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Kommentierte Bibliografie (Teil 2:
2003 - 2007)
2003
Jean-François Sirinelli (2003): Les baby-boomer.
Une génération (1945 - 1969), Paris: Fayard
WEILL, Claude
(2003): Du baby-boom au papy-blues.
Histoire
d'une génération qui a changé la France - et changé avec elle,
in: Nouvel Observateur Nr.2014 v. 12.06.
DIERING, Frank (2003): Abgerechnet wird
zum Schluss.
Die No-Future-Generation kommt
in die Jahre - und wird zum Problem
in: Welt v. 16.07.
"Jede Generation hat
ihre Zeit, und in der mit Sorge beäugten Alterspyramide der
Deutschen fällt eine Gruppe als letzte Bastion eines
geburtenstarken Jahrzehnts besonders ins Gewicht. Die
No-Future-Generation als Spitze der Baby-Boomer (1946 bis
1969). Die Jahrgänge zwischen 1959 und 1969 beschäftigen
Demographen ebenso wie Banker und Arbeitswissenschaftler"
informiert uns Frank
DIERING. Die Gründerväter des Punk und des Hip
Hop sind das Feindbild von DIERING, der hier den
Generationenkonflikt anheizen möchte und zum Schluss folgendes
Szenario aufzeigt:
"Abgerechnet wird zum
Schluss, könnte zum Schlachtruf der No-Future-Generation
avancieren. Mit Argusaugen werden sie über die Karrieren der
Damen und Herren aus der Spaßgesellschaft, der Generation
Golf und X wachen. Die Pilzhaube steht auf einem dünnen Fuß.
Die ehemaligen Punker werden zu Besitzstandswahrern
mutieren, die ihre Saat der Vergangenheit nun kräftig
abernten möchten."
Das Problem von
DIERING ist offenbar, dass er sich im Generationendschungel
verlaufen hat, denn Generation X und
No-Future-Generation sind eher Synonyme als unterschiedliche
Generationen, wobei im exakten Sinne immer nur von
Generationeneinheiten zu sprechen
wäre.
WEIDENFELD, Ursula
(2003): Wenn ich Königin von Deutschland wär'.
Der
Kanzler heißt Gerhard Schröder und nicht Ursula Weidenfeld. Doch
was wäre, wenn sie die Macht hätte? Ihre Regierungserklärung,
in: Tagesspiegel v. 27.07.
Junge Singles hätten
nichts zu lachen, wenn Sozialpopulisten wie Hans-Werner SINN
oder Meinhard MIEGEL im
Kabinett von WEIDENFELD säßen. Die alten Rentner könnten sich
dagegen freuen:
"Die Jahrgänge, die
derzeit in Rente sind, erhalten ihr Geld wie bisher.
Schließlich haben sie uns in die Welt gesetzt: die Kinder
der Fünfziger- und Sechzigerjahre, von denen es so reichlich
gab, dass uns nicht umsonst der Name Babyboomer umgehängt
wurde. Wir dagegen, die Generation der heute Dreißig-,
Vierzig- und Fünfzigjährigen, haben vorsorgetechnisch
bislang versagt: Zu wenig Kinder, zu wenig Arbeitskräfte, zu
wenig Beitragszahler".
Offenbar hat Frau
WEIDENFELD keine eigene Meinung, sondern delegiert sie an SINN
und MIEGEL.
SAUGA, Michael/SCHULT, Christoph/TIETZ, Janko (2003): Ende einer
Illusion.
In aller Stille bereitet die
Regierung tiefe Einschnitte in die gesetzliche Alterssicherung
vor, die damit auf das Niveau einer Basisversorgung
zusammenschmelzen dürfte. Schon planen Grüne und Union den
Einstieg in einen grundlegenden Systemumbau,
in:
Spiegel Nr.33 v.
11.08.
Die Autoren bereiten auf
weitere drastische Einschnitte ins Rentensystem vor, denn
durch einen Nachhaltigkeitsfaktor (vgl.
RÜRUP 2002) soll das Rentenniveau weiter abgesenkt werden.
Begründet wird dies durch den angeblichen Sachzwang
Geburtenrückgang:
"Dass es den heutigen
Senioren materiell gut geht, haben sie nicht nur den
großzügigen Rentengesetzen aus den Aufbaujahren der Republik
zu verdanken, sondern auch der eigenen Gebärfreudigkeit. Die
heutige Rentnergeneration hat genau jene Babyboomer der
fünfziger und sechziger Jahre großgezogen, die derzeit noch
die Fabriken und Büros bevölkern und mit ihren Beiträgen die
Alterskassen füllen. Wenn diese Generation aber in einigen
Jahren selbst in den Ruhestand wechselt, bekommt sie
unausweichlich die Quittung für die
Kinder-nein-danke-Mentalität der vergangenen drei Jahrzehnte
präsentiert. Weil seit Anfang der siebziger Jahre die
Geburtenrate drastisch sank, fehlt es bald an
Beitragszahlern, um das heutige Rentenniveau zu halten."
Belegt werden soll das
durch Zahlen des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA),
eine
Lobbyorganisation der Finanzbranche.
MÜLLER-VOGG, Hugo
(2003): Die Lifestyle-Sünden der Baby-Boomer rächen sich,
in: Welt
am Sonntag v. 17.08.
Der Ohrensessel-Demonstrant Hugo
MÜLLER-VOGG übt den Schulterschluss zwischen Großvater und
Enkel, was momentan auch auf dem Buchmarkt in Mode ist. Was
MÜLLER-VOGG über die "bevölkerungspolitisch korrekte
Vermehrung" schreibt, ist jedenfalls richtiger als das, was
GASCHKE gerade in ihrem
ZEIT-Leitartikel vom Stapel
gelassen hat. Nur
gehört MÜLLER-VOGG nicht zu den 70-Jährigen Großvätern,
sondern als 1947 Geborener gehört er zur 68er-Generation,
d.h. er gehört bereits zur Generation der "zeugungs- und
gebärfaulen Eltern", über die er schimpft. Wenn
der Autor "als Vater nur eines Kindes" als Friedensangebot
auch kein Problem damit hätte, wenn seine Rente um einen
"Kinder-Fehlbetrag" gekürzt würde, Geringverdienern würde das
sehr wohl etwas ausmachen.
Verfechter einer Rente nach Kinderzahl -
z.B. Hans-Werner SINN - haben das bereits
vorgeschlagen, aber gerade die Generation von MÜLLER-VOGG soll
davon ausgenommen werden. Auch
darüber gibt es hier im
September-Thema von single-generation.de
mehr zu lesen.
GERMIS, Carsten (2003): "Die Baby-Boomer sind die
Gekniffenen".
