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Kommentierte Bibliografie

 
       
   

Leipzig im demografischen Wandel

 
       
   

Die sächsische Metropole: Von der "perforierten Stadt" zur "Schwarmstadt", aber wie weiter in Zukunft? (Teil 2)

 
       
     
   
     
 

Inhaltsverzeichnis

Einführung
Leipzig im Überblick:
Tabelle: Eingemeindungen in Leipzig 1990 - 2000
Tabelle: Die Bevölkerungsentwicklung in Leipzig 1990 - 2000
Tabelle: Vergleich der tatsächlichen Leipziger Bevölkerungsentwicklung mit Bevölkerungsvorausschätzungen der Jahre 2007, 2009 und 2013
Tabelle: Die Leipziger Stadtteile im Blickpunkt der medialen Berichterstattung über die Wohnungsteilmärkte

Kommentierte Bibliografie (1993 - 2018)

1993

BERTRAM, Hans (1993): Die Familie in den großen Städten. Zur Entwicklung familialer Lebensformen in Leipzig, München, Stuttgart und Frankfurt. In: Bernhard Schäfers (Hrsg.) Lebensverhältnisse und soziale Konflikte im neuen Europa. Verhandlungen des 26. Deutschen Soziologentag in Düsseldorf 1992, S.299-307

2001

LÜTKE-DALDRUP, Engelbert (2001): Last Exit.
Die "perforierte Stadt",
in: Stadtbauwelt, Heft 150 v. 29.06.

Das Themenheft Die perforierte Stadt wird folgendermaßen beworben:

"Die perforierte Stadt könnte zum neuen städtebaulichen Leitbild in Ostdeutschland werden. Über eine Million Wohnungen stehen leer, viele Städte haben in den letzten zehn Jahren bis zu 20 Prozent ihrer Einwohner verloren. Das Stadtbild hat Risse und Löcher, der Wohnungsmarkt ist aus den Fugen. Welche Konzepte gibt es für einen leerstandsbedingten Stadtumbau? Ist Abriss die einzige Lösung?"

PFEIFFER, Ulrich (2001): Der Leerstandsschock,.
in: Stadtbauwelt, Heft 150 v. 29.06.

Der Artikel von Wolfgang KIL befindet sich auch in den Arbeitsmaterialien Halle/Leipzig vom Februar 2004.

RICHTER, Peter (2001): Region erahnter Kindheitsmuster.
Schwermut Ost: Die schrumpfenden, abrißbedrohten - und die malerischen Städte,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 29.09.

"Leipzig, wo es erstens die zweitgrößte Großsiedlung Ostdeutschlands gibt, zweitens einen unvergleichlichen Bestand an Gründerzeitbauten und drittens das avancierteste Konzept, mit dem Leerstand umzugehen, geht von einer »perforierten Stadt« aus; sprich: Ausdünnung des urbanen Gewebes. Die Planer wollen dabei die Syntax aus Block und Quartier bewahren",

berichtet Peter RICHTER, der Leipzig - angesichts des grassierenden Neoliberalismus - zu den rettungslos schrumpfenden Städten zählt:

"Den industriellen Glücksversprechen, die die DDR auf den östlichen Äckern zusammengeschraubt hatte, ist nur bereits passiert, was jetzt den idyllischen Altstädten noch droht. Denn (...)(längst) fordern Wirtschaftsliberale ein Ende der flächendeckenden Subventionen. Wenn es gut läuft, wie in Jena oder Dresden, dann läuft es eben, und wenn nicht, dann nicht. Schluß, aus, Schrumpfen. Und am Ende paßt womöglich Magdeburg, so wie nach der Völkerwanderung der Rest der Stadt Arles in ihr Amphitheater paßte - dann paßt vielleicht ganz Magdeburg in sein Fußballstadion, wo es 1974 den Europapokal gewonnen hat."

2003

LÜTKE-DALDRUP, Engelbert (2001): Die perforierte Stadt - neue Räume im Leipziger Osten,
in: Informationen zur Raumentwicklung, Heft
1-2

KIL, Wolfgang (2003): Lauter Leuchttürme.
Perforationslandschaft Leipzig-Plagwitz,
in: Deutsches Architektenblatt , Heft 4

Der Artikel von Wolfgang KIL befindet sich auch in den Arbeitsmaterialien Halle/Leipzig vom Februar 2004.

AUS POLITIK UND ZEITGESCHICHTE-Thema: Städtepolitik

TIEFENSEE, Wolfgang (2003): Stadtentwicklung zwischen Schrumpfung und Wachstum,
in:
Aus Politik und Zeitgeschichte Nr.28 v. 07.07.

Wolfgang TIEFENSEE, Oberbürgermeister von Leipzig, beschreibt die Stadtentwicklung Leipzigs seit der Wiedervereinigung.

KIL, Wolfgang/DOEHLER, Marta/BRÄUER, Michael (2003): Zukunft der Städte und Stadtquartiere Ostdeutschlands,
in:
Aus Politik und Zeitgeschichte Nr.28 v. 07.07.

"Da man vier vermietete Wohnungen braucht, um die Ausfälle einer leeren fünften zu kompensieren, liegt der ökonomische Umschlagspunkt bei etwa 15 Prozent Leerstand. Bei 20 Prozent ist der Konkurs nur noch eine Frage der Zeit. Anfang 2001 war in Leipzig-Grünau die erste Wohnungsgenossenschaft zusammengebrochen. Treten solche Insolvenzen erst einmal wellenartig auf, so die Befürchtung etwa der Sächsischen Aufbaubank, ist eine Zerstörung des gesamten ostdeutschen Wohnungsmarktes durchaus vorstellbar" (S.25),

schreibt Wolfgang KIL als Verfasser des ersten Kapitels zur Lage des ostdeutschen Wohnungsmarktes und seiner Gefährdung in Zeiten, in denen der demografische Niedergang unausweichlich schien. Die Krise will KIL nicht als ein allein wohnungspolitische Problem verstanden wissen:

"Diese Krise wird sich als ein allein wohnungspolitisches Problem weder erklären noch lösen lassen, denn erstens ist der Leerstand kein Reflex auf die verrufene »Plattenästhetik«; in besonders betroffenen Städten wie Leipzig, Halle oder Görlitz sind bisher vorrangig die Alt- und Innenstädte betroffen. Zweitens lässt sich die Entvölkerung ostdeutscher ostdeutscher Städte mit allgemeinen demographischen Tendenzen oder gar dem extremen Geburtenknick nach der »Wende« nur ungenügend begründen; die eigentliche demographische Entvölkerungswelle kommt erst noch. Auch der immer wieder genannte Nachholbedarf an Eigenheimen ist – vom Berliner »Speckgürtel« einmal abgesehen – nach dem Zurückfahren der verlockenden Subventionen weithin gedeckt; die Bewohnerverluste gehen aber ungehemmt, in bestimmten Regionen sogar noch rasanter, weiter. Drittens sind es bezeichnenderweise vor allem bestimmte ländliche Regionen, die an Bevölkerungsschwund leiden". (S.25)

KIL sieht im Osten im Strukturbruch (im Gegensatz zum Strukturwandel im Westen) und in  deindustrialiserten Landschaften (im Gegensatz zur postindustriellen Landschaft) im Westen das Kernproblem (vgl. S.26).

Marta DOEHLER beschreibt im zweiten Kapitel die Entwicklung Leipzigs zur perforierten Stadt:

"In den späten achtziger Jahren war die einst repräsentative und wohlhabende Stadt zweifellos an einem Tiefpunkt ihrer Geschichte angekommen und zur kaputtesten Großstadt der späten DDR verkommen. Nicht allein, aber auch nicht zuletzt aufgrund ihres augenscheinlichen baulichen Verfalls und des damit einhergehenden Kulturverlusts sowie der eklatanten Umweltbelastungen wurde Leipzig zu einem der Plätze des gesellschaftlichen Umbruchs und im Herbst 1989 zur Heldenstadt ausgerufen. Die eintreffenden Wendetouristen aus dem Westen erblickten ein morbides Stadtbild voller »Schätzchen«, die ihnen nur kurze Zeit darauf per Einigungsvertrag und Restitution zufielen. (...).
Schon Mitte der neunziger Jahre kam freilich der Katzenjammer. Im Windschatten des Booms stellten die Akteure auf dem Immobilienmarkt erschrocken fest, dass sie selbst den Aufschwung ausgelöst hatten, für den sie doch zu bauen glaubten. Das frühzeitige Aufzeigen von etwa 800.000 Quadratmetern leer stehender Büro- und Gewerbefläche sowie annähernd 60.000 leeren Wohnungen brachte der Stadt den zweifelhaften Ruf der Stadt in Ostdeutschland mit den größten Leerständen ein. Diesem problematischen Image begegnet die Stadt seither mit einem offenen und innovativen Umgang mit dem Leerstand. Leipzig kann gewiss für sich in Anspruch nehmen, die Debatte um den Leerstand in Ostdeutschland ausgelöst zu haben, die sich innerhalb weniger Monate zu dem Slogan der schrumpfenden Stadt verdichtete." (S.27)

Die Folgen dieser Entwicklung führten gemäß DOEHLER zur perforierten Stadt:

"Was sich (...) vollzieht, ist ein anhaltender und massiver Nachfragerückgang nach Wohnungen und anderen bebauten Flächen, der nicht – wenigstens nicht überall oder vollständig – durch Mehrverbrauch an Wohnfläche kompensiert werden kann. Für eine Nutzung entfallen die schlechtesten Lagen und Bestände; der gesamte Immobilienmarkt verliert an Dynamik und wird zum riskanten Unternehmen, Sanierungs- und Neubauvorhaben stagnieren oder kommen völlig zum Erliegen. Parallel dazu dehnen sich die Baugebiete von Städten und Gemeinden auf die  »grüne Wiese« am Stadtrand aus. So wird die Nutzungsdecke immer dünner, bis sie am Ende reißt.
Inzwischen gibt es eine städtebauliche Metapher für diese Art von Umverteilungsprozessen im Raum: die perforierte Stadt. Dieser Begriff tauchte erstmals auf, als die Zeitschrift  »Stadtbauwelt« eine Ausgabe unter den Titel stellte:  »Was meint das Schlagwort 'Die perforierte Stadt?'« Man begegnet ihr als Realitätsmodell, Horrorvision oder bewusstem Leitbild. Perforation meint jedoch zunächst nicht mehr und nicht weniger als Durchlöcherung." (S.27f.)

Aufgrund der demografischen Niedergangszenarien geht DOEHLER davon aus, dass die perforierte Stadt sozusagen auf Dauer gestellt wird:

"Anders als es in den vergangenen zehn Jahren exzessiv geplant wurde, dürften sich die Lücken in der städtischen Struktur mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wieder füllen. Die weitere Auflösung des »starken architektonischen Zusammenhalts« scheint vorgezeichnet, wenn niemand das Risiko der Sanierung oder den Neubau in Lücken übernehmen will." (S.28)  

2004

GEINITZ, Christian (2006): Leipzig ... nach Olympia.
Der Stadtumbau geht dennoch voran,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 30.05.

Christian GEINITZ erklärt uns wie nach den geplatzten Träumen von Olympia die geplanten Baumaßnahmen umgewidmet werden sollen. Der Olympiaboulevard vom Goerdelerring westwärts soll seine Bewährungsprobe nun zur Fußballweltmeisterschaft 2006 haben. Die Jahnallee bis zur Leibnitzstraße soll zur Flaniermeile aufgewertet werden und der Elstermühlgraben - ein Teil der Pleiße - offengelegt werden. Am östlichen Ende der Jahnallee sollen in  einer leerstehenden Riesenimmobilie u.a. Seniorenwohnungen entstehen, denn

"2021 wird jeder vierte Leipziger älter als 65 Jahre sein, die Zahl der über Achzigjährigen dürfte sich verdoppeln".

Das Wintergarten-Hochhaus gegenüber dem Hauptbahnhof soll saniert werden. Statt einem Hotel sollen nun Wohnungen entstehen. Außerdem sollen in Plattenbauten Luxuswohnungen enstehen:

"Bis Dezember entstehen in den sogenannten Elf-Geschossern des Süd-Stadtteils Neu-Lößnig acht edle Apartments mit Fernsicht."

Neben der Aufwertung ist zudem weiterer Rückbau geplant. Denn die Leerstandsquote liegt bei 17 Prozent. Selbst nach Abzug der "nicht marktfähigen" Wohnungen wären es noch 9 Prozent. Es wird jedoch vom Sinken ausgegangen, weil von steigenden kleineren Haushalten bei sonst stagnierender Einwohnerzahl ausgegangen wird. Aufgrund der Hartz-IV-Reformen wird ein zunehmender Bedarf an billigen Wohnungen angenommen. Hierfür sollen unsanierte Wohnungen zur Verfügung gestellt werden.     

