nordrhein-Westfalen hervorgehoben:

"(U)nter den Gesamtsiegern (findet sich)(...) keine einzige Stadt aus Nordrhein-Westfalen, obwohl das bevölkerungsreichste Bundesland mit 32 teilnehmenden Städten die bei weitem stärkste Gruppe stellt. Lediglich die Kleinstadt Arnsberg-Nelheim aus dem Hochsauerlandkreis ragt in der Unterkategorie »Angebotsvielfalt« in ihrer Größenklasse heraus."

Den Ostländern wird von GASSMANN eine gute Position im "Rennen um die Zukunft der Innenstädte" bescheinigt. Wer da einen Zusammenhang zum geplanten Soli-Abbau sieht, dürfte nicht verkehrt liegen.

DREISBACH, Sofia (2019): In Löcknitz ist noch Leben.
Mecklenburg-Vorpommern: Auch im Nordosten Deutschlands kämpfen Städte gegen den Wegzug junger Leute. Aber Löcknitz boomt. Das liegt an der Nähe zur polnischen Grenze,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 29.01.

Heute erscheinen sowohl in der FAZ als auch in der SZ Reportagen über Löcknitz, in denen durch selektive Faktenpräsentation ein durchaus anderes Bild von der politischen Lage in der Gemeinde mit fast 3.200 Einwohnern gezeichnet wird. 2014 löste in der Stadt der CDU-Bürgermeister Detlef EBERT den Bürgermeister von der Linkspartei ab, die 12 Jahre lang die CDU-Vorherrschaft gebrochen hatte. Sofia DREISBACH schreibt:

"Zur Kommunalwahl 2009 (...) plakatierte die NPD: »Poleninvasion stoppen«. Zwei Jahre später, bei der Landtagswahl, wählten in Löckwitz 20,8 Prozent die rechtsextremistische Partei. 2016 wollten Rechtsextreme eine Info-Veranstaltung für polnische Einwohner (...) verhindern (...). Unter ihnen waren zwei Kommunalpolitiker der NPD, die im Löcknitzer Gemeindrat sitzen.
Detlef Ebert sagt: »Die NPD war lange sehr groß, aber wir haben es hingekriegt.«"

In der SZ heißt es dagegen:

"Bei der Landtagswahl 2016 gewann die AfD den Wahlkreis, im Löcknitzer Gemeinderat sitzen zwei NPD-Männer. Neonazis brüllten bei einer Versammlung mit Flüchtlingen und Polen (...). Nachzulesen ist die Szene sogar im Verfassungsschutzbericht. (...), aber Bürgermeister Ebert sagt: »Es sind nicht alle Konflikte weg, klar, aber die Freundschaften machen sich jetzt bemerkbar.«"

Betrachtet man die Landtagswahlergebnisse 2011 und 2016, dann ergibt sich folgendes Bild der Zweitstimmen für Löcknitz im Vergleich zum Wahlkreis 36 Vorpommern-Greifswald V, zum dem die Stadt gehört:

  NPD AfD
Löcknitz Wahlkreis 36 Löcknitz Wahlkreis 36
Landtagswahl 2011 20,8 % 12,0 % - -
Landtagswahl 2016 13,3 % 6,8 % 29,7 % 26,4 %

Die Landtagswahlergebnisse zeigen, dass in Löcknitz sogar im Vergleich mit dem Wahlkreis überdurchschnittlich AfD/NPD gewählt wird. Das Problem ist nicht geringer geworden, sondern größer.

"Löcknitz hat nur 3.200 Einwohner, aber drei Supermärkte, die sieben Tage die Woche geöffnet sind, vier Schulen, zwei Kindergärten, und im Sommer ist sogar das Parkleitsystem im Einsatz. Löcknitz ist ein kleines Wunder. Bis nach Berlin sind es 150 Kilometer, bis nach Rostock 2000, das Dorf liegt im östlichsten Zipfel Mecklenburg-Vorpommerns, dem am dünnsten besiedelten Bundesland. Nach der Wende zogen die Leute auch aus dieser Ecke des Landes fort. Bis 2010 verließ ein Fünftel der Bevölkerung die Gegend, die seit einer Gebietsreform 2011 den Landkreis Vorpommern-Greifswald bildet. Das Ergebnis waren aussterbende Dörfer (...).
Aber in Löcknitz ist alles anders. (...).
Das Geheimnis von Löcknitz heißt Stettin (...). Dorthin sind es keine 150 Kilometer, sondern 25. Eine halbe Stunde mit dem Auto oder mit dem Regionalzug. Die Stadt hat gut 400.000 Einwohner, viele Studenten, viel Grün, viel Wasser und viel Kultur. (...). Weil Stettin zwar hip und beliebt, aber auch teuer ist, ziehen viele Leute ins Umland. Löcknitz ist, von Polen aus gesehen, der erste Ort hinter der Grenze",

beschreibt DREISBACH die privilegierte Lage der Gemeinde, die als "Dorf" falsch eingeordnet ist.  Die derzeitige Bevölkerungsentwicklung zeigt deutet eher auf Stagnation, statt auf Wachstum hin. Die heutigen Reportagen sind daher eher als Stadtmarketingmaßnahmen zu betrachten. Peter BURGHARDT schreibt in der SZ aus der Sicht von Menkin, einem 167 Einwohner zählenden Dorf, das rund 30 Kilometer von Stettin entfernt ist:

"Polen (...) beleben deutsche Städte und Orte, aus denen das Leben in den vergangenen Jahren immer mehr verschwunden ist. Der Vorteil ist, es gibt hier spottbillige Immobilien, deutsches Kindergeld, deutschen Rentenanspruch, deutsche Schulen - und die polnische Metropole (...).
Nirgendwo an der 460 Kilometer langen Grenze sind sich deutsche Dörfer und eine polnische Großstadt so nahe wie hier. (...). 1.800 polnische Zuwanderer haben sich im Bezirk Löckwitz niedergelassen, in ganz Mecklenburg-Vorpommern sind es 12.070. Menkin liegt nur sechs Kilometer von Löcknitz entfernt. Die Polen ersetzen die abgewanderten oder verstorbenen Deutschen."

BURGHARDT erweitert mit Menkin, einem Ortsteil der brandenburgischen Landstadt Brüssow, den Blick auf Löcknitz. Brüssow, das an den Landkreis Vorpommern-Greifswald grenzt, kommt auf nicht einmal 2.000 Einwohner und mit rund 18 Einwohner pro Quadratkilometer kommt es einem Dorf näher als einer Stadt.

Das Wunder von Löcknitz ist auch seiner Funktion als Verwaltungssitz von Löcknitz-Penkun und der speziellen geografischen Lage der "Konkurrenzstadt" geschuldet, was DREISBACH unerwähnt lässt, wenn sie schreibt:

"Während in Penkun, 22 Kilometer weiter, eine Schule um ihr Fortbestehen kämpft, gibt es in Löcknitz vier Schulen mit insgesamt 1.000 Schülern: eine Grundschule, eine Förderschule, eine Regionalschule und das deutsch-polnische Gymnasium."

Mit rund 1.800 Einwohnern und 23 Einwohner pro Quadratkilometer ist die Gemeinde Penkun geradezu ein Dorf im Vergleich zu Löcknitz.

Fazit: Besonders die FAZ-Reportage malt ein zu positives Bild von der Entwicklung in Löcknitz, wenn man die dortige privilegierte Situation der Gemeinde mit der Situation anderer Gemeinden in der Region vergleicht, deren Voraussetzungen ungleich schlechter sind. Das relativiert die vermeintlichen Erfolge, die dem CDU-Bürgermeister zugeschrieben werden. Nimmt man den Internetauftritt der Gemeinde und des Amts, dann existiert in Löcknitz kein Leben mehr!

BURGHARDT, Peter (2019): Herzlich willkommen.
"Wir sind 'ne blühende Landschaft geworden. Anderswo verfallen Häuser." Aus dem Osten Deutschlands wandern seit Jahren die Menschen ab, und die Alten sterben. Aber Rettung naht. Denn immer mehr Polen leben jetzt hier,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 29.01.

BURGHARDT, Peter (2019): Der Däne von Rostock.
Er ist Möbelhändler, Radler - und Staatsbürger des Nachbarlandes. Nun will Claus Ruhe Madsen Oberbürgermeister werden. Er wäre der erste Ausländer an der Spitze einer deutschen Großstadt,
in: Süddeutsche
Zeitung v. 05.02.

"Claus Ruhe Madsen will am 26. Mai Oberbürgermeister der nordostdeutschen Hansestadt werden. (...).
Er ist vor 46 Jahren in Kopenhagen geboren und besitzt nur einen dänischen Pass. (...).
Drei Rostocker Stadtoberhäupter seit dem Mauerfall kamen aus dem deutschen Westen, von der SPD und der PDS, die Wessis übernahmen gerne ostdeutsche Ämter. Nun regiert seit 14 Jahren der Einheimische Roland Mehthling, ehemals SED, er führt einen Freundeskreis an und geht bald in den Ruhestand. Jetzt will also dieser parteilose Skandinavier ins Rathaus, unterstützt von CDU und FDP. (...).
Kritik an seiner dänischen Staatsangehörigkeit? Würde im Wahlkampf nach hinten losgehen, glaubt er. 27 Jahre nach den Angriffen auf Vietnamesen im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen ein Rostocker Däne als erster ausländischer Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt? »Wäre doch toll für den Osten, ein Signal, echte Weltoffenheit«, findet der Kandidat Madsen",

berichtet Peter BURGHARDT über die Oberbürgermeisterwahl in Rostock.