Der Ökonom Axel Börsch-Supan über den Streit mit den Alten und die
Chancen für Reformen,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 24.08.
DOEMENS, Karl
(2003): Pillenknick gefährdet Versorgung der Babyboomer.
Die
langfristigen Probleme der Rentenversicherung bleiben - und
damit die Frage nach der Lebensarbeitszeit,
in: Frankfurter Rundschau v. 18.10.
Die FR betreibt
sozialpolitische Demagogie. Bis
ins Jahr 1910 muss man zurück, um eine Alterspyramide zu
finden, die dem entspricht, was Bevölkerungspolitiker als
Ideal betrachten. Zwei Weltkriege haben jedoch die
Altersstruktur deformiert und das schnelle
Bevölkerungswachstum in der Nachkriegszeit ist genauso wenig
zu verkraften gewesen, wie der nachfolgende rapide
Geburtenrückgang innerhalb der 68er-Generation. Die
Nach-68er-Generationen sollen nun die Zeche für das Versagen
der vorangegangenen Generationen zahlen, so sieht es die
gegenwärtige Politik vor.
1973 schreibt der spätere
Direktor des Instituts für Bevölkerungsforschung, dass weder
ein Geburtenrückgang noch das Bevölkerungswachstum an sich
positiv oder negativ bewertet werden können. Beides muss im
jeweiligen gesellschaftlichen Kontext betrachtet werden:
"Keine
Bevölkerung kann ewig wachsen,
weil der menschliche Lebensraum begrenzt ist. Wir sollten
uns daher davor hüten, den Geburtenrückgang als ein
»Unglück« anzusehen. Die Bundesrepublik gehört schon heute
zu den am dichtesten besiedelten Ländern der Erde. Viele
Probleme würden sich daher leichter lösen lassen, wenn die
Bevölkerung des Bundesgebietes nicht weiter wächst. Viele
Kinder zu haben ist wohl kaum ein Wert an sich. Von daher
läßt sich also ein weiteres Wachsen der Bevölkerung
schwerlich rechtfertigen. Wir haben vielmehr, wie das im
Grunde immer schon war, die Bevölkerungsentwicklung in
Einklang zu bringen mit unseren begrenzten lebensräumlichen
Ressourcen. ("Entwicklung und Ursachen des
Geburtenrückgangs", S.34)
BERGER, Ulrich & Christoph STEIN (2003): Die Baby-Boomer in
Deutschland.
Ein herbes Schicksal bis zur
Rente,
in: Telepolis v. 22.10.
Die Autoren verweisen zwar
in ihrem Beitrag nicht auf single-generation.de, aber
sie benutzen Argumente, die seit langem auch auf diesen Seiten
vertreten werden. BERGER
& STEIN klären über die
Mär des Geburtenrückgangs auf, die
Professor Peter KRAFT auf seinen Seiten ausführlich behandelt.
Der privaten Altersvorsorge stehen sie
kritisch gegenüber, da sie die Probleme auch nicht besser
lösen kann als das bewährte Umlageverfahren.
Mit Detlef GÜRTLER stimmen sie darin
überein, dass nicht die Demografie die Wirtschaft, sondern
umgekehrt die wirtschaftliche Entwicklung das demografische
Schicksal beeinflusst:
"Die
Demografie ist kein Schicksal, sie ist eine Herausforderung,
die gemeistert werden kann - oder auch nicht. Große
demografische Schwankungen haben zwar wirtschaftliche
Auswirkungen, aber die wirtschaftlichen Konjunkturen
determinieren am Ende die demografischen."
Einen demografisch begründeten
Handlungsdruck angesichts der gegenwärtigen Krise des
Sozialsystems verweisen die Autoren ins Reich der sozialpolitischen Demagogie:
"Ein demografisch
begründbarer Handlungsbedarf zur Stabilisierung der
Rentenkassen entsteht erst ab 2025 und das auch nur, wenn
die unsicheren und umstrittenen Prognosen zur Geburtenrate
und zur Lebenserwartung richtig sein sollten."
2004
SCHACHT, Martin (2004): Die ewige Zielgruppe. Warum sich die
heute 30- bis 49-Jährigen nie wieder Sorgen machen müssen
Berlin: Argon Verlag
"Rein statistisch
betrachtet, sind wir gut verdienende Thirtysomethings mit 1,3
Kindern, 0,8 Mobiltelefonen und 1,2 Autos, denn die
Wahrscheinlichkeit, dass wir jenem größten Teil der Bevölkerung
angehören, der heute zwischen 30 und 40 Jahre alt ist, ist
ungleich größer als jene, dass wir Rentner sind oder noch zur
Schule gehen. Denn wir sind viele. Wir sind die
geburtenstärksten Jahrgänge, die Jahrgänge, die kurz vorm
Pillenknick gezeugt wurden. (...).
Wir waren nicht nur viele, wir waren zu viele.
Aber genau das ist eigentlich unsere Stärke!
Weil wir zu dieser Gruppe zählen, sind wir begehrt und
einflussreich. Um uns dreht sich alles. Medien, Werbung,
Politik, Kultur. Und das wird so bleiben, solange es uns gibt"
(2004, S.7),
charakterisiert Martin
SCHACHT, Jahrgang 1965, seine Babyboomer-Generation. Im Jahr
2004 waren dies die 1965Geborenen (40-Jährige) bis 1974Geborenen
(30-Jährigen) - sozusagen diejenigen, die NACH dem angeblichen
Pillenknick gezeugt wurden. Diese entsprechen auch nicht den
geburtenstärksten Jahrgängen. Die Babyboomer wären eher die 40-
bis 50-Jährigen gewesen.
"Wer heute zwischen dreißig
und vierzig Jahre alt ist, wird auch 2030 noch zur zahlenmäßig
größten Bevölkerungsgruppe gehören. Schon 2010 werden fast 40
Prozent der Bevölkerung in Deutschland älter als fünfzig Jahre
alt sein" (2004, S.13),
beschreibt SCHACHT die
Zukunft. Seine Generation beschreibt er zudem als
Erbengeneration:
"Die Generation der heute 30-
bis 40-Jährigen wird bis zum Jahr 2020 330 Milliarden Euro
erben."
SCHACHT lässt in seinem Buch
diverse Interviewpartner seiner Generation zu Wort kommen:
Michael MICHALSKY (Jahrgang 1969), Inga HUMPE (Jahrgang 1956),
Tommi ECKART (Jahrgang 1962), Hermann WEIZENEGGER (Jahrgang
1963), Berthold RZANY (Jahrgang 1961), Axel BERG (Jahrgang
1959). Die Spanne reicht von den 1956Geborenen bis zu den
1969Geborenen, entspricht also einer
weiten Definition der Babyboomer-Generation.