NEON-Titelgeschichte: Welche Stadt passt zu dir?
Ausgehen und Arbeiten: neun lebenswerte Umzugsziele von Berlin bis Freiburg

BUCHHOLZ, Simone (2004): Leipzig.
Für Macher,
in: Neon, November

Hauptbahnhof in Leipzig, Foto: Bernd Kittlaus 2016

"Als ich gestern Nachmittag am Leipziger Hauptbahnhof aus dem Zug stieg, war ich überfordert. Ich hatte gehört, dass in dieser Stadt Aufschwung Ost und Umbau großgeschrieben werden, aber was ich als Erstes sah, fand ich übertrieben: Unter dem schönen alten Jugendstil- Bahnhof haben sie eine riesige Shopping Mall gebaut. Und gleich gegenüber, auf einer Art Bahnhofsvorplatz, war eine Veranstaltung der Firma Sony",

schreibt Simone BUCHHOLZ. Was wie eine Antiwerbung beginnt, endet dann jedoch versöhnlich.

2005

BERG, Stefan u.a.(2005): Permanente Revolution.
Spiegel-Serie Wege aus der Krise: Die Parteien drücken sich im Wahlkampf um das Thema Aufbau Ost - aus gutem Grund: Viele Programme sind gescheitert, die Milliarden fließen weiter, aber die Menschen wandern ab. Experten fordern, ganze Landstriche aufzugeben, um wenigstens zukunftsträchtige Zentren noch mehr zu fördern,
in: Spiegel Nr.36  v. 05.09.

Der Spiegel entdeckt eine Kluft zwischen Stadtimage und wirtschaftlicher Realität in Leipzig:

"Anderen Regionen im deutschen Osten sieht man die Probleme nicht auf den ersten Blick an. Sie erscheinen gar als wirtschaftlich potent – Leipzig etwa. Wenn sich Touristen staunend durch die Mädler-Passage drängen und vor Auerbachs Keller nach Goethe-Spuren suchen, dann finden sie den Aufbau Ost ausnahmsweise recht gelungen. Schon fast zu gut sieht es hier aus, mitunter sogar besser als im Westen.
Die Stadt gilt als die Boom-Town des Ostens. BMW investierte 1,3 Milliarden Euro und schafft 5.500 Arbeitsplätze bis zum Jahr 2006, Porsche verbaute mehr als 130 Millionen und lässt von 370 Menschen in Leipzig Luxuswagen zusammenschrauben. Und das Frachtunternehmen DHL will bis 2008 ein Luftkreuz installieren – 3.500 Arbeitsplätze soll das bringen.
Doch zwischen dem Medienbild jener Metropole des Ostens und der Wirklichkeit klafft eine gewisse Lücke. Sichtbar wurde sie in den trüben Zahlen, die das Arbeitsamt im August präsentierte und die selbst der medienerfahrene Oberbürgermeister und oberste Selbstdarsteller der Stadt, Wolfgang Tiefensee (SPD), nicht weglächeln kann. 21,1 Prozent der Leipziger haben keinen Job.
Woran Leipzig auch im 16. Jahr der Einheit noch immer krankt, zeigt eine Studie der IW-Consult, einer Tochter des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln. Die Wissenschaftler haben 50 deutsche Großstädte verglichen und bescheinigen den Leipzigern trotz hochmoderner Fabriken weiterhin ein enormes Defizit bei der Produktivität. Mit knapp 41.000 Euro Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätigem liegt die Stadt auf Platz 49.
Der Stadt und dem Umfeld fehlen – wie fast überall im Osten der Republik – Industriebetriebe und moderne Dienstleister. Zudem strahlt der hochgelobte Leuchtturm Leipzig eben zu wenig in die Region aus, im Umland fehlen die Jobs. 2003 erhielten schon 32.200 Leipziger Hilfe zum Lebensunterhalt – fast dreimal so viele wie 1995."

2006

GEINITZ, Christian (2006): Neues Leben in einer alten Industrieimmobilie.
Nach den gescheiterten Olympia-Plänen sollen in den Leipziger Buntgarnwerken neue Wohnungen am Wasser entstehen,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 26.02.

Christian GEINITZ berichtet über die Renovierung der ehemaligen Buntgarnwerke, die durch den

"Fortbestand der Steuervergünstigungen für die Sanierung von Baudenkmälern (Denkmal-AfA), die der Gesetzgeber im Gegensatz zu anderen Absetzmöglichkeiten nicht angetastet hat",

begünstigt werden, aber anderseits durch die Olympiabewerbung verzögert wurde:

"Die Stadt wollte auf den leerstehenden Etagen hotelartig beweirtschaftete Apartments (Boardinghouse) für das Internationale Olympische Komitee (IOC) einrichten."

Buntgarnwerke in Leipzig-Plagwitz, Foto: Bernd Kittlaus 2016

GEINITZ beschreibt die Lage des teilsanierten Zentralgebäudes, dem so genannten Hochbau-Mitte, in dem "zwischenwandlose Saalwohnungen (Lofts) mit abgetrennten Badezimmern entstehen sollen, folgendermaßen:

"Der Hochbau Mitte gehört zu einer Handvoll riesenhafter Backsteinkomplexe, die auch als Elster Park bezeichnet werden. Sie liegen beiderseits des Flüßchens Weiße Elster, das die einstigen Gewerbe- und Arbeiterstadtteile Plagwitz und Schleußig voneinander trennt, aber zwischen den verschiedenen Teilen der Buntgarnwerke von Brückchen überspannt wird."

Plagwitz wird als aufstrebender Stadtteil ohne viel Leerstand und der Elster-Park als beliebteste Wohnlage beschrieben:

"Plagwitz, das sich als ältester Industriestadtteil Deutschlands versteht, habe sich zum »In-Quartier« entwickelt und wachse so schnell wie kein anderes Leipziger Viertel - seit 1998 um 27 Prozent."

GEINITZ erklärt außerdem die günstigen Finanzierungsmöglichkeiten der geplanten Lofts und Gewerberäume:

"An erster Stelle stehen hier die Steuervergünstigungen der Paragraphen 7i und 10f des Einkommensteuergesetzes, die als Denkmal-AfA bezeichnet werden. Darin heißt es, daß die Käufer von Baudenkmälern acht Jahre lang bis zu 9 Prozent und in den folgenden vier Jahren bis zu 7 Prozent jener Baukosten von der Steuer absetzen können, »die nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder zu seiner sinnvollen Nutzung erforderlich sind«. Eigentümer, die in dem Baudenkmal selbst wohnen, können zehn Jahre lang 9 Prozent geltend machen."

Es zeigt sich hier wie Vermögende in Deutschland gefördert werden und Gentrifizierungsprozesse zu Lasten der Steuerzahler angekurbelt werden.

STADT LEIPZIG (2006): Sozialreport Leipzig 2005

 Erster Sozialreport der Stadt Leipzig.

2007

HORDYCH, Harald (2007): Häuserkampf.
Katastrophe mit großen Löchern: Wenn in Deutschland Städte schrumpfen. Eine Reise nach Duisburg und Leipzig,
in: Süddeutsche Zeitung v. 13.01.

Harald HORDYCH zeichnet zuerst ein deprimierendes Bild von Leipzig als sterbender Großstadt, die durch verfehlte Stadtentwicklungspolitik Sinnbild der perforierten Stadt wurde:

"713.000 Einwohner hatte Leipzig 1933 (...). Vorbei. 505.000 Menschen zählt Leipzig noch (...). Nach der Wende verlor die Stadt 100.000 Einwohner, bevor sie 1998 durch Eingemeindungen 50.000 zurückholte, viele darunter, die den Traum vom Eigenheim nach der Wende nachgeholt hatten.
Doch Städte schnurren nicht zusammen wie ein Luftballon, dem die Luft entweicht. Sie bleiben große Steinflächen, die an ihren Rändern, in den Einfamilienvierteln, weiterwachsen und ausfransen. Dass sie sich innen leeren, ahnt man von der Aussichtssplattform des City-Hochhauses nicht. Dazu muss man sich in den Vierteln umschauen, und hier ahnt man dann auch die Bedeutung des Schlagworts von der »perforierten Stadt«, das Leipzig anhängt. Leipzig war über Jahrhunderte eine wohlhabende Handels-, Messe und Industriestadt (...). Das Rathaus erhebt sich als uneinnehmbare Bürgerburg, der Bahnhof, der größte Kopfbahnhof Europas, sieht aus, als sollte Leipzig einmal fünf Millionen zählen.
Leipzig besitzt überdies annähernd 15.000 Baudenkmäler, die meisten davon sind Gründerzeithäuser; der größte Bestand in Deutschland. Was für ein Pfund im Wettbewerb der attraktiven Metropolen. Doch in Leipzig stehen mehr als 40.000 Wohnungen leer. (...). 80 Prozent der Häuser sind mittlerweile grundsaniert. Aber in den östlichen und westlichen Stadtteilen, die weniger attraktiv sind als beispielsweise der Süden, geht der Verfall weiter. (...). In manchen Gründerzeitvierteln lacht einen diese Stadt wie eine Schönheit mit zerklüftetem Gebiss an.
Alexander Khorrami braucht nur einen Spaziergang an die Ecke Karl-Heine-Straße/Zschorscher Straße zu machen. Dann weiß der Architekt wieder, warum er zu den Gründern des »Stadtforums Leipzig für behutsamen Stadtumbau« gehört. An der Stirnseite liegt eine leere Fläche. (...) Bis vor zwei Jahren stand da ein prächtiges Eckhaus (...), dann wurde es abgerissen. (...).
Ein paar Schritte weiter, auf der Lütznerstraße (...) wiederholt sich das alles (...). Der Verein hat jetzt eine Liste mit 150 Häusern aufgestellt, die nicht mehr zu retten sein werden, wenn in den nächsten fünf Jahren nicht unternommen wird."

Mittlerweile hat jedoch ein Umdenken eingesetzt, weil die Stadt wieder wächst:

"In Leipzig ziehen jetzt viele an einem Strang, seitdem vor fast jedem Haus, das für den Abriss vorgesehen ist, Demos stattfinden. (...) Aber auch, weil Leipzig (wieder) wächst (...), seit 2001 jedes Jahr im Schnitt um 2.000 Einwohner. (...). Gut ist auch, dass 40.000 Menschen in die Gründerzeit-Quartiere zurückgekehrt sind."

Die Anfänge der Gentrifizierung ("Pionierphase") in den Problemvierteln der Gründerzeit beschreibt HOYDRICH so:

"»Haushalten e.V.«. Der Verein bringt Leute zusammen, die zu Hausbesetzerzeiten Feinde gewesen wären: Eigentümer, die nicht sanieren, und Menschen, die solche Häuser nutzen wollen. (...): In den bislang sieben Wächterhäusern in Leipzig zahlt niemand Miete. Wer einen Vertrag unterzeichnet, verpflichtet sich, für Strom und Heizungskosten selbst aufzukommen und in den Häusern zu wohnen. Meist sind es Künstler und Lebenskünstler, die Platz für Ateliers und Materialien brauchen. Wenn es gut läuft, ziehen sie irgendwann auf das Gelände der alten Spinnerei, wo seit vielen Jahren der Maler Neo Rauch arbeit. Leipzig kämpft um seinen Charme. Und es hat Architekten, Kunstfreunde und Planer auf seiner Seite."

LEIPZIGER STATISTIK UND STADTFORSCHUNG (2007): Bevölkerungsvorausschätzung 2007 für die Stadt Leipzig, Juli

Die Bevölkerungsentwicklung in Leipzig bis 2027 wird folgendermaßen zusammengefasst:

 "Bis 1998 verzeichnete Leipzig größere Bevölkerungsverluste durch Abwanderung nach Westdeutschland und ins Umland sowie durch den drastischen Geburtenrückgang.
Seit 2001 ist für die Bevölkerungszahl Leipzigs ein leichter Anstieg durch deutliche Wanderungsgewinne auch gegenüber dem Umland zu verzeichnen.
2005 und 2006 hatte Leipzig trotz anhaltenden Geburtendefizits durch die Einführung der Zweitwohnungssteuer einen überdurchschnittlichen Bevölkerungsgewinn.
Für die nächsten Jahre ist bis etwa nach 2012 ein weiterer leichter Anstieg der Geburtenzahlen zu erwarten. Später dürften die Geburtenzahlen wieder leicht sinken.
Hinsichtlich Sterbefälle ist trotz erwarteten Anstiegs des durchschnittlichen Lebensalters in den nächsten Jahren ein permanenter leichter Anstieg bis nach 2020 zu erwarten.
Da die Geburtenzahlen nur wenig variieren, die Sterbefälle zunehmen, dürfte es weiterhin ein Geburtendefizit geben, das sich im Lauf der Zeit vermutlich etwas erhöht.
Unterstellt man zukünftig etwas sinkende Wanderungsgewinne, so ist in Abhängigkeit von deren Höhe in den nächsten 20 Jahren ein Wachstum der Bevölkerung entgegen dem ostdeutschen Trend möglich.
Obgleich sich wegen des starken Zuzugs vieler junger Leute 2006 das Durchschnittsalter in Leipzig nicht erhöhte ist anzunehmen, dass es durch das anhaltende Geburtendefizit und die erhöhte Lebenserwartung weiter steigt, allerdings weniger stark als in Ostdeutschland.
Die Bevölkerungsentwicklung wird nicht in allen Leipziger Ortsteilen gleichmäßig verlaufen. Während bis 2012 in der Mehrheit der Ortsteile die Bevölkerungszahl zunimmt, teilweise deutlich, dürfte es in anderen Ortsteilen Verluste geben.
Es wird angenommen, dass bei der durchschnittlichen Größe privater Haushalte auf niedrigem Niveau eine gewisse Stabilisierung erfolgt. Je nach Wachstum der Bevölkerung dürfte aber auch die Zahl der Privathaushalte wachsen." (S.1)

HOLLSTEIN, Miriam (2007): Ostdeutschland wird zum Rentnerparadies.
WELT-Serie Besser altern: Der Osten entwickelt sich zu einem Ruhesitz für Westdeutsche. Während die einen sich über den Zuwachs freuen, fürchten die anderen, dass Städte wie Görlitz und Weimar in Zukunft ausschließlich als Altersresidenz angesehen werden könnten,
in: Welt v. 09.08.