HAHN, Thomas (2019): 4,50 Euro je Quadratmeter, maximal.
Während die Menschen in Ballungsräumen über horrende Mieten klagen, hat Grimmen ein anderes Problem: Leerstand und zu geringe Preise. Soll die Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern ihre verschuldete Wohngesellschaft verkaufen, um marode Häuser zu sanieren?
in: Süddeutsche
Zeitung v. 12.02.

"Bürgermeister Benno Rüster (CDU) (...) ist (...) der festen Überzeugung, dass es für die Entwicklung seiner Stadt nicht nur Zeit und Beharrlichkeit braucht, sondern auch vernünftige Privatinvestoren. (...). Der ländliche Raum in Mecklenburg-Vorpommern ist strukturschwaches Gebiet, viele Kleinstädte hier können ihren Bürgern schon deshalb keine hohen Mieten zumuten. Und um die Lage in der 10.000 Einwohner-Stadt Grimmen zu erklären, muss Rüster etwas ausholen.
Zu DDR-Zeiten gab es in Grimmen einen großen Erdölbetrieb. In den Sechszigerjahren zogen deshalb 3.000 Menschen her, der Staat baute für sie Wohnblöcke nach den damaligen Standards. Die Wende kam, der Erdölbetrieb wurde geschlossen, viele Menschen zogen weg. Trotzdem nahm die Grimmener Wohnungsgesellschaft (GWG) damals Millionen-Kredite auf, um sämtliche Wohnblocks zu sanieren. Heute steht die GWG mit 40 Millionen Euro Schulden und knapp 1.800 veralteten Wohnungen da. 15 Prozent Leerstand, schlechte Energiebilanzen, Höchstmiete 4,50 Euro pro Quadratmeter. (...) Deshalb sind Rüster und seine Anhänger für den Verkauf der GWG. Ein Investor soll (...) Werbung machen für den Standort Grimmen an der A 20, etwa 30 Kilometer südlich von Stralsund, in der Natur, die Ostsee in der Nähe. (...) Der Immobilienunternehmer Herbert Hillebrand aus Hennef in Nordrhein-Westfalen (...) würde die GWG nehmen, die die Stadt derzeit noch jährlich mit 200.000 Euro subventioniert",

berichtet Thomas HAHN über Grimmen, das seit der Wende von CDU-Bürgermeistern regiert wird. Seit 2001 ist das RÜSTER. Die verfehlte Wohnungspolitik in Grimmen, das bis 2011 Kreisstadt von Nordvorpommern war und seitdem zum Landkreis Vorpommern-Rügen mit der Kreisstadt Stralsund gehört, ist also der CDU anzulasten.

Ende 2018 gab es in Mecklenburg-Vorpommern unter den 750 Gemeinden lediglich 43 Kleinstädte (5.000 - 20.000 Einwohner). In der folgenden Tabelle ist die Einwohnerentwicklung dieser Kleinstädte ersichtlich. Die Prozentzahlen in den Klammern geben die Verluste/Gewinne seit der Wende (01.01.1990) an:

Rang
(2012)
Gemeinde Landkreis Bevölkerung
01.01.1990
Bevölkerung
31.12.1990

Bevölkerung
31.12.1999

Bevölkerung
31.12.2018

Typ
1 Parchim Ludwigslust-Parchim 23.466 22.886 20.419 (- 13,0 %) 18.037 (- 23,1 %) -
2 Ribnitz-Damgarten Vorpommern-Rügen 18.751 18.583 17.276 (- 7,9 %) 15.167 (- 19,1 %) 9
3 Bergen auf Rügen Vorpommern-Rügen 19.540 19.068 16.010 (- 18,1 %) 13.460 (- 31,1 %) 9
4 Anklam Vorpommern-Greifswald 19.386 18.989 16.068 (- 17,1 %) 12.385 (- 36,1 %) 9
5 Wolgast Vorpommern-Greifswald 17.449 17.013 14.117 (- 19,1 %) 12.028 (- 31,1 %) 9
6 Ludwigslust Ludwigslust-Parchim 13.176 12.897 12.640 (- 4,1 %) 12.233 (- 7,2 %) 8
7 Demmin Mecklenburgische Seenplatte 16.429 16.094 13.804 (- 16,0 %) 10.657 (- 35,1 %) 9
8 Bad Doberan Landkreis Rostock 12.303 12.119 11.473 (- 6,7 %) 12.491 (+ 1,5 %) 8
9 Hagenow Ludwigslust-Parchim 14.260 14.012 12.267 (- 14,0 %) 12.137 (- 14,9 %) 8
10 Grevesmühlen Nordwestmecklenburg 11.603 11.487 11.128 (- 4,1 %) 10.354 (- 10,8 %) 9
11 Pasewalk Vorpommern-Greifswald 15.768 15.516 12.907 (- 18,1 %) 10.213 (- 35,2 %) 9
12 Boizenburg Ludwigslust-Parchim 11.950 11.595 10.736 (- 10,2 %) 10.724 (- 10,3 %) 8
13 Grimmen Vorpommern-Rügen 14.425 14.122 11.842 (- 17,9 %) 9.572 (- 33,6 %) 9
14 Sassnitz Vorpommern-Rügen 13.253 13.032 11.823 (- 10,8 %) 9.320 (- 29,7 %) 9
15 Heringsdorf Vorpommern-Greifswald 3.991 3.823 3.553 (- 11,0 %) 8.547 (+ 114,2 %) 9
16 Ueckermünde Vorpommern-Greifswald 11.993 11.655 11.709 (- 2,4 %) 8.591 (- 28,4 %) 9
17 Teterow Landkreis Rostock 11.590 11.440 10.128 (-12,6 %) 8.470 (- 26,9 %) 9
18 Torgelow Vorpommern-Greifswald 13.609 13.463 11.663 (- 14,3 %) 9.153 (- 32,7 %) -
19 Barth Vorpommern-Rügen 11.721 11.549 10.095 (- 13,9 %) 8.658 (- 26,1 %) 9
20 Malchin Mecklenburgische Seenplatte 10.731 10.375 8.836 (- 17,7 %) 7.179 (- 33,1 %) 9
21 Bützow Landkreis Rostock 10.480 10.368 8.967 (- 14,4 %) 7.799 (- 25,6 %) 9
22 Kühlungsborn Landkreis Rostock 7.881 7.864 7.317 (- 7,2 %) 7.896 (+ 0,2 %) 9
23 Dummerstorf Landkreis Rostock 2.492 2.444 2.640 (+ 5,9 %) 7.459 (+ 199,3 %) 6
24 Malchow Mecklenburgische Seenplatte 8.386 8.166 7.619 (- 9,1 %) 6.627 (- 21,0 %) 9
25 Neustadt-Glewe Ludwigslust-Parchim 7.628 7.397 7.297 (- 4,3 %) 7.009 (- 8,1 %) 8
26 Friedland Mecklenburgische Seenplatte 8.365 8.164 7.733 (- 7,6 %) 6.354 (- 24,0 %) -
27 Plau am See Ludwigslust-Parchim 6.528 6.376 6.023 (- 7,7 %) 6.037 (- 7,5 %) 9
28 Lübz Ludwigslust-Parchim 8.073 7.869 6.891 (- 14,6 %) 6.103 (- 24,4 %) -
29 Grabow Ludwigslust-Parchim 8.338 8.098 6.813 (- 18,3 %) 5.633 (- 32,4 %) 9
30 Stavenhagen Mecklenburgische Seenplatte 9.031 8.907 7.297 (- 19,2 %) 5.741 (- 36,4 %) 9
31 Sanitz Landkreis Rostock 2.641 2.590 5.816 (+ 120,2 %) 5.969 (+ 126,0 %)  6
32 Altentreptow Mecklenburgische Seenplatte 8.001 7.819 6.914 (- 13,6 %) 5.307 (- 33,7 %) 9
33 Gadebusch Nordwestmecklenburg 6.871 6.760 6.238 (- 9,2 %) 5.530 (- 19,5 %) 9
34 Satow Landkreis Rostock 2.074 2.060 1.934 (- 6,8 %) 5.767 (+ 178,1 %) 5
35 Laage Landkreis Rostock 6.320 6.295 5.394 (- 14,7 %) 5.457 (- 13,7 %) 8
36 Röbel/Müritz Mecklenburgische Seenplatte 6.942 6.732 5.768 (- 16,9 %) 5.044 (- 27,3 %) 9
37 Binz Vorpommern-Rügen 7.307 6.778 5.573 (- 23,7 %) 5.397 (- 26,1 %) 9
38 Lüdersdorf Nordwestmecklenburg 1.922 1.928 4.381 (- 0,3 %) 5.326 (+ 177,1 %) 4
39 Sundhagen
(Seit 2009)
Vorpommern-Rügen - - - 5.119 8
40 Wittenburg Ludwigslust-Parchim 5.676 5.605 5.210 (- 8,2 %) 6.313 (+ 11,2 %) -
41 Burg Stargard Mecklenburgische Seenplatte 3.912 3.824 4.595 (+ 17,5 %) 5.402 (+ 38,1 %) -
42 Schwaan Landkreis Rostock 5.649 5.540 5.569 (- 1,4 %) 5.022 (- 11,1 %) -
43 Zarrentin am Schaalsee Ludwigslust-Parchim 2.382 2.380 3.101 (+ 30,2 %) 5.192 (+ 118,0 %) -

Aus der Tabelle kann nicht ersehen werden, ob die Gewinne/Verluste durch Eingemeindungen oder durch Bevölkerungsbewegungen (Geburten, Wanderungen) zustande kamen, da sich die Bevölkerungszahlen auf den Gebietsstand zum Zeitpunkt der Erhebung beziehen.    

KUMMERT, Tim (2019): Der Alte.
Karrieren: Philipp Amthor, 26, ist der jüngste Bundestagsabgeordnete der CDU. Doch wer ihn begleitet, erlebt einen Mann von gestern. Weil er sich ständig anpasst, hat er so großen Erfolg,
in:
Spiegel Nr.10 v. 02.03.