Fazit: Das Buch nimmt es mit
dem Babyboomer-Begriff nicht besonders genau, was daran liegt,
dass es ihm um den Lebensstil der 30- bis 49-Jährigen (Jahrgänge
1955 - 1974) geht. Diese werden als stilbildende Generation
betrachtet, die auch die nachfolgenden Jahrgänge ab 1975
beeinflusst. In dieser Hinsicht beschäftigt sich SCHACHT mit dem
gleichen Aspekt wie Holger RUST im Buch Trendforschung.
SCHIRRMACHER, Frank (2004): Das Methusalem-Komplott. Die
Menschheit altert in unvorstellbarem Ausmaß. Wir müssen das
Problem unseres eigenen Alterns lösen, um das Problem der Welt
zu lösen, München: Blessing Verlag
TUMA, Thomas (2004): Generation XY ungelöst.
Der Jahrgang 1964 ist der
bevölkerungsreichste, den Deutschland je erlebt hat. Aber wo
sind all die nun 40-Jährigen in Politik, Wirtschaft oder Kultur?
Pflegen die Babyboomer die alte Abneigung gegen die 68er - oder
leiden sie an Zukunftsängsten? Eine Spurensuche,
in: Spiegel Nr.14 v. 29.03.
Warum darf TUMA im
Spiegel schreiben? Sein Jahrgangsporträt entspricht genau
jenem Bild, das die selbstgefällige, spiegellesende Elite von
sich hat. TUMA
beschreibt seinen Jahrgang als einen mit "Lust auf Leistung",
dazu noch nett und nach Anerkennung kämpfend (also
außengeleitet im Sinne von David RIESMAN). Als solch toller
Jahrgang muss man sich natürlich abgrenzen zum Rest der
Gesellschaft:
"Vor uns 64ern glucken
die Besitzstandswahrer, Reförmchen-Macher und
Nicht-alt-werden-wollenden-Finca-Besitzer, die uns
Schuldenberge, ein bizarres Steuersystem, kaputte Schulen
und absurde Rentenforderungen hinterlassen. Nach uns kommen
gleich die Pisa-geschüttelten Selbstbefindlichkeits-Videoten."
In dieser Aufzählung
befindet sich - oh Zufall! - all das, was dem Spiegel
schon immer ein Dorn im Auge war. TUMA kann es sich leisten,
denn sein Jahrgang ist fast vollkommen unsichtbar geblieben.
Ganze drei vorzeigbare Vorbilder hat er gefunden: Henry MASKE,
Johannes B. KERNER und Ute VOGT.
Heinz BUDE muss dazu herhalten, um durch eine Außensicht
diesem Jahrgangs-Schmarrn die nötige Autorität zu verleihen.
Der Sicht von
Axel BÖRSCH-SUPAN, der in diesem Jahrgang einen
"privilegierten" sieht, mag sich TUMA nicht anschließen.
Vielleicht hätte es auch ein Blick in
Martin SCHACHTs "ewige Zielgruppe"
getan, um diesem Gejammer ein Ende zu
setzen.
Den Trendforscher Peter WIPPERMANN zählt TUMA zu den 68ern,
obgleich der 1949 geborene WIPPERMANN bereits zur Nach-68er
Kohorte gehört.
Alt-68er hatten für diese Nachfolger nur den verachtenden
Ausdruck vom "neuen Sozialisationstyp" (Thomas ZIEHE) übrig.
Dieser Typus ist unter anderem durch den Kampf um Anerkennung
(narzißtisch!) und sein "Nettsein" gekennzeichnet. Also hatte
er außer der Leistungsorientierung bereits all jene
Eigenschaften, die TUMA für seinen glorreichen Jahrgang
beansprucht. TUMAs
Jahrgangsporträt besticht durch ausgesprochene
Unterlegenheitsgefühle und völlig fehlendes Selbstvertrauen.
Für diese Opferperspektive hat TUMA auch die passenden
Stichworte parat:
"Veränderte Rolle der
Frauen, die uns erstmals auf dem Arbeitsmarkt richtig
Konkurrenz machten, weniger Kinder, hohe Scheidungsraten,
neue Familienmodelle".
Diese Sichtweise hat
TUMA ausgerechnet von den gehassten (!) 68ern
übernommen. Ulrich BECKs Individualisierungsthese beruht auf
dieser Sicht, die das "Golden Age of Marriage" als
nostalgische Folie benutzt. TUMA ist Sklave dieser
implizit familienfundamentalistischen Sichtweise,
die historisch gesehen völlig atypisch ist. In fast allen
früheren Epochen war genau das, was TUMA als Manko beschreibt,
die gelebte Realität, wenn auch nicht der bürgerlichen
Spiegel-Norm entsprechend. TUMA unterscheidet nicht
zwischen empirisch gemessenen Fakten und Idealen.
Eine nicht bestandserhaltende Geburtenzahl ist bereits seit
1900 die Regel und nicht die Ausnahme. TUMAs Perspektive
ist also historisch gesehen engstirnig und die
Jahrgangsperspektive verdeckt die neuen Klassenkonflikte, die
gerade am Aufbrechen sind. Übrigens war das noch nicht einmal
eine Halbzeitbilanz (siehe SCHIRRMACHER), in vierzig Jahren
darf dann TUMA wirklich Bilanz ziehen, dann könnte der Blick
auf den Jahrgang völlig anders ausfallen...
SCHENZ, Viola
(2004): Born to be wild - dank Bypass und Biopillen.
Die Baby
Boomer, die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegsgeneration,
weigern sich beharrlich, von der Harley abzusteigen und Jüngeren
das Rebellieren zu überlassen.
in: Forecast 2005. Beilage der Süddeutschen Zeitung
v. 29.12.
2005
KOTLIKOFF, Laurence J. & Scott BURNS (2005): The Coming
Generational Storm. What You Need To Know About America's
Economic Future, Mit Press
"baby boomers. The
proverbial
»pig
in the python«
generation that has dominated American concerns since birth,
they came of age as your wish for smaller families was coming
true. They had smaller families than their parents. Soon they
will be starting to retire. The bumper crop of boomers born in
1946 will be reaching 62, the age at which most people start
taking Social Security, in 2008. That’s just three years away.
Unfortunately, the number of children coming of age and joining
the workforce won’t be nearly as large. Basically, all the
forces that can enlarge the retired elderly population are in
overdrive. The forces that would expand the younger (and working)
population paying Social Security and Medicare taxes are in
reverse. The result is a kind of perfect demographic storm"
(2005, S.3f.),
behaupten Laurence J.