Miriam HOLLSTEIN berichtet über die Altenwanderung nach Görlitz und Busfahrten nach Leipzig:

"Mitte Juli lud die Leipziger Wohnungsbaugesellschaft LWB rund 100 Rentner aus dem Ruhrgebiet zu einer Kaffeefahrt der besonderen Art: Für 50 Euro konnten die Senioren drei Tage Leipzig besichtigen, Busfahrt und Unterkunft inklusive. Statt einem Verkaufsgespräch für beheizbare Matratzen stand neben dem Sightseeing eine dreistündige Besuchstour durch freie Mietwohnungen auf dem Programm.
Lebensqualität nach Weststandards, aber zu Ostpreisen, verspricht die Leipziger Wohnungsbaugesellschaft. Wer eine Wohnung anmietet, erhält zusätzlich noch einen Gutschein für ein Wellnesswochende. Einen Mietvertrag als Folge der Bustour kann die LWB zwar noch nicht vermelden, aber immerhin »350 konkrete Anfragen«."

FISCHER, Josef (2007): Zur aktuellen und künftigen Bevölkerungsentwicklung in Leipzig. In: Steffen Maretzke (Hrsg) Städte im demografischen Wandel. Wesentliche Strukturen und Trends des demografischen Wandels in den Städten Deutschlands. Dezembertagung des Arbeitskreises Städte und Regionen der Deutschen Gesellschaft für Demographie (DGD) in Kooperation mit dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) vom 6. – 7. Dezember 2007 in Berlin, Heft 125 Materialien zur Bevölkerungswissenschaft des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung

"Seit 1989 wuchs die Lebenserwartung um rund sechs Jahre. Obwohl sie auch in den letzten Jahren weiter stieg, erhöhte sich das Durchschnittsalter langsamer. Von 2005 zu 2006 stagnierte es sogar bei 43,9 Jahren, auch bedingt durch die Einführung der Zweitwohnungssteuer und die Ummeldung Studierender und anderer jüngerer Menschen mit Hauptwohnsitz nach Leipzig" (S.116),

beschreibt Josef FISCHER den Einfluss der Einführung einer Zweitwohnungssteuer auf die Entwicklung des Durchschnittsalters in Leipzig.

Bei der Betrachtung der Geburtenentwicklung in Leipzig verwendet FISCHER den Begriff "Geburtenrate" für die rohe Geburtenziffer, während die zusammengefasste Geburtenziffer (TFR), die gewöhnlich als Geburtenrate bezeichnet wird, Fertilität genannt wird (vgl. S.117).

Die rohe Geburtenziffer wird durch die Altersstruktur verzerrt, dient aber gerne als Beleg für die "Vergreisung" genannte Tendenz zur Langlebigkeit. Interessant ist die Bevölkerungsvorausberechnung aus dem Jahr 2007, bei der die absoluten Zahlen bis zum Jahr 2027 genannt werden (Tabelle 4, S.117), da hier die Fehleinschätzungen bei den einzelnen Komponenten der Bevölkerungsentwicklung offensichtlich zu Tage treten.

Aus der nachfolgenden Tabelle ist die prognostizierte Geburtenentwicklung für Leipzig ersichtlich, da diese Fehleinschätzung zum größten Problem für die Stadtentwicklung zu geraten droht:

Tabelle: Vergleich der Hauptvariante der Bevölkerungsprognose bis 2027
mit der tatsächlichen Entwicklung der Lebendgeborenen in Leipzig
Jahr prognostizierte Anzahl
der Lebendgeborenen
tatsächliche Anzahl
der Lebendgeborenen
2006 4.400 4.410
2007 4.500 4.736
2008 4.600 5.094
2009 4.700 5.018
2010 4.800 5.414
2011 4.800 5.490
2012 4.800 5.627
2013 4.900 5.860
2014 4.900 6.253
2015 4.900 6.598
2016 4.900 6.873
2017 4.800 6.976
2020 4.700  
2025 4.600  
Quelle: Statistisches Jahrbuch Leipzig 2017 und Leipzig Informationssystem

2008

HÄUßERMANN, Hartmut/LÄPPLE, Dieter/SIEBEL, Walter (2008): Stadtpolitik, Frankfurt a/M: Suhrkamp

2009

LEIPZIGER STATISTIK UND STADTFORSCHUNG (2009): Bevölkerungsvorausschätzung 2009 für die Stadt Leipzig, Juli

Die Bevölkerungsentwicklung in Leipzig bis 2029 wird folgendermaßen zusammengefasst:

"Bis 1998 verzeichnete Leipzig größere Bevölkerungsverluste durch Abwanderung nach Westdeutschland und ins Umland sowie durch den drastischen Geburtenrückgang.
Seit 2001 ist für die Bevölkerungszahl Leipzigs ein leichter Anstieg durch deutliche Wanderungsgewinne auch gegenüber dem Umland zu verzeichnen.
Seit 2005 hatte Leipzig trotz anhaltenden Geburtendefizits auch durch die Einführung der Zweitwohnungssteuer zu Beginn des Jahres 2006 überdurchschnittliche Bevölkerungsgewinne.
Für die nächsten Jahre ist bis etwa 2010 ein weiterer leichter Anstieg der Geburtenzahlen zu erwarten. Etwa ab 2014 dürften die Geburtenzahlen wieder leicht sinken.
Hinsichtlich Sterbefälle ist trotz erwarteten Anstiegs des durchschnittlichen Lebensalters in den nächsten Jahren ein permanenter leichter Anstieg bis etwa 2024 zu erwarten.
Das Geburtendefizit, das sich in den letzten Jahren deutlich verringerte, dürfte ab etwa 2011 wieder ansteigen.
Aufgrund des Einbruchs bei den Geburtenzahlen in Ostdeutschland nach 1990 dürften die Zuzüge und auch die Wanderungsgewinne deutlich absinken und sich erst in rund 15 Jahren wieder stabilisieren.
Es wird für die nächsten 20 Jahre ein Wanderungsgewinn erwartet, der das Geburtendefizit überkompensiert. Dadurch wird ein Wachstum der Bevölkerung entgegen dem ostdeutschen Trend erwartet.
Durch den überdurchschnittlichen Zuzug junger Leute wird das Durchschnittsalter in Leipzig weniger stark als in Ostdeutschland steigen, die Zahl der Hochbetagten wird aber auch in Leipzig stark wachsen.
Die Bevölkerungsentwicklung der Leipziger Ortsteile wird bis 2013 unterschiedlich verlaufen. Die Mehrheit der Ortsteile, insbesondere die innerstädtischen, dürfte auch weiterhin Gewinne verzeichnen, Ortsteile mit vielen Großwohnsiedlungen der Jahre 1970 bis 1990 hingegen Verluste.
Es wird angenommen, dass bei der durchschnittlichen Größe privater Haushalte auf niedrigem Niveau eine gewisse Stabilisierung erfolgt. Durch das angenommene Wachstum der Bevölkerungszahl dürfte aber auch die Zahl der Privathaushalte wachsen." (S.1)

Die letzte Bevölkerungsvorausschätzung der Stadt Leipzig stammt aus dem Jahr 2007.

Im Kapitel 4.1 (S.27). Wird die tatsächliche Bevölkerungsentwicklung in Leipzig mit Prognosen der Bertelsmann-Stiftung, des BBSR und des Statistischen Landesamts Sachsen verglichen.

FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG-Serie: Modernes Bauen (Teil 3)

GEINITZ, Christian (2009): Das Fadenkreuz der Moderne.
Die Nibelungensiedlung in Leipzig zählt zu den spektakulärsten Bauprojekten der dreißiger Jahre. Der Architekt des "Rundlings" war zu modern für die gründerzeitverliebte Stadt und wurde weggegrault. Die Großanlage mit fast 1000 Wohnungen überstand vier Regime. Das gilt auch für manche Bewohner,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 23.08.

Christian GEINITZ stellt die Nibelungensiedlung in Leipzig-Lößnig im Süden der Großstadt vor:

"1930 (...): (E)ine Wohnsiedlung aus drei konzentrischen Kreisen, in der so viele Menschen unterkamen wie nirgendwo sonst in der mit 700.000 Einwohnern viertgrößten Stadt Deutschlands. (...). Auf dem Siegfriedplatz in der Mitte sollte ursprünglich eine Kapelle entstehen. Stattdessen schuf man für die kinderreichen Familien ein überdimensionales Planschbecken. Heute gibt es hier so wenig Nachwuchs, dass die Leipziger Wohnungsbaugesellschaft (LWB) als Eigentümerin Spielgeräte abbauen muss. An die Stelle des Bassins ist ein Rosenbeet getreten".

2011

VOIGT, Andreas  (2011): Leipzig, neue Hauptstadt der Gründerzeit.
Mehr als 12.000 Häuser stehen in der Stadt unter Denkmalschutz. Viele wurden aufwendig saniert. Das zieht die Blicke an - und Geld,
in:
Welt am Sonntag v. 30.01.

Andreas VOIGT schildert die verschiedenen Phasen der Stadtentwicklungspolitik, die zum weitgehenden Erhalt der Gründerzeitgebäude führten:

"Zwischen 12.000 und 15.000 Bauten - meist aus der Zeit zwischen 1870 und 1930 - stehen in Leipzig unter Denkmalschutz. Die Messestadt ist damit das mit Abstand größte Flächendenkmal der Bundesrepublik Deutschland. (...) Von großen Bombenschäden (...) blieb Leipzig vergleichsweise verschont. Ebenso von den westdeutschen Kahlschlagsanierungen und Modernisierungswellen (...). Mit der denkmalgerechten Sanierung der Altbauten erlebt das traditionelle Bauhandwerk (...) eine erstaunliche Renaissance."

Leipzig wird jedoch inzwischen durch fragwürdige Förderungspraktiken zum Tummelplatz auswärtiger Investoren:

"Ortsansässige Bauträger und Sanierer (...) spekulieren auf langfristiges Wachstum von Bevölkerung und Miete. Damit treffen sie den Nerv ihrer überwiegend gut situierten westdeutschen Kunden, die von der Finanzkrise »geläutert« und mit einer üppigen Denkmal-Abschreibung gelockt ihr Kapital in Leipziger Immobilien umschichten."

Auch nach der Wiedervereinigung gab es fatale Fehlentwicklungen:

"Angetrieben von realitätsfernen Entwicklungsprognosen - Leipzig sollte Millionenstadt werden - und Förderprogrammen wie etwa »Sonderabschreibung Ost« versprachen sie ihren Anlegern üppige Renditen. Statt sich jedoch vornehmlich auf die Sanierung des großen Altbaubestandes zu konzentrieren, bauten sie nach westdeutschem Vorbild vor den Toren der Stadt (...) Leipzig schrumpfte, und die heute so geschäftige Innenstadt verödete zunehmend."

VOIGT beschreibt den Leipziger Immobilienmarkt als stark unterbewertet und der Leerstand hat sich innerhalb von 10 Jahren halbiert.

"Steigende Geburtenraten und jährlich mehr Zu- als Wegzüge haben dafür gesorgt, dass die Messestadt seit der Jahrtausendwende wieder wächst.
Familien, die in den 90er Jahren noch ins Umland gezogen sind, kehren nun in die Stadt zurück. Gut situierte Rentner aus ganz Deutschland kaufen sich in Leipzig eine Wohnung (...) und Eltern erwerben für ihre Kinder, die in Leipzig studieren, eine preiswerte Wohnung",

beschreibt VOIGT die Zielgruppen der Investoren. Inzwischen kommen auch die ehemaligen Arbeiterviertel im Osten der Stadt in den Blick der Investoren.

NEON-Titelgeschichte: Die beste Stadt für dich!
Arbeiten, feiern, Freunde finden: Welcher Ort in Deutschland jetzt der richtige für dich ist

FUCHS, Christian (2011): Leipzig.
Für (Lebens-)Künstler,
in: Neon,
Juli

"Es gibt Platz für Ideen und genügend ehemalige Werksgelände, Läden und Wohnungen, die bezahlbar sind. Das hat vergangenes Jahr auch die »New York Times« erkannt und Leipzig in die Top Ten der Orte gewählt, die man unbedingt gesehen haben muss, bevor auch sie weggentrifiziert sind.
Wer in Leipzig nur ein Wochenende bleibt, um Auerbachs Keller oder die Ateliers der Künstler der Neuen Leipziger Schule zu besuchen, wird den Sound der Stadt nicht vernehmen", erzählt uns Christian FUCHS.

