|
Einführung
Spätestens seit dem Paradigmenwechsel in der
Alterssicherung im Jahr 2001 ist die Entwicklung des
Rentenniveaus in den Fokus der Debatte um die Weiterentwicklung
der gesetzlichen Rentenversicherung geraten. Die Debatte um das
Rentenniveau ist dabei eng verbunden mit Änderungen an der so
genannten Rentenformel, mit denen diverse Eingriffe in die
Berechnung der Altersrenten vorgenommen wurden.
Die Entwicklung des Rentenniveaus spielte auch bei
der Debatte um die Ausgestaltung der Ostrentenangleichung eine
Rolle. Dieser Aspekt wird in der Bibliografie
Der lange
Weg zum Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz behandelt.
Dort befinden sich auch Statistiken zur unterschiedlichen
Entwicklung des Rentenniveaus in Ost und West.
Der Beitrag
Unsere Zukunft, unsere Rente
beschäftigte sich mit den Positionen von Parteien und
Interessenorganisationen im Bundestagswahlkampf 2017, bei dem es
u.a. auch um die Stabilisierung des Rentenniveaus ging. Im
Mittelpunkt stand dabei eine gleichnamige Serie der
Süddeutschen Zeitung anhand derer sich die Spannbreite der
öffentlichen Debatte in dieser Zeit ablesen lässt.
Die einen betrachten die Senkung des Rentenniveaus
als Mittel zur Verhinderung eines Kollaps der Alterssicherung,
während die anderen den Abschied von der Lebensstandardsicherung
durch die gesetzliche Rentenversicherung und den Ausbau der
kpaitalgedeckten Altersvorsorge als Weg in die massenhafte
Altersarmut betrachten. Die einen argumentieren mit den hohen
Kosten eines lebensstandardsichernden Rentenniveaus und
fehlender Nachhaltigkeit der Finanzierung. Das Schlagwort dazu
heißt Generationengerechtigkeit. Die anderen verweisen auf
Akzeptanzprobleme durch das sinkende Rentenniveau und bezweifeln
die Unfinanzierbarkeit einer Stabilisierung des Rentenniveaus.
Welche Bedeutung jedoch dem Rentenniveau tatsächlich zukommt und
inwiefern die Berechnung des Renteniveaus die Tür zu
Manipulationen öffnet, das bleibt in der öffentlichen Debatte
meist im Dunkeln. Diese Bibliografie soll Licht ins Dunkel der
Bedeutung des Rentenniveaus anhand der öffentlichen Debatte
bringen.
Die Debatte
um das Rentenniveau hat eine grundsätzliche Bedeutung, denn eng
damit verbunden ist die Frage wohin sich die gesetzliche
Rentenversicherung weiterentwickeln wird. Soll sie nur noch der
Grundversorgung im Alter dienen, d.h. eine Art neues
Fürsorgesystem werden oder soll sie auch in Zukunft einen
wichtigen Beitrag zur Lebensstandardsicherung im Alter für alle
darstellen. Auch vor diesem Hintergrund werden die diversen
Beiträge eingeordnet werden müssen.
Übersicht: Die Entwicklung des Rentenniveaus 1990 - 2016
Die Deutsche
Rentenversicherung schreibt zum Nettorentenniveau auf ihrer Website:
"(Beim)
Nettorentenniveau vor Steuern (...) werden von der Standardrente
die darauf entfallenden Sozialabgaben (Kranken- und
Pflegeversicherung) abgezogen. Vom Durchschnittsverdienst werden
ebenfalls die darauf entfallenden durchschnittlichen
Sozialabgaben (Kranken-, Pflege-, Renten- und
Arbeitslosenversicherung) sowie zusätzlich der durchschnittliche
Aufwand zur zusätzlichen privaten Altersvorsorge abgezogen.
Steuern bleiben außer Betracht, da Renten mit Einführung der
nachgelagerten Besteuerung seit 2005 nicht mehr einheitlich
besteuert werden." (Seitenabruf:
22.06.2018)
Johannes
STEFFEN schreibt dagegen zum Sicherungsniveau nach
Sozialabgaben:
"Pflichtversicherte Rentner zahlen von ihrer Bruttorente
Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zur
sozialen Pflegeversicherung (sPV); die Hälfte des auf die Rente
entfallenden allgemeinen Beitragssatzes zur GKV trägt die
Rentenversicherung. Den Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung
tragen die Rentner seit April 2004 alleine. (...) Hierbei sind
evtl. auf die Rente entfallende Steuern nicht berücksichtigt; es
handelt sich demnach um die Nettostandardrente nach
Sozialversicherungsbeiträgen" (Rechengrößen der
Sozialversicherung und sonstige Werte – Übersicht und fachliche
Erläuterungen, Februar 2018 S.19f.)
Kinderlose
zahlen im Gegensatz zu Eltern einen Zuschlag in der sozialen
Pflegeversicherung.
Tabelle:
Die Entwicklung des Rentenniveaus 1990-2017 |
Jahr |
Rentenniveau
(nominal) |
Auswirkungen von
Rentenreformen auf das Rentenniveau (ohne
Berücksichtigung von Änderungen bei der Berechnung der
Rentenanpassungen, z.B. Riester-Faktor) |
Bruttorentenniveau |
Nettorentenniveau
(gemäß
RV
2003) |
Nettorentenniveau
vor Steuern |
Sicherungsniveau
nach Sozialabgaben |
1990 |
50,2 % |
67,6 % |
55,0 % |
|
|
1991 |
49,2 % |
67,3 % |
53,9 % |
|
|
1992 |
48,5 % |
67,0 % |
53,1 % |
55,6 % |
Rentenreformgesetz 1992: Umstellung von der
brutto- auf die nettolohnbezogenen Rente |
1993 |
48,8 % |
66,9 % |
53,4 % |
56,0 % |
|
1994 |
49,7 % |
69,3 % |
54,8 % |
57,7 % |
|
1995 |
49,2 % |
69,9 % |
53,9 % |
56,8 % |
|
1996 |
48,5 % |
70,1 % |
53,4 % |
56,3 % |
|
1997 |
48,7 % |
71,3 % |
54,0 % |
57,0 % |
|
1998 |
48,5 % |
70,8 % |
53,6 % |
56,7 % |
Rentenreformgesetz 1999: Einführung des
Demografischen Faktors; Mindestnettorentenniveau von
64%. Die Reform trat aufgrund der Abwahl von Helmut
KOHL nie in Kraft |
1999 |
48,4 % |
70,3 % |
53,3 % |
56,4 % |
|
2000 |
48,2 % |
69,5 % |
52,9 % |
56,0 % |
|
2001 |
48,0 % |
68,2 % |
52,6 % |
55,7 % |
|
2002 |
48,3 % |
|
52,9 % |
56,1 % |
|
2003 |
48,5 % |
|
53,3 % |
56,5 % |
|
2004 |
48,6 % |
|
53,0 % |
56,2 % |
|
2005 |
48,3 % |
|
52,6 % |
55,8 % |
RV-Nachhaltigkeitsgesetz: Einführung des
Nachhaltigkeitsfaktors; Mindestnettorentenniveau vor
Steuern von 46% bis 2020 und 43% bis 2030 |
2006 |
47,8 % |
|
52,2 % |
55,3 % |
|
2007 |
47,2 % |
|
51,3 % |
53,9 % |
|
2008 |
46,6 % |
|
50,5 % |
52,9 % |
|
2009 |
47,6 % |
|
52,0 % |
53,8 % |
|
2010 |
47,2 % |
|
51,6 % |
53,3 % |
|
2011 |
46,0 % |
|
50,1 % |
52,1 % |
|
2012 |
45,4 % |
|
49,4 % |
51,4 % |
|
2013 |
45,1 % |
|
48,9 % |
50,7 % |
|
2014 |
44,4 % |
|
48,1 % |
49,9 % |
|
2015 |
44,1 % |
|
47,7 % |
49,5 % |
|
2016* |
44,5 % |
|
48,1 % |
49,9 % |
|
2017 |
|
|
|
50,1 % |
|
|
Quellen:
Bruttorentenniveau und Nettorentenniveau vor Steuern =
DRV (2017): Rentenversicherung in Zeitreihen, S.258;
* Entwurf Stand 10/20017; Sicherungsniveau (bzw.
Nettorentenniveau) nach Sozialversicherungsabgaben:
Johannes Steffen (2018) Rechengrößen der
Sozialversicherung
und sonstige Werte – Übersicht und fachliche Erläuterungen,
Februar, S.19f. |
Übersicht: Die Entwicklung des Sicherungsniveaus vor Steuern
2015 - 2018
im Vergleich mit den Prognosen der Rentenversicherungsberichte
seit 2004
|
Jahr |
Sicherungsniveau bzw.
Nettorentenniveau vor Steuern gemäß Prognosen der
Rentenversicherungsberichte |
tatsächliche
Entwicklung |
2004 |
2005 |
2006 |
2007 |
2008 |
2009 |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2015 |
47,7 % |
47,4% |
47,1%
-0,3% |
47,2%
+0,1% |
47,5%
+0,3% |
47,7%
+0,2% |
48,1%
+0,4% |
48,3%
+0,2% |
48,2%
-0,1% |
48,3%
+0,1% |
48,0%
-0,3% |
47,1%
-0,9% |
48,0%
+0,9% |
2016 |
48,1 % |
47,2% |
46,8%
-0,4% |
47,2%
+0,4% |
47,3%
+0,1% |
47,6%
+0,3% |
47,6%
±0% |
48,1%
+0,5% |
48,3%
+0,2% |
48,1%
-0,2% |
48,3%
+0,2% |
47,1%
-1,2% |
48,3%
+1,2% |
2017 |
|
47,2% |
46,6%
-0,6% |
47,0%
+0,4% |
47,2%
+0,2 % |
47,4%
+0,2% |
47,5%
+0,1% |
47,9%
+0,4% |
48,1%
+0,2% |
47,9%
-0,2% |
48,2%
+0,3% |
47,3%
-0,9% |
48,2%
+0,9% |
2018 |
|
46,5% |
46,4%
-0,1% |
46,8%
+0,4% |
47,1%
+0,3% |
47,4%
+0,3% |
47,4%
±0% |
47,8%
+0,4% |
48,0%
+0,2%) |
47,8%
-0,2% |
48,3%
+0,5% |
47,1%
-1,2% |
48,3%
+1,2% |
|
|
Übersicht: Die Entwicklung des Beitragssatzes 2015 - 2018
im Vergleich mit den Prognosen der Rentenversicherungsberichte
seit 2004
|
Jahr |
Beitragssatzentwicklung gemäß Prognosen der
Rentenversicherungsberichte |
tatsächliche
Entwicklung |
2004 |
2005 |
2006 |
2007 |
2008 |
2009 |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
2014 |
2015 |
2015 |
18,7 % |
18,9% |
19,4%
+0,5% |
19,2%
-0,2% |
19,1%
-0,1% |
19,1%
± 0% |
19,8%
+0,7% |
19,3%
-0,5% |
19,0%
-0,3% |
19,3%
+0,3% |
18,3%
-1,0% |
18,7%
+0,4% |
18,3%
-0,4% |
2016 |
18,7 % |
18,9% |
19,4%
+0,5% |
19,2%
-0,2% |
19,1%
-0,1% |
19,1%
± 0% |
19,4%
+0,3% |
19,3%
-0,1% |
19,0%
-0,3% |
19,3%
+0,3% |
18,3%
-1,0% |
18,7%
+0,4% |
18,3%
-0,4% |
2017 |
18,7 % |
20,0% |
19,4%
-0,6% |
19,2%
-0,2% |
19,2%
± 0% |
19,1%
-0,1% |
19,4%
+0,3% |
19,3%
-0,1% |
19,0%
-0,3% |
19,3%
+0,3% |
18,3%
-1,0% |
18,7%
+0,4% |
18,3%
-0,4% |
2018 |
18,6 % |
20,0% |
19,4%
-0,6% |
19,2%
-0,2% |
20,0%
+0,8% |
19,7%
-0,3% |
19,4%
-0,3% |
19,3%
-0,1% |
19,0%
-0,3% |
19,3%
+0,3% |
18,8%
-0,5% |
18,7%
-0,1% |
18,8%
+0,1% |
|
|
Kommentierte Bibliografie (Teil 1: 2001 -
2015)
2001
STEFFEN, Johannes
(2001): Tatsachen zur rot-grünen Renten-"Reform" (Stand:
18.01.2001)
Auf Seite 9 beschreibt
Johannes STEFFEN am Beispiel des Jahres 2000 wie das
Rentenniveau per Rechentrick beschönigt wird, sodass das
Rentenniveau im Jahr 2030 statt auf rund 64 nur auf rund 67
Prozent absinkt. Möglich wird dies durch den
Altersvorsorgeanteil. (AVA).
SPIEGELONLINE (2001): Eckrente.
Heute und in 30 Jahren,
in: Spiegel Online v.
15.10.
Spiegel Online, das
deutsche Sturmgeschütz des Neoliberalismus, erklärt uns
heute die schöne neue Welt der privaten Altersvorsorge:
"(D)er Eckrentner (soll) ab
2002 ein Prozent, ab 2004 zwei Prozent, ab 2006 drei Prozent und
schließlich von 2008 an jährlich vier Prozent seines Einkommens
in eine private Altersvorsorge investieren. Diese freiwillige
Leistung wird ihm durch staatliche Zulagen versüßt. Bei einer
jährlichen Rendite von vier Prozent kann er bei Rentenbeginn
dann mit einer zusätzlichen Privatrente rechnen: Im Jahr 2030
würde diese 551 Mark im Monat betragen und dafür sorgen, dass
sein Versorgungsniveau (...) steigt."
Während Spiegel Online
die Entwicklung der gesetzlichen Rente als zu positiv
anzweifelte, wird an den 4 % Rendite der Privatrente keinerlei
Zweifel gehegt. Dieses neoliberale Mantra wurde von Axel
BÖRSCH-SUPAN mitgeprägt,
der 1997 sogar noch von 5 % Rendite träumte. 10 Jahre später
sind diese Träume für die meisten Menschen geplatzt wie eine
Seifenblase und das neue neoliberale Mantra heißt, dass
lediglich noch mehr zusätzlich gespart werden muss, um die
damaligen Privatrententräume zu erreichen.
BUNDESREGIERUNG (2001): Rentenversicherungsbericht 2001 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 14/7639
v. 23.11.