"Philipp Amthor ist mit seinen 26 Jahren der jüngste Abgeordnete der CDU im Bundestag, 2017 mit Direktmandat in Mecklenburg-Vorpommern gewählt und jetzt Mitglied im Innen- und Europaausschuss. Amthor ist der neue Shootingstar seiner Partei und ständig in den Medien (...).
Zum erste Mal sorgte Amthor für Schlagzeilen, als er im Februar 2018 einen Antrag der AfD wegen juristischer Formfehler zerpflückte. (...).
Die Stimmen der älteren Herren, der Hausfrauen, der Pensionäre: Sie lieferten das Ticket in den Bundestag (...) Philipp Amthor, ein Produkt der Rentnerrepublik. (...). Einzig Facebook bespielt er - denn dieses Medium nutzen auch die 60-Jährigen im Wahlkreis", erzählt uns Tim KUMMERT über die Karriere des CDU-Politikers, der die AfD auf Abstand zur CDU halten soll.

LÖHR, Julia (2019): Die Boote des Anstoßes.
Mecklenburg-Vorpommern: Seit alle Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien gestoppt sind, steht Wolgast still. Die Werftarbeiter sind in Kurzarbeit, der Stadt fehlt Geld. Über eine ostdeutsche Kleinstadt, die zum Spielball der Weltpolitik geworden ist,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 09.03.

"Seit zehn Jahren ist (Stefan) Weigler Bürgermeister von Wolgast, erst für die Linke, dann als Parteiloser. (...). Die Werft ist der mit Abstand wichtigste Steuerzahler in Wolgast. (...).
1948 wurde die Werft von den Sowjets gegründet, diese waren auch die Abnehmer der Marineschiffe, die in Wolgast entstanden. Ende der achtziger Jahre hatte die Werft mehr als 4.000 Mitarbeiter und Wolgast fast 17.000 Einwohner. (...). Dann kam die Wende, die Treuhand, die Privatisierung, auf einen Schlag waren mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze weg. 1992 übernahm die Bremer Hegemann-Gruppe die Werft. (...) Sie bauten nun auch Containerschiffe, die Globalisierung ging damals gerade los. (...). Doch mit dem Ausbruch der Finanzkrise ging es rasant bergab. 2012 musste die Werft Insolvenz anmelden, da waren auch die letzten Arbeitsplätze weg.
Mit dem Einstieg von Lürssen und dem Großauftrag der Araber keimte wieder Hoffnung in Wolgast auf (...).
Was ist von größerer Bedeutung - eine klare Kante in der Außenpolitik oder die Arbeitsplätze in der deutschen Rüstungsindustrie? Vor allem die SPD bringt diese Frage in die Bredouille (,denn) den Menschen (...) bleibt nicht verborgen, dass es die SPD ist, die in Berlin auf einen dauerhaften Rüstungsexportstopp (...) drängt. So kommt es, dass in Wolgast längst die AfD die Arbeiterpartei ist. Bei der Bundestagswahl 2017 holte die AfD in Wolgast die meisten Stimmen, beinahe jeder dritte Wähler machte sein Kreuz dort. (...). Nach dem Amtsgericht, dem Finanzamt und der Geburtsstation dürfe Wolgast nicht auch noch die Peene-Werft verlieren.
Das Bundestags-Direktmandat für den Wahlkreis 16 - Vorpommern-Greifswald, Mecklenburgische Seenplatte - hat allerdings nicht die AfD gewonnen, sondern CDU-Jungstar Philipp Amthor. (...).
Bürgermeister Stefan Weigler spürt, dass seine Stadt ein weiteres Standbein braucht. Ein unpolitischeres. (...). Rund 2 Millionen Urlauber kämen jedes Jahr nach Usedom, und alle müssten sie durch Wolgast durch. Wenn nur jeder zehnte Tourist in Wolgast Station machen und dort 30 Euro ausgeben würde, dann hätte die Stadt schon 6 Millionen mehr an Wirtschaftskraft. Weigler strahlt.
Als der Peene-Werft 2012 das Geld ausgegangen war, hat er aus der Insolvenzmasse einen Teil des Hafengelände gekauft. (...). Er will dort eine Marina, einen kleinen Hafen, bauen, für Segelschiffe oder kleinere Yachten. Vielleicht auch ein großes, schickes Hotel, das gibt es bislang nicht in Wolgast. Aber dafür braucht der Bürgermeister erstmals Geld, das er im Moment nicht hat", erzählt uns Julia LÖHR zu Wolgast und die Abhängigkeit der Stadt von der Peene-Werft.

HAHN, Thomas (2019): Stadt der Zukunftsangst.
Mecklenburg-Vorpommern: In Wolgast hängen Hunderte Arbeitsplätze an den Ausfuhren nach Saudi-Arabien,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 09.03.

IWD (2019): Hidden Champions: Die Starken aus der zweiten Reihe.
Mehr als 1.300 Hidden Champions – kaum bekannte Weltmarktführer – machen die einzigartige Stärke der deutschen Wirtschaft aus. In anderen Ländern ist dieser exportstarke Unternehmenstypus, der zwischen Mittelstand und Konzern einzuordnen ist, dagegen weniger verbreitet.,
in:
Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft v. 25.03.

Im Jahr 2016 gab es gemäß IW Köln 1279 Weltmarktführer in Deutschland. Nur 4 dieser "Hidden Champions" hatten danach ihren Sitz in Mecklenburg-Vorpommern.

MEINHOF, Renate (2019): Bedienung kommt gleich.
Mecklenburg-Vorpommern ist mittlerweile das beliebteste Urlaubsziel der Deutschen. Es gibt nur ein Problem: Kellner, Köche und Zimmerpersonal fehlen. Eine Stellenausschreibung,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 04.04.

"Anfang Februar war die Meldung zu lesen, Mecklenburg-Vorpommern sei innerhalb Deutschlands nun das beliebteste Urlaubsziel. Gerade habe es Bayern überholt. Menschen, die fünf Tage oder mehr in Deutschland Urlaub machen, reisen lieber in den Nordosten als in die Berge. Das sagt die 35. Tourismusanalyse der Stiftung für Zukunftsfragen, die zum Tabakunternehmen British American Tobacco gehört. (...).
Nach Rügen fahren die meisten Touristen. 43 Übernachtungen kommen auf einen Rügener im Jahr, das sagt die Statistik. (...).
Da ist Binz, das sich seit 1989 am stärksten gewandelt hat, sind Göhren und Baabe auf der Halbinsel Mönchgut, und Sellin natürlich, dessen stolze Wilhelmstraße",

berichtet Renate MEINHOF, die uns die Klagen in der Hotellerie und Gastronomiebranche präsentiert, und erklärt, warum Restaurants Ruhetage einlegen oder erst am Abend öffnen.

BARTSCH, Matthias u.a. (2019): Ein Land, zwei Welten.
Zukunft: Welche Regionen boomen, welche veröden? Welche Rezepte gibt es gegen den demografischen Wandel? Wissenschaftler haben ins Jahr 2035 geblickt. Ihre größte Sorge: Die Babyboomer gehen bis dahin in den Ruhestand,
in:
Spiegel Nr.15 v. 06.04.

JUNG, Hagen (2019): "Lila Bäcker" will über 70 Filialen schließen.
2.700 Beschäftigte stehen bei der Kette in Lohn und Brot,
in:
Neues Deutschland v. 23.04.

Hagen JUNG berichtet über die Insolvenz der in Pasewalk im Kreis Vorpommern-Greifswald ansässigen Bäckerfiliale "Lila Bäcker", die rund 400 Filialen umfasst. Filialen in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg sollen geschlossen werden. Bereits ein Jahr zuvor waren Betriebsstätten in Pasewalk und Gägelow (Kreis Nordwestmecklenburg) geschlossen worden.

WSI (2019): Regionale Einkommen in Deutschland: In einigen Kreisen höher als in Luxemburg, in anderen auf dem Niveau von Korsika.
Daten zu allen 401 Kreisen und kreisfreien Städten,
in:
Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung v. 24.04.

GATHMANN, Moritz (2019): Warten auf Amthor.
Mit 26 Jahren ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor das große Nachwuchstalent seiner Partei. Er wirkt wie ein Streber aus dem Westen - aber seine Biografie überrascht,
in:
Cicero, Mai

"Philipp Amthor (...) stammt (...) aus dem Städtchen Torgelow in Vorpommern. Nördlich liegen Ueckermünde und das Stettiner Haff, ein paar Kilometer Richtung Osten die Grenze zu Polen. (...). Im Zentrum ist Torgelow inzwischen recht schmuck herausgeputzt, was aber nicht über den Niedergang in den 1990er Jahren hinwegtäuschen kann: Von 15.000 Einwohnern aus Vorwendezeiten sind weniger als 10.000 geblieben. Mehrer Geschäfte in der Hauptstraße stehen leer (...). Was die Menschen hier bewegt, erfährt man beim Mittagstisch in der Kneipe Schwalbennest: Flüchtlinge, Windkraftanlagen und zu teurer Strom. (...). Der Urgroßvater stammt aus Ostpreußen, landete (...) in Neuruppin, Amthors Großvater heuerte später bei der NVA an, so kam die Familie nach Torgelow. Hier wurde Amthor 1992 geboren. Das Thema Vater wird gemieden. Die Mutter, gelernte Werkzeugmacherin, machte nach der Wende mehrere Fortbildungen und coacht seitdem Mitarbeiter in einem Callcenter. (...).
Von den Plattenbauten fuhr Amthor in die Schule, zuerst nach Torgelow, dann nach Ueckermünde ins Gymnasium. (...). Amthor (...) wird zum Schülersprecher gewählt, mit 16 tritt er in die CDU ein. Er studiert Jura im nahen Greifswald und wird dann Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Matthias Lietz, eines Hinterbänklers, der 2017 Gefahr läuft, das Direktmandat im Wahlkreis gegen den AfD-Kanidaten zu verlieren. Amthor sieht seine Chance und nutzt sie: Mit Unterstützung der lokalen CDU-Größen zwingt er den Abgeordneten zum Rückzug - und zieht selbst mit Direktmandat in den Bundestag ein",

verbindet Moritz GATHMANN die Geschichte der Region (Torgelow gehörte bis 2011 zum Kreis Uecker-Randow, der im Großkreis Vorpommern-Greifswald aufging) mit der Heldengeschichte von Philipp AMTHOR, der seit seinem erfolgreichen Bundestagswahlkampf als letzte Hoffnung der CDU an der AfD-Front gilt und deshalb von den Mitte-Medien gehypt wird. Wie es für abgehängte Regionen üblich ist, ist das Militär dort als Arbeitgeber gefragt. Das Jägerbataillon 413 wird uns als wichtigster Arbeitgeber in Torgelow präsentiert.