Mädler-Passage in Leipzig, Foto: Bernd Kittlaus 2016

HAUPT, Friederike (2011): Dieser Ort ist kein Traum.
Es gibt Städte, die ziehen Menschen in ihren Bann - hier ist möglich, was woanders verkümmert. Leipzig hat das geschafft. Immer mehr Westdeutsche studieren deshalb hier. Wer glaubt, das liege nur an den niedrigen Mieten, irrt sich. Die Stadt leistet sich ein Lebensgefühl. Aber es könnte auch sein, dass sich ein Lebensgefühl diese Stadt erobert,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 12.11.

"Stolz präsentiert die Universität Leipzig im Jahresbericht 2010 ihren Erfolg: Statt der 350 bis 400 westdeutschen Studienanfänger der Vorjahre seien es nun 800, die ein Studium an der Uni begonnen hätten. Im Wintersemester 2011/12 sind es sogar schon 1270, also 32 Prozent aller Studienanfänger nach 22 Prozent im Jahr zuvor. Hinzu kommen die Erstsemester an den neun anderen Hochschulen in Leipzig, und hinzu kommen Studenten (...), die ihr Studium im Westen begonnen haben und dann nach Leipzig wechseln (...).
Die Universität selbst lobt vor allem ihre Werbekampagne »Abenteuer Fernost«, die seit 2009 Westdeutsche nach Leipzig locken soll. Sie ist Teil der Aktion »Studieren in Fernost« der Hochschulinitiative Neue Bundesländer, in die das Bundesbildungsministerium zehn Millionen Euro investiert hat",

berichtet Friederike HAUPT über den studentischen Zulauf in Leipzig. HAUPT dagegen geht es um die studentische Szene in Leipzig, weshalb sie mit einer Mitarbeiterin des Leipziger Stadtmagazins Kreuzer unterwegs ist und die gehypten Leipziger Orte abarbeitet: vom "wilden Connewitz", womit Punks und besetzte Häuser gemeint sind, bis zu den Clubs und das ehemalige Arbeiter- und neue Künstlerviertel Plagwitz ("weniger schmuck" als die bürgerliche Südvorstadt!), denn die New York Times hat bereits Leipzig entdeckt:

"Leipzig sei wie Berlin vor zehn Jahren, stellte schließlich die »New York Times« fest und nahm die sächsische Stadt in ihre Liste »The 31 places to go in 2010« auf."

Leipzig landete übrigens nur auf Platz 10 hinter der Antarktis!

Leipzig-Plagwitz, Foto: Bernd Kittlaus 2016

2012

WENDT, Alexander (2012): Leipzig.
Die sächsische Metropole gilt als idealer B-Standort: Die Kulturszene glänzt, die Wirtschaft zeigt sich stabil, die Einwohnerzahl steigt. Trotzdem sind Immobilien gerade noch erschwinglich,
in: Focus Spezial - Deutschlands großer Immobilienatlas
, Mai

Brockhausstraße in Leipzig-Schleußig, Foto: Bernd Kittlaus 2016

Alexander WENDT beschreibt drei gute Lagen (Mitte, Mitte-Süd und Plagwitz/Schleußig), die er von Problemvierteln im Osten abgrenzt, für die stellvertretend Volksmarsdorf steht. Die folgende Übersicht stellt die Wohnmarktgliederung des Focus Immobilienatlas dar:

Tabelle: Der Leipziger Immobilienmarkt im Focus-Urteil
Ortsteil Focus-Name Beschreibung des Wohnungsteilmarkts Genannte Viertel
Zentrum
Zentrum-Nord
Zentrum-Nordwest
Zentrum-West
Mitte "Knappes Angebot, stolze Preise" Waldstraßenviertel
Zentrum-Süd Mitte-Süd "Begehrte Altbauten, Platz für neue Stadthäuser" Musik(er)viertel
Plagwitz
Schleußig
Plagwitz/Schleußig "Leben am Canal Grande"  
Volksmarsdorf Volkmarsdorf "Günstige Preise, aber Probleme"  

Eine Karte teilt Leipzig in unterschiedliche Kategorien ein, wobei die durchschnittlichen Angebotspreise für Eigentumswohnungen im Bestand im Jahr 2011 als Abgrenzungskriterien gelten. Die Daten für die drei Indikatoren Eigentumsquote, Leerstandsquote und Einwohnerzahl, die den gesamtstädtischen Immobilienmarkt charakterisieren sollen, stammen von Empirica. Außerdem wird die Bevölkerungs- und Leerstandsentwicklung folgendermaßen zusammengefasst:

"Die Einwohnerzahl stieg seit 2005 um vier Prozent. Leipzig liegt in der Größe nur noch knapp hinter Dresden. Die relativ hohe Leerstandsquote sinkt."

Musikviertel im Leipziger Stadtteil Zentrum-Süd, Foto: Bernd Kittlaus 2016

RÖSSEL, Jörg & Michael HOELSCHER (2012): Lebensstile und Wohnstandortwahl,
in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Juni, S.303-327

RÖSSEL & HOELSCHER beschreiben die untersuchten Leipziger Stadtteile und die Zielsetzung der Studie folgendermaßen:

"Die empirische Studie geht zurück auf ein Lehrforschungsprojekt, das im Jahr 2002 in einem Stadtteil im Leipziger Westen durchgeführt und anschließend weitergeführt wurde. Es handelt sich hier also um eine Studie unter den spezifischen Bedingungen des ostdeutschen Wohnungsmarktes, der insbesondere für Personen mit einem mittleren bis höheren Einkommen ein ausgesprochenes Überangebot von Wohnungen ausweist (...). Im Vergleich zu anderen räumlichen Kontexten sind hier also eher starke Effekte von lebensstilbasierten Präferenzen erwartbar. Damit kann die Untersuchung aber zentral zur Klärung der Rolle von Lebensstilen bei der Wohnstandortwahl beitragen (...).
Im Rahmen des Projektes wurden in den Jahren 2002 und 2005 zwei schriftliche Befragungen von Personen in zwei ausgewählten Quartieren dieses Stadtteils durchgeführt. Die bisherige Forschung zu Segregation und Aufwertung in Ostdeutschland hat gezeigt, dass sich derartige sozialräumliche Prozesse typischerweise sehr kleinräumig entwickeln (...). Daher wurden zwei Quartiere ausgewählt, die sich jeweils um einen Straßenzug gruppieren und durch Verkehrsachsen und einen Fluss oder einen Kanal deutlich abgegrenzt sind. Es wurde ein Quartier berücksichtigt, das eine deutliche Aufwertungstendenz zeigt: Zentraler architektonischer Anziehungspunkt ist eine gründerzeitliche Textilfabrik, die aufwändig für die Wohnnutzung umgewidmet wurde. Das Quartier ist geringfügig näher an der Innenstadt als das andere Quartier, sodass die Einrichtungen der urbanen Hochkultur, die sich im Stadtzentrum befinden, leichter erreichbar sind. Zudem liegt es somit auch deutlich näher am städtischen Grüngürtel, der die Quartiere des Leipziger Westens vom Stadtzentrum trennt. Die umgenutzte Textilfabrik und der zentrale Straßenzug des ausgewählten Quartiers liegen unmittelbar an einem Fluss. Im Quartier selbst gibt es gewisse Hinweise auf die für Aufwertungsprozesse typische Infrastruktur, vor allem im Bereich der Gastronomie. (...). Darüber hinaus wurde über die Kneipen und Restaurants in diesem Quartier häufiger im Leipziger Stadtmagazin »Kreuzer« berichtet, sodass der Aufwertungsprozess auch nach außen sichtbar wurde. Hinweise auf Aufwertungstendenzen im Bereich des Einzelhandels gab es allerdings kaum. Das andere berücksichtigte Quartier wird durch einen Kanal begrenzt, der durchaus hohe Freizeitqualitäten aufweist. Allerdings waren weder im Bereich der Gastronomie noch des Einzelhandels Aufwertungstendenzen sichtbar. Es gab weniger Neubauten als im anderen Quartier und der Anteil nicht sanierter und unbewohnter Altbauten lag deutlich höher. Diese Unterschiede spiegeln sich auch in der Bevölkerungszusammensetzung der beiden Quartiere wider. Während in dem Quartier mit Aufwertungstendenz lediglich 6 % der Befragten arbeitslos waren, sind dies in dem anderen Quartier 20,4 %."
(2012, S.312f.)

Die Autoren ziehen aufgrund der Studie folgendes Fazit:

"Insgesamt zeigt sich (...), dass vor allem das Einkommen und die Lebensform das Leben in qualitativ hochwertig ausgestatten und großen Wohnungen prägt, weniger dagegen der Lebensstil." (2012, S.319)

2013

LEIPZIGER STATISTIK UND STADTFORSCHUNG (2013): Bevölkerungsvorausschätzung 2013 für die Stadt Leipzig, August

Die Bevölkerungsentwicklung in Leipzig bis 2032 wird folgendermaßen zusammengefasst:

"Leipzig ist seit der Jahrtausendwende eine wachsende Stadt − aufgrund von Wanderungsgewinnen.
• Die Jahre 2011 und 2012 waren durch historisch hohe Wanderungsgewinne – insbesondere bei den ausbildungsrelevanten Jahrgängen – gekennzeichnet. 2011 betrug der Wanderungssaldo gut +9 000 und 2012 fast +11 000 Personen
 • Die Hauptherkunftsgebiete der Wanderungen sind nach wie vor die mitteldeutschen Bundesländer. Zudem ist auch der Wanderungssaldo mit den westdeutschen Bundesländern in den letzten Jahren positiv geworden, wobei doppelte Abiturjahrgänge zu berücksichtigen sind.
• Im mitteldeutschen Raum sinkt das Bevölkerungsvolumen der ausbildungsrelevanten Jahrgänge (potenzielle Zuwanderungsgruppe) durch den Geburtenrückgang nach 1990 rapide ab.
• Aufgrund gut besetzter Altersjahrgänge im fertilen Alter sind die Geburtenzahlen in Leipzig in den letzten Jahren gestiegen.
• Die Totale Fertilitätsrate (TFR) verharrt nach einem kontinuierlichen Anstieg bei ungefähr 1,4. • Die in der letzten Bevölkerungsvorausschätzung 2009 prognostizierte Einwohnerentwicklung wurde von der tatsächlichen übertroffen, zumindest in der kurzen Frist bis 2012. Dies ist auf zu gering angenommene Wanderungsgewinne zurückzuführen.
• Zum Prognosehorizont 2032 wird in der mittleren Variante (Hauptvariante) der aktuellen Bevölkerungsvorausschätzung eine Einwohnerzahl von 598 100 erwartet. Mögliche obere bzw. untere Schranken der künftigen Bevölkerungsentwicklung bilden die ausgewiesene optimistische bzw. die pessimistische Variante mit 557 500 bis 641 000 Einwohnerinnen und Einwohnern im Jahr 2032.
• In der mittleren Variante besteht bis 2019 ein Geburtenüberschuss, danach wieder ein Geburtendefizit.
• Die erwarteten Einwohnergewinne werden insbesondere von den Ortsteilen westlich, nördlich und östlich des Stadtbezirks Mitte aufgenommen. Insgesamt wurde bis 2017 für 24 Ortsteile ein starkes Wachstum von über 5 Prozent und für 18 Ortsteile ein leichtes Wachstum (2 bis unter 5 Prozent) berechnet. Lediglich in 7 Ortsteilen wird die Einwohnerzahl vermutlich schrumpfen." (S.1)

Die letzte Bevölkerungsvorausschätzung der Stadt Leipzig stammt aus dem Jahr 2009.

2014

KRAUSHAAR, Martin (2014): Freie Fahrt.
Leipzig: Die neue S-Bahn-Strecke unter der City macht die Innenstadt leichter erreichbar. Für die Leipziger ein Grund mehr, im Grünen zu wohnen,
in: Capital Immobilienkompass 2014

Martin Kraushaar fasst den Immobilienmarkt von Leipzig folgendermaßen zusammen:

"Der kontinuierliche Zuzug und die niedrigen Zinsen sorgen 2014 für moderat steigende Immobilienpreise in Leipzig. Die Aufwertungswelle geht von Plagwitz weiter in Richtung Lindenau und mit dem City-Tunnel auch ins Zentrum. Der Wohnungsneubau gewinnt weiter an Dynamik."