"Das
Rentenniveau wird in den alten Ländern im Zeitraum 2001 bis 2005
zwischen 68,8 v. H. und 70,6 v. H. pendeln. (...). Mit der
Rentenstrukturreform ist es gelungen, eine zusätzliche
kapitalgedeckte Altersvorsorge zu installieren und zeitgleich
den Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung
langfristig zu stabilisieren. Die mit erheblichen staatlichen
Mitteln geförderte Zusatzvorsorge kann in der betrieblichen
Altersvorsorge (2. Säule) wie auch in der privaten
Altersvorsorge (3. Säule) aufgebaut werden. Insbesondere mit der
Ergänzung der umlagefinanzierten Rentenversicherung durch eine
kapitalgedeckte Altersvorsorge der Versicherten sind die
Rahmenbedingungen gegeben, die notwendig sind, um den
demographischen Herausforderungen, die sich ab dem Jahr 2015
verschärfen werden, zu begegnen. Die auf die umlagefinanzierte
Rentenversicherung beschränkten Regelungen des RRG 1999 konnten
diesem Anspruch nicht gerecht werden. (...) (M)it der
Rentenreform (ist es) gelungen das Rentenniveau bis 2015 auf
hohem Niveau zu stabilisieren. Unter Einschluss der Kapitalrente
übersteigt im Jahr 2015 das Gesamtversorgungsniveau das heutige
Nettorentenniveau deutlich." (S.9),
erklärt uns der
Regierungsbericht euphorisch die segensreichen Wirkungen der
kapitalgedeckten Altersvorsorge. Die demographischen
Herausforderungen werden für das Jahr 2015 erwartet. Aus der
folgenden Übersicht ist das vom Rentenversicherungsbericht
erwartete Rentenniveau ersichtlich (vgl. Übersicht B 8, S.62):
Jahr |
Beitragssatz |
Nettorenten-
niveau |
Monatliche
Bruttokapitalrente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang |
2015 |
19,1 % |
70,8 % |
72
€ |
74,0 % |
Der niedrigste Wert für das
Nettorentenniveau wird für 2001 mit 68,8 Prozent angenommen,
weshalb der Regierungsbericht uns erklärt, dass alles im grünen
Bereich sei und das Mindestnettorentenniveau von 67 Prozent
eingehalten werden kann:
"§
154 Abs. 3 SGB VI verpflichtet die Bundesregierung, den
gesetzgebenden Körperschaften geeignete Maßnahmen vorzuschlagen,
wenn
- der Beitragssatz in der Rentenversicherung der Arbeiter und
der Angestellten bis zum Jahre 2020 20 v. H. oder bis zum Jahre
2030 22 v. H. überschreitet bzw.
- der Verhältniswert aus einer jahresdurchschnittlichen
verfügbaren Standardrente und dem unter Berücksichtigung des
Altersvorsorgeanteils zur zusätzlichen Altersvorsorge
vorausberechneten jahresdurchschnittlichen Nettoentgelt
(Nettorentenniveau) 67 v. H. unterschreitet.
Entscheidungsgrundlage für die Bundesregierung ist die mittlere
Variante der 15-jährigen Vorausberechnungen des
Rentenversicherungsberichts.
Nach den Ergebnissen für den Vorausberechnungszeitraum bis 2015
hält sowohl die voraussichtliche Entwicklung des Beitragssatzes
in der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten
(Übersicht B 7) als auch des Nettorentenniveaus (Übersicht B 8)
den Rahmen der angeführten Werte ein" (S.20)
Der
§ 154 Abs. 3 SGB VI wird nur 3 Monate später geändert sein!
Das Mindestnettorentenniveau von 67 %, vorher 64 %, wurde
erst auf Betreiben der Gewerkschaften eingeführt.
2002
KREUTZ,
Daniel
(2002): Die neue Mitte im Wettbewerbsstaat.
Zur sozialpolitischen Bilanz
von Rot-Grün,
in:
Blätter für
deutsche und internationale Politik, April
"Nachdem das Sparpaket
1999 die Rentenversicherungsbeiträge für Langzeiterwerbslose
abgesenkt und somit deren Altersarmutsrisiko massiv gesteigert
hatte, leitete die rot-grüne Rentenform 2001 den Systemwechsel
in der Alterssicherung ein. Die Inszenierung des angeblichen
»Sachzwangs« der
demographischen Entwicklung verdrängte die realen, arbeitsmarkt-
und verteilungsbedingten Finanzierungsprobleme der Gesetzlichen
Rentenversicherung (GRV). Das GRV-Rentenniveau sinkt noch
stärker als durch Blüms »demographischen Faktor«" (S.467),
klagt Daniel KREUTZ, der in
einer Fußnote auf die Neudefinition des Rentenniveau hinweist,
mit dem die tatsächliche Absenkung verschleiert wird:
"Um dies zu verschleiern,
wird oft verschwiegen, dass sich die Bezugsgröße des
Rentenniveaus - das durchschnittliche Nettoeinkommen der
Versicherten - durch einen neuen Berechnungsmodus so veränderte,
dass das davon prozentual abgeleitete gekürzte Rentenniveau
erheblich »besser aussieht« (...). Es ist bemerkenswert, dass
die Gewerkschaftsspitzen sich am »Schweigekartell« beteiligten,
um die Durchsetzung ihrer Forderung »nicht unter 67 %«
vortäuschen zu können."
Bei diesen Ausführungen
beruft sich KREUTZ auf Johannes STEFFEN.
BEUTLER, Annette u.a.
(2002): Der grosse Versprecher.
In vier Jahren hat Rot-Grün
unter Gerhard Schröder einiges angepackt, aber bei den großen
Themen Arbeitslosigkeit, Gesundheit und Aufbau Ost versagt,
in:
Focus
Nr.28 v. 08.07.
"Den von Vorgänger
Norbert Blüm eingeführten »demographischen Faktor« wollte
Riester abschaffen, weil er das Rentenniveau zu stark senke.
Nun heißt das Instrument anders, der Abschlag aber ist
stärker",
schreiben die Autoren zur
Riester-Reform. Die Verlierer-Generation dieser Rentenreform
wird von den Autoren bei den 40Jährigen ausgemacht, weil sie
mehr Beiträge zahlen müssen, und dafür weniger staatliche
Rente bekommen sowie nicht genügend Zeit um Aufbau einer
privaten Altersvorsorge haben.
TAZ (2002): Wahlprogramme.
taz-Serie Wahl 2002 (11): Die
Parteien zu den Themen: Lebensarbeitszeit, Rentenbeiträge, Niveau der
Ost-Renten und Ausbau der privaten Altersvorsorge,
in: TAZ v.
12.08.
Die taz weist für die Union
speziell auf Horst SEEHOFERs "Offensive für einen zukunftsfähigen
Sozialstaat" hin. Das Rentenniveau solle sich zukünftig an der
durchschnittlichen Lebenserwartung "orientieren" (was immer das heißen
mag!).
GEORGESCU, Vlad (2002): Anfang vom Ende.
Der unvermeidbare Kollaps des
Rentensystems: Die Anhebung der Rentenbeiträge erweist sich als
Schritt in die verkehrte Richtung und Tropfen auf den heißen Stein
zugleich: Wissenschaftler rechnen mit einem kompletten Zusammenbruch
der Rentenversicherung und prophezeien Beitragssätze von über 40
Prozent,
in: Spiegel Online v.
05.11.
Der Artikel ist ein
Lehrbeispiel dafür, wie Anfang des Jahrtausends mit
demographischer Demagogie von Herwig BIRG Panik geschürt wurde und
zwar mit Bevölkerungsprognosen bis 2080. Die Alterung der Bevölkerung
sollte angeblich "ablaufen wie ein Uhrwerk", weil die Entwicklung
vorprogrammiert sei, denn Ungeborene würden keine Kinder bekommen. Von
"mathematischer Präzision" ist die Rede. Nichts davon stimmt jedoch,
denn entscheidend ist, ob die jeweiligen Annahmen richtig oder falsch
sind.
Nicht irgendwelche Ungeborenen, sondern die Anzahl der potenziellen
Mütter ist entscheidend.
"»Wir leben noch in einer
demographischen Schönwetterperiode.« Tatsächlich dürfte die
unaufhaltsame Vergreisung erst ab 2020 auch für Laien erkennbar
einsetzen. Bis dahin, rät der Deutsche Bank Chefvolkswirt der Politik,
bliebe noch ausreichend Zeit für das Durchforsten des Rentensystems
nach veralteten Leistungen. So könne beispielsweise die Frühverrentung
ebenso wie die nahezu alljährliche Anhebung der Renten gestrichen
werden",
wird Norbert WALTER zitiert, der
die demagogische Steilvorlage von BIRG nutzt, um Rentenanpassungen im
Namen der Generationengerechtigkeit für obsolet zu erklären. Auch das
Argument der "demographischen Schönwetterperiode" ist typisch für
neoliberale Verdummung. Man könnte genauso gut von "demographischen
Schlechtwetterperioden" reden. Dagegen sollen diese aufgrund der
demagogischen Einwürfe ewig dauern, zumindest jedoch bis 2080!
Demagogie und selbsterfüllende Prophezeiungen haben viel gemeinsam. Ob
wir im Jahr 2020 eine "unaufhaltsame Vergreisung" wahrnehmen werden,
hat viel mit den jeweiligen öffentlichen Debatten zu tun und wenig mit
der tatsächlichen Entwicklung.
In
Japan sollte bereits im Jahr 2007 der Untergang aufgrund des
demografischen Wandels erfolgen. Doch das Jahr 2007-Problem erwies
sich als grandioser Fehlalarm. Die Babyboomer erreichen ihr
Ruhestandsalter - und niemand merkte es! Genauso passierte es in den
USA. Frank SCHIRRMACHER rief in seinem
Methusalem-Komplott ein globales Altersbeben aus, das die Welt
verändern sollte. Sein "Generational Sturm" beruhte auf den Annahmen
von
KOTLIKOFF & BURNS. Danach hätte die USA ab 2008 untergehen sollen.
KOTLIKOFF gilt als Erfinder der Generationenbilanzen, die in
Deutschland ihren Jünger in Bernd RAFFELHÜSCHEN fanden, der damit seit
Jahren Rentenpanik schüren möchte.
JAHBERG, Heike (2002):
"Die Rente ist sicher".
Franz Ruland,
Chef der Rentenversicherungsträger, ist gegen längere
Lebensarbeitszeit und die Einbeziehung von Beamten in die
Beitragspflicht,
in:
Tagesspiegel v. 18.11.
Franz RULAND gibt für die
30- bis 40-Jährigen Entwarnung hinsichtlich des Rentenniveaus:
"JAHBERG: Viele
fürchten, später sowieso nur noch mit einer Mickerrente
abgespeist zu werden.
RULAND: Diese Sorge ist unbegründet. Ich will das am
Beispiel eines Durchschnittsverdieners erläutern: Er zahlt
den Durchschnittsbeitrag im Jahr und bekommt dafür einen
»Entgeltpunkt«. Das ist quasi ein Anteil an der
Rentenversicherung. Dieser Anteil hat heute einen »Kurswert«
– wir nennen das den »aktuellen Rentenwert« – von 28,56
Euro. Dieser Wert verändert sich je nach Anpassung. Die
Summe der Anteile, die der Versicherte durch Beitragszahlung
erworben hat, ist verfassungsrechtlich geschützt. Die
Anteile können ihm nicht genommen werden. Wie hoch ihr
Kurswert sein wird, kann man dagegen nicht vorhersagen. Das
hängt mittelbar von der wirtschaftlichen Entwicklung und
unmittelbar von der jeweiligen Rentenanpassungsformel ab.
Diese ist der »Hauptstellschlüssel«, mit dem die
Rentenausgaben beeinflusst werden können und ist daher
häufig geändert worden. Künftige Veränderung kann man daher
nicht ausschließen. Aber eines ist sicher: Der Kurswert wird
steigen. Das Bundessozialgericht hat dem Gesetzgeber
vorgegeben, dass die Renten mindestens in Höhe der
Inflationsrate steigen müssen, meistens war es mehr."
BUNDESREGIERUNG (2002): Rentenversicherungsbericht 2002 und Gutachten
des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 15/110 v. 05.12.
Wie
im Vorjahr kann der
Rentenversicherungsbericht 2002 Erfolgsmeldungen verkünden.
Die Aussichten für das Jahr 2015 haben sich jedoch verdüstert. Aus der
folgenden Übersicht ist die Entwicklung seit dem
Rentenversicherungsbericht 2001 ersichtlich (vgl. RV 2001, Übersicht B
8, S.62 und RV 2002, Übersicht B 8, S.58):
RV-Prognosen für das
Jahr 2015 |
Beitragssatz |
Nettorenten-
niveau |
Monatliche
Bruttokapitalrente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang |
RV 2001 |
19,1 % |
70,8 % |
72
€ |
74,0 % |
RV 2002 |
19,5 % |
70,1 % |
72
€ |
73,2 % |
Differenz |
+ 0,4 % |
- 0,7 % |
- |
- 0,8 % |
Im Gegensatz zum
Rentenversicherungsbericht 2001, wird nicht mehr das Jahr 2015 als
Beginn der demografischen Herausforderungen genannt, sondern nun heißt
es:
"Insbesondere mit der Ergänzung der
umlagefinanzierten Rentenversicherung durch eine kapitalgedeckte
Altersvorsorge der Versicherten und dem Recht auf Entgeltumwandlung
sind die notwendigen Rahmenbedingungen gegeben, um den demographischen
Herausforderungen, die sich langfristig verschärfen werden, zu
begegnen." (S.10)
Es wird also nicht nur auf die
kapitalgedeckte Altersvorsorgsorge gesetzt, sondern nun auch auf die
betriebliche Altersvorsorge, wobei nur das Recht auf Entgeltumwandlung
herausgestellt wird, das auf eine Schwächung der gesetzlichen Rente
hinausläuft.
2003
OESTREICH, Heide (2003): Rürups neue Rentenformel liegt vor.
Ein "Nachhaltigkeitsfaktor" soll die
Höhe der Altersbezüge dem jeweiligen Beitragsaufkommen anpassen. Das
Rentenalter soll auf 67 Jahre steigen. Die Gewerkschaftsvertreter
halten dagegen: Ältere Menschen würden ohnehin kaum noch beschäftigt,
in: TAZ v. 25.04.
Heide OESTREICH erklärt
uns die neue Rentenformel. Das Rentenniveau könne zukünftig nur noch
zusammen mit privater Altersvorsorge und einer Erhöhung des
Renteneintrittsalters auf 67 Jahre auf annähernd dem heutigen Stand
gehalten werden, wobei die Entwicklung der Wirtschaft die
Rentenentwicklung zukünftig stark beeinflusse. Als Gegner dieses
Vorschlags der Rürup-Kommission nennt uns OESTREICH den IG-Bau-Chef
Klaus WIESEHÜGEL, der auch Kommissionsmitglied ist, und die
DGB-Vize-Chefin Ursula ENGELEN-KEFER.
BUNZENTHAL, Roland (2003):
Demografischer Faktor.
Wort-Schatz,
in: Rheinischer Merkur v. 01.05.
Der Rheinische Merkur
erklärt uns wie aus dem 1997 von Bert RÜRUP im Auftrag von
Arbeitsminister Norbert BLÜM entwickelten demografischen
Faktor der Nachhaltigkeitsfaktor werden soll.
Während der
demografische Faktor die Renten an die steigende
Lebenserwartung gekoppelt hätte, soll nun der
Nachhaltigkeitsfaktor für die weitere Absenkung des
Rentenniveaus sorgen. Nicht jedoch der demografische Wandel
macht das notwendig, sondern die Konjunkturschwäche der
deutschen Wirtschaft.
"Rürup empfiehlt (...)
das Rentenniveau über die kommenden 30 Jahre um 2,2
Prozentpunkte abzusenken. Dies soll zusätzlich zu der 2000
beschlossenen Absenkung um sechs Prozentpunkte gelten
(,)(...) damit die Rentenbeiträge nicht bis 2030 auf 24,5
Prozent steigen",
werden uns die
Vorschläge der Rürup-Kommission erklärt.