CUBE, Robert von (2019): Alle auf einen.
Lookismus: Wenn es gegen Philipp Amthor geht, ist alles erlaubt. Selbst Progressive verlieren jeden Anstand,
in:
Freitag Nr.23 v. 06.06.

"Das Philipp-Amthor-Bashing ist ein überraschendes Beispiel toxischer Männlichkeit. (...). Dass er im Interview mit dem Freitag (Ausgabe 16/2019) Rainer Wendt huldigt und für die AfD-Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel als Vizepräsidentin des Bundestags stimmte, verdient heftige Gegenrede. Amthor plädierte für die Beibehaltung des umstritten Paragrafen 219a. Er hat Hans-Georg Maaßen in Schutz genommen (...). Aber Amthor ist kein Populist. (...) Amthor hingegen vertritt seine rechten (nicht rechtsradikalen) Thesen eloquent, rhetorisch gewandt, aber auch intellektuell aufrichtig",

verteidigt Robert von CUBE den Nationalkonservativen gegen seine linken Kritiker. CUBE gehört zu jenen, die im Nationalkonservatismus nicht das Einfallstor der Rechtsradikalen sehen wollen, sondern der irrigen Ansicht sind, dass man nur rechtsradikale Meinungen ausgrenzen muss, um das AfD-Problem zu entschärfen. Das ist weder in der Weimarer Republik gelungen und es hat nicht verhindert, dass der Linksliberalismus in die Defensive gerät, weil er im Nationalkonservatismus nicht die eigentliche Gefahr sieht. Der Nationalliberalismus als Allianz von Neoliberalen und Nationalkonservativen ist auf dem Vormarsch und wird den Linksliberalismus verdrängen!   

ECKERT, Daniel (2019): Bevölkerungszahl im Osten fällt auf den Stand von 1905.
Zwar hat die ostdeutsche Wirtschaft seit dem Ende der DDR stark aufgeholt. Doch das konnte die Abwanderung von Millionen nicht stoppen. Die "Teilungslücke" wird Forschern zufolge immer größer,
in: Welt
v. 13.06.

DRESCHER, Markus (2019): Wer wird Leuchtturmwärter?
Die Hansestadt Rostock wählt am Sonntag einen neuen Oberbürgermeister,
in:
Neues Deutschland v. 13.06.

"Mecklenburg-Vorpommern ist nicht gerade verwöhnt, was Erfolgsgeschichten angeht.
Rostock aber, wichtige Hafen- und beliebte Universitätsstadt, ist eine. Findet Steffen Bockhahn von der Linken. Und als Sozialsenator der Stadt ist er daran beteiligt. Dieses Pfund warf der 40 Jährige in den Oberbürgermeisterwahlkampf, holte im ersten Wahlgang mit 18,9 Prozent den zweiten Platz und hofft nun, sich am Sonntag in der Stichwahl gegen seinen Kontrahenten Claus Ruhe Madsen durchzusetzen, der mit 34,6 Prozent am 26. Mai das neunköpfige OB-Kandidatenfeld klar anführte. (...).
Dass es noch einiges zu tun gibt, ist Bockhahn quasi per Amt bewusst. Auch wenn Rostock im Vergleich zu weiten Teilen Mecklenburg-Vorpommerns gut dastehe, sei es doch etwa die Stadt mit der größten sozialen Spaltung im Nordosten, erklärt er. (...).
Doch betont Bockhahn auch, was bisher - im allgemeinen und seinem Fachbereich im besonderen - in Rostock schon bewegt wurde. Mecklenburg-Vorpommerns größte Stadt ist schuldenfrei, hat eine gute wirtschaftliche Entwicklung vorzuweisen, die Arbeitslosigkeit ist gesunken, man investiert Millionen in Schulen und Sportanlagen, hat ein kostenloses Schülerticket eingeführt",

verklärt Markus DRESCHER den Linkspartei-Kandidaten in der Parteizeitung, in der besonders hervorgehoben wird, dass das rot-rot-grüne Lage die Mehrheit hätte:

"In der ebenfalls am 26. Mai neu gewählten Bürgerschaft konnte die Linkspartei erneut - trotz Verlusten - stärkste Kraft werden und elf Sitze holen. Dicht gefolgt von den Grünen mit zehn Sitzen. Zusammen mit acht Abgeordneten der SPD kommt das linke Lager so auf eine komfortable Mehrheit in dem 53-köpfigen Stadtparlament. Auch mit Bockhahn an der Stadtspitze gäbe es übrigens eine Premiere. Er wäre der erste Linke-Oberbürgermeister einer Großstadt."

Von einem rot-rot-grünen Lager kann aber vor der Stichwahl keine Rede sein, denn die opportunistischen Grünen können auch mit CDU/FDP, weswegen der Linkspartei-Kandidat sich eine Hintertür offen gelassen hat: 

"Gewinnt er nicht, will er bis zum Ende seiner Amtszeit 2022 Sozialsenator bleiben."

ROSTOCK (2019) OB-Wahl, Stichwahl,
in: rostock.de v. 16.06.

Der Däne Claus Ruhe MADSEN gewinnt die Stichwahl mit 57,1 % gegen Steffen BOCKHAHN von der Linkspartei (42,9 %). Der Kandidat der Linken gewann nur im Wahlbezirk Lütten Klein (Wahlbeteiligung: 33,0 %; Durchschnitt: 44,1 %), also einem von 16 Wahlbezirken.

JUNG, Hagen (2019): Kaum Hoffnung für stillgelegte Bahnstrecken.
Mecklenburg-Vorpommern: SPD und CDU im Nordosten schmettern Antrag zum Wiederbeleben von Zugverbindungen ab,
in:
Neues Deutschland v. 23.06.

Hagen JUNG berichtet, dass der Antrag der Linkspartei auf Wiederbelebung der 2014 aufgegebenen Bahnstrecke zwischen Parchim und Malchow gescheitert sei. Das Verkehrsressort ist in Händen der SPD. Das Land wird rot-schwarz regiert. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und die Initiative Allianz pro Schiene sehen Strecken von 230 Kilometer Länge als kostengünstig reaktivierbar an. Desweiteren geht es der Linkspartei um den Bau der Darßbahn und eine südliche Bahnanbindung der Insel Usedom.   

WZB (2019): Zuwanderung vor allem in arme Stadtviertel.
WZB-Studie zeigt große Unterschiede bei sozialräumlicher Verteilung,
in: Pressemitteilung Wissenschaftszentrum Berlin
v. 05.07.

Aus der folgenden Tabelle sind die 4 Städte in Mecklenburg-Vorpommern ersichtlich, in denen die soziale Segregation zwischen 2014 und 2017 am stärksten zugenommen hat:

Tabelle: Die 4 Städte in Mecklenburg-Vorpommern mit dem höchsten Anstieg sozialer Segregation 2014 - 2017 und ihr
deutschlandweiter Rang
Rang Land Stadt Stadttyp Wohnungsleerstand
im Jahr 2014
SGB-II-Quote
im Jahr 2017
Veränderung
SGB-II-Quote
2014 - 2017
2 Mecklenburg-Vorpommern Schwerin (Landeshauptstadt) Mittelstadt 12 % 45,5 % + 5,5 %
4 Mecklenburg-Vorpommern Stralsund Mittelstadt 9 % 24,6 % + 4,3 %
8 Mecklenburg-Vorpommern Wismar Mittelstadt 8 % 21,7 % + 3,2 %
10 Mecklenburg-Vorpommern Neubrandenburg Mittelstadt 9 % 35,2 % + 2,8 %
Quelle: WZB-Diskussionspapier, Tabelle Anhang, S.52ff.; eigene Berechnungen

RICKENS, Christian (2019): Aufholjagd der Schmuddelkinder.
Titelthema Zukunftsatlas: Der Prognos-Zukunftsatlas zeigt: Die Problemregionen werden stärker, fast überall entstehen Arbeitsplätze, und die Bevölkerung wächst wieder. Der Dauraufschwung gefährdet vor allem alte Gewissheiten,
in: Handelsblatt
v. 05.07.

BMI/BMEL/BMFSFJ (2019): Deutschlandatlas.
Karten zu gleichwertigen Lebensverhältnissen,
in:
BMEL v. 09.07.

GEIßLER, René (2019): Trotz Milliardenüberschüssen: Finanzkraft der Kommunen driftet immer stärker auseinander.
Die Städte, Gemeinden und Kreise in Deutschland haben in den Jahren 2017 und 2018 historische Überschüsse erwirtschaftet. Dank anhaltend starker Konjunktur steigen Steuern, Investitionen und Rücklagen, während die Kassenkredite schrumpfen. Dennoch nehmen die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen starken und schwachen Kommunen immer größere Ausmaße an,
in:
Pressemitteilung Bertelsmann-Stiftung v. 10.07.