Bachviertel in Leipzig, Foto: Bernd Kittlaus 2016

Der Artikel beschreibt die Teilwohnungsmärkte des Musikviertels, des Bachviertels, des Waldstraßenviertels, das Zentrum/Innerer Ring, Gohlis-Süd, Schleußig, Südvorstadt, Plagwitz und Lindenau. Die Bewertung der Wohnungsteilmärkte erfolgt per Haussymbol (1 = Finger weg bis 5 = sehr attraktives Invest)

Bayerischer Bahnhof im Leipziger Stadtteil Zentrum-Südost;
Foto: Bernd Kittlaus 2016
Tabelle: Der Leipziger Immobilienmarkt im Capital-Urteil
Ortsteil Capital-Name Beschreibung des Wohnungsteilmarkts Genannte Viertel Genannte Bauprojekte
Zentrum-Süd (Teilgebiet)   sehr attraktives Invest Musikviertel  
Zentrum-West
(Teilgebiet)
  sehr attraktives Invest Bachviertel  
Zentrum-Nordwest
(Teilgebiet)
  attraktives Invest Waldstraßenviertel  
Zentrum-Ost
(Teilgebiet)
 
Zentrum / Innerer Ring sehr attraktives Invest Graphisches Viertel Am Alten Zoll
Zentrum    
Zentrum-Südost   Bauvorhaben am Bayerischen Bahnhof
Gohlis-Süd   attraktives Invest    
Schleußig   attraktives Invest    
Südvorstadt   sehr attraktives Invest    
Plagwitz   attraktives Invest
(klassischer Gentrifizierungsprozess)
   
Lindenau
Altlindenau
Neulindenau
Lindenau attraktives Invest   Lindenauer Hafen und Brunnenviertel

Außerdem wird Markkleeberg genannt, das jedoch nicht zu Leipzig gehört, sondern zu den Suburbanisierungsgewinnern zu zählen ist.

LOHRER/LÖRCHNER/MEYER/PLATT (2014): Wer jetzt kein Haus hat...
...kauft sich keines mehr. Falsch! Trotz Immobilienboom gibt es noch Gelegenheiten für alle, die Eigenheime suchen oder Geld anlegen wollen,
in: Euro Immobilien-Atlas, Mai

Der Immobilien-Atlas benutzt folgende Merkmale zur Charakterisierung der Städtischen Immobilienmärkte:
- Einwohnerzahl (DESTATIS Ende 2012)
- Arbeitslosenquote (Bundesagentur für Arbeit, Sand Februar 2014)
- Pro-Kopf-Einkommen (DESTATIS 2012 Verfügbares Einkommen)
- Kaufpreis Wohnung (Immobilienscout 24, Stand Ende 2013)
- Miete (Nettojahreskaltmiete je qm)
- Mietrendite

Der Immobilienmarkt in Leipzig wird folgendermaßen zusammengefasst:

"Hohe Renditen, allerdings auch erhöhtes Risiko."

HANDELSBLATT-Serie: Trendviertel 2014 (Teil 6)

HUNZIKER, Christian (2014): Viel Raum fürs Geld.
Vor wenigen Jahren lag Leipzigs Wohnungsmarkt am Boden. Mittlerweile sind in der Stadt wieder Baukräne zu sehen. Trotzdem sind Mieten und Kaufpreise noch immer wesentlich günstiger als in anderen deutschen Metropolen,
in:
Handelsblatt v. 24.06.

Leipzig am Bayerischen Bahnhof, Foto: Bernd Kittlaus 2016

Christian HUNZIGER listet 30 Trendviertel auf, in denen die Preissteigerung für Wohneigentum zwischen 2010 bis 2013 über dem Durchschnitt der Stadt lag:

Tabelle: Der Leipziger Immobilienmarkt im Handelsblatt-Urteil
Ortsteil Beschreibung des Wohnungsteilmarkts Genannte Viertel Genannte Bauprojekte
Zentrum Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Zentrum-Nord Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Zentrum-Ost Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten Graphisches Viertel Eisenbahnstraße*
Zentrum-Südost     Bauvorhaben am Bayerischen Bahnhof
Marienbrunn      
Connewitz      
Südvorstadt Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Zentrum-Süd   Musikviertel Lindenauer Hafen und Brunnenviertel
Zentrum-West Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Zentrum-Nordwest Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten Waldstraßenviertel  
Gohlis-Süd      
Gohlis-Mitte Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Gohlis-Nord Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten   eh. Heeresbäckerei
Eutritzsch      
Reudnitz-Thonberg      
Anger-Crottendorf      
Stötteritz      
Probstheida      
Lößnig      
Schleußig      
Plagwitz     Veneziaquartier (Buntgarnwerke)
Lindenau Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten   Lindenauer Hafen
Möckern      
Wiederitzsch      
Sellerhausen-Stüntz      
Paunsdorf      
Heiterblick      
Meusdorf      
Dölitz-Dösen Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Kleinzschocher      

* Die Eisenbahnstraße liegt anders als der Trendviertel-Report behauptet nicht im Stadtteil Zentrum-Ost, sondern durchquert Neustadt-Neuschönefeld und Volkmarsdorf und führt bis Sellerhausen-Stünz.

TAUBERT, Greta (2014): Die Schwarm-Stadt.
Nirgendwo boomt der Arbeitsmarkt so sehr wie in Leipzig. Die Autorin, die in der Stadt lebt, erklärt das Geheimrezept,
in: Capital, Juli

Der Ökonom Harald SIMONS hat den Begriff "Schwarm-Stadt" geprägt, um die angeblich "unerklärliche" Anziehungskraft von Städten zu bezeichnen:

"Aus der umliegenden öden ostdeutschen Provinz ziehen junge Leute wie Vögelschwärme in die verheißungsvollen urbanen Zentren. Irgendwann ist mal einer aus der Dorfjugend vorgeflogen, hat in Leipzig eine Nacht auf einem illegalen Elektro-Open-Air durchgetanzt, saß mit anderen Langweile-Migranten und ausreichend Bier sommerabends auf der Sachsenbrücke oder wusste sich, überwältigt von der Übermacht der Möglichkeiten."

Für die Erklärung dieses Hip-Phänomens wurden z.B. Hipster-Theorien oder der Begriff "Symbolische Gentrifizierung" erfunden.

Leipziger Zentrum, Foto: Bernd Kittlaus 2016

ENGELHART, Katie (2014): "New Berlin" or Not, Leipzig Has New Life,
in: New York Times  v. 07.09.

2015

VEYDER-MALBERG, Thyra (2015): Leipzig ist nicht Anti-München.
Die Zeiten des großen Leerstands sind in Leipzig vorbei. Auch dort lohnt sich mittlerweile das Immobiliengeschäft. Die Georg-Schwarz-Straße ist ein gutes Beispiel für die Entwicklung,
in:
Jungle World Nr.8 v. 19.02.

"Die Georg-Schwarz-Straße in Leipzig (...) hat sich rasant entwickelt. »Stadtteilentwicklung von unten« heißt dies in einer jüngst erschienenen Selbstbeweihräucherungsbroschüre der Stadt Leipzig mit dem Titel »Kaleidoskop Georg-Schwarz-Straße«.",

berichtet Thyra VEYDER-MALBERG über eine Straße im Leipziger Westen, in der sich nach Meinung von VEYDER-MALBERG die Leipziger Entwicklung spiegelt:

"Noch im Jahr 2008 standen 51 der 177 Gebäude der Georg-Schwarz-Straße, meist Mehrfamilienhäuser aus der Gründerzeit, vollständig leer, in anderen waren nur noch vereinzelt Mieter zu finden. Etwa ein Drittel der Häuser war noch unsaniert, einige davon waren baufällig. Diese Daten hat nicht die Stadt Leipzig erhoben, sie stammen aus Analysen, die Bürger angefertigt haben. Der Bürgerverein Leutzsch und der Stadtteilverein Lindenau haben den Leerstand beschrieben, Hausbesitzer recherchiert und die Potentiale der Straße analysiert.
(...). Eine der ersten Firmen, die in der Georg-Schwarz-Straße tätig wurde, war die Leipziger Stadtbau AG. Bereits 2010 kaufte sie vier Karrees mit insgesamt 61 Gründerzeithäusern. Seither saniert sie die Immobilien Stück für Stück. (...). Die Stadtbau AG vermarktet ihre sanierten Karrees als »Brunnenviertel«. Verschiedene Wohnungsgrößen, zum Teil barrierefrei und betreut, ökologisch nachhaltig, mit begrünten Innenhöfen und mittlerer bis gehobener Ausstattung – das Angebot richtet sich ganz eindeutig an die Mittelschicht."

REINHÄCKEL, Heide (2015): Gemeinsam alt sein.
Alten-WG: Mehrgenerationenhäuser sind die konkrete Utopie der alternden Gesellschaft. Wie man solche Konzepte verwirklichen kann, zeigt das "Leipziger Modell". Zwei Architektinnen, die das Projekt initiieren, setzten sich dabei auch mit dem Thema Armut auseinander,
in: TAZ v. 09.05.

2016

BFI (2016): Neuer Rekord.
Bevölkerungswachstum: Leipzig begrüßt 2015 mehr als 16.000 Neubürger Der Leipzig-Boom hält weiter an. Auch im abgelaufenen Jahr legte die Messestadt bei der Bevölkerungszahl zu und bewegt sich weiter über dem Niveau der Wende. Besonders die Zahl der kleinsten Neubürger ist erneut gestiegen,
in: Leipziger Volkszeitung Online v. 08.01.

"Waren es im Jahr 2014 noch 6.241 Babys, stehen 2015 schon 6.622 Neu-Leipziger zu Buche. Damit wird wieder einmal eine neue Höchstmarke nach 1990 erreicht. Die Gesamt-Geburtenrate (Geburten je 1.000 Einwohner) stieg auf 11,9 – und war damit erstmals höher als 1988.
Zudem verzeichnet die Messestadt für 2015 erneut einen Geburtenüberschuss. Dem Plus von 352 Personen aus 2014 folgte im vergangenen Jahr ein Überschuss von 423 Neugeborenen. Insgesamt waren 2015 laut Amt 6.199 Messestädter verstorben.
Auch der Zuzug nach Leipzig ist weiter ungebrochen an. 40.963 Zuzügen in die Messestadt standen lediglich 24.294 Wegzüge gegenüber. 42,2 Prozent der Zugezogenen waren dabei Ausländer (2014: 31,6 Prozent). In den Zahlen sind laut dem Statistikamt auch die in Leipzig lebenden Asylbewerber enthalten, allerdings vornehmlich diejenigen, die in städtischen Einrichtungen oder Wohnungen leben. Nur ein kleiner Teil der in Erstaufnahmeeinrichtungen des Freistaats Sachsen untergebrachten Personen konnte berücksichtigt werden, gerade weil sich diese Zahlen aufgrund der hohen Fluktuation nicht konkret beziffern lassen", berichtet die Leipziger Volkszeitung.

LEMBKE, Judith (2016): Alle wollen wieder nach "Hypezig".
Im Osten blühen nicht die Landschaften, sondern die Großstädte. Von Rostock bis Leipzig steigen Mieten und Hauspreise. Und manch einer fürchtet, dass sich alte Fehler wiederholen,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 31.01.

Anlässlich der Broschüre Der Osten auf Wanderschaft berichtet Judith LEMBKE über die Trendwende bei der Zuwanderung in den neuen Bundesländern:

"(Es ist) gerade einmal zehn Jahre her, dass Leipzig die »Hauptstadt des Schrumpfens« genannt wurde. Ein trister Titel, doch passend für eine Stadt, die in den neunziger Jahren so sehr ausblutete, dass in der Innenstadt 40 Prozent der Gebäude leer standen, in einigen Vierteln sogar die Hälfte. Die 2001 nur noch 493 000 Einwohner zählte, so wenige wie im gesamten 20. Jahrhundert nicht.
Und nun: Von Schrumpfen spricht keiner mehr, stattdessen von »Hypezig« und davon, dass in Leipzig ein Lebensgefühl herrsche wie in Berlin Prenzlauer Berg in den Neunzigern, mit Künstlerateliers in aufgelassenen Fabriken und Mieten, von denen man in Frankfurt oder München nicht zu träumen wagt. Die Stadt gilt als so hip, dass sie im vergangenen Jahr nicht nur 16 000 Neubürger anzog, sondern auch die ersten Rechtsanwälte und Zahnärzte aus dem Westen wieder da sind, die sich eine Wohnung als vermeintlich sichere Kapitalanlage"

Als Experte wird außerdem Reiner BRAUN von Empirica genannt, der im Leerstand der schrumpfenden Regionen das größte Problem sieht:

"Er unterscheidet zwischen »echten« und »unechten« Wachstumsstädten. Während »echte« Wachstumsstädte auch überregional Zuzügler anziehen, profitieren »unechte« Wachstumsstädte nur von der Wanderung aus dem direkten Umland.»Das geht nicht lange gut, denn das Potential ist bald ausgeschöpft«, erwartet Braun. Außerdem trifft der demographische Wandel die ostdeutschen Städte noch härter als die westdeutschen. Da nach der Wende vor allem junge Erwachsene abwanderten, fehlt der Nachwuchs. (...).
Braun sieht den Hype auf dem ostdeutschen Immobilienmarkt kritisch. »Alle reden jetzt wieder vom Wohnungsneubau, es sollen Milliarden investiert werden. Damit produzieren wir den Leerstand von morgen«, sagt er."

BRAUN kritisiert, dass zu wenig große und zu viele kleine Wohnungen gebaut werden, weil diese bei Investoren gefragt sind.

Zum Schluss präsentiert LEMBKE ein eher skurriles Beispiel einer Lösung für die ausblutenden Gemeinden: die Bildung von Großkommunen:

"Achtzehn einst selbständige Gemeinden wurden zu einer Großgemeinde mit 630 Quadratkilometer Fläche zusammengelegt. Das senkt Kosten, hat aber auch Folgen für die stolzen Metropolen: Seitdem ist die drittgrößte Stadt Deutschlands nicht mehr Köln, sondern das Städtchen Gardelegen."

