2014
BAUM, Antonia (2014): Man muss wahnsinnig sein, heute ein Kind
zu kriegen.
Wie die tollste Sache der
Welt in unserer Gesellschaft für viele zu einem Albtraum
geworden ist und wie man das wieder ändern könnte,
in:
Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung v. 05.01.
Politik und Wissenschaft
haben nach Geld und Infrastrukturpolitik nun die Zeitpolitik
als letzten Punkt einer nachhaltigen Familienpolitik
(neudeutscher Ausdruck für Bevölkerungspolitik) ganz oben
auf die Agenda gesetzt. Jetzt werden wir also bis zu den
beabsichtigten Gesetzesänderungen die Vereinbarkeitslüge in
der Burn-out-Variante erzählt bekommen. BAUM bezieht sich
genauso wie HERACK auf einen Spiegel-Artikel
Die große Erschöpfung von Claudia VOIGT.
"Mit dieser Überlegung
wird einmal mehr offenkundig, wer es eigentlich ist, der
sich öffentlich zu dem Kinder-Thema äußert:
das soziale Milieu der Akademiker, der Ichs und
Optimierer. Was Lastwagenfahrer und
Supermarktkassierer dazu denken, ließt man überhaupt nicht
und weiß folglich auch nicht, was die sich wünschen
würden. Nicht jeder Mensch empfindet seinen Beruf als
sinnstiftend. Und so ist auch dieser Text die
Selbstaussage eines bestimmten Milieus.
Und leider völlig
folgenlos, denn schließlich lesen diesen Text sowieso nur
Akademiker/innen.
DESTATIS (2014): Erneuter Anstieg der Bevölkerung für 2013 erwartet,
in: Pressemitteilung Statistisches Bundesamt Wiesbaden v. 08.01.
"Nach einer Schätzung des
Statistischen Bundesamtes (Destatis) ist die Einwohnerzahl
Deutschlands im Jahr 2013 erneut angestiegen. Lebten am
Jahresanfang noch gut 80,5 Millionen Personen in Deutschland,
waren es am Jahresende voraussichtlich knapp 80,8 Millionen
Personen. Damit wird es das dritte Jahr in Folge eine Zunahme
der Bevölkerung gegenüber dem Vorjahr geben. Ursache hierfür
sind die erneut hohen Wanderungsgewinne gegenüber dem Ausland,
die das Geburtendefizit – die Differenz aus Geburten und
Sterbefällen – mehr als nur ausgleichen konnten. Für das Jahr
2013 wird mit 675 000 bis 695 000 lebend geborenen Kindern und
885 000 bis 905 000 Sterbefällen gerechnet. Da die erwartete
Zunahme der Geburten etwas geringer ausfällt als die der
Sterbefälle, wächst das Geburtendefizit voraussichtlich auf
etwa 200 000 bis 220 000 an. Im Jahr 2012 betrug es 196 000;
den 870 000 Sterbefällen standen 674 000 Geburten gegenüber.
Die ohnehin schon hohen Wanderungsgewinne in den beiden
Vorjahren (2011: + 279 000, 2012: + 369 000) werden der
Schätzung zufolge 2013 nochmals übertroffen: Das Statistische
Bundesamt rechnet damit, dass sogar erstmals seit 1993 etwas
mehr als 400 000 Personen mehr aus dem Ausland zugezogen als
ins Ausland fortgezogen sind. Damals hatte der Wanderungssaldo
bei 462 000 gelegen", heißt es in der Pressemitteilung.
Bereits
im
November hatte das Statistische Bundesamt einen Anstieg
der Zuwanderung im 1. Halbjahr 2013 gemeldet.
Ganz nebenbei wird
gemeldet, dass mit 675.000 - 695.000 Geburten gerechnet wird.
Im Jahr 2012 wurden dagegen nur 673.544 Kinder geboren.
HUMMEL, Katrin (2014): Das ist nicht mein Opa, das ist mein
Papa.
Nicht nur Promis wie Ulrich
Wickert tun es: Immer mehr Männer über 50 werden Vater, zum
wiederholten oder auch zum ersten Mal. Ist das schlimm? Drei
Kinder und zwei alte Väter erzählen,
in:
Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung v. 09.03.
"Die Zahl der alten Väter
steigt hierzulande rasant. Im Jahr 2000 hatte jedes 120.
Neugeborene einen Vater, der fünfzig oder älter war. Im Jahr
2012 war es schon jedes 69. Kind. Der demographische Wandel
und hohe Trennungsraten sind die Ursache dafür, dass sich
immer mehr jüngere Frauen mit älteren Männern zusammentun.