SPECHT, Frank (2019): Die Landflucht der Jugend.
Ausbildung: Junge Menschen zieht es zunehmend in die Städte und ihr Umland, zeigt eine IW-Studie. Unternehmen in ländlichen Regionen finden nur noch schwer Akademiker oder Auszubildende,
in:
Handelsblatt v. 17.07.

"Der Firmensitz (Anm.: der Elektro Schulz GmbH), die kleine Gemeinde Möllenhagen, hat seinen Reiz durch die Nähe zur malerischen Mecklenburgischen Seenplatte, aber sonst für junge Leute nicht viel zu bieten. Der Landkreis hat seit der Wiedervereinigung mehr als ein Fünftel seiner Bewohner verloren",

erzählt uns Frank SPECHT ein Fallbeispiel, um die Aussagen des IW-Report Von Abwanderung betroffene Arbeitsmärkte stärken von Alexander BURSTEDDE & Dirk WERNER zu bebildern.

"Während beim Spitzenreiter Heidelberg 44 Prozent der Beschäftigten einen Hochschulabschluss haben, sind es beim Schlusslicht, dem Landkreis Wittmund bei Wilhelmshaven, nur sechs Prozent",

erklärt SPECHT. Warum aber sollte in einer Großstadt mit Eliteuniversität wie Heidelberg nicht wesentlich mehr Akademiker wohnen als in einer touristisch geprägten Region wie der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte? Im IW-Report wird zudem auf die mangelnde Datenlage verwiesen:

"Da Absolventen von Aufstiegsfortbildungen und anderen hochwertigen nicht akademischen Qualifikationen statistisch leider unzureichend erfasst werden, wird lediglich der Akademikeranteil an den Beschäftigten einer Region auf Kreisebene herangezogen" (S.6)     

Angebot und Nachfrage müssen stimmen, aber das wird im IW-Report gar nicht gemessen, sondern im Handelsblatt nur suggeriert. Da ist ein Schaubild überschrieben mit "Regionale Verteilung von Auszubildenden in Prozent der Beschäftigten mit Ausbildung". Dagegen wird in der Fußnote darauf verwiesen, dass es nur der Anteil sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter ist.

Zieht man die Statistik für Mecklenburg-Vorpommern (31.03.2018) und hier für den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (Tabelle 12, S.18) heran. Dann gab es dort 96.218 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und 3.532 Auszubildende, was ca. 3,7 % entspricht. Betrachtet man dagegen nur die Vollzeitbeschäftigten, dann läge der Anteil bei 5,2 %. Es ist also auch eine Frage der Indikatorenauswahl, die einen Fachkräftemangel belegen sollen.

Die Statistik gibt für die Kreise zwar Auskunft über die Wirtschaftszweige, in denen die Beschäftigten arbeiten, aber nicht über die Anzahl der Auszubildenden, die für diese Wirtschaftsbereiche ausgebildet werden. Außerdem werden bei der Betrachtung des Reports Wanderungen (Mobilität) nicht betrachtet.

Fazit: Die Zahlen, die geliefert werden, sind nicht geeignet, um einen Fehlbedarf von Arbeitskräften in den jeweiligen Regionen zu belegen.

"Der Firmensitz (Anm.: der Elektro Schulz GmbH), die kleine Gemeinde Möllenhagen, hat seinen Reiz durch die Nähe zur malerischen Mecklenburgischen Seenplatte, aber sonst für junge Leute nicht viel zu bieten. Der Landkreis hat seit der Wiedervereinigung mehr als ein Fünftel seiner Bewohner verloren",

erzählt uns Frank SPECHT ein Fallbeispiel, um die Aussagen des IW-Report Von Abwanderung betroffene Arbeitsmärkte stärken von Alexander BURSTEDDE & Dirk WERNER zu bebildern.

"Während beim Spitzenreiter Heidelberg 44 Prozent der Beschäftigten einen Hochschulabschluss haben, sind es beim Schlusslicht, dem Landkreis Wittmund bei Wilhelmshaven, nur sechs Prozent",

erklärt SPECHT. Warum aber sollte in einer Großstadt mit Eliteuniversität wie Heidelberg nicht wesentlich mehr Akademiker wohnen als in einer touristisch geprägten Region wie der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte? Im IW-Report wird zudem auf die mangelnde Datenlage verwiesen:

"Da Absolventen von Aufstiegsfortbildungen und anderen hochwertigen nicht akademischen Qualifikationen statistisch leider unzureichend erfasst werden, wird lediglich der Akademikeranteil an den Beschäftigten einer Region auf Kreisebene herangezogen" (S.6)     

Angebot und Nachfrage müssen stimmen, aber das wird im IW-Report gar nicht gemessen, sondern im Handelsblatt nur suggeriert. Da ist ein Schaubild überschrieben mit "Regionale Verteilung von Auszubildenden in Prozent der Beschäftigten mit Ausbildung". Dagegen wird in der Fußnote darauf verwiesen, dass es nur der Anteil sozialversicherungspflichtiger Beschäftigter ist.

Zieht man die Statistik für Mecklenburg-Vorpommern (31.03.2018) und hier für den Landkreis Mecklenburgische Seenplatte (Tabelle 12, S.18) heran. Dann gab es dort 96.218 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte und 3.532 Auszubildende, was ca. 3,7 % entspricht. Betrachtet man dagegen nur die Vollzeitbeschäftigten, dann läge der Anteil bei 5,2 %. Es ist also auch eine Frage der Indikatorenauswahl, die einen Fachkräftemangel belegen sollen.

Die Statistik gibt für die Kreise zwar Auskunft über die Wirtschaftszweige, in denen die Beschäftigten arbeiten, aber nicht über die Anzahl der Auszubildenden, die für diese Wirtschaftsbereiche ausgebildet werden. Außerdem werden bei der Betrachtung des Reports Wanderungen (Mobilität) nicht betrachtet.

Fazit: Die Zahlen, die geliefert werden, sind nicht geeignet, um einen Fehlbedarf von Arbeitskräften in den jeweiligen Regionen zu belegen.

GUTSCHKE, Irmtraud (2019): Die Schwungkraft des Unbehagens.
Blick von innen und von außen: Steffen Mau analysiert die "ostdeutsche Transformationsgesellschaft" vom Beitritt bis zu Pegida,
in:
Neues Deutschland v. 03.08.

HÜTHER, Michael/SÜDEKUM, Jens/VOIGTLÄNDER, Michael (2019): 19 Mal akuter Handlungsbedarf.
Regionalentwicklung: Deutschlands Metropolregionen boomen, während der ländliche Raum und der Osten darben? Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Kooperation mit Wissenschaftlern vier deutscher Hochschulen wollte es genauer wissen. Das Ergebnis: 19 von insgesamt 96 deutschen Regionen haben Probleme. Längst nicht alle liegen in Ostdeutschland oder auf dem platten Land,
in:
Pressemitteilung IW Köln v. 08.08.

SCHMITZ, Katharina (2019): Der Sog der DDR.
Frakturen: Woher kommt die politische Entfremdung vieler Menschen im Osten? Die Verletzungen? Der Rostocker Soziologe Steffen Mau forscht darüber,
in:
Freitag Nr.32 v. 08.08.

"MAU: In Lütten Klein und Ostdeutschland insgesamt gibt es in der Kohorte von 25 bis 40 deutlich mehr Männer als Frauen, wodurch die Männer auch eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, Single zu bleiben, mit all den damit verbundenen Problemen.
SCHMITZ: Problemen wie dem Rechtspopulismus...
MAU: Der Männerübeschuss liefert einen bestimmten Teil der Erklärung, aber man darf das nicht zu hoch gewichten. Es gibt viele andere Verletzungen, die bei einigen das Zu-kurz-Kommen zum Teil des Lebensgefühls machen", heißt es in dem Interview.

PILZ, Michael (2019): Höher wohnen.
Die Plattenbauten der DDR waren staatliche Wohnmaschinen. Über die Neuentdeckung einer Utopie in Literatur und Soziologie,
in:
Welt v. 10.08.

"Einerseits kennt man »die Platte« seit den Neunzigern als Topos für Literatur, Musik und Film. Von Richard David Prechts »Die Kosmonauten«, wo die Träume einer westdeutschen Berlinboheme vor virtuellen Plattenbaukulissen spielten, bis zum Werk von Clemens Meyer, das man gar nicht lesen kann, ohne die altgewordenen Neubauten von Leipzig mitzudenken. Im Film »Halbe Treppe« von Andreas Dresen wird der Plattenbau zum ideellen deutschen Osten, melancholisch und lakonisch; im Film »Wild« von Nicolette Krebitz teilt die Regisseurin sich in Halle-Neustadt eine winzige Wohnung mit einem Wolf. Rostock-Lichtenhagen spielt im Hip-Hop von Marteria die Rolle eines Gegengettos wie Berlin-Marzahn im Deutschrock der Band Haudegen. Andererseits: »Die Platte« ist Kulturlandschaft immer das andere geblieben. (...). Hinter Lichtenberg liegt immer noch die Wüste (...). » (...). Leben jenseits der Ringbahn.«
»Marzahn mon amour« ist die realistische Sozialromantik (...). Die Soziologie zur Platte liefert Steffen Mau (...) mit seiner Studie »Lütten Klein« (...). Mau ist ebendort aufgewachsen, in einer der Neubausiedlungen am Rand von Rostock, in einem der turmartigen Windmühlenhäuser für 500 Menschen mit mehreren Fahrstuhlschächten, Müllerschluckern und Fernwärme. (...). Das Wohnbauprogramm erfasste in den Sechzigern das ganze Land. Modellstädte wurden errichtet und sogar, wie Hoyerswerda, in Literatur verwandelt: In »Franziska Linkerhand« erzählte schon Brigitte Reimann (...). Mau erklärt die Heimat seiner Jugend zum Labor einer gebrochenen »Transformationsgesellschaft«, die schon 1992 zu den Unruhen am Sonnenblumenhaus von Lichtenhagen gegen die dort wohnenden Migranten führte und heute zum Wahlerfolg der AfD",

fasst Michael PILZ den Topos Plattenbau zusammen. Bei diesem Parforceritt durch die Kulturgeschichte des Plattenbaus fehlt jedoch das zentrale stadtsoziologische Werk Die Platte von Christiane HANNEMANN aus dem Jahr 1996.        