KOTLIKOFF & Scott BURNS, die 1946 als ersten US-amerikanischen
Babyboomer-Jahrgang betrachten, der bereits ab 2008 - im Alter
von 62 Jahren - in Rente gehen wird. Die Spitze des Babybooms in
den USA waren gemäß
dieser Sicht dann die Jahre 1950 bis 1960 (vgl. S.19).
KOTLIKOFF gilt als Miterfinder der Generationenbilanzen, die
in Deutschland von BERND RAFFELHÜSCHEN popularisiert wurden
(vgl. Philip PLICKERT "Die schlechte Botschaft der
Generationenbilanzen", FAZ 17.10.2016) .
CROLLY, Hannelore
(2005): Muttersein oder Managerin.
Frauen müssen immer noch zwischen Nachwuchs
und Beruf wählen. Beides auf einmal bekommen viele nicht in den
Griff. In Berlin wird das Thema auf einem internationalen
Kongreß debattiert,
in: Welt v. 01.03.
"Bei den
Müttern der Generation Ally macht sich Ernüchterung breit. Aus
dem Babyboomer-Triumph »Wir können alles haben« ist ein
enttäuschtes »Wir kriegen all das, was wir haben, gar nicht in
den Griff« geworden",
schreibt CROLLY.
SCHIRRMACHER, Frank (2005): Deutschland-Thriller,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung
v. 07.03.
"Wenn
für die Mehrheit einer Demokratie etwas »zu spät« oder
verloren ist und diese Mehrheit das Unausweichliche der
Verspätung auch begreift, dann wird, wie es nach Kriegen oder
großen Katastrophen zu geschehen pflegt, die individuelle
Biographie von unzähligen Menschen dramatisch politisiert.
In dieser Lage befinden wir uns bereits. Daß im Augenblick
über Kinder plötzlich wieder biographisch geredet wird, liegt
daran, daß der typische Deutsche heute älter als vierzig ist.
Die Frauen des Geburtsjahrgangs 1964 - des letzten der
Baby-Boomer -, die bisher keine Kinder bekamen, werden aller
Wahrscheinlichkeit nach auch keine mehr bekommen.
Was einst als privatester aller privaten Entschlüsse galt,
entwickelt sich jetzt vor den fassungslosen Augen der
Beteiligten zu einem Politikum",
meint Frank SCHIRRMACHER.
KRUGMAN, Paul (2005): America's Senior Moment,
in: The New York Review of Books
Nr.4 v. 10.03.
Der US-amerikanische
Ökonom KRUGMAN kritisiert das Buch
The Coming Generational Storm
von Laurence J. KOTLIKOFF & Scott BURNS. KRUGMANN teilt nicht
deren demografischen Pessimismus.
EIDLHUBER, Mia (2005): Die Alten kommen.
Unternehmen entdecken den
Arbeitnehmer "40+" neu - sie müssen auch,
in: Der Standard v. 09.04.
Die
schöne junge welt muss
als Zurichtung der Nach-68er-Generationen für den neuen
Arbeitsmarkt der jungen Alten gelesen werden, das legt
EIDLHUBER nahe:
"Die
Babyboomer tun heute gut daran, sich Zeit ihres Lebens auf
den Jogging-Pfaden fit zu halten, denn sie sind die erste
Generation, die man nicht in Frühpension schicken wird"
KAISER, Tina (2005):
"Die Alten sind in der Überzahl".
Björn
Böhning ist 26 Jahre alt und Juso-Vorsitzender. Ein
Expertengespräch über die Jugend von heute
in: Welt am Sonntag v. 10.07.
Zwei 78er unter
sich - nein, diesmal nicht 78er-Generation, sondern Geburtsjahrgang 1978.
Tina KAISER versucht den Juso-Vorsitzenden Björn BÖHNING zum
Generationenkrieg anzustiften, was jedoch nicht gelingt:
"Die Babyboomer
sind fast doppelt so geburtenstark wie unsere Jahrgänge. In
ihrer gesellschaftlichen Position haben sie gar kein
Interesse an Veränderung.
Böhning: Ich glaube nicht, daß es
so was wie Generationenegoismus gibt. Außerdem sind wir
selbstbewußt genug, unsere Bedürfnisse artikulieren zu
können. Ein Generationenkrieg würde uns im übrigen nicht
helfen. Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir
den anzetteln würden. Die Alten sind in der Tat in der
Überzahl."
2006
WINKELMANN, Ulrike (2006): "Es wird keine Jobs für Baby-Boomer
geben".
Arbeitsmarktexperte Johann Fuchs
warnt davor, auch die geburtenstarken Jahrgänge zur Rente mit 67
zu zwingen,
in: TAZ v. 31.01.
NIEJAHR, Elisabeth (2006): Die Entdeckung des Alters.
Das Gute an der Rentendebatte:
Die Deutschen merken, worauf es künftig ankommt,
in: Die ZEIT Nr.8 v. 16.02.
Elisabeth NIEJAHR verkündet,
dass die Verlierer der vergangenen Rentenreformen - die Post-68er - die Reformen
widerstandslos abnickten:
"Schon die
vergangenen Rentenreformen gingen den Babyboomern nie
schnell und weit genug: Erst kämpften sie dafür, dass Helmut
Kohl als Kanzler den demografischen Faktor in seine
Rentenreform aufnahm. Später forderten sie Gerhard Schröder
auf, das Rentenniveau möglichst weit abzusenken. All das
schadete nicht den Rentnern von heute, sondern denen von
morgen. Insgesamt, so die Berechnungen des Rentenexperten Bert Rürup, haben die Reformen von
Kohl und Schröder zur Verringerung der Rentenansprüche um
dreißig Prozent geführt.
Verkehrte Welt: Die Verlierer nicken – und die anderen
klagen."
OSTERMANN, Dietmar
(2006): Generation Protest.
Zum Erbe
von Amerikas Babyboomern, die jetzt 60 werden, gehört die
Liberalisierung der Gesellschaft,
in: Frankfurter Rundschau v. 18.02.
OSTERMANN stellt Leonard
STEINHORN vor, der mit den Buch The Greater Generation
das schlechte Image der Baby-Boomer (Kohorte der 1946 - 1964
Geborenen) aufpolieren möchte.
KOHLBACHER, Florian
(2006): Arbeitskräftemangel und Wissensverlust?
Das
Jahr-2007-Problem in Japan,
in: Japanmarkt, Juli
"Die demographische
Struktur Japans bringt ein unmittelbar bevorstehendes Ereignis
mit weit reichenden Konsequenzen mit sich: Nisennananen-mondai,
das Jahr-2007-Problem. In Japan könnte ein großer Teil der
dankai-sedai oder der Baby Boomer ab dem Jahr 2007 ihr 60.
Lebensjahr erreichen und planmäßig in den Ruhestand gehen. Die
japanische Baby–Boom-Generation umfasst nach der engen
Definition, die Personen, die zwischen 1947 und 1949 geboren
wurden. (...).