Viele alte Papas zeugten ihre jüngsten Kinder in zweiter
oder dritter Ehe, so François Höpflinger, Altersforscher und
Professor für Soziologie an der Uni Zürich",
berichtet Katrin HUMMEL.
Woher aber stammen die Zahlen? Die amtliche Statistik erfasst
nur Mütter und keine Väter. Im Jahr 2000 wurde noch nicht
einmal die biologische Geburtenfolge der Mutter erfasst,
sondern nur die eheliche. Da es sich um ein sehr seltenes
Ereignis handelt (Bei ca. 767.000 Geburten im Jahr 2000 wären
das lediglich ca. 6390 Väter. Im Jahr 2012 wären es ca. 9760
Väter), helfen auch keine sozialwissenschaftlichen Studien
weiter. Also wie kommt Frau HUMMEL auf diese Zahlen?
In der Schweiz wird das Alter von Vätern in Ehen erfasst.
Dort war im Jahr 2000 jedes 92. Kind von einem verheirateten
Vater 50 +, während es im Jahr 2012 bereits jedes 52. Kind
war. Da die unehelichen Kinder fehlen, liegen die Zahlen höher
als jene von HUMMEL.
In Baden-Württemberg war im Jahr 2000 jedes 105. Kind von
einem verheirateten Vater, 2010 war es jedes 74. Kind.
BOLLMANN,
Ralph & Inge KLOEPFER (2014): Mütter, geht mehr arbeiten!
Vollzeit für Mütter, Teilzeit
für Väter, eine 35-Studnen-Woche für beide: Das fordert
Familienministerin Manuela Schwesig - und jetzt auch
Handelskammerchef Eric Schweitzer. Über den Weg dorthin streiten
sie,
in:
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 06.04.
Im Familienministerium hält
man nichts von einer Arbeitszeitverkürzung à la Manuela SCHWESIG für
Führungskräfte. Dort arbeiten die Abteilungsleiter alle
Vollzeit.
Obligatorisch ist die
Frage nach der Geburtenrate, ein Ziel, das keine
Familienministerin als oberste Priorität anvisiert hat - außer
Ursula von der LEYEN und damit baden ging, weshalb
SCHWESIG antwortet:
"Ich sehe meine Aufgabe
(...) nicht in erster Linie darin, die Geburtenrate zu
erhöhen. Ich will ein familienfreundliches Klima schaffen:
Wer einen Kinderwunsch hat, soll ihn auch verwirklichen
können."
CORNELIUS, Ivar (2014): Kinderzahlen in Baden-Württemberg im
Generationenvergleich,
in:
Statistisches Monatsheft
Baden-Württemberg, Heft 5, S.16-22
Angeblich hat die
Generation Golf (1967 - 1973 Geborene) wesentlich weniger
Kinder bekommen als ihre Vorgängergeneration. Susanne GASCHKE
begründete damit die Rentenkürzungen für ihre Generation im
Vergleich zu den 68ern (1940-1946 Geborene).
Single-dasein.de und single-generation.de hatten
das bereits im Jahr 2003 kritisiert. Nun zeigen die
Ergebnisse von Ivar CORNELIUS zumindest für Baden-Württemberg,
dass nicht einmal die Kluft zwischen der Kriegsgeneration
(1930-1935 Geborenen) und der
Babyboomer-Generation (1959-1967 Geborenen ) an den Mythos
heranreicht, dass jede Generation um ein Drittel kleiner sei
als ihre Vorgängergeneration.
Müttergeneration |
Töchtergeneration |
Generationenersatz |
1930 |
1959 |
77 % |
1935 |
1963 |
70 % |
1940 |
1967 |
|
1946 |
1973 |
86-88 % |
1953 |
1980 |
|
Quelle: Ivar
Cornelius 2014, S.17-18 |
Die Tabelle zeigt, dass der
Frauenjahrgang 1963 den Wendepunkt beim Generationenersatz
darstellt. Seitdem führt der Geburtenaufschub immer mehr dazu,
dass Geburten später nachgeholt werden. Seit dem
Frauenjahrgang 1967 ist zudem ein Anstieg der Geburtenrate
(CFR) festzustellen:
"Aus den bislang
verfügbaren Informationen zu den Geburtenverläufen bei den
Frauenjahrgängen aus den 1960er- und 1970er-Jahren lässt
sich ableiten, dass die endgültigen Kinderzahlen der
Jahrgänge 1968 bis 1973 gegenüber dem Jahrgang 1967 in
Baden-Württemberg leicht ansteigen – von rund 1 500 Kindern
je 1 000 Frauen auf etwa 1 580 Kinder."