MAU, Steffen (2019): Lütten Klein. Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft, Suhrkamp Verlag

GREIVE, Martin/HÖPNER, Axel/KERSTING, Silke/SIGMUND, Thomas/WASCHINSKI, Gregor (2019): Hilferuf aus den Problemregionen.
Etliche Teile Deutschlands drohen abgehängt zu werden. Landespolitiker fordern nun endlich Taten statt Worten und hegen neue Hoffnung: Der Niedergang von Gegenden im Westen könnte neuen Schwung in die Debatte bringen,
in:
Handelsblatt v. 12.08.

EM MECKLENBURG-VORPOMMERN (2019): Neue Prognose: Einwohnerzahl sinkt – aber schwächer als erwartet,
in: Pressemitteilung Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern v. 20.08.

"Es gebe einen Entwicklungskorridor zwischen einem minimalen Bevölkerungswachstum von knapp 2.000 Menschen bis 2040 in der optimistischen Prognose und einem Sinken um knapp 116.000 Menschen in der pessimistischen Variante. Die sogenannte Standardvariante geht von knapp 80.000 Menschen weniger in Mecklenburg-Vorpommern bis 2040 aus. Danach würde die Einwohnerzahl von 1,61 Millionen Menschen im Jahr 2017 auf ca. 1,58 Millionen im Jahr 2030 und bis 2040 auf ca. 1,53 Millionen Einwohner sinken. Das sind minus zwei Prozent bis 2030, minus fünf Prozent bis 2040, beides im Vergleich zu 2017",

wird der Minister zur 5. Bevölkerungsprognose Mecklenburg-Vorpommern 2040 zitiert.

JUNG, Hagen (2019): Und wieder verschwinden Bahnstrecken.
Mecklenburg-Vorpommern: Aus für Verbindungen im Nordosten beantragt - Unternehmen: Land will dort keine Züge fahren lassen,
in:
Neues Deutschland v. 20.08.

Hagen JUNG beziffert die Stilllegungen in Mecklenburg-Vorpommern seit 1994 auf rund 300 Kilometer.

"Die Strecken zwischen Parchim und Malchow im Kreis Mecklenburgische Seenplatte, wo der Zugverkehr seit 2014 wegen mangelnder Auslastung ruht, sowie zwischen Güstrow/Kreis Rostock und Plau am See im Kreis Ludwigslust-Parchim sollen offiziell stillgelegt werden. Das hatte die Betreiberfirma, die Regio-Infra-Nordost, zwar schon im Frühjahr angekündigt, hat aber erst jetzt die dafür nötige Genehmigung des Landes beantragt. Das Ja des Ministeriums zum Aus der Strecken ist so gut wie sicher",

berichtet JUNG.  

Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung (Hrsg.)(2019): Teilhabeatlas Deutschland. Ungleichwertige Lebensverhältnisse und wie die Menschen sie wahrnehmen

MÜLLER, Burkhard (2019): Manche strauchelten heftig.
Woher kommt die Wut im Osten? Der Soziologe Steffen Mau über die Rostocker Neubausiedlung Lütten Klein, in der er aufgewachsen ist,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 21.08.

Mau betont, dass er für sein Buch mit Dutzenden früheren und gegenwärtigen Bewohnern der Siedlung gesprochen habe; aber deren Beiträge bleiben marginal in einer Weise, die an Herablassung grenzt. Als der junge Student während der Ausländerjagden von 1992 mit dem Rad nach Lichtenhagen fährt, das gleich neben Lütten Klein liegt - eine einmalige Gelegenheit! - vermag er weder als Landsmann noch als Augenzeuge noch als Soziologe viel Erhellendes zur Lage beizusteuern; alles geht irgendwie durcheinander.
Auch sonst trägt das Buch Züge mangelnder Reflexion",

meint Burkhard Müller zum Buch Lütten Klein.

BLECKMANN, Philip (2019): Verblühende Landschaften.
Aufbau Ost: Ökonomen und Wirtschaftsverbände befürchten, dass die Wahlerfolge der AfD im Osten Investoren abschrecken. Zwei Neu-Unternehmer in Mecklenburg-Vorpommern lassen sich davon nicht entmutigen,
in:
Handelsblatt v. 09.09.

"Kilometerlange Sandstrände, idyllische Buchten und die mondänen Dreikaiserbäder - die Insel Usedom ist ein Ferienparadies und wird jedes Jahr von mehreren Hunderdtausend Urlaubern aus dem In- und Ausland besucht. Für Daniel Kiefer und Carsten Stifter ist die Insel Usedom zu einer neuen beruflichen Heimat geworden. Die beiden erfolgreichen Manager aus Schleswig-Holstein haben ihre Karrieren in internationalen Konzernen gegen die Übernahme des mittelständischen Unternehmens Gerso getauscht - ein Schritt, den sich nur wenige Manager zu gehen trauen. (...).
Für das vergangene Jahr zählte die Förderbank KfW in Deutschland 547.000 Neugründungen von Unternehmen - ein Rückgang von zwei Prozent im Vergleich zu 2017, mit weiter sinkender Tendenz. (...).
Der Strukturwandel und der oft mangelhafte Ausbau der Infrastruktur im ländlichen Raum stellt (...) einige Herausforderungen. (...).
Der aktuelle Prognos-Zukunftsatlas (zeigt): Besonders der Osten der Bundesrepublik schneidet in vielen Kategorien schlecht ab. Auch der Landkreis Vorpommern-Greifswald, in dem die Insel Usedom und der Betrieb der beiden Jungunternehmer liegt, ist da keine Ausnahme",

berichtet Philip BLECKMANN über das Problem der Übergabe von Familienunternehmen. 

WYSSUWA, Matthias (2019): Nicht mit irgendjemandem, aber mit der AfD schon.
Mecklenburg-Vorpommern: Die Bündnisse der SPD in Sassnitz,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 20.09.

"Am Dienstag kommender Woche geht es in der Stadtvertretung von Sassnitz auf Rügen darum, die Hauptsatzung und die Geschäftsordnung der Stadt neu zu fassen, dafür setzt sich die SPD ein. (...) Doch (...) die insgesamt sieben Anträge (...) (bringt) die SPD (...) zusammen mit der AfD ein. Und die Aufregung ist groß. (...).
Die Lage für die SPD in der Stadtvertretung ist (...) schwierig. Bei der vergangenen Kommunalwahl im Mai war sie nur auf 15,5 Prozent der Stimmen gekommen, die AfD auf 14,4. Das bedeutet für beide Parteien jeweils drei von insgesamt 21 Abgeordneten. Stärkste Kraft mit knapp 20 Prozent war die Linkspartei geworden, die CDU hatte 18 Prozent - sie haben nun jeweils vier Abgeordnete. Doch die Zusammenarbeit der SPD mit der AfD und weiteren Wählergruppen im Stadtparlament hat (...) auch dazu geführt, dass die SPD einen Ausschussvorsitz erhalten hat. Die größere Linkspartei hingegen nicht",

berichtet Matthais WYSSUWA. Fünf Tage später berichtet der NDR über die Sitzung, bei der die Anträge nicht eingebracht wurden.

PERGANDE, Frank (2019): Umstandslose Abrissbirne.
Steffen Maus Studie über das DDR-Wohnviertel Lütten Klein steckt voll anregender Provokationen,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 08.10.

BOLZ, Hendrik (2019): "Gewalt konnte jederzeit hereinbrechen"
Mecklenburg-Vorpommern: Hendrik Bolz wohnte bis zum 15. Lebensjahr im Plattenbauviertel. "Sieg Heil"-Rufe vom Spielplatz wiegten ihn in den Schlaf,
in:
Freitag Nr.41 v. 10.10.