Die Gesamtzahl der Baby Boomer von 6,8 Millionen — nach der
weiten Definition die noch die Jahrgänge 1950 und 1951
einschließt sogar 10 Millionen — macht zwar nur circa 5,4
Prozent der Gesamtbevölkerung, dafür aber knapp 10 Prozent der
Erwerbsbevölkerung aus" (2006, S.8),
beschreibt Florian
KOHLBACHER das Pensionierungsproblem, das die Babyboomer
auslösen. Ein Kasten auf Seite 9 erklärt den japanischen
Babyboomer-Begriff folgendermaßen:
"Die japanische
Baby-Boom-Generation wird auf japanisch als dankai-sedai oder
dankai-no-sedai, wörtlich also als »Klumpen«- oder
»Haufengeneration« bezeichnet. Dieser Ausdruck geht auf den
Roman »Dankai no sedai« von Taichi Sakaiya aus dem Jahr 1976
zurück und hat sich seitdem eingebürgert, da die Generation der
Baby-Boomer im Vergleich zu anderen Jahrgängen aufgrund der
»Masse« tatsächlich wie ein großer Klumpen oder Packen
erscheint."
Florian KOHLBACHER sieht
nicht wirklich ein Jahr-2007-Problem auf Japan zukommen.
Gemäß den
Historical Statistics of Japan (Stand: April 2012) der
japanischen Statistikbehörde wurden in Japan in den Jahrgängen
1940 bis 1952 mehr als 2 Millionen Kinder geboren:
Tabelle:
Anzahl der Lebendgeborenen und Geburtenrate in Japan
1940 - 1952 |
Jahr |
Anzahl
Lebendgeborene |
Geburtenrate (TFR) |
Nettoreproduktionsrate |
1940 |
2.115.867
(2,110 Mill*) |
4,12 |
1,44 |
1941 |
2.277.293
(2,256 Mill.*) |
k. A. |
k. A. |
1942 |
2.233.660
(2,313 Mill.*) |
k. A. |
k. A. |
1943 |
2.253.535
(2,219 Mill.*) |
k. A. |
k. A. |
1944 |
k. A.
(2,274 Mill.*) |
k. A. |
k. A. |
1945 |
k. A.
(1,902 Mill.*) |
k. A. |
k. A. |
1946 |
k. A.
(1,576 Mill.*) |
k. A. |
k. A. |
1947 |
2.678.792
(2,623 Mill.*) |
4,54 |
1,72 |
1948 |
2.681.624
(2,702 Mill.*). |
4,40 |
1,76 |
1949 |
2.696.638
(2,694 Mill.*) |
4,32 |
1,75 |
1950 |
2.337.507
(2,447 Mill.*) |
3,65 |
1,51 |
1951 |
2.137.689
(2,239 Mill.*) |
3,26 |
1,39 |
1952 |
2.005.162
(2,071 Mill.*) |
2,98 |
1,29 |
|
Anm.: *
Angaben
Statistisches Jahrbuch 2018, Tab. 2-1 |
Der Verlauf des
japanischen Babybooms zeigt, dass der erste Babyboomer-Jahrgang
1947 die höchste Geburtenrate aufwies und von da an ein
Geburtenrückgang einsetzte, wobei die Geburtenraten anfangs weit
über dem Ersatz der Elterngeneration (Nettoreproduktionsrate 1
und höher) lagen. Zwischen 1956 und 1964 wurde die
Elterngeneration dagegen nicht mehr ersetzt. Erst ab 1975 fiel
die Geburtenrate dauerhaft unter das Bestandserhaltungsniveau.
Seit dem Jahr 2005 liegt
die Anzahl der Lebendgeborenen in Japan zwischen 1 Million und
unter 1,1 Millionen (vgl. Statistisches Jahrbuch 2018). Die
heutigen Jahrgänge in Japan umfassen also lediglich 40 Prozent
der geburtenstarken Jahrgänge. In Deutschland waren die
geburtenstärksten Jahrgänge nur halb so groß wie in Japan. Im
Jahr 2011 wurden in Deutschland die wenigsten Kinder geboren.
Das waren rund 48,5 Prozent des geburtenstärksten Jahrgangs
1964.
Seit 2010 ist die
japanische Bevölkerung um rund 1 Million Menschen geschrumpft.
Inwieweit damit ein dauerhafter Schrumpfungsprozess eingesetzt
hat, das ist die Frage. Auch in Deutschland sollte die
Bevölkerung gemäß Bevölkerungsvorausberechnungen bereits
dauerhaft schrumpfen, doch die Bevölkerungsentwicklung hielt
sich nicht an die Prognosen.
2007
MONNIER, Alain (2007): Le baby-boom : suite et fin,
in: Population &
Sociétés Nr.431, Februar
Alain MONNIER
unterscheidet Länder, in denen ein Babyboom nach dem 2.
Weltkrieg stattfand von anderen Ländern, in denen es keinen
Babyboom nach dem 2. Weltkrieg gab:
"Le baby-boom désigne
l’augmentation temporaire de la natalité observée dans certains
pays industrialisés, entre 1945 et 1975, suite à une reprise de
la fécondité. Sa chronologie et son ampleur s’apprécient au vu
de la courbe des naissances annuelles. Deux éléments permettent
d’identifier les pays du baby-boom : une natalité relativement
faible dans les années 1930 puis une natalité relativement
élevée dans les 25 ans qui suivent la Seconde Guerre mondiale.
En se fondant sur ces critères, la liste des pays du baby-boom
regroupe essentiellement les états du quart nord-ouest de
l’Europe : les pays scandinaves, l’Allemagne, l’Autriche, la
Belgique, la France, le Luxembourg, le Royaume-Uni et la Suisse,
ainsi que, de façon un peu moins nette, la
Finlande et les
Pays-Bas. Parmi ces pays, l’ampleur et les particularités du
baby-boom varient notablement.
Dans les pays d’Europe méridionale et centrale, ainsi qu’en
Irlande, la natalité était élevée dans les années 1950 et 1960,
mais ces pays n’ont pas à proprement parler connu de baby-boom,
dans la mesure où leur natalité avant-guerre était encore forte.