Der Effekt dürfte sich eher auf einen Marketingag beschränken. Bislang gibt es keine Städterankings, in denen ernsthaft die flächengrößten deutschen Gemeinden untersucht wurden. Dies hindert jedoch andere Gemeinden nicht, diesem Beispiel Folge zu leisten - und wenn es nur deshalb ist, weil anders eine bessere finanzielle Ausstattung durch die Länder nicht zu erhalten ist. Beispielhaft dafür ist die hessische Großgemeinde Oberzent, die in den Medien als Hessens drittgrößte Stadt bezeichnet wird.  

CAPITAL-Titelgeschichte: Immobilienkompass 2016

HUNZIKER, Christian (2016): Go West.
Leipzig: Die Stadt hat das Image des Krisenstandorts abgelegt. Zahlreiche Zuzügler lassen den Leerstand schrumpfen. Die Zeit der Schnäppchen ist vorbei,
in: Capital, Mai

Chistian HUNZIKER fasst den Immobilienmarkt von Leipzig folgendermaßen zusammen:

"Mit Leipzig geht es weiter aufwärts. Immer weniger Wohnungen stehen leer, es wird wieder gebaut. Während Selbstnutzer in etablierten Stadtteilen wie der Südvorstadt ein breites Angebot an Wohnraum finden, lohnt sich für Kapitalanleger ein Blick auf aufstrebende Stadtteile wie Lindenau oder den Leipziger Osten."

Bundesbank-Filiale in Leipzig-Südvorstadt, Foto: Bernd Kittlaus 2016

Die Bewertung der Wohnungsteilmärkte erfolgt per Haussymbol (1 = Finger weg bis 5 = sehr attraktives Invest)

Tabelle: Der Leipziger Immobilienmarkt im Capital-Urteil
Ortsteil Capital-Name Beschreibung des Wohnungsteilmarkts Genannte Viertel Genannte Bauprojekte
Zentrum-Ost
(Teilgebiet)
  attraktives Invest Graphisches Viertel LKG Carré; Schumanns Gärten; Czermaks Garten
Lindenau
Altlindenau
Neulindenau
Lindenau attraktives Invest   Lindenauer Hafen
Zentrum-Süd (Teilgebiet)   sehr attraktives Invest Musikviertel  
Plagwitz   attraktives Invest    
Schleußig   weniger attraktives Invest    
Südvorstadt   sehr attraktives Invest;
Connewitz mit der Karl-Liebknecht-Straße wird zur Aufwertung genannt
  Thalysia-Höfe
Zentrum-Nordwest
(Teilgebiet)
  attraktives Invest Waldstraßenviertel  
Zentrum Zentrum / Innerer Ring weniger attraktives Invest    

Im Vergleich zum Jahr 2014 ist der Immobilienmarkt weniger attraktiv geworden. Die Gentrifizierung sorgt dafür, dass Studenten und Kreative in den Leipziger Osten ausweichen. Genannt wird das Quartier um die Eisenbahnstraße.

Wandmalerei in Leipzig-Südvorstadt, Foto: Bernd Kittlaus 2016

HABERER/HINTERBERGER/LOHRERLÖRCHNER/PLATT/REHAK/WATERMANN (2016): Kein Ende in Sicht.
Die Zinsen bleiben niedrig, die Preise steigen weiter. Deutschlands größter Immobilien-Atlas zeigt, wo Käufer jetzt noch fündig werden,
in: Euro Immobilien-Atlas, Mai

Der Immobilien-Atlas benutzt folgende Merkmale zur Charakterisierung der Städtischen Immobilienmärkte:
- Einwohnerzahl (DESTATIS Ende 2014)
- Private Haushalte (BBSR-Prognose 2035)
- Arbeitslosenquote (Bundesagentur für Arbeit, Sand Februar 2014)
- Pro-Kopf-Einkommen (DESTATIS 2012 Verfügbares Einkommen)
- Kaufpreis Wohnung (Immobilienscout 24, Stand Ende 2015)
- Miete (Nettojahreskaltmiete je qm)
- Mietrendite

Die Kategorie "Kleine Perlen" präsentiert Städte mit 20.000 - 100.000 Einwohner. Die Bewertung der Wohnlagen wird durch die Vergabe von einem ("meist sozialer Brennpunkt") bis fünf Sterne (Top-Lage) auf Basis der Mietrendite und des Vermietungsrisikos vorgenommen.

Der Immobilienmarkt von Leipzig wird folgendermaßen beschrieben:

"Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen in Leipzig haben 2015 deutlich angezogen. Doch noch immer sind die Preise für eine deutsche Großstadt niedrig. Für die Mieten gilt das Gleiche. Die Bevölkerung wächst derzeit durch Zuzug und Geburtenüberschuss. Dennoch gibt es Lagen, an denen der Boom vorbeigeht."

Die Spannbreite der Sterne-Bewertung reicht von einem Stern (Althen-Kleinpösna, Altlindenau, Anger-Crottendorf, Böhlitz-Ehrenberg, Burghausen-Rückmarsdorf, Connewitz, Engelsdorf, Großzschocher, Liebertwolkwitz, Lindenau, Marlenbrunn, Mockau, Mokau-Süd) bis vier Sterne (Gohlis-Mitte und -Nord, Zentrum-Nord und -West)

STREIT, Matthias (2016): "The better Berlin".
Neue Immobilien-Studie: Warum Leipzig und Dresden stetig attraktiver werden,
in:
Handelsblatt v. 18.05.

CHZ (2016): Vom Krisengebiet zum Szeneviertel.
Der Leipziger Osten hat ein ganz schlechtes Image. Doch genau dort liefern sich Bauträger Bieterwettkämpfe um unsanierte Mehrfamilienhäuser, und die Mieten steigen stärker als anderswo - eine völlig unerwartete Entwicklung,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 03.06.

Der Artikel berichtet von Bauträgern in Leipzig, die sich auf die Sanierung von maroden denkmalgeschützten Wohnhäusern spezialisiert haben, weil aufgrund der guten Abschreibungsmöglichkeiten solche Häuser mit hohem Profit an Kapitalanleger weiterverkauft werden können. Da in Leipzig die innenstadtnahen Viertel bereits gentrifiziert sind, wird nun auf Ortsteile im Leipziger Osten, speziell Volkmarsdorf, zurückgegriffen, die aufgrund ihrer Bausubstanz aus der Gründerzeit noch Profite versprechen. Zielgruppe sind nicht Einheimische sondern zugezogene Yuppies, die sich um den ehemals schlechten Ruf nicht kümmern, sondern hohe Mieten für Komfortwohnungen zahlen.

HANDELSBLATT-Serie: Trendviertel 2016 (Teil 7)

STEHLE, Anja (2016): Stadt der Baudenkmäler.
Noch ist Wohnen in der sächsischen Metropole Leipzig günstig. Doch je mehr Altbauten saniert werden, desto höher steigen Miet- und Preisniveau,
in:
Handelsblatt v. 12.07.

Waren es vor zwei Jahren noch 30 Trendviertel, so listet Anja STEHLE nur noch 25 Viertel auf, in denen die Preissteigerung für Wohneigentum zwischen 2013 bis 2015 über dem Durchschnitt der Stadt lag:

Tabelle: Der Leipziger Immobilienmarkt im Handelsblatt-Urteil
Ortsteil Beschreibung des Wohnungsteilmarkts Genannte Viertel Genannte Bauprojekte
Zentrum Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Zentrum-Nord Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Zentrum-Ost Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten Graphisches Viertel  Eisenbahnstraße*
Zentrum-Südost      
Marienbrunn      
Connewitz      
Südvorstadt Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Zentrum-Süd Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten Musikviertel  
Zentrum-West Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Zentrum-Nordwest   Waldstraßenviertel  
Gohlis-Süd Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Gohlis-Mitte Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Gohlis-Nord Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Eutritzsch      
Reudnitz-Thonberg      
Stötteritz      
Probstheida      
Schleußig      
Plagwitz      
Lindenau      
Möckern      
Wiederitzsch      
Kleinzschocher      
Schönefeld-Abtnaundorf      
Neustadt-Neuschönefeld      

Herausgefallen sind die 7 Stadtteile Anger-Crottendorf, Lößnig, Sellerhausen-Stüntz, Paunsdorf, Meusdorf, Döltiz-Dösen und Heitrblick. Neu dazu gekommen sind Schönefeld-Abtnaundorf und Neustadt-Neuschönefeld.

Die Hauptrolle im Artikel spielt Plagwitz und die Leipziger Malerschule um Neo RAUCH.

EHRENREICH, Elian (2016): Leipzig tickt anders als Dresden.
Die Bürgerstadt an der Pleiße wurde von den Amerikanern befreit und von ihrer internationalen Messe geprägt. Die Residenzstadt an der Elbe wurde schwer bombardiert und hatte kein Westfernsehen. Das spürt man im einstigen "Tal der Ahnungslosen" bis heute,
in:
Welt v. 06.10.

LOCKE, Stefan (2016): Ruhe bewahren im Boom.
Leipzig ist legendär für seine Gründerzeitbauten. Doch die Zeiten des billigen Wohnens sind auch hier vorbei,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
v. 04.12.

Stefan LOCKE berichtet in erster Linie über das Waldstraßenviertel. Unvermeidlich ist der Begriff "Hypezig", der zur Identitätsstiftung dient:

"In Lindenau und Plagwitz werden einstige Industriebauten in Eigentumswohnungen und Luxuslofts verwandelt, und unter Studenten gilt die Stadt auch wegen ihrer Club- und Partyszene als »das bessere Berlin«. Es mangelt nicht an Zuschreibungen, Vergleichen und Übertreibungen, welche die Leipziger selbst auch ganz schön nerven, weshalb einige von ihnen vor Jahren einmal den Spottnamen »Hypezig« in die Welt setzten, der wiederum von Medien selbst, umgehend hysterisch verbreitet wurde.
Das alles ist den Ur-Leipzigern ein Graus, sehen sie doch ihre Stadt gern als gemütlichste Großstadt der Welt."

2017

BARTSCH, Michael (2017): Boomtown zulasten der Mieter.
Gentrifizierung: Leipzig galt als Mekka für Mieter. Wohnen war günstig, das Angebot an bezahlbaren Wohnungen groß. Das ändert sich gerade. Doch die Menschen wehren sich,
in:
TAZ v. 05.01.

"(I)n Leipzig herrschte bis vor fünf, sechs Jahren noch ein Mietermarkt. Besonders in den verschlissenen Gründerzeitvierteln kann man bis heute günstig wohnen. In ganz Leipzig liegen die Durchschnittsmieten bei 5,50 Euro je Quardratmeter",

berichtet Michael BARTSCH über Leipzig. Der Bericht wird garniert mit einem Foto, das die Alternativszene Anfang der 1990er Jahre so zeigt, wie sie sich gerne nostalgieverliebt sieht.

Leipzig: Café Puschkin in der Südvorstadt; Industrieruine in Plagwitz; Fotos: Bernd Kittlaus 2016

Man findet auch heutzutage noch genügend Ecken in Leipzig, wo es wie zu Zeiten der Deindustrialisierung aussieht.

"Bedingt durch Deindustrialisierung und Abwanderung schrumpfte die Bevölkerung der Stadt in den 90er Jahren um gut 100.000 Menschen. Seit dem Jahre 2001 aber wächst die Einwohnerzahl wieder, zuletzt in schwindelerregendem Tempo. Allein im Jahr 2015 kamen knapp 16.000 Bewohner hinzu. Das ist in Relation zur Gesamtbevölkerung deutscher Rekord",

erklärt uns BARTSCH die Bevölkerungsentwicklung in Leipzig. Mehr zur Bevölkerungsentwicklung bietet das Statistische Jahrbuch 2016 und diverse Bevölkerungsvorausschätzungen.

POLLMER, Cornelius (2017): Ferner Osten.
Leipzigs Eisenbahnstraße ist eine Topadresse - für solche, allerdings auch für solche. Zu Besuch auf einer einzigartigen Meile in den neuen Bundesländern,
in: Süddeutsche Zeitung
v. 21.01.

"Der Leipziger Osten ist nun »außerhalb Berlins das einzige migrantisch geprägte Viertel in den neuen Bundesländern«",

zitiert Cornelius POLLMER den Leipziger Stadtforscher Dieter RINK. Nach der taz berichtet nun auch die SZ über den Wohnungsmangel in Leipzig und die ansteigende Gentrifizierung:

"Gentrifizierung (...) gab es (...) im Zentrum und im Süden, dann wanderte sie für zwei, drei Jahre in den Leipziger Westen, und jetzt reden wir hier über sie im Pionierstadium"

wird RINK zum Leipziger Osten zitiert, in der die Eisenbahnstraße liegt.