SAUGA, Michael/SCHULT, Christoph/TIETZ, Janko (2003): Ende einer
Illusion.
In aller Stille bereitet die
Regierung tiefe Einschnitte in die gesetzliche Alterssicherung vor,
die damit auf das Niveau einer Basisversorgung zusammenschmelzen
dürfte. Schon planen Grüne und Union den Einstieg in einen
grundlegenden Systemumbau,
in:
Spiegel Nr.33 v.
11.08.
Die Autoren bereiten auf
weitere drastische Einschnitte ins Rentensystem vor, denn
durch einen Nachhaltigkeitsfaktor (vgl.
RÜRUP 2002) soll das Rentenniveau weiter abgesenkt werden.
Begründet wird dies durch den angeblichen Sachzwang
Geburtenrückgang:
"Dass es den heutigen
Senioren materiell gut geht, haben sie nicht nur den
großzügigen Rentengesetzen aus den Aufbaujahren der Republik
zu verdanken, sondern auch der eigenen Gebärfreudigkeit. Die
heutige Rentnergeneration hat genau jene Babyboomer der
fünfziger und sechziger Jahre großgezogen, die derzeit noch
die Fabriken und Büros bevölkern und mit ihren Beiträgen die
Alterskassen füllen. Wenn diese Generation aber in einigen
Jahren selbst in den Ruhestand wechselt, bekommt sie
unausweichlich die Quittung für die
Kinder-nein-danke-Mentalität der vergangenen drei Jahrzehnte
präsentiert. Weil seit Anfang der siebziger Jahre die
Geburtenrate drastisch sank, fehlt es bald an
Beitragszahlern, um das heutige Rentenniveau zu halten."
SAUGA/SCHULT/TIETZ erklären uns die
Folgen der geplanten Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung auf
die Rentenentwicklung:
"Den Effekt auf die Alterseinkünfte
zeigen interne Modellrechnungen des Verbandes Deutscher
Rentenversicherungsträger: Danach bleiben Durchschnittsrentner in den
nächsten Jahren zwar noch von Steuerzahlungen verschont. Wer aber im
Jahr 2015 in Rente geht, muss auf seine Monatsrente bereits 35 Euro
Steuern abführen. Im Jahr 2025 sind es bereits 138 Euro. Netto wird
den Senioren die Rente damit um weitere 7,5 Prozent gekürzt."
Bei der Debatte um die Entwicklung
des Rentenniveaus wird dieser Aspekt einfach ausgeblendet. Die Autoren
zitieren mit Winfried SCHMÄHL einen der Gegner des Paradigmenwechsels
zur Entwicklung des Rentenniveaus:
"Der Bremer Ökonom Winfried Schmähl
hat die Effekte addiert: Bereits die Riester-Rentenreform senkt das
Renten-Niveau bis zum Jahr 2030 von derzeit 70 auf rund 64 Prozent der
Nettolöhne. Die geplante Rentenreform der Regierung würde das Niveau
im Jahr 2030 weiter auf nur noch 54 Prozent drücken. Und wer dann in
Rente geht, muss als Folge der neuen Besteuerungsregeln mit einem
weiteren Rückgang seiner Altersbezüge auf deutlich unter 50 Prozent
rechnen. Das gesetzliche Altersgeld würde damit endgültig zu einer
"Grundrente demontiert", sagt Schmähl."
Aus heutiger Sicht lag das
Nettorentenniveau im Jahr
2003 bei 48,5 Prozent und nicht bei 70 Prozent. Die 70 Prozent im
Artikel stehen nicht für das Nettorentenniveau im Jahr 2003, sondern
lediglich für eine Zielvorgabe aus dem Rentenreformgesetz 1992, das
bereits 1989 verabschiedet wurde (vgl. SCHMÄHL
2011, S.162f.).
Im damals aktuellen
Rentenversicherungsbericht 2002 wird das Nettorentenniveau auf
70,1 Prozent geschätzt (vgl. 2003, S.109). Es ist aber ersichtlich,
dass dieses Niveau in den Jahren davor teilweise unterschritten wurde.
Im
Rentenversicherungsbericht 2003, der erst Ende 2003 veröffentlicht
wurde, wurde dann zum letzten Mal dieses Maß aufgeführt. Für 2003
wurden in diesem Bericht ein Nettorentenniveau von 69,9 Prozent
geschätzt.
SAUGA/SCHULT/TIETZ nutzen die
damalige Rentenpanik, um mit prognostizierten Zahlen des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA),
einer
Lobbyorganisation der Finanzbranche,
die Gebärfaulheit als Grund für das sinkende Renteniveau und die
schwindende Rendite der gesetzlichen Rente
zu
erklären. Die private Altersvorsorge erscheint dadurch als
alternativlose Notwendigkeit:
"Die heutige Rentnergeneration hat
genau jene Babyboomer der fünfziger und sechziger Jahre großgezogen,
die derzeit noch die Fabriken und Büros bevölkern und mit ihren
Beiträgen die Alterskassen füllen. Wenn diese Generation aber in
einigen Jahren selbst in den Ruhestand wechselt, bekommt sie
unausweichlich die Quittung für die Kinder-nein-danke-Mentalität der
vergangenen drei Jahrzehnte präsentiert. Weil seit Anfang der
siebziger Jahre die Geburtenrate drastisch sank, fehlt es bald an
Beitragszahlern, um das heutige Rentenniveau zu halten.
Die finanziellen Folgen hat das Deutsche Institut für Altersvorsorge
berechnet. Danach hat ein 1930 geborener allein stehender
Durchschnittsverdiener in 45 Arbeitsjahren rund 95.600 Euro in die
gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Dafür erhält er das
1,7fache an Rente zurück: etwa 167.200 Euro. Das entspricht einer
internen Rendite von real drei Prozent.
Wer dagegen 2015 das Rentenalter erreicht, erzielt noch eine Rendite
von gut einem Prozent. Jahrgänge, die 2030 in Rente gehen, können
gerade mal den Gegenwert ihrer Beiträge als Rente erwarten. Wer noch
später Rentner wird, muss sogar mit einer negativen Rendite rechnen.
So bekommt der kinderlose Durchschnittsrentner des Jahres 2040 nur
noch 80 Prozent seiner eingezahlten Beiträge zurück."
In den Jahren nach 2015 waren die
Renditen der gesetzlichen Rente jedoch tatsächlich derart hoch, dass
selbst bürgerliche Medien wie die FAZ sie als so lukrativ
beschrieben, dass sie zu freiwilligen Renteneinzahlungen rieten. Das
widerspricht also fundamental der damaligen Medienpropaganda. Der
Spiegel als deutsches Sturmgeschütz des Neoliberalismus hätte die
gesetzliche Rentenversicherung damals am liebsten auf eine
Grundsicherung im Alter zurechtgestutzt gesehen.
SCHWENN, Kerstin (2003): Eine Gratwanderung zwischen
Beitragssatz und Rentenniveau.
Reformen im
bestehenden Umlagesystem. Bundesregierung will Lohnnebenkosten
senken. Nachhaltigkeitsfaktor und Minusrunden,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 14.08.
Kerstin SCHWENN
erklärt uns die zukünftige Rentenentwicklung aus der
beschränkten neoliberalen Perspektive. Bei dieser
Demografisierung gesellschaftlicher Probleme wird die
Rentenentwicklung zur Suche nach einem Mittelweg zwischen
Beitragssatzstabilität und Stabilität des Rentenniveaus
stilisiert und die Ergänzung durch eine private Altersvorsorge
als alternativlos beschrieben. Diese Sicht ist falsch, denn sie
lässt außer Acht, dass es hier immer auch um eine Machtfrage (in
Form von Interessenpolitik) und damit um soziale Ungleichheit
und soziale Gerechtigkeit geht.
PROGNOS (2003): Auswirkungen veränderter
Rahmenbedingungen auf die Finanzen der gesetzlichen
Rentenversicherung, Bericht im Auftrag des Verbands der
Deutschen Rentenversicherungsträger, September
Aufschlussreich ist die Bewertung der neuen
Rentenanpassungsformel aus dem Jahr 2001, die gravierende
Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der gesetzlichen Rente
und das Rentenniveau hatte:
"Die im
Hinblick auf die künftige Finanzentwicklung der gesetzlichen
Rentenversicherung wichtigste Veränderung durch die Rentenreform
2001 ist die neue Rentenanpassungsformel. Sie bedeutet eine
Abkehr von der mit der Rentenreform 1992 eingeführten
Nettoanpassung der Renten in Richtung auf eine modifizierte
Bruttoanpassung. Nach früherem Recht stiegen die Renten
entsprechend der Veränderung der durchschnittlichen
Nettoentgelte unter Berücksichtigung der veränderten
Abgabenbelastung der Rentenbezieher. Die alte Formel
gewährleistete eine annähernd parallele Entwicklung von
Nettolöhnen und Nettorenten und damit ein vergleichsweise
stabiles Nettorentenniveau.
Nach der neuen Anpassungsformel, die im Juli 2002 erstmalig zum
Einsatz kam, werden die Renten entsprechend der Entwicklung der
Bruttolöhne unter Berücksichtigung der Veränderung des
Beitragssatzes zur Rentenversicherung fortgeschrieben. Dabei
bremst ein steigender Beitragssatz die Rentenanpassung deutlich
stärker als bei der früheren Nettolohnanpassung, da dort nur die
Veränderung des Arbeitnehmerbeitrags wirksam wurde (...),
während jetzt die Veränderung des Arbeitnehmer- wie des
Arbeitgeberanteils wirksam ist. Zusätzlich dämpfend wirkt in der
neuen Formel bis 2010 der sogenannte Altersvorsorgeanteil und in
den Folgejahren eine stärkere Gewichtung der
Beitragssatzveränderung.
Die neue Rentenanpassungsformel führt im Vergleich zur früheren
Nettolohndynamik zu deutlich geringeren Rentenanpassungen und
Rentenausgaben. Dies ist besonders in der bis 2010 geltenden
Fassung der Formel der Fall, in der der steigende
Altersvorsorgeanteil - der eine zunehmende Abgabenbelastung der
Bruttoeinkommen der unselbständig Beschäftigten durch die
private Vorsorge widerspiegeln soll - die Rentendynamik bremst.
Entsprechend kommt es vor allem in diesem Zeitraum zu einer
Absenkung des Nettorentenniveaus, dem Verhältnis einer
standardisierten Nettorente zum durchschnittlichen Nettoentgelt.
Von Bedeutung für das Nettorentenniveau ist dabei auch die
Steuerreform, deren ausstehende Stufen 2004 und 2005 zu
Steigerungen der Nettoentgelte beitragen, was sich aber nach der
neuen Formel nicht rentensteigernd auswirkt." (S.51)
Durch die
neue Rentenformel ist eine ständig auseinanderklaffende
Entwicklung von Löhnen und Renten gesorgt, weil durch die
Änderung der Rentenformel viele Aspekte, die zu steigenden
Löhnen führen, sich nicht auf die Renten auswirken. Dazu gehören
Beitragssenkungen in anderen Bereichen der Sozialversicherung
und die Umstellung auf die nachgelagerte Besteuerung, die zwar
zu einer Erhöhung der Nettoentgelte, aber nicht zur Erhöhung der
Renten führt, sondern die nachgelagerte Besteuerung führt sogar
zur weiteren Senkung des Nettorentenniveaus. Durch die
Einführung des Begriffs eines "Nettorentenniveaus vor Steuern"
wird dieser Sachverhalt seit dem Jahr 2005 verschleiert.
Die Annahmen
zur Bevölkerungsentwicklung wurden vom Verband Deutscher
Rentenversicherungsträger (VDR) mitbestimmt (vgl. S.3), stellen
also bewusste Zielsetzungen dar, mit denen die Ergebnisse
sozusagen vorbestimmt wurden. Extremszenarien wurden dabei außer
Acht gelassen.
"Auf der
Grundlage der Annahmen zu Geburtenentwicklung, Sterblichkeit und
Außenwanderung wird die Bevölkerung in Deutschland von 82,3 Mio
Personen im Jahr 2000 bis zum Jahr 2050 um fast 10 Mio Personen
zurückgehen. Dabei steigt die Zahl der Einwohner zunächst bis
2005 noch auf rund 82,5 Mio an. In den Folgejahren vermindert
sich die Bevölkerung, aber zunächst sehr langsam. Ab 2010
beschleunigt sich der Rückgang kontinuierlich bis zum Ende des
Projektionszeitraums." (S.23)
Die
Beschreibung deutet zwar auf ein starkes Schrumpfen hin, was
jedoch durch das Referenzszenario widerlegt wird, denn selbst im
Jahr 2050 liegt die Bevölkerung nur rund 300.000 Personen unter
der Bevölkerung des Jahres 2000.
BUNDESREGIERUNG (2003): Rentenversicherungsbericht 2003 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 15/2144
v. 04.12.
Im
diesjährigen Rentenversicherungsbericht fehlen die
Erfolgsmeldungen der vergangenen beiden Jahre. Stattdessen wird
auf die Aufhebung der Niveausicherungsklausel abgehoben
und darauf hingewiesen, dass aufgrund der
Beitragssatzentwicklung, die durch nicht-demografische Faktoren
verursacht wurden, gewisse andere Maßnahmen notwendig wurden:
"Mit der
Absenkung der Mindestschwankungsreserve von 50 auf 20 % einer
Monatsausgabe werden im Jahr 2004 bis zu 4,8 Mrd. Euro zur
Ausgabenfinanzierung frei. Hinzu kommt die Begrenzung der
Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Aussetzen
der Rentenanpassung zum 1. Juli 2004 sowie die vollständige
Tragung des Beitrags zur Pflegeversicherung durch die
Rentnerinnen und Rentner ab 1. April 2004. Damit leisten die
Rentnerinnen und Rentner im Jahr 2004 einen notwendigen Beitrag
zur Dämpfung der Beitragssatzentwicklung in der Größenordnung
von rd. 2,2 Mrd. Euro. Im Gegenzug zu den Belastungen bei dem
Beitrag zur Pflegeversicherung werden die Rentnerinnen und
Rentner durch eine zeitnahe und individuelle Weitergabe von
Beitragssatzänderungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
aufgrund der Maßnahmen im Gesundheitsmodernisierungsgesetz
bereits im Laufe des Jahres 2004 profitieren. Die
Rückgängigmachung der Kürzung des Bundeszuschusses zur
Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten im
Haushaltsbegleitgesetz 2004 führt zu einer Entlastung von 2 Mrd.
Euro. Durch diese Maßnahmen kann der Beitragssatz auch im Jahr
2004 bei 19,5 % gehalten werden. Eine die derzeitige
Konjunkturschwäche Konjunkturschwäche zusätzlich belastende
starke Anhebung der Lohnkosten und Schwächung der privaten
Kaufkraft kann so vermieden werden." (S.51)
Auf die
zukünftige Entwicklung des Rentenniveaus geht der Bericht gar
nicht mehr ein. Schließlich kann aufgrund der geplanten
Aussetzung der Rentenanpassung 2004 die in den Vorjahren
vollmundigen Versprechungen hinsichtlich des Rentenniveaus nicht
eingehalten werden. Stattdessen sollen mit der Einführung eines
Nachhaltigkeitsfaktors die Versprechungen radikal gebrochen
werden. Die Übersicht B 8 (S.68) enthält nur Angaben zur
Beitragssatzentwicklung und der Bruttokapitalrente.