En France, le nombre de naissances est devenu inférieur à 800
000 en 1975, alors que la fécondité avait amorcé sa chute depuis
1965. En effet, l’arrivée aux âges de la maternité des premières
générations du baby-boom (femmes nées en 1945) a permis de
compenser partiellement la baisse de la fécondité jusqu’au
milieu des années 1970. Ce phénomène « d’auto-renouvellement »
du baby-boom s’observe également, à des degrés divers, aux
Pays-Bas ou en Suède, mais il n’a pas eu lieu en revanche en
Allemagne ou au Royaume-Uni." (2007, S.3)
Der Baby-Boom und damit
die Babyboomer werden aus dieser Sicht in Relation zu den
Vorgänger- bzw. Nachfolgerkohorten betrachtet. Wo es keine als
außergewöhnlich empfundene Veränderungen bei der Geburtenrate
gab, kann es nach dieser Sicht auch keinen Babyboom gegeben
haben. In dieser Sicht ist die Entwicklung der Geburtenrate
entscheidender als die reine Kohortenstärke von
Geburtsjahrgängen.
MONNIER sieht das Phänomen
in Europa insbesondere im Nordosten verbreitet: Skandinavien,
Deutschland, Österreich, Belgien, Frankreich, Luxemburg,
Großbritannien und die Schweiz. Finnland und die
Niederlande
waren jedoch weniger betroffen. Im restlichen Europa wie in
Irland spielt das Phänomen keine Rolle. Während in manchen
Ländern jedoch auch nach 1975 noch ein neuer Babyboom ausgemacht
wird (z.B. Frankreich, die Niederlande und Schweden) bleibt in
anderen Ländern ein weiterer Babyboom aus.
Aus der nachfolgenden
Tabelle ist die Entwicklung der Lebendgeborenen und der
Geburtenrate im Frankreich der Jahre 1940 bis 1975 ersichtlich:
Tabelle:
Anzahl der Lebendgeborenen und Geburtenrate in
Frankreich
1940 - 1975 |
Jahr |
Anzahl
Lebendgeborene |
Geburtenrate (TFR) |
1940 |
561.281 |
1,99 |
1941 |
522.261 |
1,84 |
1942 |
575.261 |
2,00 |
1943 |
615.780 |
2,15 |
1944 |
629.878 |
2,23 |
1945 |
645.899 |
2,29 |
1946 |
843.904 |
2,97 |
1947 |
870.472 |
3,01 |
1948 |
870.836 |
2,97 |
1949 |
872.661 |
2,97 |
1950 |
862.310 |
2,93 |
1951 |
826.722 |
2,77 |
1952 |
822.204 |
2,73 |
1953 |
804.696 |
2,66 |
1954 |
810.754 |
2,69 |
1955 |
805.917 |
2,68 |
1956 |
806.916 |
2,67 |
1957 |
816.467 |
2,70 |
1958 |
812.215 |
2,69 |
1959 |
829.249 |
2,74 |
1960 |
819.819 |
2,73 |
1961 |
838.633 |
2,82 |
1962 |
832.353 |
2,79 |
1963 |
868.876 |
2,89 |
1964 |
877.804 |
2,90 |
1965 |
865.688 |
2,84 |
1966 |
863.527 |
2,79 |
1967 |
840.568 |
2,66 |
1968 |
835.796 |
2,58 |
1969 |
842.245 |
2,53 |
1970 |
850.381 |
2,47 |
1971 |
881.284 |
2,49 |
1972 |
877.506 |
2,41 |
1973 |
857.186 |
2,30 |
1974 |
801.218 |
2,11 |
1975 |
745.065 |
1,93 |
|
Quellen:
Lebendgeborene:
INED,
Tabelle Nés vivants et enfants sans vie selon le sexe
1901-2016 (Zugriff am 13.04.2018); Zusammengefasste
Geburtenziffern:
TEITELBAUM &
WINTER (1985), S.158f. |
Die
Allianz-Studie aus dem Jahr 2014 zählt die Jahrgänge 1946
bis 1967 zu den Babyboomern.
BRÜNNING, N./MORITZ, H.-J./ÖTTL,
S./THEWES, F./TUTT, C.
(2007): Trickreiche Umverteilung.
Weil der Nachwuchs ausbliebt,
wollen die Politiker den Jungen mehr geben, ohne den Älteren
etwas zu nehmen,
in:
Focus,
Nr.19 v. 07.05.
Ein Schaubild zeigt die
Anzahl Lebendgeborener von 1970 bis 2004. Ein Text erläutert,
dass im Vergleich zu 1970 32,6 % Kinder zur Welt kamen. Ein
anderer Text erklärt dann:
"Bei einer Geburtenrate
von 1,3 Kindern je Paar ist jede Generation um ein Drittel
kleiner als die vorherige."
Ein weiteres Schaubild
zeigt die Veränderung der Jungen zu den Alten in den Jahren
2003 bis 2005. Danach sind die unter 6-Jährigen um 4 %
zurückgegangen, die 6-15-Jährigen ebenfalls, während die 65
Jahre und Älteren um 7 % zugenommen haben. Der Rückgang der
Kinderzahlen wird als "Demographie-Dividende" bezeichnet, die
zur Umverteilung für den Ausbau der Ganztagskinderbetreuung
genutzt werden könne.
Einer Politik zu Gunsten
der Jungen stehe jedoch eine wachsende Altenmacht entgegen:
"Eine Politik zu Gunsten
der Jungen scheint zumindest bis etwa 2020 durchsetzbar.
Dann erreichen die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer
die zwischen 1955 und 1965 geboren wurden, nach und nach das
Rentenalter und schaffen so neue Mehrheiten im Wahlvolk. Sie
werden mehr Investitionen für Ältere und in die Pflege
verlangen."
Die Autoren zitieren
deshalb Sachsens CDU-Ministerpräsidenten Georg MILBRADT, der
ein Elternwahlrecht fordert. Das Schlusswort gehört dann dem
Pessimismus des nationalkonservativen
Bevölkerungswissenschaftler Herwig BIRG.
WEIRAUCH, Grit (2007): Kampf der Kinderkrieger.
Die Berliner Babyboomer kämpfen
um Schulplätze,
in: TAZ v. 22.05.
"In der im
Verwaltungsdeutsch Planregion 2 genannten Gegend, zwischen
Schönhauser und Prenzlauer Allee, wo Deutschlands Babyboomer
wohnen und seit Jahren die Kinderwagen Kolonne fahren, kann
jedes vierte Kind nicht die Schule in seiner Nähe besuchen. Denn
die sind überfüllt. Es ist, als hätte das Schulamt nicht
mitbekommen,
wovon die ganze Republik seit Jahren spricht: dass im Prenzlauer
Berg, entgegen dem bundesdeutschen Trend, massenhaft Kinder
geboren werden", berichtet WEIRAUCH in
ihrer Reportage vom Prenzlauer
Berg.