BAULIG, Christian (2017): Leipzig-Altlindau.
Die Lage der Nation: Jeden Monat stellt Capital ein spannendes Viertel einer deutschen Stadt oder Gemeinde vor,
in:
Capital, Februar

Unter der Herrschaft des Finanzkapitalismus wird Wohnen zum Spielball von Investoren, die sich hohe Renditen erhoffen. Die Zeitschrift Capital sieht sich als Helfershelfer, indem sie Lagen mit renditenträchtigen Immobilienobjekten vorstellt:

"Käufern mit langem Atem rät Köngeter zu Objekten in Stadtteilen wie Altlindenau. »Schleußig boomt, Plagwitz ist stark gelaufen«, sagt er. Die angrenzenden Viertel im Norden könnten der nächste Hotspot werden. In Altlindenau würden manche Wohnungen für gerade mal 5 Euro pro Quadratmeter vermietet. »Da sind mindestens 30 Prozent mehr drin«, meint der Makler - zumal in Leipzig keine Mietpreisbremse gilt. Entlang der Georg-Schwarz-Straße werden zurzeil zahlreiche Altbauten saniert. »Das Image des Viertels wird sich verbessern«, sagt Köngeter."

HOYER, Niklas u.a. (2017): Der Traum von mehr Raum.
Immobilienatlas 2017: Der Immobilienboom steuert aufs Finale zu. Unser Ranking der 50 größten Städte zeigt, wo der Kauf noch lohnt,
in:
WirschaftsWoche Nr.7 v. 10.02.

HUNZIKER, Christian (2017): Platzmacher.
Leipzig: Die Messestadt zieht Jahr für Jahr mehr Bewohner an. Das dämpft den Leerstand und ruft jede Menge Projektentwickler auf den Plan, die neuen Wohnraum schaffen,
in: Capital Immobilien-Kompass, Mai

Christian HUNZIKER beschreibt Volksmarsdorf mit der Eisenbahnstraße als kommendes In-Viertel. Als Bauprojekt wird das Marianeum in der Mariannenstraße genannt. Der städtische Immobilienmarkt wird folgendermaßen charakterisiert:

"Bevölkerungszuwachs, Wirtschaftswachstum, Image - viel spricht für Leipzig. Die Zeit der Schnäppchen ist indes vorbei. Kaufwillige können unter einem deutlich gestiegenen Angebot an Neubauwohnungen auswählen - was über kurz oder lang zumindest in diesem Segment den Preisauftrieb dämpfen dürfte."

Tabelle: Der Leipziger Immobilienmarkt im Capital-Urteil
Ortsteil Capital-Name Beschreibung des Wohnungsteilmarkts Genannte Viertel Genannte Bauprojekte
Lindenau
Altlindenau
Neulindenau
Lindenau attraktives bis sehr attraktives Invest   Lindenauer Hafen
Plagwitz   attraktives Invest    
Schleußig   weniger attraktives Invest    
Südvorstadt   attraktives Invest    
Zentrum   weniger attraktives Invest    
Zentrum-Nordwest
(Teilgebiet)
  attraktives Invest Waldstraßenviertel  
Zentrum-Ost
(Teilgebiet)
  weniger attraktives Invest Graphisches Viertel LKG Carré; Schumanns Gärten; Czermaks Garten; Hofmeister-Haus
Zentrum-Süd (Teilgebiet)   attraktives Invest    

LOHRER/LÖRCHNER/PLATT/REHAK/WATERMANN (2017): Der Immobilienatlas 2017.
Die Preise steigen immer schneller. Wo es sich dennoch lohnt, viel Geld für Wohnraum zu zahlen. Deutschlands größte Marktanalyse,
in: Euro Immobilien-Atlas, Mai

Der Immobilien-Atlas benutzt folgende Merkmale zur Charakterisierung der Städtischen Immobilienmärkte:
- Einwohnerzahl (keine Angabe)
- Haushaltsprognose bis 2035 (BBSR)
- Knappheit (Empirica-Index; Knappheit: Werte unter 100, Überangebot: Werte über 100)
- Einkommen pro Kopf (keine Angabe)

Die Bewertung der Wohnlagen wird durch die Vergabe von einem ("meist sozialer Brennpunkt") bis fünf Sterne (Top-Lage) auf Basis der Mietrendite und des Vermietungsrisikos vorgenommen.

Im Vergleich zum letzten Jahr hat sich die Vergabe eines Sterns stark von 13 auf einen Ortsteil, nämlich Althen-Kleinpösna, reduziert. Zum Ein-Sterne-Stadtteil Burghausen-Rückmarsdorf gibt es nun jedoch keine Angaben mehr.

Die Vier-Sterne-Vergabe wurde dagegen von 4 Stadtteilen auf 11 Stadtteile erhöht. Neu dazu gekommen ist Gohlis-Süd, Schleußig, Zentrum, Zentrum-Nordwest, Zentrum-Ost, Zentrum-Süd und -Südwest. Fünf-Sterne-Stadtteile gibt es dagegen weiterhin nicht.  

HONNIGFORT, Bernhard (2017): Auferstehung in Ruinen.
Leipzig ist lebendig, wächst und platzt ein bisschen aus allen Nähten. Vor allem junge Leute kommen und bleiben. Sie leben und arbeiten in ehemaligen Fabriken oder Altbauten und helfen der Stadt damit, zu altem Glanz zurückzukehren,
in:
Frankfurter Rundschau v. 31.05.

Bernhard HONNIGFORT betätigt sich als Mitarbeiter des Stadtmarketings, so jedenfalls liest sich seine Hymne auf Leipzig.

"Leipzig wächst und wächst. Es hat gut 580.000 Einwohner. Die Messestadt ist Nummer zehn in Deutschland, aber Leipzig gehört zu den Städten, die am schnellsten wachsen. 10.000 bis 15.000 Einwohner plus pro Jahr, heißt es im Rathaus. Zuzügler, seit 2014 mehr Geburten als Sterbefälle, es geht nur noch aufwärts. 2030 sollen es mindestens 680.000 Einwohner sein",

berichtet HONNIGFORT über die Bevölkerungsentwicklung in Leipzig. Dabei sah die Zukunft noch 2006 nicht rosig aus:

"Viele Leipziger suchten ihr Glück in Westdeutschland. Andere verließen die Stadt und zogen in Dörfer im Umland. Seit 2006 ist Jung Oberbürgermeister. Damals lag die Arbeitslosigkeit bei 22 Prozent, die Einwohnerzahl bei knapp 500.000. Und heute? »Weniger als acht Prozent Arbeitslosigkeit, wir steuern auf 600.000 Einwohner zu.« (...). In Leipzig wurde(n) 8.000 Wohnungen abgerissen, weil zu viel leer stand. (...).
Von den Leipzigern, die 1989 die friedliche Revolution miterlebten und anschoben, ist heute nicht einmal mehr die Hälfte da.
(...). Mit der Ansiedlung von Großunternehmen wie BMW und Porsche oder DHL ebbte der Niedergang ab, die Verhältnisse drehten sich.",

beschreibt HONNIGFORT den Umschwung in Leipzig, der dann der Stadt das Etikett "Hypezig" einbrachte:

"Irgendwann begann es. Mehr Menschen aus dem sexy, aber armen Berlin zogen nach Leipzig als umgekehrt. »Hypezig« hieß es plötzlich. Der Prenzlauer Berg in Berlin sei langweilig, teuer und verspießert. Die »New York Times« schickte Reporter und die fanden. Leipzig sei »hipper« als Berlin. Andere kamen und berichteten und behaupteten Berlin sei »over«. Das war die Hype-Zeit. Leipzig war plötzlich ein Versprechen."

Den Geograf Sebastian LENTZ zitiert HONNIGFORT, um das Gerede über Gentrifizierung als lächerlich hinzustellen:

"1998 war der Tiefpunkt mit 437.000 Einwohnern. 1930 der Höhepunkt. Damals hatte die Stadt fast 719.000 Einwohner. »Dafür ist sie angelegt, dafür hat sie auch heute noch den Raum«, so der Wissenschaftler."

Die Mieten sind in Leipzig zwar gegenüber anderen Metropolen niedrig, aber auch das Einkommen ist in Leipzig niedrig:

"Das verfügbare Einkommen privater Haushalte liegt im Schnitt bei 16.500 'Euro pro Jahr je Einwohner. Ein Tausender weniger als in Dresden. Vor fünf Jahren fürchtete man noch, ein Viertel aller Leipziger Haushalte könne unter die Armutsgrenze abrutschen",

erklärt uns HONNIGFORT, was wohl heißen soll, dass es nun besser aussieht als befürchtet.  Das Ausscheiden bei der Olympiabewerbung 2012 wird als Glücksfall beschrieben.

HANDELSBLATT-Serie: Trendviertel 2017

HUNZIKER, Christian (2017): Markt mit Fragezeigen.
Leipzig: Der Zuzug in die Stadt hält an. Der Preisanstieg ebenso. Doch viele bezweifeln, dass Käufer das hohe Niveau noch lange mitgehen können,
in:
Handelsblatt v. 17.07.

Waren es vor zwei Jahren noch 25 Trendviertel, so listet Christian HUNZIKER nur noch 17 Viertel auf, in denen die Preissteigerung für Wohneigentum zwischen 2013 bis 2016 über dem Durchschnitt der Stadt lag:

Tabelle: Der Leipziger Immobilienmarkt im Handelsblatt-Urteil
Ortsteil Beschreibung des Wohnungsteilmarkts Genannte Viertel Genannte Bauprojekte
Zentrum Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Zentrum-Nord      
Zentrum-Ost Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Zentrum-Südost Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Marienbrunn      
Connewitz Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Südvorstadt      
Zentrum-Süd      
Zentrum-West      
Zentrum-Nordwest   Waldstraßenviertel  
Gohlis-Süd Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Gohlis-Mitte Gehört bei mindestens einer Kategorie zu den teuersten fünf Wohnungsmärkten    
Gohlis-Nord      
Eutritzsch      
Schönefeld-Abtnaundorf      
Schönefeld-Ost      
Thekla      

Herausgefallen sind die 10 Stadtteile Reuditz-Thonberg, Stötteritz, Probstheida, Schleußig, Plagwitz, Lindenau, Möckern, Wiederitzsch, Kleinzschocher und Neustadt-Schönefeld. Neu dazu gekommen sind Schönefeld-Ost und Thekla.

RADOMSKY, Stephan (2017): Zig Hypes.
Leipzig wollte über die Jahre vieles sein - nur bitte nicht egal,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 30.08.

FISCHER, Eva & Donata RIEDEL (2017): Der Rechtsschock.
Report: Leipzig hat sich immer gerühmt, anders zu sein als die anderen Städte im Osten. Die Metropole steht wirtschaftlich gut da und hat eine lebhafte linke Szene. Trotzdem hat die AfD hier deutlich mehr Stimmen als im Bundesschnitt geholt. Warum ist das so?
in:
Handelsblatt v. 29.09.

"Bereits 2013 erfand der Schriftsteller André Herrmann den Begriff »Hypezig«, so groß war der Drang der Hipster gen Osten. (...). Und viele Leipziger sind auch heute noch stolz darauf, dass in ihrer Stadt 1863 die SPD gegründet wurde.
Und auch wirtschaftlich steht die Stadt nicht schlecht da. (...).
Umso überraschender also, dass ausgerechnet dort die AfD 18,3 Prozent holte. In einer Stadt, die so offen, so weltstädtisch sein will.
Es hat sich das andere Leipzig in Erinnerung gerufen, die Menschen, die abseits leben von Jugendstilfassaden und herrschaftlichen Bauten, von Inspiration und Lebensfreude. Sie leben nur ein paar Kilometer weiter westlich, in Grünau, da, wo Plattenbauten verloren in den Himmel ragen und die Sicht versperren wie unüberwindbare Gefängnismauern. (...).
Lausen-Grünau ist einer der ärmsten Stadtteile Leipzigs, die Arbeitslosigkeit ist hoch, und die wenigen, die doch einen Job haben, können schlecht davon leben. (...). 28,4 Prozent der Stimmen hat die Partei hier geholt. Mehr noch als in Sachsen insgesamt, wo die AfD mit 27 Prozent stärkste Partei geworden ist",

beginnen FISCHER & RIEDEL ihren Leipzig-Report. Die 18,3 Prozent gelten für die Stadt und umfasst die Wahlkreise 152 Leipzig I und 153 Leipzig II. In Lausen-Grünau lag der Erststimmenanteil der AfD bei 28,4 Prozent. Der Zweitstimmenanteil lag mit 29,5 % noch höher.

"Viele Menschen in den Plattenbau-Siedlungen von Grünau, Paunsdorf und Schönefeld profitieren nicht vom Aufstieg Leipzigs. Die prächtige Innenstadt spiegelt nicht ihre Alltagswelt wider",

zitieren die Journalistinnen den Politikwissenschaftler Hendrik TRÄGER von der Uni Leipzig. Den Autoren geht es jedoch nicht wirklich um diese Menschen, sondern um den Wirtschaftsstandort Leipzig, den sie durch die AfD bedroht sehen.

NOWOTNY, Konstantin (2017): Menschen, mit denen er reden kann.
Leipzig: Sören Pellmann hat für die Linke in Sachsen das erste Direktmandat seit 1990 gewonnen. Wie konnte das gelingen?
in: Freitag Nr.40
v. 05.10.