Das Gutachten
des Sozialbeirats geht u.a. auf die Wirkungsweise der geplanten
Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors ein (vgl. S.134f.). Dabei
wird auch auf die Auswirkungen des geplanten
Alterseinkünftegesetzes auf das Rentenniveau hingewiesen:
"Insgesamt
ist davon auszugehen, dass das Rentenversicherungssystem und das
angestrebte Ziel für den Beitragssatz mit dem vorgeschlagenen
Nachhaltigkeitsfaktor besser vor tatsächlichen Abweichungen von
den Annahmen zur Demographie und insbesondere des Arbeitsmarktes
geschützt wären, da der Nachhaltigkeitsfaktor neben der
Entwicklung der Zahl der Geburten und der Zuwanderung vor allem
auch Veränderungen im Erwerbsverhalten berücksichtigt.
Dabei wird das Rentenniveau bis 2030 absinken; das
Bruttorentenniveau wird unter Mitberücksichtigung der Wirkungen
der Rentenreform von 2001 von derzeit 48 Prozent auf etwa 40
Prozent absinken. Das Nettorentenniveau, das derzeit bei etwa 69
Prozent liegt, wird unter Berücksichtigung des Umstiegs auf die
nachgelagerte Besteuerung der Renten auf eher unter 60 Prozent
sinken. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der
Indikator Nettorentenniveau deutlich an Aussagekraft verliert."
(S.134f.)
2004
SCHWENN, Kerstin
(2004): Verlorenes Vertrauen.
Kommentar,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 11.03.
Kerstin SCHWENN
redet die
gesetzliche Rentenversicherung schlecht:
"Nullrunde und verdoppelte Pflegebeiträge führen in diesem
Jahr zu Rentenkürzungen. Bei vielen schmälert außerdem der
verdoppelte Krankenkassenbeitrag auf Betriebsrenten die
zusätzlich privat angesparten Altersbezüge spürbar."
Das
Vertrauen sei gesunken. Nur hat das nichts mit dem
demografischen Wandel zu tun, sondern mit der
Konjunkturschwäche der Wirtschaft, also mit Sondereffekten wie
uns bei anderen Gelegenheiten gerne vorgehalten wird.
Nichtsdestotrotz spricht SCHWENN gerne von "Notoperationen",
wenn lediglich die üblichen Nachjustierungen notwendig sind.
Außerdem schwingt SCHWENN die Generationenvertragskeule,
obwohl das alles nichts mit demografischem Wandel zu tun hat.
Es ist diese Art von neoliberaler Verdummungsstrategie, die
die gesetzliche Rente in Verruf bringt und dahinter stecken
die Profitinteressen der Anbieter privater Altersvorsorge.
Abseits
dieser hysterischen Sicht, geht es hier um etwas ganz anderes.
SCHWENN und der Unternehmenslobby, die sie hier vertritt, geht
die rot-grüne Reform der Alterssicherung nicht weit genug:
"Im
Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz, das heute
verabschiedet werden soll, schreibt sie den Satz bis 2030
auf höchstens 22 Prozent des Bruttoeinkommens fest. Um den
Wähler zu schonen, blendet die Regierung jedoch die von der
Rürup-Kommission für zwingend gehaltene gleichzeitige
Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre aus."
Die
notwendig werdenden Einschnitte bei den Renten werden in
dieser verqueren Sicht mit der Nichteinführung der Rente mit
67 begründet:
"Damit
die Renten nicht unbezahlbar werden, soll jetzt ein
Nachhaltigkeitsfaktor ihren Anstieg dämpfen. Durch ihn und
den Rechenfaktor der seit 2003 die (angenommenen)
Aufwendungen der Jungen für die »Riester-Rente« ausgleichen
soll, werden die am Einkommenszuwachs orientierten
Rentenanpassungen jährlich um rund 0,7 Prozentpunkte
gemindert. Der stetige Rückgang des Renteniveaus wird durch
den geplanten Übergang zur nachgelagerten Besteuerung von
2005 an noch beschleunigt. Nach Berechnungen der
Rentenversicherer wird das Nettorentenniveau eines
Durchschnittsverdieners nach 45 Beitragsjahren (unter Abzug
der Sozialbeiträge, aber vor Steuern) schon bei
optimistischen Annahmen zum Wirtschaftswachstum bis 2030 von
heute 52 auf 43 Prozent sinken."
Die
Parteilinken und die Gewerkschaften sollen angeblich ein
garantiertes Mindestniveau von 46 Prozent per Gesetz
durchsetzen können, will uns SCHWENN weismachen.
SCHWENN
redet uns ein, dass die Rendite der gesetzlichen Rente
niedriger liegen wird als die der privaten Altersvorsorge:
"Die
Vorsorgelast des Arbeitnehmers erhöht sich zunehmend. Wenn
er dereinst (freiwillig) rund vier Prozent seines Einkommens
für eine private oder betriebliche Alterssicherung
aufbringen soll, liegt sein »Rentenbeitrag« 2030 bei rund 26
Prozent. Welche Renditeerwartungen darf er dann noch haben?
Ist das verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsrecht
verletzt, wenn die Höhe der gesetzlichen Rente auch beim
Bezug bis ins hohe Alter im Schnitt deutlich unter den
früheren Einzahlungen liegt?"
hetzt uns
SCHWENN auf. Von Zwangsmitgliedschaft schwadroniert SCHWENN.
Lieber hätte sie wohl eine Zwangsmitgliedschaft in der
privaten Altersvorsorge, was die Finanzdienstleister natürlich
freuen würde. Denn wo sonst gibt es sichere Einnahmequellen?
BÖRSCH-SUPAN, Axel/REIL-HELD, Anette/WILKE, Christiana Benita
(2004): Der Nachhaltigkeitsfaktor und andere
Formelmodifikationen zur langfristigen Stabilisierung des
Beitragssatzes zur GRV, MEA-Diskussionspapier (Stand:
27.01.2004)
Im Beitrag
präsentieren Axel BÖRSCH-SUPAN u.a. folgende
Rentenanpassungsformeln:
"- die
gegenwärtig gültige so genannte »modifizierte
Bruttoanpassungsformel«, die durch die Rentenreform 2001 unter
dem damaligen Bundesarbeitsminister Riester eingeführt wurde.
- den Rentenlaufzeitfaktor, der im Effekt dem demographischen
Fakotr der größtenteils zurückgenommenen Rentenreform 1999
entspricht,
- den Altersquotientenfaktor,
- den Lohnsummenfaktor, und
- den Nachhaltigkeitsfaktor, den die Rürup-Kommission als Teil
der Agenda 2010 für eine Nachjustierung der Riester-Reform
vorgeschlagen hat." (S.5f.)
Beim
Lohnsummenfaktor der Rürup-Kommission wird entgegen der
bisherigen Berechnungsweise die Entwicklung der
versicherungspflichtigen Einkommen berücksichtigt, statt der
bisher berücksichtigten Bruttoentgelte der Arbeitnehmer aus
der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR), in die auch
Entgelte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze sowie der
Beamten einflossen.
Der
Rentenlaufzeitfaktor ist im Prinzip das funktionale Äquivalent
zur Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung,
nur auf der Ebene der Rentenanpassungsformel. Der von der CDU
im Rentenreformgesetz 1999 geplante Demographie Faktor hätte
dies mittels Rentenanpassungsformel und nicht durch die
Erhöhung des Renteneintrittsalters auf die Rentenbezieher
abgewälzt. In dem Papier heißt es dazu:
"Dem aus
dem erheblichen Anstieg der Lebenserwartung entstehendem Druck
auf die Rentenversicherungsbeiträge könnte man begegnen, indem
die Rentenlaufzeit, d.h. die fernere Lebenserwartung der
65-Jährigen in die Rentenanpassungsformel Eingang findet.
(...).
Dieser Korrekturfaktor entspricht im Prinzip dem von der
CDU-Regierung im Jahr 1998 verabschiedeten so genannten
»demographischen Faktor«, der nach dem Regierungswechsel von
der SPD wieder außer Kraft gesetzt wurde. Er berücksichtigt
den Anstieg der Lebenserwartung nicht nur für den Rentenzugang
(wie es bspw. bei der anvisierten Heraufsetzung der
Regelaltersgrenze der Fall ist), sondern trifft auch den
Rentenbestand, der ebenfalls von der längeren Rentenlaufzeit
profitiert. Allerdings würde wegen der anvisierten
Heraufsetzung der Regelaltersgrenzen die Rentenzugänge quasi
doppelt für die längere Lebenserwartung zur Rechenschaft
gezogen werden." (S.10)
Axel
BÖRSCH-SUPAN u.a. lehnen dies ab und präferieren stattdessen
den Altersquotientenfaktor, weil dieser neben der steigenden
Lebenserwartung auch die Geburtenentwicklung und Zuwanderung
berücksichtigen würde.
Beim
Lohnsummenfaktor wird darauf hingewiesen, dass dieser zu
höheren Rentenanpassungen führen könnte, weshalb für eine
Begrenzung plädiert wird:
"Ein
Nachteil dieser Variante ist jedoch, dass die Lohnsumme in den
nächsten Jahren aufgrund des »demographischen Rückenwindes«
und bei einer konjunkturellen Belebung deutlich ansteigen
kann, was zu einer höheren als der beabsichtigten
Rentenanpassung führen würde. Daher wird der Faktor auf ein
Maximum von 1 begrenzt. Dies würde während eines
»demographischen Rückenwindes« den Beitragssatz stabil halten
und zu einer erhöhten Schwankungsreserve führen. Erst wenn die
demographische Entwicklung in den Jahren nach 2015 weiter
fortgeschritten ist, führt diese Rentenanpassung zu einer
Abminderung des Rentenniveaus und damit des
Beitragssatzanstiegs." (S.14)
Tatsächlich
wurde das richtig vorausgesehen, nur dass der "demographische
Rückenwind" weit unterschätzt wurde, wie der folgende Satz
belegt:
"Da die
Erwerbstätigenzahlen unter den vorliegenden Annahmen erst ab
2015 rückläufig sind, setzt die dämpfende Wirkung auf die
Rentenanpassung zu spät ein." (S.15)
Der
Übergang von der vor- zur nachgelagerten Besteuerung ist ein
Problem, das in dem Papier durch das Nettorentenniveau vor
Steuern umgangen wird:
"Durch die
erwartete Einführung der nachgelagerten Besteuerung für die
Renten ist es problematisch, das Nettorentenniveau im
Zeitverlauf darzustellen, da sich stufenweise zunächst die
Entlastung der Erwerbstätigen und später die Belastung
derjenigen Rentner einstellt, die als Erwerbstätige entlastet
wurden. Für einen sinnvollen intertemporalen Vergleich eignet
sich das Nettorentenniveau daher während der langen
Übergangszeit von der vor- zur nachgelagerten Besteuerung
nicht. Da das Nettorentenniveau bisher jedoch als übliche
Referenz galt, weisen wir es nachfolgend ergänzend gemäß der
neuen Definition der Riester-Reform aus (d.h., der Nenner ist
das um den Altersvorsorgeanteil modifzierte Nettoeinkommen)."
(S.19f.)
BUNDESREGIERUNG (2004): Rentenversicherungsbericht 2004 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 15/4498
v. 01.12.
"Gemäß § 154
Abs. 3 SGB VI (in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung) muss
in dem Bericht auch geprüft werden, ob das Sicherungsniveau vor
Steuern im 15-jährigen Vorausberechnungszeitraum 46 %
unterschreiten oder der Beitragssatz 20 % übersteigen wird"
(S.7),
heißt es nun
im Rentenversicherungsbericht 2004, in dem erstmals ein neu
berechnetes Sicherungsniveau angegeben wird, nachdem
im Jahr zuvor
stillschweigend das Sicherungsniveau übergangen wurde und im
Rentenversicherungsbericht 2001 (sowie 2002) noch ein
Mindestnettorentenniveau von 67 % gegolten hatte. Aufgrund der
drastischen Maßnahmen im letzten Jahr können nun wieder
Erfolgsnachrichten präsentiert werden:
"Die
Beitragssatzentwicklung in der mittleren Variante entspricht
(...) bis 2008 der Mittelfristrechnung. In dieser Variante
errechnet sich bis 2010 ein verstetigter Beitragssatz von 19,5
%, der bis 2012 auf 18,9 % sinkt, bis 2016 stabil bleibt und
dann auf 20 % in den Jahren 2017 und 2018 steigt. Das
Sicherungsniveau vor Steuern sinkt von 52,4 % im Juli 2004 bis
2018 auf 46,5 %. Der Beitragssatz und das Sicherungsniveau vor
Steuern verletzen also nicht die im Gesetz vorgesehenen
Grenzwerte von 20 % bzw. 46 %." (S.8)
Aus der
folgenden Übersicht sind die Prognosen des
Rentenversicherungsberichts für die Jahre 2015 bis 2018
ersichtlich (vgl. Tabelle B 8, S.25). Erstmals wird der Begriff
"Bruttokapitalrente" durch "Riester-Rente" ersetzt:
Jahr |
Beitragssatz |
Sicherungs-
niveau vor Steuern |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang |
2015 |
18,9 % |
47,4 % |
69
€ |
49,6 % |
2016 |
18,9 % |
47,2 % |
78
€ |
49,7 % |
2017 |
20,0 % |
47,2 % |
88
€ |
49,9 % |
2018 |
20,0 % |
46,5 % |
97
€ |
49,5 % |
Während die
Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung zu pessimistisch
dargestellt wird, wird die Entwicklung der kapitalgedeckten
Altersvorsorge als sehr optimistisch dargestellt.
Im Gutachten
des Sozialbeirats stellt Bert RÜRUP Renditeberechnungen für die
gesetzliche Rente und die kapitalgedeckte Altersvorsorge an, in
denen diese Fehleinschätzungen ebenfalls deutlich werden.
2006
NIEJAHR, Elisabeth (2006): Die Entdeckung des Alters.
Das Gute an der Rentendebatte:
Die Deutschen merken, worauf es künftig ankommt,
in: Die ZEIT Nr.8 v. 16.02.
Elisabeth
NIEJAHR verkündet, dass die
Verlierer der vergangenen Rentenreformen - die
Post-68er - die Reformen
widerstandslos abnickten:
"Schon die
vergangenen Rentenreformen gingen den
Babyboomern nie schnell und weit genug: Erst kämpften
sie dafür, dass Helmut Kohl als Kanzler den demografischen
Faktor in seine Rentenreform aufnahm. Später forderten sie
Gerhard Schröder auf, das Rentenniveau möglichst weit
abzusenken. All das schadete nicht den Rentnern von heute,
sondern denen von morgen. Insgesamt, so die Berechnungen des
Rentenexperten Bert Rürup,
haben die Reformen von Kohl und Schröder zur Verringerung
der Rentenansprüche um dreißig Prozent geführt.