COULMAS, Florian (2007): Die Gesellschaft Japans. Arbeit,
Familie und demographische Krise, München: C.H. Beck Verlag
Der zweite Teil des
Buchs von Florian COULMAS befasst sich mit dem Problem der
Generationen und damit auch mit den Babyboomern:
"In
Japan dauerte der sogenannte erste Babyboom nur drei Jahre mit
einem Maximum von 2.702.000 Lebensgeburten 1948. Danach sank
die Geburtenrate drastisch, um 1961 mit 1.607.000 Lebendgeburten
einen Tiefpunkt zu erreichen. Das »Echo« auf den ersten Babyboom
zeigte sich 25 Jahre später mit 2.107.000 Lebendgeburten 1973.
Wegen des allgemeinen Rückgangs der Geburtenrate ist der zweite
Gipfel in der Kurve deutlich niedriger als der erste, aber immer
noch erkennbar. (...).
1946 lag die
Geburtenrate um 70 Prozent unter der von 1948, mit 1.576.000
Lebendgeburten der niedrigste Stand seit 1920. (...).
Erwartet wird ein weitere Geburtenrückgang von 1,17 Millionen im
Jahr 2002 auf weniger als eine Million im Jahre 2014.
Die ersten Babyboomer werden dann Mitte 60 sein. Sie gelten und
empfinden sich als eine »Generation«, und das nicht nur, weil
sie in der Bevölkerungspyramide als eine Ausbuchtung erkennbar
sind. »Altersgruppe« oder »Kohorte« sind andere Bezeichnungen,
die in diesem Fall angemessener sind, da die Babyboomer nur drei
Jahrgänge sind, weit weniger als eine biologische Generation.
Aber neben der biologischen, gibt es auch die soziale
Generation. (...).
Die japanischen Babyboomer der Nachkriegszeit stellen eine
Generation dar, weil die schiere Tatsache der geburtenstarken
Jahrgänge vielfältige psychologische und soziale Folgen für ihre
Sozialisation, ihre schulische Erziehung, ihren Einfluss auf
Konjunkturzyklen und ihre Anforderungen an das Sozialsystem hat"
(2007, S.33ff.)
Im Anschluss an ICHIKAWA
(2003) stellt er vier aufeinanderfolgene Generation vor. Die
Babyboomgeneration wird als "Dankai Sedai" bezeichnet,
nach einem Roman des Ökonomen Taichi SAKAIYA aus dem Jahr 1976.
COULMAS geht auch auf das Jahr 2007-Problem ein, das in den
deutschsprachigen Medien gehypt wurde:
"Die erste Babyboomgeneration
ist durch den Zeitpunkt und die Anzahl ihres Auftretens
gekennzeichnet. 6,8 Millionen Menschen wurden zwischen 1947 und
1949 geboren, d.h., es gab 30 bis 50 Prozent mehr Geburten als
in den benachbarten Dreijahreskohorten. Ihr Einfluss als
Generation auf die Gesellschaft ist noch immer spürbar. Im Jahr
des Erscheinens dieses Buches erreicht der erste
Babyboomjahrgang das Renteneintrittsalter, mit Folgen für den
Arbeitsmarkt und die Rentenkassen, ein Umstand, der als
»2007-Problem« in den Medien thematisiert wird. " (2007, S.36)
Die Definition des
japanischen Babybooms entspricht nicht den üblichen
Abgrenzungen. Welchen Einfluss Dreijahreskohorten auf die
Gesellschaft wirklich haben, das wäre eine empirische Frage.
Das Problem der
Generationengerechtigkeit fasst COULMAS als Problem zwischen
erster und zweiter Babyboomgeneration ("Dankai Junia Seda" bzw.
"Kinder der ersten Babyboomer")
PHILLIPSON, Chris (2007): Understanding the Baby Boom
Generation: Comparative Perspectives,
in: International
Journal of Ageing and Later Life, Nr.2, S.7-11
Gemäß Chris PHILLIPSON, der
in das
Themenheft zur Baby Boom Generation einführt, wird das
Babyboomer-Konzept in der Gerontologie hauptsächlich in Europa
verwendet. Beispielhaft geht er auf Forschungen in Finnland,
Frankreich und dem Vereinigten Königreich ein. Die Sicht der
Demographie beschreibt er als Fokussierung auf den
Geburtenanstieg in den Industriestaaten nach dem Zweiten
Weltkrieg, wobei er die Unterschiedlichkeit des Phänomens in den
verschiedenen Staaten hervorhebt:
"some countries (e.g. Finland)
had a relatively compressed surge in birth rates following
demobilization, this coming to an end at the beginning of the
1950s. Others (e.g. Australia and the USA) experienced a longer
pe-riod of increasing birth rates – typically from the mid-1940s
through to the mid-1960s (McKay 1997; Whitbourne and Willis
2006). The UK had a distinctive pattern of two separate peaks in
the birth rate – in 1947 and 1964. In comparison, Germany
experienced no real baby boom and only a moderate increase in
the birth rate in the early 1960s." (2007, S.7)
Die Auffassung, dass in
Deutschland kein wirklicher Babyboom stattfand, dürfte in
Deutschland auf Widerspruch stoßen. Im internationalen Vergleich
sieht das jedoch anders aus.
Das soziologische Interesse
am Babyboom setzt PHILLIPSON mit der Generationen-Debatte
gleich, wobei hier eher Politikwissenschaftler und Ökonomen
(Stichwort: Generationengerechtigkeit, Alterssicherung) die
öffentliche Debatte dominiert haben. Das Ausmaß, in dem das
Generationenkonzept in den einzelnen Ländern akzeptiert wird,
ist jedoch unterschiedlich. PHILLIPSON nennt das Vereinigte
Königreich, in dem das Babyboomer-Konzept eher abgelehnt wird,
während es in Finnland eher angenommen wurde. Hier stellt sich
die Frage inwiefern dies mit den unterschiedlichen Verläufen des
Phänomens in den jeweiligen Ländern zusammenhängt. Dies bleibt
bei PHILLIPSON ausgeblendet.
GILLEARD, Chris & Paul HIGGS (2007): The Third Age and the Baby
Boomers: Two Approaches to the Social Structuring of Later Life,
in: International
Journal of Ageing and Later Life, Nr.2, S.13-30
Chris GILLEARD & Paul HIGGS
sehen das Generationenkonzept dem Kohortenkonzept bei der
Erklärung der Entstehung des neuen Lebensstils der jungen Alten
("third age") als überlegen an. Die Unterschiede der beiden
Ansätze beschreiben sie folgendermaßen:
"In this paper we wish to
contrast two alternative perspectives: a cohort based
approach to the third age that is framed around the ageing
of a »baby boomer« cohort with a generational approach
that is concerned with the evolution of »mass consumer culture«
across the life course. Common to both approaches is a concern
with historical change in the experience of later life. What
dif-ferentiates them is the former’s focus upon a distinct
cohort identity (i.e. as a baby boomer) as against the latter’s
focus upon generational lifestyle (i.e. as participants in the
third age)." (2007, S.15)
GILLEARD & HIGGS betonen den
Einfluss von Büchern für die Popularität des Baby
Boomer-Konzepts. Schon der Titel des kanadischen Bestsellers
Boom,
Bust & Echo von David K. FOOT deutet auf die Relevanz
hin, die demographischen Prozessen zugeschrieben wird. Die
Autoren sehen in den Demografen, Politikern und Ökonomen
lediglich die Urheber des Begriffs, der zuerst in den 1970er
Jahren in den USA aufkam. Die Popularisierung des Konzepts
sehen sie jedoch als Ergebnis des Babyboomer-Marketing in
Werbung und Medien.