"Der Wahlkreis II umfasst die urbanen, angesagten, leicht jüngeren Stadtteile Leipzigs: den Süden, das Zentrum und den Westen. Hier wächst die Stadt. Die Immatrikulationen an der Universität werden mehr, die Einwohnerzahl nähert sich der historischen Marke von 600.000. In diesem traditionell eher linken Milieu, zwischen den neuen Clubs und den schicken Cafés, gibt es, wie überall in solchen Regionen, Probleme mit Gentrifizierung und steigenden Mieten. (...) Die echten sozialen Brennpunkte liegen nicht im Wahlkreis II. Wo die Einkommen niedrig und die Schulen marode sind, gewann vor allem die AfD",

erklärt uns Konstantin NOWOTNY den Wahlkreis 153 Leipzig II, den Sören PELLMANN von der Linkspartei gewann. Problematisch sind Entwicklungen wie in Berlin-Hellesdorf und Rostock-Lichtenhagen, wo die AfD der Linkspartei die Wähler abjagt.

BÄHR, Sebastian (2017): Von den Platte in den Bundestag.
Sören Pellmann gewann in Leipzig ein Direktmandat für die Linkspartei,
in:
Neues Deutschland v. 07.10.

"Mit rund 1000 Stimmen Vorsprung gewann »Pelli« das Direktmandat im Leipziger Süden gegen seinen CDU-Widersacher Thomas Feist. Es ist außerhalb Berlins das einzige Direktmandat der Linkspartei. Sie gewann damit - und das ist die kleine Sensation - in einem Bundesland, das seit der Wende von einer rechtskonservativen CDU geführt wurde und in dem sich nun die AfD als stärkste Kraft bei den Zweitstimmen durchgesetzt hat",

erklärt uns Sebastian BÄHR, der den Mythos einer

"widerspenstigen Trutzburg inmitten eines immer weiter nach Rechts driftenden Landes"

kritisiert, denn:

"Im südwestlichen Stadtteil Grünau, für den Pellmann im Stadtrat sitzt und der Teil seines Bundestagswahlkreises ist, wurde die AfD stärkste Kraft.
Das Plattenbau viertel Grünau, 1991: Knapp 80 rechtsradikale Jugendliche versuchen ein Flüchtlingsheim zu stürmen. (...). Auch in den folgenden Jahren wird es kaum besser in dem Viertel, das vor der Wende als beliebt galt, und in dem sich nun die Mischung aus Armut, Überalterung und Enttäuschung immer häufiger in Rassismus äußerst."

In den folgenden Leipziger Wahlbezirken der Wahlkreise 152 und 153 wurde die AfD gemäß der Stadt Leipzig bei den Zweitstimmenanteilen die stärkste Kraft:

Wahlkreis 152 Leipzig I Stadtbezirk 20,8 % Wahlkreis 153 Leipzig II Stadtbezirk 16,0 %
Mockau-Nord Nordost 27,8 % Lausen-Grünau West 29,5 %
Paunsdorf Ost 27,5 % Grünau-Nord West 29,4 %
Thekla Nordost 27,0 % Liebertwolkowitz Südost 29,1 %
Mockau-Süd Nordost 26,0 % Meusdorf Südost 27,2 %
Schönefeld-Ost Nordost 24,7 % Schönau West 26,6 %
Möckern Nordwest 24,1 % Grünau-Mitte West 26,4 %
Neulindenau Alt-West 23,8 % Grünau-Ost West 25,0 %
Sellerhausen-Stünz Ost 23,7 %      
Schönefeld-Altnaundorf Nordost 21,0 %      
Ergebnis der AfD in der Stadt Leipzig: 18,3 %  

PELLMANN gewann den Wahlkreis 153 Leipzig. Und es ist offensichtlich, dass er ohne die Stimmen, die der Direktkandidat der AfD dem CDU-Direktkandidaten abgejagt hat (Die AfD erhielt 15,0 % der Erststimmen im Wahlkreis 153), den Wahlkreis nicht gewonnen hätte. Vor diesem Hintergrund besteht eigentlich kein Grund zum Feiern über diesen Sieg.

BÄHR porträtiert ansonsten den Bundestagsneuling Sören PELLMANN, der jedoch seit 2009 im Leipziger Stadtrat sitzt. Über Leipzig wurde bereits im Freitag und im Handelsblatt berichtet.

LASCH, Hendrik (2017): Plagwitzer Entmischung.
Siemens stellt einen der letzten Industriebetriebe im Leipziger Westen in Frage,
in: Neues Deutschland
v. 10.11.

Hendrik LASCH berichtet über den Niedergang des Leipziger Industriestandorts Plagwitz, der durch die Schließung des vor über 100 Jahren gegründeten Pumpen- und Getriebewerks PGW, das erst 2006 von Siemens übernommen wurde, bedroht ist:

"Unter den drei sächsischen Großstädten ist Leipzig die mit der höchsten Arbeitslosigkeit.
Und schließlich geht es um die »Plagwitzer Mischung«. Um kleine Firmen, die von Aufträgen von Siemens leben. Um Nachbarn, Künstler und Musiker, die wollen, dass die industrielle Tradition des Viertels fortlebt."

Leipzig-Plagwitz, Foto: Bernd Kittlaus 2016

Im Kampf der strukturschwachen Standorte könnte Leipzig als kleinster Standort geopfert werden, so die Befürchtung.

2018

HOYER, Niklas u.a. (2018): Das Heimspiel.
Immobilienatlas 2018: Der sagenhafte Anstieg der Haus- und Wohnungspreise geht weiter - noch. Unser Ranking der 50 größten Städte zeigt, wo der Markt überdreht und wo ein Kauf noch lohnt,
in:
WirschaftsWoche Nr.7 v. 09.02.

KOWALSKI, Matthias (2018): 401-mal Deutschland.
Regional-Ranking 2018: Wachstum und Stillstand. Job oder Warteschleife. Sicherheit oder Kriminalität, Stadt versus Land: Der neue große Focus-Vergleich der Wirtschafts- und Lebensumstände in allen 401 Landkreisen und kreisfreien Städten offenbar eine erstaunlich zerrissene Bundesrepublik,
in:
Focus v. 10.02.

FRIEDRICHS, Julia/HURST, Fabienne/SPINRATH, Andreas (2018): Unten ist näher als oben.
"Der gemeine Sachse kann da nicht mithalten": Familie Clauß gehört zur Mittelschicht. Aber wie lange noch? In Sachsen fürchten sich viele vor dem sozialen Abstieg,
in: Die ZEIT Nr.22 v. 24.05.

FRIEDRICHS/HURST/SPNRATH porträtieren eine privilegierte ostdeutsche Akademikerfamilie in Leipzig, das ostdeutsche Pendant zur Generation Scharnigg, nur ohne westdeutsche Erbschaftsoption. Die Akademikerfamilie entspricht dem westdeutschen Ideal der Zweikindfamilie.

Zwei Ursachen der Abstiegsangst dieser privilegierten Akademikerfamilie werden benannt: Zum einen das finanzielle Unvermögen sich eine familiengerechte Eigentumswohnung im Leipziger Trendviertel zu leisten. Was nebenbei gesagt, nur die Segregation in ostdeutschen Großstädten weiter verschärfen würde:

"Was ist, wenn sie in eine günstigere Gegen umziehen müssten? Was wird dann aus Gustavs Schulplatz, Luises Kita?
Laut einer Studie des Berliner Bildungsforschers Marcel Helbig hat die Segregation, also die Teilung in arme und reiche Gegenden (...) zugenommen, besonders im Osten. Boomende Zentren würden dort von Großwohnsiedlungen umschlossen, in denen vor allem arme Menschen leben. Im Viertel der Familie Clauß liegt die Arbeitslosenquote bei zwei Prozent, in anderen Teilen der Stadt bei zwölf. Vor diesen sozialen Brennpunkten (...) würde er seine Kinder gerne bewahren."

Zum zweiten arbeitet der Ehemann in einem Leipziger Siemens-Werk, das zur Disposition steht. Sowohl das Normalarbeitsverhältnis als auch die Arbeitsstätte sind dadurch unsicher geworden.

Der Artikel weist einige Unstimmigkeiten auf, denn einerseits sieht sich die Leipziger Akademikerfamilie als Teil der mittleren Mittelschicht:

"Man bekommt Angst, dass die Perspektive nach unten, in die untere Mittelschicht, wesentlich näher ist als der Schritt nach oben, in die höhere Mittelschicht."

Zum anderen wird der umstrittene ehemalige Weltbankökonom Branko MILANOVIC zitiert, der jedoch die

"unteren Mittelschichten der Industriestaaten in den USA und Europa"

zu den Globalisierungsverlierern zählt und nicht die mittlere Mittelschicht. MILANOVIC gehöhrt zu jenen Neoliberalen, die Umverteilung nur dann gerechtfertigt sehen, wenn innerstaatliche Ungleichheit das Wohlstandsniveau eines Landes gefährdet. Inwiefern das der Fall ist, darüber geht der Meinungsstreit mittels jeweiliger Fakteninterpretation.

Fazit: Leipzig lag beim Segregationsindex 2014 (vgl. HELBIG/JÄHNEN 2018, S.30) auf Rang 28 von 74 Großstädten in Deutschland. Beim Anstieg der Segregation zwischen 2005 und 2014 lag Leipzig unter 71 Großstädten sogar auf Rang 9. Akademikerfamilien wie jene, die im Artikel porträtiert wurden, sind Motoren dieser Segregation und verschlimmern dadurch die Spaltung der Stadtgesellschaft, weil segregierte Nachbarschaften die Bildungserfolge von Armen negativ beeinflussen. Leipzig lag hier 2014 auf Rang 15 von 73 Großstädten (S.53). Dort lebten rund 10 Prozent aller Kinder in Gebieten mit über 50 Prozent armen Kindern. Rostock lag mit über 30 Prozent an der Spitze.

TRÄGER, Hendrik (2018): Sachsens "blaues Wunder" bei der Bundestagswahl 2017,
in: Zeitschrift für Politik, Juni

NIMZ, Ulrike (2018): Leipziger Häuserkampf.
Der SPD in Sachsen gehen die Wähler aus. Sie sucht Bürgernähe an der Haustür - auch in Problemvierteln,
in: Süddeutsche Zeitung v. 16.06.

Ulrike NIMZ begleitet die SPD-Bundestagsabgeordnete Daniela KOLBE, die nicht über ihren Wahlkreis 152 Leipzig I, sondern nur über die Landesliste einziehen konnte. KOLBE ist zudem Generalsekretärin der Sachsen-SPD. Der Leipziger Osten steht zur Gentrifizierung an und wird deshalb als "Problemviertel" bezeichnet. Die alteingesessene Bevölkerung ist dort noch nicht im ausreichenden Maße verdrängt worden:

"Heute laufen sie zu viert die Mariannenstraße ab, eine Parallelstraße der berüchtigten Eisenbahnstraße. (...). Auch in so genannten Problemvierteln muss niemand verzichten auf Stuckrosetten und Treppengeländer, die aussehen, als endeten sie in einer Kanzel statt vor Schuhregalen voller Flipflops. (...). Kolbe, 38, hat früher selbst an der Eisenbahnstraße gelebt. Ende der 90er zog sie von Thüringen nach Leipzig, um Physik zu studieren. Heute wohnt sie in der Südvorstadt, einem bürgerlichen Ausgeh- und Familienviertel. (...).
Der Leipziger Osten ist ein raues Pflaster. Der Migrantenanteil liegt um die 40 Prozent, immer wieder gibt es Schlagzeilen, Randale, Razzien, Rockerkrieg. Als einzige Kommune Sachsen hat die Stadt eine Waffenverbotszone beantragt. (...).
Leipzig ist (...) die Wiege der SPD. Hier hat sich die Partei 1863 gegründet. (...). In Kolbes Wahlkreis kam die Partei bei der Bundestagswahl auf 12,9 Prozent. Die jüngste Umfrage sieht die Sozialdemokraten in Sachsen bei neun Prozent, erstmalig einstellig."

Die SPD sondiert, was NIMZ als "kümmern" verklärt, in Wirklichkeit nur in Neustadt-Neuschönefeld, das nur an einem kleineren Teil der Eisenbahnstraße liegt, und im Jahr 2016 vom Handelsblatt sogar als Trendviertel aufgeführt wurde.

NOWOTNY, Konstantin (2018): Unser Sterben wird teuer.
Streik: Der Autozulieferer Neue Halberg Guss will sein Werk in Leipzig schließen. Die Arbeiter wehren sich mit einer beispiellosen Härte,
in: Freitag Nr.43 v. 25.10.

Konstantin NOWOTNY berichtet über einen "Ausnahme-Streik" in Leipzig, bei dem es um "menschenwürdige Entlassungen" angesichts einer drohenden Werkschließung geht. Eher ist der Streik jedoch symptomatisch für die neue Härte, mit der Kämpfe in niedergehenden Regionen angesichts des Erfolgs der AfD geführt werden. Dass diese Kämpfe in Sachsen mit aller Härte geführt werden, liegt daran, dass die CDU-SPD-Regierung dort mit dem Rücken zur Wand steht und nächstes Jahr bei der Landtagswahl ein Desaster droht.

LASCH, Hendrik (2018): Trendviertel ohne Küchenmesser.
Kritik an Einrichtung von Sachsens erster Waffenverbotszone in Leipzigs Eisenbahnstraße,
in: Neues Deutschland v. 07.11.

 
     
 
       
   

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webmaster@single-generation.de Erstellt: 10. Juni 2018
Update: 18. Februar 2020