Verkehrte
Welt: Die Verlierer nicken – und die anderen klagen."
SUC/DDP/AFP/AP/REUTERS (2006): Nach 2009 sackt das
Rentenniveau ab.
Regierungsbericht zur
Altersvorsorge: Die Deutschen müssen ihre Altersvorsorge
grundsätzlich überdenken. Das Niveau der gesetzlichen Rente
wird in den nächsten Jahrzehnten so stark absinken, dass sie
für ein auskömmliches Leben im Alter nicht mehr reicht.,
in:
Spiegel Online
v. 08.03.
"Das
Rentenniveau vor Steuern wird sich dem Bericht zufolge bereits
bis 2009 spürbar verringern. So kann ein Arbeitnehmer, der in
diesem Jahr in den Ruhestand geht, noch mit 52,2 Prozent
»Sicherungsniveau« rechnen. Der Wert bezieht sich auf die
Durchschnittseinkommen nach Abzug der Sozialabgaben aber vor
Steuern. Schon 2009 sollen es nur noch 49,9 Prozent sein, 2019
dann 46,3 Prozent",
verkündet
uns Spiegel Online mit Bezug auf die Vorstellung des
Rentenversicherungsberichts 2005. Tatsächlich lag das
Nettorentenniveau
vor Steuern im Jahr 2009 nicht bei 49,9, sondern bei 52,0
Prozent.
Was
Spiegel online zudem verschweigt: Das Rentenniveau der
gesetzlichen Rente sackt lediglich ab, weil für die
Rentenzugänge ab 2010 angenommen wird, dass der Lebensstandard
per Riester-Rente ausgeglichen wird. Es ist also eine
gesetzliche Vorgabe und keine Entwicklung, die sich aus den
demografischen Notwendigkeiten ergibt.
BUNDESREGIERUNG (2006): Rentenversicherungsbericht 2005 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 16/905
v. 09.03.
"Hinsichtlich der zu
erwartenden Absenkung des Sicherungsniveaus vor Steuern wird
darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Rente zukünftig alleine
nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard des Erwerbslebens
im Alter fortzuführen. Die heutigen Rentnerhaushalte sind nicht
zuletzt auch aufgrund weitgehend vollständiger Erwerbsbiografien
gut versorgt. In Zukunft wird der erworbene Lebensstandard nur
erhalten bleiben, wenn die finanziellen Spielräume des
Alterseinkünftegesetzes und die staatliche Förderung der
privaten Vorsorge (Riesterrente) genutzt werden, um eine private
Vorsorge aufzubauen. Zentrale Säule der Altersversorgung wird
aber weiter die gesetzliche Rente bleiben" (S.9),
formuliert der verspätet
gelieferte Regierungsbericht die Erwartungen an die Bevölkerung
zur eigenverantwortlichen Altersvorsorge. Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.25):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
19,4 % (+
0,5 %) |
47,1 % (-
0,3 %) |
71 € (+
2 €) |
49,7 % (+
0,1 %) |
2016 |
19,4 % (+
0,5 %) |
46,8 % (-
0,4 %) |
80 € (+
2 €) |
49,7 % (± 0 %) |
2017 |
19,4 % (-
0,6 %) |
46,6 % (-
0,6 %) |
89 € (+
1 €) |
49,7 % (-
0,2 %) |
2018 |
19,4 % (-
0,6 %) |
46,4 %
(- 0,1 %) |
99 € (+
2 €) |
49,9 % (+
0,4 %) |
BUNDESREGIERUNG (2006): Rentenversicherungsbericht 2006 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 16/3700
v. 05.12.
"Insgesamt steigen die Renten
unter Berücksichtigung der modifizierten Schutzklausel bis zum
Jahr 2020 um rd. 21 Prozent an. Dies entspricht einer
durchschnittlichen Steigerungsrate von 1,4 Prozent pro Jahr. Das
Sicherungsniveau vor Steuern sinkt von 52,4 Prozent im Jahr 2006
bis 2020 auf 46,6 Prozent. Beitragssatz und Sicherungsniveau vor
Steuern bewegen sich damit im Rahmen der im Gesetz vorgesehenen
Grenzwerte von 20 Prozent bzw. 46 Prozent" (S.8),
heißt es im
Rentenversicherungsbericht 2006, der nur rund 9 Monate später
als der vorherige Regierungsbericht veröffentlicht wird. Zur
modifizierten Schutzklausel heißt es im Regierungsbericht:
"Mit dem
RV-Nachhaltigkeitsgesetz wurde auch eine Schutzklausel
geschaffen, die sicherstellt, dass es allein wegen der Wirkung
des Nachhaltigkeitsfaktors und des Faktors zur Berücksichtigung
von Belastungsänderungen der Beschäftigten für die
Altersvorsorge nicht zu einer Minusanpassung kommen kann bzw.
auch dass sich eine aus der Lohnentwicklung resultierende
Minusanpassung nicht weiter verstärkt. Entgegen der Erwartung
hat die Schutzklausel erhebliche Bedeutung erlangt." (S.35)
Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.25):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
19,2 % (-
0,2 %) |
47,2 % (+
0,1 %) |
69 € (-
2 €) |
49,7 % (± 0 %) |
2016 |
19,2 % (-
0,2 %) |
47,2 % (+
0,4 %) |
78 € (-
2 €) |
50,0 % (+
0,3 %) |
2017 |
19,2 % (-
0,2 %) |
47,0 % (+
0,4 %) |
88 € (-
1 €) |
50,1 % (+
0,4 %) |
2018 |
19,2 % (-
0,2 %) |
46,8 % (+
0,4 %) |
98 € (-
1 €) |
50,2 % (+
0,3 %) |
2007
BUNDESREGIERUNG (2007): Rentenversicherungsbericht 2007 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 16/7300
v. 22.11.
Der
Rentenversicherungsbericht 2007 verkündet die üblichen
Erfolgsmeldungen wonach das Mindestsicherungsniveau eingehalten
wird.
Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.26):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
19,1% (-
0,1 %) |
47,5 % (+
0,3 %) |
72 € (+
3 €) |
49,7 % (± 0 %) |
2016 |
19,1 % (-
0,1 %) |
47,3 % (+
0,1 %) |
81 € (+
3 €) |
50,0 % (+
0,3 %) |
2017 |
19,2 % (± 0 %) |
47,2 % (+
0,2 %) |
91 € (+
3 €) |
50,1 % (+
0,4 %) |
2018 |
20,0 % (+
0,8 %) |
47,1 % (+
0,3 %) |
101 € (+
3 €) |
50,2 % (+
0,3 %) |
2008
STRENGMANN-KUHN, Wolfang (2008):
Altersarmut in Deutschland -
empirische Bestandsaufnahme und sozialpolitische Perspektiven,
in:
Deutsche Rentenversicherung,
Heft 1, Januar, S.120-133
Der Artikel zeigt, dass mit
der Umstellung der Messung von Armut auch eine Neubewertung
von Familie und Alter verbunden ist. Historische Vergleiche
müssen deshalb berücksichtigen, dass mit dem Übergang von der
"alten" zur "neuen" OECD-Skala, die Altersarmut gegenüber der
Kinderarmut allein aufgrund des Messverfahrens geringer
geworden ist (mehr
hier).
Die
Veränderung der Rentenformel löst den Zielkonflikt zwischen
Beitragssatzstabilität (Kapitalinteresse) und
Lebensstandardsicherung (Arbeitnehmerinteresse) zugunsten der
Beitragssatzstabilität auf und bindet damit das Rentenniveau
an Faktoren an, deren Entwicklung ungewiss ist:
"Die Politik hat (...)
insbesondere durch die Veränderung der Rentenformel die
Entwicklung der Beitragssätze weitestgehend stabilisiert
(...). Faktisch wurde damit eine Abkehr von einem
Defined-benefit-System eingeleitet, also ein Ȇbergang
von einer 'ausgabenorientierten Einnahmenpolitik' zu einer 'einnahmenorientierten
Ausgabenpolitik'« (Rürup 2005: 31). Die Folge ist
allerdings, dass das zu erwartende Rentenniveau erstens
sinken und zweitens unsicher werden wird".
HOCKERTS, Hans
Günter (2008): Neuere deutsche
Alterssicherungspolitik.
Die Epoche der dynamischen
Rente währte von 1957 bis 2001. Was sie einst allein erreichen
sollte, dürfte künftig nur noch in Kombination mit betrieblicher
und privater Altersvorsorge möglich sein: die Sicherung des
erarbeiteten Lebensstandards. Der Rückblick auf die
Rentenreformen der deutschen Nachkriegsgeschichte gerät daher zu
einem Nachruf,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
v. 18.04.
Der Historiker Hans Günter
HOCKERTS skizziert die Geschichte der zentralen Rentenreformen
von 1957 bis 2001. Er sieht in dem Missbrauch des
Rentensystems im Zuge der Wiedervereinigung
(Beitragssatzerhöhung statt Steuererhöhung aufgrund der
Vereinigungsprobleme sowie Frühverrentungspraxis) ein
Hauptproblem der Finanzprobleme des Rentensystems in den
1990er Jahren. Vor diesem Hintergrund muss die
Teilprivatisierung der Altersvorsorge gemäß HOCKERTS gesehen
werden:
"Insgesamt drangen drei
Faktoren mit Macht auf eine Neuvermessung der
Alterssicherung: das Interesse der Anbieter und Vermittler
von Finanzmarktprodukten, das Streben nach einer Senkung der
Lohnnebenkosten und der »demographische Faktor«. In diesem
Spannungsfeld bildete sich die »neue deutsche
Alterssicherung« heraus, die sich seit 2001 in der
langfristigen Senkung des gesetzlichen Rentenniveaus
bemerkbar macht."
BÖRSCH-SUPAN, Axel/BUCHER-KOENEN, Tabea/REIL-HELD,
Anette/WILKE, Christina (2008): Zum zukünftigen Stellenwert
der ersten Säule im Gesamtsystem der Alterssicherung,
MEA Diskussionspapier 158-2008
"Wenn alle
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im geförderten
Umfang private Altersvorsorge betrieben, würde sich die
Gesamtversorgung (...) für die 1970 Geborenen zu 70 Prozent
aus gesetzlicher und zu 30 Prozent aus privaten und
betrieblichen Renten zusammensetzen. Sehr langfristig (etwa
für die 1985 Geborenen) würde diese Aufteilung 60 zu 40
Prozent betragen" (S.3),
erläutern uns Axel
BÖRSCH-SUPAN u.a. die Zielsetzung der Reform des Jahres
2001. Als Unsicherheitsfaktoren werden uns lediglich das
zukünftige Erwerbsverhalten und der Altersvorsorgewillen der
anvisierten Bevölkerungsgruppen genannt.
Zur Berechnung der
zukünftigen Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung
werden folgende Annahmen zur Bevölkerungsentwicklung
gemacht:
"Die Annahmen zur
Bevölkerungs- und Arbeitsmarktentwicklung basieren auf
Börsch-Supan und Wilke (2007), deren Bevölkerungsprognosen
auf der
11.
Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen
Bundesamtes aufsetzen. Bei der Entwicklung der
Lebenserwartung wird jedoch von einer quasilinearen
Trendfortschreibung der vergangenen Jahrzehnte ausgegangen.
Daraus ergibt sich eine Lebenserwartung ab Geburt von 85,7
Jahren für Männer und 91,7 Jahren für Frauen im Jahr 2050.
Die Annahmen zur Lebenserwartung sind damit höher als die
des Statistischen Bundesamtes in der 11. Koordinierten
Bevölkerungsvorausberechnung. Allerdings sind sie im
Vergleich zu den von Schnabel, Kistowski und Vaupel (2005)
berechneten Werten moderat. Die Geburtenrate wird bis 2050
konstant bei 1,4 Geburten pro Frau festgelegt. Als
Migrationssaldo werden langfristig 150.000 Personen jährlich
unterstellt.
Aus diesen Annahmen resultiert, dass die Gesamtbevölkerung
in Deutschland von 82,4 Mio. in 2005 bis 2050 um ca. acht
Mio. auf 74,4 Mio. Einwohner zurückgehen wird. Im Vergleich
zu den Prognosen des Statistischen Bundesamtes gehen wir
damit von einem geringeren Bevölkerungsrückgang in diesem
Zeitraum aus." (S.9)
Die
Bevölkerungsvorausberechnung liegt lediglich eine halbe
Million Personen oberhalb der Variante mittlere Bevölkerung
Obergrenze des Statistischen Bundesamtes. Da dies jedoch
aufgrund der höheren Lebenserwartung und nicht aufgrund
einer höheren Geburtenrate erfolgt, resultieren daraus für
die Rentenversicherung größere Probleme als dies in der
tatsächlichen Bevölkerungsentwicklung bis 2018 der Fall ist.
Auch die angenommene Arbeitsmarktentwicklung wird in allen
beiden Szenarien zu pessimistisch angenommen.
Bereits in diesem Papier
ist vorgesehen die Standardrente neu zu definieren, um damit
die Absenkung des Rentenniveaus noch weiter zu verschleiern.
Statt 45 Beitragsjahre (45 EP) müssten Rentner 47
Beitragsjahre (47 EP) erreichen, um ihre Standardrente zu
erarbeiten. Durch die Neudefinition des "Eckrentners" würde
das von Regierungsseite anvisierte Rentenniveau gehalten,
während es nach der gültigen Berechnungsmethode verfehlt
werden würde:
"(L)egt man bei der
Betrachtung des Bruttorentenniveaus ein an die Verschiebung
des Renteneintrittsalters angepasstes Konzept zu Grunde,
sinkt das Bruttorentenniveau von 46,4 % in 2007 auf 43,2 %
im Jahr 2020. 2030 beträgt das Bruttorentenniveau knapp über
40 % und 2040 noch 39,2 %. Die gesetzlich vorgegebenen
Grenzen zur Entwicklung des Bruttorentenniveaus würden
eingehalten. Das Bruttorentenniveau für einen »Eckrentner«
mit 45 EP sinkt von 46,4 % im Jahr 2007 auf 38,6 % in 2030."
(S.14)
Sprachpolitisch
interessant ist auch die Tatsache, dass von
Bruttorentenniveau statt von Nettorentenniveau vor Steuern
gesprochen wird.
Während die Annahmen zur
Entwicklung der gesetzlichen Rente zu pessimistisch gesehen
wurden, gilt das Gegenteil für die Riester-Rente, bei der
völlig unrealistische Renditen angenommen wurden.
Fazit: Neoliberale sehen
in den Neudefinition der Standardrente ein kostenloses
Mittel, um die Verfehlung von Rentenniveauzielen zu
verschleiern.
BUNDESREGIERUNG (2008): Rentenversicherungsbericht 2008 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache
16/11060 v. 21.11.
Der
Rentenversicherungsbericht 2008 geht davon aus, dass das
Mindestsicherungsniveau eingehalten wird.
Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.24):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
19,1% (± 0 %) |
47,7 % (+
0,2 %) |
71 € (-
1 €) |
50,3 % (+
0,6 %) |
2016 |
19,1 % (± 0 %) |
47,6 % (+
0,3 %) |
80 € (-
1 €) |
50,4 % (+
0,4 %) |
2017 |
19,1 % (-
0,1 %) |
47,4 % (+
0,2 %) |
90 € (-
1 €) |
50,4 % (+
0,3 %) |
2018 |
19,7 % (-
0,3 %) |
47,4 % (+
0,3 %) |
100 € (-
1 €) |
50,6 % (+
0,4 %) |
2009
BÖLL, Sven (2009): Rente verkommt zum Hungerlohn.
Krise der Sozialversicherung:
Das Rentensystem steht vor dem Kollaps. Ein heutiger
Durchschnittsverdiener muss 26 Jahre lang Beiträge zahlen,
um später gerade mal ein Einkommen auf Hartz-IV-Niveau zu
erhalten. Spiegel Online zeigt anhand neuer Berechnungen das
Debakel der staatlichen Altersvorsorge,
in:
Spiegel Online
v. 14.11.
"Das Rentenniveau, das
die Bezüge des Standardrentners ins Verhältnis zum
Durchschnittseinkommen aller Beitragszahler setzt, lag in
den fünfziger Jahren noch bei mehr als 57 Prozent. Mitte
dieses Jahrzehnts waren es noch gut 48 Prozent, 2040 sollen
es nur noch um die 40 Prozent sein.
Das bedeutet: Wer in 30 Jahren in Rente geht, bekommt rund
20 Prozent weniger Leistungen als jemand, der vor kurzem in
den Ruhestand wechselte. Das ist zwar keine Rentenkürzung im
eigentlichen Sinne - denn das hieße, aktuelle Leistungen zu
beschneiden. Aber die meisten Rentner von morgen werden das
niedrigere Rentenniveau trotzdem als genau das empfinden",
erklärt uns Sven BÖLL.
Die Lobbyorganisation DIA der Finanzdienstleister rechnen
uns zudem vor, dass in den nächsten Jahren reale
Kaufkraftverluste für die Rentner drohen:
"(D)ie Renten (sind) 2008
stärker gestiegen als per Gesetz vorgesehen. Und deshalb
sinken sie kommendes Jahr nicht - obwohl sie es laut Formel
müssten. Was Politiker ungern sagen: Die Erhöhungen in den
besseren Zeiten fallen so lang geringer aus, bis der
Rückstand wieder aufgeholt ist. Klar ist somit: Die
Altersbezüge werden auch künftig noch steigen - aber
höchstens um mickrige Beträge. Weil aber die Inflation ihr
Übriges tut, kann durchaus aus einem kleinen Renten-Plus
immer öfter ein realer Verlust an Kaufkraft werden. Was
geringere Rentenanstiege mitsamt Inflation für die Rentner
von morgen bedeuten, hat das Deutsche Institut für
Altersvorsorge für SPIEGEL ONLINE berechnet."
Angenommen wird eine
jährliche Inflation von 2 Prozent sowie eine Lohnsteigerung
von 2,5 Prozent. Über die demografische Entwicklung, die
angenommen wird, schweigt sich der Spiegel jedoch
aus.
BUNDESREGIERUNG (2009): Rentenversicherungsbericht 2009 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 17/52 v.
20.11.
Der
Rentenversicherungsbericht 2009 geht davon aus, dass das
Mindestsicherungsniveau eingehalten wird.
Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.23):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
19,8% (+
0,7 %) |
48,1 % (+
0,4 %) |
69 € (-
2 €) |
50,7 % (+
0,4 %) |
2016 |
19,4 % (+
0,3 %) |
47,6 % (± 0 %) |
78 € (-
2 €) |
50,4 % (± 0 %) |
2017 |
19,4 % (+
0,3 %) |
47,5 % (+
0,1 %) |
87 € (-
3 €) |
50,6 % (+
0,2 %) |
2018 |
19,4 % (-
0,3 %) |
47,4 % (± 0 %) |
97 € (-
3 €) |
50,7 % (+
0,1 %) |
Erstmals
werden für die Riester-Rente nicht nur 4 % Zinsen, sondern auch
Verwaltungskosten von 10 Prozent erwähnt. Inwiefern diese bei
der Berechnung einfließen, darauf geht weder der
Regierungsbericht noch das Gutachten des Sozialbeirats ein.
2010
BUNDESREGIERUNG (2010): Rentenversicherungsbericht 2010 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 17/3900
v. 29.11.
Der
Rentenversicherungsbericht 2010 geht davon aus, dass das
Mindestsicherungsniveau eingehalten wird.
Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.24):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
19,3% (-
0,5 %) |
48,3 % (+
0,2 %) |
69 € (± 0 €) |
50,9 % (+
0,2 %) |
2016 |
19,3 % (-
0,1 %) |
48,1 % (+
0,5 %) |
78 € (± 0 €) |
50,9 % (+
0,5 %) |
2017 |
19,3 % (-
0,1 %) |
47,9 % (+
0,4 %) |
87 € (± 0 €) |
51,0 % (+
0,4 %) |
2018 |
19,3 % (-
0,1 %) |
47,8 % (+
0,4 %) |
97 € (± 0 €) |
51,1 % (+
0,4 %) |
2011
SCHMÄHL, Winfried (2011): Politikberatung und
Alterssicherung. Rentenniveau, Altersarmut und das
Rentenversicherungssystem, Vierteljahrshefte zur
Wirtschaftsforschung, Heft 1, S.159-174
Winfried SCHMÄHL erklärt
uns die Vorgänge, die aus seiner Sicht zur Absenkung des
Rentenniveaus führten:
"Das BMA wollte einen
»Lebenserwartungsfaktor« in die Rentenformel integrieren,
der gleichermaßen das Niveau für Rentenzugang und -bestand
senkt. Demgegenüber hatte das Kommissionsmitglied Rürup in
einem vorab vom BMA in Auftrag gegebenen Gutachten die
Auswirkungen auf den Bestand explizit abgelehnt (Rürup 1996:
84), dann allerdings in der Kommission die BMA-Position
übernommen und zusammen mit einigen weiteren
Kommissionsmitgliedern ein »Eckrentenniveau« von 60 Prozent
angestrebt – ein Niveau, das um zehn Prozentpunkte unter dem
damals geltenden Zielwert liegt: Denn nach dem 1989
beschlossenen Recht sollte das »Eckrentenniveau»« – das
heißt die Nettorente zum Beispiel eines
Durchschnittsverdieners nach 45 Beitragsjahren (45
Entgeltpunkte) im Vergleich zum durchschnittlichen
Nettoarbeitsentgelt aller Versicherten – 70 Prozent
betragen. Schließlich schlug die Kommission einen, das
Leistungsniveau von Zugang und Bestand senkenden,
»demographischen Faktor« vor (der dann auch vom Gesetzgeber
umgesetzt wurde). Er basierte auf der (Veränderung der)
Lebenserwartung 65-Jähriger von vor neun Jahren (!), wobei
der daraus resultierende Effekt nur zur Hälfte (!) wirksam
werden sollte. Die Parameter waren so konstruiert, dass im
Jahre 2030 ein Eckrentenniveau von 64 Prozent als
Untergrenze erreicht wird – allerdings, sofern die Rente
ohne Abschläge (also nach seinerzeitiger Rechtslage erst ab
65) in Anspruch genommen wird. Maßgebendes Argument für die
Niveausenkungen war eine Minderung des Beitragssatzes und
damit der Lohnkosten." (S.162f.)
Die 70 Prozent
Nettorentenniveau stellen lediglich eine Zielvorgabe aus dem
Rentenreformgesetz 1992 und kein auf jeden Fall erreichtes
Niveau zu einem bestimmten Zeitpunkt dar (siehe auch
hier).
BUNDESREGIERUNG (2011): Rentenversicherungsbericht 2011 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 17/7770
v. 16.11.
Der
Rentenversicherungsbericht 2011 geht davon aus, dass das
Mindestsicherungsniveau eingehalten wird.
Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.24):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
19,0% (-
0,3 %) |
48,2 % (-
0,1 %) |
69 € (± 0 €) |
50,8 % (-
0,1 %) |
2016 |
19,0 % (-
0,3 %) |
48,3 % (+
0,2 %) |
79 € (± 0 €) |
51,1 % (+
0,2 %) |
2017 |
19,0 % (-
0,3 %) |
48,1 % (+
0,2 %) |
88 € (+
1 €) |
51,2 % (+
0,2 %) |
2018 |
19,0 % (-
0,3 %) |
48,0 % (+
0,2 %) |
98 € (+
1 €) |
51,3 % (+
0,2 %) |
2012
SCHMÄHL, Winfried (2012): Gründe für
einen Abschied von der "neuen deutschen Alterssicherungspolitik"
und Kernpunkte einer Alternative. In: Reinhard Bispinck/Gerhard
Bosch/Klaus Hofemann/Gerhard Naegele (HG) Sozialpolitik und
Sozialstaat, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften,
S.391-412
Winfried SCHMÄHL bezeichnet mit der "neuen deutschen
Alterssicherung" die Gesetze, die mit der Riester-Reform 2001
ihren Beginn nahmen. Die dadurch entstehende "Vorsorgelücke"
sollte den Börsen und Finanzdienstleistern ein Boom bescheren.
SCHMÄHL
weist darauf hin, dass selbst die zusätzliche private
Altersvorsorge zukünftig die Lebensstandardsicherung nicht
ermöglicht, da sowohl durch das Nachhaltigkeitsgesetz 2004 als
auch durch die nachgelagerte Besteuerung auf Alterseinkünfte
das Niveau der Alterseinkünfte weiter gesenkt wurde. Eine
Notwendigkeit für die neue deutsche Alterssicherung sieht
SCHMÄHL - trotz des demografischen Wandels - nicht:
"Eine
Erhaltung der GRV mit Lohnersatzfunktion bei hinreichendem
Leistungsniveau wurde zwar politisch aus dem Katalog
der für diskussionswürdig erachteten Möglichkeiten
ausgeschlossen. Dennoch ist diese Alternative durchaus
ökonomisch realisierbar unter realistischen Annahmen
sogar weitgehend mit den postulierten Obergrenzen für den
Beitragssatz vereinbar." (S.406)
Die Politik
hat jedoch inzwischen Fakten geschaffen, die sich kaum mehr
zurückdrehen lassen:
Bis "2009
ist das Leistungsniveau der GRV, gemessen am Zielwert der
Netto-Eckrente aus dem »Rentenreformgesetz 1992«, bereits
von 70 auf 63 Prozent gesunken, also um sieben Prozentpunkte
bzw. zehn Prozent. Dieses Niveau liegt inzwischen unter dem,
was mit dem »demographischen Faktor« der Kohl-Regierung als
unterster Wert vorgesehen war und welcher von der rot-grünen
Regierung als unsozial abgelehnt worden war." (S.406)
SCHMÄHL
kritisiert, dass die Gewerkschaften gegen die Rente mit 67
statt gegen das Sinken des Rentenniveaus gekämpft haben.
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG-Tagesthema:
Der große Rentenstreit.
Es geht um
das Schicksal von Millionen alter Menschen, es geht aber auch um
die Macht in Berlin. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen hat
mit ihrem Konzept für eine Zuschussrente Bewegung in die
politischen Fronten gebracht. Plötzlich scheint eine Einigung
zwischen Union und SPD möglich zu sein. Und die FDP wittert schon
eine große Koalition |
HOLL, Susanne
(2012): Absage an Geschrei und Gebrüll.
Unerwartet freundlich gehen die
SPD-Vorstandsmitglieder mit Sigmar Gabriel um, als dieser seine
Rentenpläne verkündet,
in: Süddeutsche Zeitung v. 11.09.
Susanne HOLL berichtet über
die Vorstellungen der SPD-Linke, das Niveau der gesetzlichen
Rente auf 50 Prozent zu stabilisieren. Zu den Befürwortern
zählt HOLL die Landesvorsitzenden Ralf STEGNER und Thorsten
SCHÄFER-GÜMPEL, den Juso-Chef Sascha VOGT, den IG Metaller
Armin SCHILD, den Vorsitzenden des Arbeitnehmerflügels Klaus
BARTHEL, Hilde MATHEIS, die Chefin der SPD-Frauen Elke FERNER
und den Berliner Landesverband. Auf einem SPD-Treffen lehnte
jedoch Sigmar GABRIEL solche Pläne ab. HOLL sieht Chancen,
dass es in zwei Wochen einen Vorstandsbeschluss zur Rente
geben könne. Dabei gehe es um eine Solidarrente von 850 Euro
und ein Betriebsrentenkonzept.
"Noch aber ist offen, ob
der kleine SPD-Parteitag im November das Rentenniveau
tatsächlich unangetastet lässt",
erläutert uns HOLL.
HOLL,
Thomas & Uta RASCHE (2012): "Es geht nicht, bei einem
Rentenniveau von 43 Prozent zu bleiben".
Im Gespräch: Malu Dreyer
(SPD), Sozialministerin und designierte Ministerpräsidentin von
Rheinland-Pfalz,
in:
Frankfurter Allgemeine
Zeitung v. 06.10.
"Es geht
nicht, bei einem Rentenniveau von 43 Prozent des letzten
Nettolohns zu bleiben. Das ist nicht zu verantworten. Durch die
Einführung der Riester-Rente sollte das Sinken des Rentenniveaus
auf 43 Prozent verhindert werden. Das ist nicht eingetreten. Die
SPD muss darauf reagieren und eine gute Lösung finden, die
deutlich über 43 Prozent liegt",
erklärt uns Malu DREYER zur letzten Interviewfrage.
BOLLMANN, Ralph (2012): Wahlkampf um Rentner.
Spezial
Forever old: CDU und SPD überbieten sich mit Vorschlägen gegen
die Altersarmut. Das wird teuer,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 28.10.
Es geht BOLLMANN in
erster Linie um die Absage an die Parteilinke:
"Eine Stabilisierung
des gesamten Rentenniveaus, die sehr viel Geld kosten würde
und einer Rücknahme der Rente mit 67 gleichkäme, wird in dem
Papier aber klar abgelehnt. »Um ein Rentenniveau von 50
Prozent im Jahre 2030 sicherzustellen, müsste der
Rentenversicherungsbeitrag dann rund 25 Prozent betragen«,
heißt es darin. Bislang peilt die SPD offiziell 22 Prozent
an."
Einzig Elke FERNER als
Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer
Frauen (ASF) wird als Befürworterin einer solchen
Stabilisierung genannt.
BUNDESREGIERUNG (2012): Rentenversicherungsbericht 2012 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache
17/11740 v. 29.11.
Erstmals verwendet der
Regierungsbericht den Begriff "Generationengerechtigkeit", um
die Absenkung des Rentenniveaus zu rechtfertigen. Außerdem
wird sogar behauptet, dass durch die Riester-Rente das
Gesamtversorgungsniveau sogar "leicht gesteigert" wird:
"Die aus Gründen der
Generationengerechtigkeit erforderliche Absenkung des
Sicherungsniveaus vor Steuern macht deutlich, dass die
gesetzliche Rente zwar auch zukünftig die zentrale Säule der
Altersversorgung bleiben wird, aber alleine nicht ausreichen
wird, um den Lebensstandard des Erwerbslebens im Alter
fortzuführen. In Zukunft wird der erworbene Lebensstandard nur
erhalten bleiben, wenn die finanziellen Spielräume des
Alterseinkünftegesetzes und die staatliche Förderung genutzt
werden, um eine zusätzliche Vorsorge aufzubauen. Das
Gesamtversorgungsniveau wird so langfristig aufrecht erhalten
bzw. sogar leicht gesteigert." (S.8)
Der Regierungsbericht
zeigt, dass die Auswirkungen der Finanzkrise brutal
schöngeredet werden.
Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.24):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
19,3% (+
0,3 %) |
48,3 % (+
0,1 %) |
69 € (± 0 €) |
50,8 % (-
0,1 %) |
2016 |
19,3 % (+
0,3 %) |
48,1 % (-
0,2 %) |
78 € (-
1 €) |
51,1 % (+
0,2 %) |
2017 |
19,3 % (+
0,3 %) |
47,9 % (-
0,2 %) |
87 € (-
1 €) |
51,2 % (+
0,2 %) |
2018 |
19,3 % (+
0,3 %) |
47,8 % (-
0,2 %) |
97 € (-
1 €) |
51,3 % (+
0,2 %) |
Im Gutachten des
Sozialbereirats, das federführend von Franz RULAND (SPD)
gezeichnet wurde, wird der Begriff "Generationengerechtigkeit"
im Zusammenhang mit der Rechtfertigung der Anhebung des
Renteneintrittsalters verwendet.
BMWI (2012)(Hrsg.): Altersarmut. Gutachten des
Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie, November
"Im Folgenden werden die
gesetzlichen Renteneinkünfte der 1965 bis 1979 Geborenen unter
verschiedenen Beschäftigungs-Szenarien und rentenrechtlichen
Annahmen berechnet, insbesondere der Prozentsatz der Personen,
deren Renteneinkünfte so niedrig liegen werden, dass sie –
zusammen mit ihren sonstigen Einkünften – unter das
Grundsicherungsniveau fallen werden. Hierbei wird angenommen,
dass die Verteilung der Arbeitsentgelte und der
alterstypischen sonstigen Einkünfte (einschließlich der
Einkünfte von Ehepartnern) im Vergleich zum Basisjahr 2010
konstant bleiben" (S.9),
heißt es zur
Vorgehensweise bei der Ermittlung der zukünftigen Altersarmut
der 1965 - 1979 Geborenen. Ausgegangen wird von 2,6 %
Empfängern von Grundsicherung im Alter. Zur rentendämpfenden
Wirkung des Rentenreformen 2001 bis 2007 heißt es:
"Wendet man (...) die in
Zukunft geltende Rentenanpassungsformel auf die Kohorte der
1965 bis 1979 Geborenen an, d. h. berücksichtigt man im
Gegensatz zum Status quo die rentendämpfende Wirkung des
Nachhaltigkeitsfaktors, werden ca. 80.000 zusätzliche Personen
(3,1 % statt 2,6 %) die Grundsicherung in Anspruch nehmen
müssen. Durch die Einführung der Rente mit 67 müssten bei
Ausbleiben jeglicher Anpassung der Lebensarbeitszeit etwa
37.000 zusätzliche Personen Abschläge in Kauf nehmen, was die
Grundsicherungsquote um weitere etwa 0,2 Prozentpunkte erhöht.
Zusammengenommen besteht die von allen übrigen Veränderungen
isolierte Wirkung der Rentenreformen 2001–2007 also darin,
dass etwa 120.000 zusätzliche Personen unter die Schwelle der
Altersarmut fallen und die Grundsicherungsquote von 2,6 % auf
3,3 % steigt." (S.10)
Bei diesen Berechnungen
bleibt die verdeckte Armut, d.h. Personen, die zwar Anspruch
auf die Grundsicherung im Alter hätten, diesen aber aus
verschiedenen Gründen nicht in Anspruch nehmen,
unberücksichtigt. Zudem wird die Nicht-Anpassung an die
geänderten Rahmenbedingungen ausschließlich als individuelles
Fehlverhalten betrachtet, weil z.B. die Folgen der Erhöhung
der Lebensarbeitszeit auf 67 Jahre nicht berücksichtigt wird,
z.B. indem die erhöhte Inanspruchnahme von
Erwerbsminderungsrenten und Berufsunfähigkeitsrenten
ausgeblendet wird. Stattdessen heißt es:
"Wenn die Menschen also
ihren Renteneintritt nicht der steigenden Lebenserwartung
anpassen, keine zusätzliche Altersvorsorge betreiben, während
eines hohen Anteils ihres Erwerbslebens kein
sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis haben,
und wenn zudem in den neuen Bundesländern die derzeitige
Einkommensverteilung der 30- bis 34-Jährigen für die
Einkommensverteilung der dortigen Rentner maßgeblich wäre,
dann würde die Zahl der Grundsicherungsempfänger um ca.
400.000 auf etwa 1,3 Millionen Menschen ansteigen." (S.10f.)
Der Zynismus, mit dem
der Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung (d.h. nur
50 % der betrachteten Bevölkerung erreicht überhaupt diese
Zielvariable, die zur Richtschnur genommen wird!), drückt sich
auch darin aus, dass die Rahmenbedingungen und
Verhaltensweisen der Vergangenheit einfach nur linear in die
Zukunft fortgeschrieben werden:
"Dies ist jedoch eine
sehr statische Annahme, die jegliche durch die Rentenreformen
beabsichtigte Verhaltensanpassung ignoriert. Umgekehrt würde
eine Zunahme der Lebensarbeitszeit um 1,5 Jahre 26.000 derzeit
von Altersarmut betroffene Personen über das
Grundsicherungsniveau heben (0,3 Prozentpunkte der
Grundsicherungsquote). Diese Zunahme entspricht den
vergangenen Verhaltensreaktionen auf die Einführung der
Abschläge in der Rentenreform 1992, übertragen auf die noch
ausstehenden Arbeitnehmergruppen. Damit würde die
Lebensarbeitszeit immer noch deutlich unter der des heutigen
„Eckrentners“ liegen, die 45 Jahre beträgt. Dieser Wert
entspricht in etwa dem Median der derzeit erworbenen
Entgeltpunkte. Eine zusätzliche Verschiebung der gesamten
derzeitigen Verteilung der Renteneintrittsalter um 2 Jahre im
Zuge der Rente mit 67 würde dann die rentendämpfende Wirkung
des Nachhaltigkeitsfaktors gerade kompensieren. Würden die
Arbeitnehmer durch einen wiederum späteren Renteneintritt
Rentenabschläge völlig vermeiden, d. h. sich vollständig an
das Rentenzugangsalter von 67 Jahren anpassen, würde die
Grundsicherungsquote trotz der Reformmaßnahmen 2001–2007 von
2,6 % auf 2,3 % sinken." (S.11)
Diese Passage will im
Grunde sagen: Wenn die Altersarmut in Zukunft steigt, dann ist
das keine Folge der Rentenformen, sondern die Schuld der
betroffenen Personen, die unwillig sind, sich den geänderten
Anreizstrukturen zu unterwerfen. Hier kann man sehen wie
neoliberale Technokraten denken. Federführend bei diesem
Gutachten war Axel BÖRSCH-SUPAN.
2013
STEFFEN, Johannes (2013): Die Anpassung der Renten in den Jahren
2003 bis 2013. - Zugleich eine Wirkungsanalyse der
»Riester«-Treppe.
Zugleich eine Wirkungsanalyse
der "Riester"-Treppe,
in:
sozialpolitik-portal.de
v. 03.04.
RWI (2013): Demografie und Rente. Die Effekte einer höheren
Erwerbstätigkeit Älterer auf die Beitragssätze zur
Rentenversicherung. Endbericht Projekt im Auftrag der Initiative
Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
Interessant
an der Studie ist, dass sie sich zum einen an den Prognosen des
Rentenversicherungsberichts 2012 orientiert, nicht jedoch das
Nettorentenniveau vor Steuern zum Maßstab nimmt, sondern das
Bruttorentenniveau. Zur Vorgehensweise heißt es:
"Mit dem
vorliegenden Modell lassen sich nun die unterschiedlichen
Szenarien simulieren. Dies kann man zum einen unter Anwendung
der (...) Nachhaltigkeitsformel durchführen, was der Anpassung
gemäß der derzeitigen Rechtslage entspricht. Ein wesentlicher
Effekt dieser Art der Rentenanpassung besteht darin, dass der
Anstieg des aktuellen Rentenwerts im Zuge der demographischen
Alterung gedämpft wird. Nur wenn das zahlenmäßige Verhältnis von
Rentenempfängern und Beitragszahlern (der Rentnerquotient)
konstant bliebe, würde der aktuelle Rentenwert mit der Rate der
Löhne wachsen. Dann würde das »Bruttorentenniveau des
Standardrentners« konstant bleiben. Aufgrund der demographischen
Entwicklung ist jedoch eine Verschlechterung des
Rentnerquotienten unausweichlich. Im Referenzszenario wachsen
daher die Renten etwas langsamer als die Löhne, was dazu führt,
dass das relative »Rentenniveau« absinkt. Gleichwohl müssen die
Beitragssätze deutlich ansteigen und erreichen im Jahr 2026
einen Wert von 20,9 Prozent (wie im Rentenversicherungsbericht
der Bundesregierung). Um den Effekt der rein demographischen
Alterung auszugleichen müsste die Beschäftigung deutlich wachsen
bzw. der Anstieg der Rentnerzahl gedämpft werden.
Die vorliegende Studie kann somit anhand der unterschiedlichen
Szenarien aufzeigen, wie die Folgen der demographischen Alterung
für Beitragssatz und Rentenniveau abgemildert oder verstärkt
werden." (S.10f.)
Das Szenario
Stabilisierung des Rentenniveaus wird uns folgendermaßen
erklärt:
"Die
Simulation dieses Vorschlags verdeutlicht sehr anschaulich,
welchen »Preis« die Gesellschaft in Form eines höheren
Rentenbeitragssatzes für ein bestimmtes Bruttoversorgungsniveau
zahlen müsste. Hierfür betrachten wir das oben bereits genannte
»Bruttorentenniveau des Standardrentners«. Die Bundesregierung
verwendet im Rentenversicherungsbericht mit dem
»Sicherungsniveau vor Steuern« eine etwas andere
Operationalisierung, die zu ähnlichen Ergebnissen führt. Hält
man das Bruttorentenniveau konstant, wird die derzeit gültige
Rentenanpassungsformel vollständig außer Kraft gesetzt. Dies
bedeutet nicht nur, dass der demographische Faktor eliminiert
wird, auch die dämpfende Rückkopplungswirkung eines steigenden
Beitragssatzes entfällt. Die Rentenanpassung folgt dann exakt
der Lohnentwicklung. Im Referenzszenario zeigt sich, dass der
Beitragssatz in mittlerer Frist (d.h. bis 2026) um weitere 1,5
Prozentpunkte steigen müsste." (S.11)
Eine
Stabilisierung des Bruttorentenniveaus ist etwas ganz anderes
als eine Stabilisierung des Nettorentenniveaus, denn ob die
Beitragssätze für die Arbeitnehmer steigen oder sinken, findet
bei dem Bruttorentenniveau im Gegensatz zum Nettorentenniveau,
keinen Eingang in die Betrachtung. Allein die Art der
Operationalisierung verweist bereits auf die Interessenlage der
Arbeitgeber, die in dieser Studie der Maßstab sind.
Man kann
jedoch aus der Aussage auf die Kosten einer solchen
Stabilisierung des Bruttorentenniveaus rückschließen. Nach einer
üblichen Faustformel ergäben sich für das Jahr 2025 rund 18
Milliarden Euro. Für das Jahr 2012 wird in der Studie mit 46 %
gerechnet (vgl. S.12).
Dies war jedoch der Wert für das Jahr 2011. 2012 lag das
Bruttorentenniveau nur noch bei 45,4 %. Für das Jahr 2020 wird
der erste Babyboomer-Jahrgang erwartet. Danach sollen die
Rentnerzahlen gemäß der Studie steigen stark ansteigen. Im
Status-Quo-Szenario (Referenzszenario genannt) werden folgende
Entwicklungen beim Beitragssatz und Bruttorentenniveau erwartet:
Tabelle:
Vergleich der RWI-Prognosen zu Beitragssatz und
Bruttorentenniveau mit der tatsächlichen Entwicklung |
Jahr |
Beitragssatz
(Prognose) |
Beitragssatz
(Prognose
bei Stabilisierung
Bruttorentenniveau
46 Prozent) |
Beitragssatz
(tatsächliche
Entwicklung) |
Bruttorentenniveau
(Prognose) |
Bruttorentenniveau
(tatsächliche
Entwicklung) |
2012 |
19,3 % |
19,3 % |
19,6 % |
46,0 % |
45,4 % |
2013 |
18,8 % |
18,9 % |
18,9 % |
44,9 % |
45,1 % |
2020 |
19,6 % |
20,7 % |
|
43,5 % |
|
2025 |
20,6 % |
22,8 % |
|
42,2 % |
|
2030 |
22,2 % |
25,9 % |
|
40,2 % |
|
2035 |
23,2 % |
27,9 % |
|
38,6 % |
|
2040 |
23,2 % |
28,0 % |
|
38,2 % |
|
2045 |
23,4 % |
28,2 % |
|
38,2 % |
|
2050 |
23,6 % |
28,8 % |
|
37,9 % |
|
|
Quelle: RWI 2013,
Tabelle 2, S.13; eigene Darstellung |
In den
RWI-Prognosen ist das Rentenpaket mit den
Leistungsverbesserungen noch gar nicht berücksichtigt. Das "Best
Case"-Szenario (vgl. S.15) geht für 2020 von einem Beitragssatz
von 18,9 Prozent und einem Bruttorentenniveau von 45,3 Prozent
aus. Dieses Positivszenario könnte 2020 trotz zwischenzeitlicher
Ausweitung der Leistungen in der Rentenversicherung erreicht
werden. Dies wäre dann jedoch kein Verdienst der
Bundesregierung, sondern der pessimistischen Einschätzung der
Bevölkerungs- und Arbeitsmarktentwicklung geschuldet.
BUNDESREGIERUNG (2013): Rentenversicherungsbericht 2013 und
Gutachten des Sozialbeirats.
Bundestag-Drucksache 18/95 v.
20.11.
Der
Rentenversicherungsbericht 2013 geht davon aus, dass das
Mindestsicherungsniveau eingehalten wird.
Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.27):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
18,3% (-
1,0 %) |
48,0 % (-
0,3 %) |
70 € (+
1 €) |
50,5 % (-
0,3 %) |
2016 |
18,3 % (-
1,0 %) |
48,3 % (+
0,2 %) |
80 € (+
2 €) |
51,1 % (± 0 %) |
2017 |
18,3 % (-
1,0 %) |
48,2 % (+
0,3 %) |
91 € (+
4 €) |
51,3 % (+
0,1 %) |
2018 |
18,8 % (-
0,5 %) |
48,3 % (+
0,5 %) |
101 € (+
4 €) |
51,6 % (+
0,3 %) |
Der Regierungsbericht
beschreibt die Anhebung des Renteneintrittsalters u.a. auch als
Maßnahme zur Einhaltung des Mindestsicherungsniveaus:
"Angesichts der weiter
steigenden Lebenserwartung und des langfristig demografisch
bedingten Rückgangs der Personen im erwerbsfähigen Alter ist die
schrittweise Anhebung der Altersgrenze für die Regelaltersrente
vom 65. auf das 67. Lebensjahr bis 2029 durch das Gesetz zur
Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung
und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen
Rentenversicherung (RVAltersgrenzenanpassungsgesetz, BGBl I
2007, S. 554) eine wichtige rentenpolitische Maßnahme, um die
gesetzlichen Beitragssatzobergrenzen und das
Mindestsicherungsniveau einhalten zu können. Sie darf allerdings
nicht ausschließlich als Instrument zur nachhaltigen
Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung verstanden
werden. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung zielt
die Maßnahme vor allem auch darauf, die Erwerbstätigkeit der
Älteren zu steigern, um damit einem drohenden Fachkräftemangel
entgegenzuwirken und somit Wirtschaftswachstum und Wohlstand in
einer alternden Gesellschaft für die Zukunft zu erreichen."
(S.49)
2014
BACH, Stefan/HAAN, Peter/COPPOLA, Michela/RAUSCH, Johannes
(2014): Wirkungen von Rentenreformen auf Rentenbeitrag und
Rentenniveau sowie Beschäftigungseffekte der
Rentenbeitragsänderung. (DIW Berlin. Politikberatung
kompakt, 79), Berlin
In der
INSM-Auftragsstudie von DIW und MEA werden zur
Bevölkerungsentwicklung folgende Annahmen getroffen:
"Für die
Bevölkerungsvorausberechnung sind Annahmen zur Entwicklung
der Lebenserwartung bei Geburt, der zukünftigen
Nettomigration sowie der Fertilitätsrate zu treffen.
Ausgangspunkt der Berechnung ist der Bevölkerungsstand des
Jahres 2012. Alternativ können bestehende
Bevölkerungsvorausberechnungen, z.B. die 12. Koordinierte
Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes,
eingelesen werden: Die erwähnte Vorausberechnung hat den
Nachteil, dass sie die positive Bevölkerungsentwicklung
aufgrund der hohen Nettomigration der letzten Jahre nicht
berücksichtigt. Deshalb erstellen wir für unsere
Simulationen eine eigene Projektion der deutschen
Bevölkerung unter Verwendung der Annahmen der Variante 1W2
der 12. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung. Bis 2060
unterstellen wir entsprechend
• eine konstante Fertilitätsrate von 1,4,
• eine jährliche Nettomigration von 200.000 Personen und
• einen Anstieg der Lebenserwartung bei Geburt auf 87,7
Jahre bei Männern und 91,2 Jahre bei Frauen." (2014, S.12)
Zur Entwicklung der
Rentenversicherung werden drei Szenarien berücksichtigt:
"Insgesamt wird die
Entwicklung der Rentenversicherung bis zum Jahr 2030 für
drei Szenarien berechnet:
1. Szenario »ohne Reformen«: Dieses Szenario ist als
Referenzszenario zu verstehen, um die Wirkungen möglicher
Reformen im Vergleich zur gesetzliche Regelung des Jahres
2013 zu analysieren.
2. Szenario »Pläne der große Koalition«: Hier wird die
Implementierung der Pläne der großen Koalition (und zwar:
die Einführung der Mütterrente, der Lebensleistungsrente
sowie der abschlagsfreien Rente mit 63 Jahren für besonders
langjährige Versicherte) simuliert.
3. Szenario »Kopplung der Renteneintrittsalter an
Lebenserwartung«: Hier wird die automatische Anhebung der
Renteneintrittsalter bei 8 Monate pro Jahr gewonnene
Lebenserwartung simuliert." (2014, S.14)
Für das Szenario ohne
Reformen werden folgende Auswirkungen auf das Rentenniveau
erwartet:
"Im Fall einer vollen
Anpassung der betroffenen Individuen auf die Anhebung der
Altersgrenzen auf 67 Jahre, wird der Beitragssatz vom ca.
19% auf 23% in 2035 ansteigen. Dabei entfällt allein auf den
Zeitraum zwischen 2017 und 2020, aufgrund der Verrentung der
geburtenstarken Jahrgänge, über 1 Prozentpunkt des
Anstieges. Soll das gesetzliche Renteneintrittsalter auf 67
Jahre bleiben, wird der Beitragssatz aufgrund der
steigernden Lebenserwartung auf ca. 25% in 2060 ansteigen.
Das Rentenniveau wird hingegen bis 2035 von 45% auf 39%
sinken. Bereits in den Jahren zwischen 2017 und 2020 sorgt
die Verrentung der
Baby-Boomer für eine starke Senkung des Rentenniveaus
von 1,4 Prozentpunkte. In 2060 wird das Rentenniveau im
Referenzszenario auf ca. 36% weiter sinken. Diese
Schätzungen fallen etwas optimistischer als in Bucher-Koenen
und Wilke (2009) aus. Dies dürfte unter anderem an der
verbesserten Lage am Arbeitsmarkt in den letzten Jahren und
den geringfügig unterschiedlichen Annahmen bzgl. der
Bevölkerungsentwicklung liegen." (2014, S.19)
Angesichts der Tatsache,
dass in diesen Aussagen das Rentenpaket gar nicht
berücksichtigt ist, zeigt sich eine gewaltige Kluft zwischen
den Prognosen zur tatsächlichen Entwicklung der beschriebenen
Faktoren.
BIRKWALD, Matthias W. (2014): Neue Renten,
ohne Niveau,
in: Blätter für deutsche
und internationale Politik, Juni
Matthias
W. BIRKWALD, rentenpolitischer Sprecher der Linkspartei,
kritisiert das beschlossene Rentenpaket unter drei
Gesichtspunkten: 1. Rücknahme der Rentenanpassungsformel aus
dem Jahr 2001, 2. Senkung der Regelaltersgrenze von 67 auf 65
Jahre und 3. Schaffung einer armutsfesten
Erwerbsminderungsrente. Im Hinblick auf diese Ziele hält
BIRKWALD das Rentenpaket für kontraproduktiv.
BIRKWALD weist insbesondere
auf die fatale Kopplung zwischen Beitragssatz und Rentenniveau
hin, die vor allem aufgrund der falschen Finanzierung der
Mütterrente zu einem niedrigeren Rentenniveau - auch für junge
Mütter - führt. Ausführlich nachzulesen ist die Wirkungsweise
in der
Ausschussdrucksache 18(11)82:
"Der »Riester-Faktor« –
als Teil der Rentenanpassungsformel gemäß § 68 SGB VI –
mindert bei steigenden Beitragssätzen zur allgemeinen
Rentenversicherung die Rentenerhöhung im Folgejahr.
Kurzfristig (im Jahr 2015) stiegen die Renten um 0,8 Prozent
weniger als vorgesehen, langfristig blieben sie rund 0,6
Prozent hinter der bisherigen Hochrechnung zurück. Bei einer
Standardrente (»Eckrente«) entspräche dies kurzfristig
monatlich einer rund zehn und langfristig einer rund sieben
Euro geringeren Bruttorente (in heutigen Werten).
Kurzfristig wären Dreiviertel (langfristig über die Hälfte)
dieser Rentendämpfung auf die nicht sachgerechte
Finanzierung der »Mütter-Renten« zurückzuführen."
(Ausschussdrucksache 18(11)82, S.15).
Neben dem Riester-Faktor
wirkt auch der Nachhaltigkeitsfaktor rentenniveausenkend:
"Steigen die auf
Kindererziehungszeiten beruhenden Rentenzahlungen an, sinkt
das Rentenniveau. Also ausgerechnet dann, wenn die
begünstigten Eltern in Rente gehen (oder bei
Leistungsausweitung bereits sind). Damit wird aber zumindest
teilweise die „Anerkennung der Kindererziehung“
konterkariert. Dies gilt insbesondere im vorliegenden Fall,
da die Anzahl der Kinder, die vor 1992 geboren wurden,
bereits feststeht und so ausschließlich der niveausenkende
Effekt des Nachhaltigkeitsfaktors zum Tragen kommt."
(Ausschussdrucksache 18(11)82, S.16).
In der Verteidigung der
Mütterrente
in der Wochenzeitung Die ZEIT durch eine fünffache
Mutter wird dieser Aspekt verschleiert.
BUNDESREGIERUNG (2014): Rentenversicherungsbericht 2014.
Bundestag-Drucksache 18/3260 v.
20.11.
Der
Rentenversicherungsbericht 2014 geht davon aus, dass das
Mindestsicherungsniveau eingehalten wird.
Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.31):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
18,7% (+
0,4 %) |
47,1 % (-
0,9 %) |
70 € (± 0 €) |
49,6 % (-
0,9 %) |
2016 |
18,7 % (+
0,4 %) |
47,1 % (-
1,2 %) |
79 € (-
1 €) |
49,9 % (-
0,2 %) |
2017 |
18,7 % (+
0,4 %) |
47,3 % (-
0,9 %) |
90 € (-
1 €) |
50,3 % (-
1,0 %) |
2018 |
18,7 % (-
0,1 %) |
47,1 % (-
1,2 %) |
101 € (± 0 €) |
50,4 % (-
1,2 %) |
2015
ÖCHSNER, Thomas (2015): Nicht genug für den Ruhestand.
Bund prognostiziert steigende
Altersbezüge und sinkendes Rentenniveau,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 12.11.
THELEN, Peter (2015): Ernüchternder Blick in die
Zukunft.
Studie sagt weiteres Absinken des
Rentenniveaus um 15 Prozent bis 2040 voraus,
in:
Handelsblatt v. 13.11.
Aus dem Handelsblatt-Artikel geht hervor, dass die Studie im
Vorfeld der Veröffentlichung des Rentenversicherungsberichts 2015
lanciert wurde, der der Versicherungswirtschaft zu positiv ausfällt.
DOEMENS, Karl (2015): Renten-Hokuspokus.
Analyse: Die
Versicherungswirtschaft glaubt, die Entwicklung der gesetzlichen Rente
bis zum Jahr 2040 voraussagen zu können - und kreiert prompt ein
düsteres Szenario,
in: Frankfurter
Rundschau
v. 13.11.
Karl DOEMENS kritisiert,
dass die PROGNOS-Auftragsstudie Rentenperspektiven 2040
auf der 13.
Bevölkerungsvorausberechnung fußt, die für ihn bereits ins
"Altpapier" gehöre. Den langen Zeitraum erklärt DOEMENS
dadurch, dass die Rendite der privaten Altersvorsorge derzeit
so bescheiden sei, dass es ein sehr düsteres Szenario für die
gesetzliche Rente brauche, um die Dringlichkeit der
Privatvorsorge sichtbar zu machen.
Wie schlecht es um die
Rendite der Privatvorsorge derzeit steht, macht der Artikel
Die gesetzliche Rentenversicherung ist für Ältere unschlagbar
von Barbara BRANDSTÄTTER (FAZ 07.11.2015) deutlich:
"Wer 55 Kerzen oder mehr
auf seiner Geburtstagstorte zählt, sollte darüber
nachdenken, das Geld aus der Lebensversicherung oder aus dem
Erbe von Tante Erna in die gesetzliche Rente zu investieren
- vor allem dann, wenn der Anleger noch privat
krankenversichert ist."
Vor diesem Hintergrund ist
die Panik der Versicherungsbranche und ihr Wunsch
verständlich, die gesetzliche Rente schlecht aussehen zu
lassen.
BUNDESREGIERUNG (2015): Beitrag bleibt, Rente steigt.
Rentenversicherungsbericht 2015: Die Rentenbeiträge für 2016
bleiben voraussichtlich bei 18,7 Prozent. Die Rente könnte nach
Berechnungen des Rentenversicherungsberichts zum 1. Juli 2016 um 4,4
Prozent in den alten und um 5 Prozent in den neuen Bundesländern
steigen. Den Bericht hat das Bundeskabinett beschlossen,
in:
bundesregierung.de v. 18.11.
Ist das Rentenniveau vom
demografischen Wandel abhängig? Die entscheidende Rolle spielt
nicht der Altenquotient, sondern der Rentnerquotient, d.h. das
Verhältnis von Rentenempfängern und Beitragszahlern.
Im Vergleich der
Rentenversicherungsberichte 2010 (12.
Bevölkerungsvorausberechnung) und 2015 (13.
Bevölkerungsvorausberechnung) zeigt sich, dass sich das
Verhältnis von Rentenempfängern und Beitragszahlern positiver
entwickelt hat als noch vor Jahren erwartet: Während der
Rentenversicherungsbericht 2010 für das Jahr 2015 einen
Rentnerquotienten von 0,5532 prognostiziert hatte, geht der
aktuelle Rentenversicherungsbericht von 0,5224 aus. (Differenz
von 0,03). Das erscheint nur auf den ersten Blick wenig. Im
Rentenversicherungsbericht 2005 (10.
Bevölkerungsvorausberechnung) lag der Rentnerquotient für
das Jahr 2015 noch bei 0,5809 (Differenz von 0,059). Hier
zeigt sich deutlich, dass aufgrund der
Bevölkerungsvorausberechnungen, die lediglich den
Altenquotienten fortschreiben und der Fortschreibung eines
gleichbleibenden Rentnerquotienten - wie er in den
Rentenversicherungsberichten praktiziert wird - innerhalb
eines Zeitraums von nur 10 Jahren durchaus Änderungen
stattfinden können, die das Rentenniveau beeinflussen. Weder
die Fortschreibung des Altenquotienten in
Bevölkerungsvorausberechnungen, noch jene des
Rentnerquotienten in Rentenversicherungsberichten, ermöglichen
also langfristige Voraussagen über die Rentenentwicklung.
Der
Rentenversicherungsbericht 2015 geht davon aus, dass das
Mindestsicherungsniveau eingehalten wird.
Die Annahmen zur
Entwicklung der Beitragssätze, des Sicherungsniveaus und der
Gesamtversorgung ist in der folgenden Übersicht im Vergleich mit
dem letzten Regierungsbericht ersichtlich (vgl. Tabelle B 8,
S.31):
Jahr |
Beitragssatz
(Differenz zum
Vorjahr) |
Sicherungs-
niveau vor Steuern
(Differenz zum
Vorjahr) |
Monatliche
Riester-Rente
für Neuzugang
bei 4 % Zinsen
pro Jahr
(Differenz zum
Vorjahr) |
Gesamtver-
sorgungsniveau
für Neuzugang
(Differenz zum
Vorjahr) |
2015 |
18,3% (-
0,4 %) |
48,0 % (+
0,9 %) |
70 € (± 0 €) |
50,5 % (+
0,9 %) |
2016 |
18,3 % (-
0,4 %) |
48,3 % (+
1,2 %) |
80 € (+
1 €) |
51,1 % (+
0,2 %) |
2017 |
18,3 % (-
0,4 %) |
48,2 % (+
0,9 %) |
91 € (+
1 €) |
51,3 % (+
1,0 %) |
2018 |
18,8 % (+
0,1 %) |
48,3 % (+
1,2 %) |
101 € (± 0 €) |
51,6 % (+
1,2 %) |
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