Stralsunder Plattenbauten am Stadtwald, Foto: Bernd Kittlaus 2019

"Ich bin 1988 in Leipzig geboren, in meiner Geburtsurkunde steht also noch DDR; seit ich denken konnte, lebte ich aber in der BRD in Stralsund an der Ostsee. (...).
Bis zu meinem 15. Lebensjahr wohnten wir im Plattenbauviertel, ich besuchte die Rosa-Luxemburg-Grundschule, unweit der Kaufhalle. (...).
Wer immer noch nicht weiß, wie es so war, der Generation Wende anzugehören, der Generation Springerstiefel, Lichtenhagen, NSU, also der Menschen, die ihre Kindheit in der DDR verbrachten und in deren Pubertät die beiden Systeme kollidierten, dem kann ich nur wärmstens empfehlen, bei Peter Richter, Clemens Meyer und Daniel Schulz nachzulesen. Ihre Erzählungen sind geprägt von Werteverlust, Orientierungslosigkeit, Konflikten auf der Straße, Zusammenbruch der Autoritäten und anarchischen Zuständen. (...).
Ich gehöre einer anderen Generation an. (...) (A)ls in Lichtenhagen das Sonnenblumenhaus brannte, machte ich erste Erfahrungen mit Messer und Gabel. (...).
Neonazis kenne ich aber ebenfalls nicht nur aus Filmen. (...).
Landauf, landab machten die Betriebe dicht, drei von vier Ostdeutschen verloren in den ersten Jahren nach der Wende ihren angestammten Arbeitsplatz und damit das, was in der DDR Lebensmittelpunkt und Identität bedeutet hatte. In kürzester Zeit fand ein Abstieg vom industriellen Musterland des Ostblocks zum deindustrialisierten Sorgenkind am Tropf des Westens statt. Wer mobil war, suchte spätestens jetzt sein Glück drüben, vor allem Frauen und Abiturienten zogen reihenweise fort. Auch der Stralsunder VEB Volkswerft wurde holpernd privatisiert, viele Leute entlassen. (...).
Unser grauer Plattenbau bekam pastellgelben Putz, wenig später hatte jemand groß und gut sichtbar »Lieber stehend sterben als kniend leben« drangesprüht. (...). Es war jetzt 1998 (...) und ich kam aufs Gymnasium. Es folgten zehn Jahre, in denen Faschos sukzessive an Coolness verloren und vermeintlich aus dem Stadtbild verschwanden, die Jugendarbeitslosigkeit voll reinkrachte, Rap aus Berlin die Onkelz ablöste (...).
Zehn Jahre (...) an deren Ende die klassische Frage  »Gehen oder Bleiben?« stand und ich, wie unendlich viele vor und nach mir, in den Westen gezogen bin. Meine Grundschule, meinen Kindergarten, meinen Hort und auch mein erstes Gymnasium gab es da schon lange nicht mehr",

beschreibt uns der Rapper seine biografischen Stationen bis zum Weggang in den Westen.   

JUNG, Hagen (2019): Das Ehrenamt im Osten ankurbeln.
Mecklenburg-Vorpommern: Eine Stiftung des Bundes kommt nach Neustrelitz. Sie soll das bürgerliche Engagement in ganz Deutschland fördern,
in:
Neues Deutschland v. 11.10.

Hagen JUNG berichtet über den geplanten Sitz der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt im Carolinenpalais von Neustrelitz. Dort sollen rund 100 Beschäftigte einen Arbeitsplatz erhalten. Die 32 Millionen Euro im Bundeshaushalt müssen jedoch noch im Bundestag verabschiedet werden.

"Begrüßt wird der Zuzug einer Bundeseinrichtung auch in der rund 22.000 Einwohner zählenden Stadt, die nach der Wende unter dem Verlust von Einrichtungen und Betrieben sehr gelitten hatte. So verlor Neustrelitz beispielsweise die Poliklinik, einige Schulen mussten aufgrund mangelnder Schülerzahlen geschlossen werden, und die Belegschaft des Bahnbetriebswerkes schwand von etwa 1.000 auf nur noch 70 Mitarbeiter",

erzählt uns JUNG. Neustrelitz gehört zu den zehn größten Städten in Mecklenburg-Vorpommern und gehört gerade noch zu den Mittelstädten. Bis 2011 war Neustrelitz die Kreisstadt des Landkreises Mecklenburg-Strelitz. Seit 2011 gehört die Stadt zum problembeladenen Großkreis Mecklenburgische Seenplatte. Die aktuelle 5. Landesprognose geht für den Kreis vom größten Bevölkerungsrückgang in Mecklenburg-Vorpommern aus.  

AUS POLITIK UND ZEITGESCHICHTE-Thema: Gleichwertige Lebensverhältnisse

KERSTEN, Jens/NEU, Claudia/VOGEL, Berthold (2019): Gleichwertige Lebensverhältnisse - Für eine Politik des Zusammenhalts,
in: Aus Politik und Zeitgeschichte Nr.46 v. 11.11.

ELSNER, Katharina (2019): Der Tod der Beeren.
Mecklenburg-Vorpommern: Sanddorn gilt als Vitamin-C-Bombe, reif sind die Früchte im Herbst. Doch in Nord- und Ostdeutschland, selbst in China sterben die Pflanzen - und niemand weiß, warum,
in:
TAZ v. 11.11.

Katharina ELSNER über das Sanddornsterben aus der Landgemeinde Marlow im Landkreis Vorpommern-Rügen.

HOLTMANN, Everhard (Hrsg)(2019: Die Umdeutung der Demokratie. Politische Partizipation in Ost- und Westdeutschland, Frankfurt a/M: Campus Verlag

Das Buch beansprucht die regionalen Unterschiede in Ost- und Westdeutschland auch auf der Gemeindeebene hinsichtlich Partizipation und Wahlentscheidung zu erklären. Im Mittelpunkt stehen die Bundestagswahlen 1994 - 2017, d.h. die wirklichen Unterschiede wie sie bei Landtagswahlen und Kommunalwahlen zutage treten, interessieren hier nur am Rande. Im Vordergrund steht die bundesweite Bedeutung des Wählerverhaltens.

Der Aufsatz von Isabel KLEINE & Rebekka HEYME befasst sich mit Ostdeutschland als Thema der Wahlberichterstattung, die sich auf überregionale Tageszeitungen (FAZ, SZ, Welt und taz), regionale Tageszeitungen (Tagesspiegel, Sächsische Zeitung und Mitteldeutsche Zeitung) sowie Wochenzeitungen und -magazine (ZEIT, Spiegel, Focus, Stern und SuperIllu) stützt. Bereits die Auswahl der regionalen Tageszeitungen ist hochgradig selektiv und deckt vor allem Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt ab, während Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern als irrelevant ignoriert werden.

Statt die Vorwahlberichterstattung zu berücksichtigen, kommt nur die Nachwahlberichterstattung in den Fokus der Medienanalyse. Entsprechend ist die Medienanalyse halbherzig, denn die blinden Flecken und ihre Folgen für das Wählerverhalten bleibt außen vor. Die Ergebnispräsentation ermöglich außerdem nicht den Nachvollzug der Erkenntnisse, sondern der Leser muss das Gelesene glauben - oder es bleiben lassen.

Der Aufsatz von Matthias BRACHERT beschäftigt sich mit den Bestimmungsgründen regionaler Unterschiede der politischen Partizipation in Deutschland, so die Überschrift des Kapitels 7. Bei der räumlichen Differenzierung wird auf die Stadt- und Gemeindetypen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zurückgegriffen. Die Einteilung in 5 Typen (Groß-, Mittel-, größere und kleinere Kleinstädte und Landgemeinden) sollen Größenverhältnisse und Funktionen abbilden. Problematisch an dieser Kategorisierung ist, dass die Unterschiede auf Landesebene dabei unberücksichtigt bleiben. So besitzt Mecklenburg-Vorpommern eine ganz andere Stadt- und Gemeindestruktur wie z.B. Nordrhein-Westfalen (mehr hier).

Hinsichtlich des Wählerverhaltens heißt es zu Mecklenburg-Vorpommern:

"Hier betrug die Wahlbeteiligung an der Bundestagswahl 2017 knapp 71 Prozent. Im Ländervergleich ist dies der drittniedrigste Wert vor Sachsen-Anhalt und Bremen. In Mecklenburg-Vorpommern - wie auch für Thüringen - ist die räumliche Streuung der Partizipation deutlich ausgeprägter. (...). Gemeinden mit unterdurchschnittlicher Wahlbeteiligung lieben insbesondere in Vorpommern und auf der Mecklenburgischen Seenplatte. Im westlichen Teil Mecklenburg-Vorpommerns, besonders in Gemeinden nahe den großen Städten Schwerin und Rostock, fiel hingegen die Wahlbeteiligung im Schnitt höher aus." (S.238)

Als Bestimmungsgründe des Partizipationsverhaltens werden Altersstruktur (Jugendquotient unter 20-Jahre , Altenquotient 65+), Bildungsniveau (Anteil AkademikerInnen anhand der Daten der Agentur für Arbeit), Arbeitslosigkeit (Arbeitslosigkeitsquote und Anzahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter), Wirtschaftsstruktur (Klassifikation nach Wirtschaftszweigen), Gemeindegröße und Migration (Anteil der Ausländer am Arbeitsmarkt im Verhältnis zu SGB II und III-Empfänger, Sozialversicherungsbeschäftigten und Arbeitslosen) in die Analyse mit einbezogen.

Es zeigen sich gravierende Unterschiede bei den Parteipräferenzen. Ob die Ergebnisse jedoch auf Wahlen neueren Datums anwendbar sind, ist fraglich, weil sich die Wählerstruktur der Parteien im Fluss befindet.

Aufschlussreicher dürfte die Differenzierung der Regionen hinsichtlich Krisenereignisse sein. So wird zwischen "Regionen mit umfassenden Transformationsschocks" (unteres Drittel der Kreise) und "Transformationsgewinnerregionen" (oberes Drittel der Kreise) und eine dritte Kategorie dazwischen unterschieden. Folgende Regionen werden dabei zu den beiden Extremkategorien gezählt:

Regionskategorie Landkreis/kreisfreie Stadt Bundesland
Region mit umfassenden Transformationsschocks Cottbus Brandenburg
Frankfurt an der Oder
Spree-Neiße
Uckermark
Schwerin Mecklenburg-Vorpommern
Anhalt-Bitterfeld Sachsen-Anhalt
Dessau-Roßlau
Mansfeld-Südharz
Salzlandkreis
Stendal
Altenburger Land Thüringen
Gera
Kyffhäuserkreis
Saalfeld-Rudolstadt
Suhl
Transformationsgewinnerregionen Barnim Brandenburg
Dahme-Spreewald
Havellandkreis
Oberhavel
Potsdam
Potsdam-Mittelmark
Teltow-Fläming
Dresden Sachsen
Leipzig, Landkreis
Leipzig, Stadt
Sächsische Schweiz-Osterzgebirge
Rostock, Landkreis Mecklenburg-Vorpommern
Börde Sachsen-Anhalt
Eichsfeld Thüringen
Jena
Weimar

Die Zuordnung der Landkreise/kreisfreien Städte zu den Kategorien lässt sich nicht unbedingt nachvollziehen. Schwerin gehört im Vergleich zu Landkreisen wie Vorpommern-Greifswald oder Mecklenburgische Seenplatte nicht gerade zu den Verlierern der Transformation. Die Großstadt Rostock schneidet gewöhnlich besser ab als der Landkreis Rostock.