GILLEARD & HIGGS sehen das
Babyboomer-Konzept zudem durch die Unterschiedlichkeit des
Phänomens außerhalb der USA als Erklärungskonzept für den Wandel
des Alterns untauglich:
"Outside North America less
emphasis has been paid to this demo-graphic structure, partly
because the post war circumstances of European nations were
highly diverse. In Finland, the post war baby boom lasted for
about three years (Suokannas 2005; see Karisto this issue); in
Eastern Europe, there were few signs of any post war baby boom,
rather the op-posite, a decline in fertility throughout the
1950s (Therborn 1995); in Italy there had been a steady decline
in fertility that only came to a halt in the 1950s (Livi Bacci
1967); while in Germany there was no post war baby boom until
the 1960s. In France and in Britain, there were two quite
sepa-rate booms, the first occurring between 1945 and 1950 and
the second between 1960 and 1965 (Chauvel 2005; Evandrou and
Falkingham 2000) whilst fertility patterns in Eastern Europe
developed in quite divergent directions from those in the West,
dropping steadily in the post war dec-ades (Coleman 1993)."
(2007, S.22)
BIGGS, Simon/PHILLIPSON, Chris/LEACH, Rebecca/MONEY, Anne-Marie
(2007): The Mature Imagination and Consumption Strategies.
Age and
Generation in the Development of a United Kingdom Baby Boomer
Identity,
in: International Journal of Ageing and Later Life,
Nr.2, S.31-30
BIGGS, Simon/PHILLIPSON, Chris/LEACH, Rebecca/MONEY, Anne-Marie
(2007): The Mature Imagination and Consumption Strategies.
Age and
Generation in the Development of a United Kingdom Baby Boomer
Identity,
in: International Journal of Ageing and Later Life,
Nr.2, S.31-59
BIGGS/PHILLIPSON/LEACHE/MONEY
fassen die britischen Baby Boomer als Kohorte der 1945 - 1954
Geborenen:.
"The demographic patterning
of UK baby boomers consists of two waves, which peak in 1947 and
1964, respectively. For the purposes of the ESRC/AHRC project,
research was based upon so-called »first wave« baby boomers,
defined as those born between 1945 and 1954." (2007, S.34)
Diese Kohorten mit dem
Höhepunkt 1947 ist die
erste Welle der Baby Boomer im Vereinigten Königreich. Ihre
Untersuchung beschränken sie auf ein Teilgebiet von Manchester
in England, das repräsentativ für das ganze Königreich sein
soll::
"The core of the research
comprised primary data collection with 150 baby boomers together
with 30 follow-up, in-depth, biographical interviews. The
sam-ple consists of people born between 1945 and 1954, living in
South Manchester, England. The characteristics of the sample did
not differ significantly from the same age group in the wider UK
population." (2007, S.34)
Warum hier die erste und
nicht die zweite Welle der Babyboomer zur Untersuchung
herangezogen wurde oder gar ein Vergleich beider Gruppen wird
nicht erklärt.
BONVALET, Catherine & Jim OGG (2007): Ageing in Inner Cities.
The Residential
Dilemmas of the Baby Boomer Generation,
in: International Journal of Ageing and Later Life,
Nr.2, S.61-90
Catherine BONVALET & Jim OGG
beschäftigen sich mit der Rolle der Babyboomer (Jahrgänge 1945 -
1954) bezüglich der Gentrifizierung in London und Paris. Dabei
werden zwei Gruppen von Babyboomern unterschieden: jene, die
früher in die Stadt zogen ("Local Inhabitants") und jene, die im
Rahmen ihrer Pensionierung in die Stadt ziehen ("Retirement
Migration). BONVALET & OGG heben Gemeinsamkeiten und
Unterschiede innerhalb der Babyboomer hervor, wobei auch
länderspezifische Unterschiede deutlich werden.
KARISTO, Antti (2007): Finnish Baby Boomers and the Emergence of
the Third Age,
Age and
Generation in the Development of a United Kingdom Baby Boomer
Identity,
in: International Journal of Ageing and Later Life,
Nr.2, S.91-108
Antti KARISTO beschreibt den
Babyboom in Finnland folgendermaßen:
"The war against the Soviet
Union ended in September 1944. The war against Germany in
Lapland continued, however, until the following spring, but with
the majority of soldiers demobilized by the end of 1944. It then
took around ten months from their home-coming for the arrival of
what came to be known as the »baby boom«-generation. In the
first post-war summer the birth rate more than doubled compared
with previous months. It had never been as high before nor has
been since. The birth rate reached its peak just after
mid-August 1945, with August 24 being the most common Finnish
birth-day of all time (Karisto 2005b).
The meteoric increase of the birth rate is extraordinary, even
taking into account the ending of the war and demobilization. It
is surprising in the light of the loss of married men during the
war and in the way that war-time had impeded the mating of young
people. In the Finnish case,however, the recovery from war
happened very quickly, at least from an economic, cultural and
demographic perspective. By the time indemnities to the Soviet
Union were paid in 1952, the country had already surpassed the
pre-war gross national product (GNP). That same year was the
culmination of mental reconstruction, symbolised by the Helsinki
Olympic Games. The baby boom was though already over at this
point, with the birth rate beginning to drop from the beginning
of the 1950s (...)." (2007, S.92f.)
KARISTO hebt insbesondere den
Zeitpunkt bzw. die kurze Dauer des Babybooms und die enorme
Kohortenstärke der finnischen Babyboomer hervor, die Finnland
als Ausnahme erscheinen lassen.
Zudem wird das Fehlen eines
zweiten Babybooms betont, wobei von "Echo Generation" gesprochen
wird. Ein demographischer Echo-Effekt ist nicht zu verwechseln
mit einem Babyboom. Echo-Effekte werden durch die steigende
Anzahl von gebärfähigen Frauen hervorgerufen, während ein
Babyboom durch ansteigende Geburtenraten gekennzeichnet ist.
Oder anders ausgedrückt: Echo-Effekte sind Struktureffekte,
während ein Babyboom auf Verhaltensänderungen beruht.
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