Die Erklärung der Ungereimtheiten mag an der unterschiedlichen Herangehensweisen liegen. Als Indikator für den Wiedervereinigungsschock wird die Bevölkerungsentwicklung seit 1990 betrachtet. Die Finanzkrise wird dagegen als Erwerbstätigenentwicklung seit 2007 operationalisiert.

Schwerin verlor vom 01.01.1990 (129.492 Einwohner) und Ende 2017 (95.797) rund 26 % der Bevölkerung. Die Landkreise Vorpommern-Greifswald und Mecklenburg-Vorpommern sind erst 2011 entstanden und ein Vergleich ist aufgrund der Aufteilung des Landkreises Demmin auf beide Kreise problematisch. Der Landkreis Vorpommern-Rügen wird in diversen Rankings ähnlich strukturschwach eingeordnet als die beiden anderen Kreise. 1990 gehörten die Landkreisbewohner der Hansestadt Stralsund (74.566 Einwohner) und den Landkreisen Nordvorpommern (123.665) und Rügen (87.248) an. Vom 01.01.1990 (285.479) bis Ende 2017 verlor der Landkreis rund 21 % der Bewohner (225.123). Die Landesprognosen sehen die Entwicklung in Vorpommern-Greifswald und Mecklenburger Seenplatte wesentlich dramatischer als die Situation in Schwerin. In solchen Prognosen spiegeln sich eher die Entwicklungen der Vergangenheit und aufgrund ihrer medialen Verbreitung sorgen sie zudem für ein Klima der Angst.

Fazit: Das Buch gibt Einblicke zum Stand der politikwissenschaftlichen Forschung und den Versuch die Veränderungen der Parteienlandschaft - insbesondere in Ostdeutschland - zu erklären. Es zeigt sich jedoch, dass ostdeutsche Flächenländer wie Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen nicht ernst genommen werden. Diese Ignoranz beruht auf dem Glauben, dass die dortigen Entwicklungen bundesweit schlichtweg keine Relevanz haben. Das könnte sich jedoch als Irrtum erweisen.            

MAIER, Antje (2019): Die eigenen Leute.
Steffen Mau und Ilko-Sascha Kowalczuk beleuchten ihre ostdeutsche Herkunft und gehen der Frage nach, wie aus dem Momentum des Aufbruchs ein Gefühl des Scheiterns werden konnte,
in: TAZ
v. 15.11.

"Lütten Klein ist einer jener am Reißbrett entworfenen Idealstädte, in denen Arbeit und Leben der sozialistischen Menschengemeinschaft ihren Platz finden sollten. 26.000 Menschen lebten dort, heute sind es noch 17.000.
Man hat die Namen dieser mittlerweile mitunter als Unorte begriffenen Städte im Ohr: Hoyerswerda, Eisenhüttenstadt, Schwedt an der Oder, Halle-Neustadt. Es sind heute Gegenden, die mit ihrem harten Image zu kämpfen haben - Mau verwahrt sich ausdrücklich gegen abfällige Bezeichnungen wie Platte, Fickzelle, Arbeiterschließfach. Zu ihrer Zeit waren die Neubaugebiete gelebte Moderne für arbeitende Menschen mit Kindern und Interessen. Heute werden dort die sozialen Ränder vermutet - was nicht zwangsläufig stimmt. Schon gar nicht in einer Stadt am Meer wie Rostock",

meint Antje Maier zum Buch Lütten Klein von Steffen MAU.

SCHMIEGEL, Cathrin (2019): Ortskontrollfahrt.
Heimat: Lübtheen in Mecklenburg ist bekannt für Waldbrände, die NPD im Stadtrat und einen Mangel an jungen Frauen. Die Zurückgelassenen treffen sich an der Tankstelle und hoffen, dass sich nichts verändert,
in:
Spiegel Nr.47 v. 16.11.

"Lübtheen, eine Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern, 4.898 Einwohner, eine Autostunde von Schwerin entfernt. (...).
Als die Mauer fiel (...), sind viele Menschen von hier weggezogen. Sie sind über die nur wenige Kilometer entfernte Grenze in den deutschen Westen oder ins Ausland. Sie gingen weg von den bröckelnden Hausfassaden, weg von dem Zwang, diesen Ort im Elbtal für den Rest ihres Lebens auszuhalten.
Vor allem die Frauen sind verschwunden, verschwinden immer noch. Heute ist Lübtheen der Ort mit den wenigsten Frauen zwischen 20 und 39 Jahren in ganz Ostdeutschland. Auf jede Frau in diesem Alter kommen in Lübtheen fast zwei Männer.
Was machen junge Männer in einer Stadt, aus der die jungen Frauen fortgehen? (...).
Es sind diese Menschen, um die sich die Politik sorgt. Bei denen sie fürchtet, dass sie der Demokratie abhandenkommen könnten. Die den anderen hinterhersehen, die gegangen sind, die vom Staat nichts erwarten. (...). Die dann AfD wählen - oder gleich die NPD, die hier in Lübtheen im Stadtrat sitzt. (...).
Vor 13 Jahren hat sich die Partei (...) in den Ort geschlichen, machte ihn deutschlandweit bekannt als NPD-Hochburg, die Funktionäre haben Wohnungen und Häuser gekauft, sind für die Lübtheener von Fremden zu Nachbarn geworden. (...).
Bei der Kommunalwahl im Mai kam die NPD auf elf Prozent der Stimmen. (...).
Hiergeblieben sind die, die ihr Geld im Schichtbetrieb und im Handwerk verdienen, manche bei den zwei großen Arbeitgebern im Ort: beim Kosmetikartikelhersteller Dankwardt oder bei Brüggen, die Lkw-Trailer produzieren, wo sie sich die Schichten mit Zeitarbeitern aus Bulgarien und Slowenien teilen",

berichtet Cathrin SCHMIEGEL, die uns eine Clique dieser Jungmänner in der Landstadt Lübtheen vorstellt. Ihr vernichtendes Resümee:

"Sie reden, weil nur Reden ihnen die Gewissheit gibt, das noch jemand da ist.
Dass es ein Leben jenseits von Großstädten, Parteienstreit und Aufstiegshoffnung gibt - ein Leben zwischen Tankstelle, Wurtwärmer und Grillrost."

HEILIG, René (2019): Xi'an - Mukran in nur zwei Wochen.
Mecklenburg-Vorpommern: Ignoriert von der Bundespolitik: Hafen auf Rügen ist ein neuer Endpunkt der chinesischen Seidenstraße,
in:
Neues Deutschland v. 18.11.

"Alexej Grom (...) ist Geschäftsführer der United Transport and Logistics Company - Eurasia Rail Alliance, kurz UTLC ERA. Die ist der größte Dienstleister für Containertransporte zwischen China und Europa und damit ein wichtiger Teil von Chinas Seidenstraßen-Strategie. In Groms Aktiengesellschaft sind die Eisenbahngesellschaften Russlands, Belarus' und Kasachstans zu gleichen Teilen verbunden.
(...).
Mecklenburg-Vorpommern ist selbst in guten Zeiten finanziell stets klamm. Muss man da nicht über einen ersten Containerzug hinausdenken? (...).
Schwerins Infrastrukturminister Christian Pegel (SPD) (...) betont, man wolle Mukran keineswegs verkaufen, sondern aus eigener Kraft neu beleben",

berichtet René HEILIG über Mukran, einen Hafen in einem Ortsteil von Sassnitz.

HEILIG, René (2019): Mukran Port.
Mecklenburg-Vorpommern: Seit Jahrzehnten befristete Lösungen und Provisorien,
in:
Neues Deutschland v. 18.11.

"Der Fährhafen (...) - seit 2016 von der Fährhafen Sassnitz GmbH als »Mukran Port« betrieben - liegt an der Prorer Wiek. Er ging 1986 (...) in Betrieb. (...). Fünf (...) Eisenbahnfähren befuhren die Route Mukran - Klaipeda.
Die DDR ging unter, die Sowjetunion gleichfalls. Klaipeda ist Bestandteil Litauens. Mukran schien am Ende. (...).
Glück im Unglück: Der benachbarte Sassnitzer Stadthafen konnte den Fährverkehr nach Skandinavien nicht mehr bewältigen. 1995 wurde in Mukran ein neues Terminal gebaut. (...). Bei Nord Stream 2 hofft man nun (...) auf lange Frist.
Mukran war seit 2016 der geeignete Platz, um die für die Pipelines benötigten Stahlrohre aus dem Ruhrgebiet zu empfangen und zu lagern. (...). Auch für den Bau von Offshore-Windparks ist Mukran derzeit ein gefragter Stützpunkt. (...).
Dass der Fährhafen auf Rügen nun zu einem Teil des transkontinentalen Projektes »Neue Seidenstraße« werden kann, eröffnet neue Möglichkeiten, die nicht zeitlich befristet sind. (...). Derartige (...) Hoffnungen stoßen sich natürlich mit Erwartungen von Naturschützern und all jenen, die Rügen vor allem mit touristischen Ambitionen betrachten",

beschreibt René HEILIG die Entwicklungen des Mukran Port in Sassnitz.

 
     
 
       
   

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webmaster@single-generation.de Erstellt: 24. Dezember 2019
Update: 18. Februar 2020