Das Statistische Bundesamt
geht gemäß seiner konservativen Schätzung davon aus, dass
dieser Geburtenanstieg nur vorübergehend ist und die in den
1980er Jahren geborenen Frauen wieder weniger Kinder bekommen
werden. Dies könnte jedoch eine Fehlinterpretation sein, weil
der Anteil der Akademikerinnen an der Gesamtbevölkerung weiter
zunimmt. Da jedoch
Akademikerinnen hauptsächlich für den Anstieg der späten
Mutterschaft verantwortlich sind, führt diese
Nichtberücksichtigung zu einer Unterschätzung der Kinderzahlen
in den jüngeren Frauenjahrgängen.
Es gilt weiterhin das
Manko: Unsere Bevölkerungswissenschaftler melden Trends über
Änderungen des Geburtenverhaltens erstens zu spät und zweitens
führt ihre konservative Schätzung durch die
Nichtberücksichtigung von Änderungen der Sozialstruktur zu
Fehleinschätzungen.
Der Politikwissenschaftler
Christian RADEMACHER hat in seiner exzellenten Studie
Deutsche Kommunen im Demographischen Wandel
nachgewiesen, dass die Demographisierung gesellschaftlicher
Probleme zur Falscheinschätzung des demografischen Wandel
führt. Es kommt zur Tendenz, dass die demografische Lage
überwiegend schlechter eingeschätzt wird als sie tatsächlich
ist. Dies führt dazu, dass positive Entwicklungen zu lange
nicht wahrgenommen werden.
Für Baden-Württemberg kommt
CORNELIUS zudem in einem
früheren Artikel aus dem Jahr 2007 zum Schluss, dass die
Kinderlosigkeit in Baden-Württemberg einen geringeren Anteil
am Geburtenrückgang hatte als der Rückgang der kinderreichen
Familien.
KAISER, Tobias & Anne KUNZ (2014): Nur die Krippe bringt's.
Die Forschung belegt: Mehr
Krippenplätze sorgen für mehr Geburten. Dafür kann woanders
leicht gespart werden,
in:
Welt am Sonntag
v. 01.06.
Die Datenlage zur
Geburtenentwicklung in Deutschland ist immer noch
unzureichend. Nur alle 4 Jahre werden seit 2008 im Mikrozensus
die Geburten richtig erfasst. Dies geschah erst 2012 zum
zweiten Mal. Erst 2016 werden erneut solche Daten erhoben.
Wenn jetzt also Daten zum Zusammenhang von familienpolitischen
Maßnahmen und Geburten aus dem Hut gezaubert werden, die einen
Vergleich von Daten vor 2008 mit neueren Daten beinhalten,
dann sollte das kritisch gesehen werden. Der
Politikwissenschaftler Christian RADEMACHER spricht in diesem
Zusammenhang von Demographismus, d.h. die unzureichende
Faktenlage zur Geburtenentwicklung wird durch politische
Ideologien hinsichtlich des demografischen Wandels geprägt.
Aus dieser Sicht ist es
erforderlich, dass die Geburten im Mikrozensus jährlich
erhoben werden. Es kann nicht sein, dass weiterhin ein
Haushalt ohne Kinder mit lebenslanger Kinderlosigkeit gleich
gesetzt wird, wie das immer noch gängige Praxis in Deutschland
ist, weil nur alle 4 Jahre Daten zu den Geburten erhoben
werden.
Pressemitteilungen der
Statistikämter suggerieren gerne Botschaften, indem sie verhindern,
dass man sich selber ein Bild von ihren Vorausberechnungen machen
kann. So wird verschwiegen wie sich die aktuelle
Bevölkerungsentwicklung zu den letzten
Bevölkerungsvorausberechnungen (BV) verändert hat. Deshalb werden
hier die Vorausberechnungen aus dem Jahr 2002 (Basisjahr 31.12.2000)
und dem Jahr 2007 (Basisjahr 31.12.2005; Hauptvariante) mit der
aktuellen BV (Basisjahr 31.12.2012, Hauptvariante) verglichen:
Tabelle: Vergleich
der tatsächlichen Bevölkerungsentwicklung
in Baden-Württemberg
mit verschiedenen Bevölkerungsvoraus-
berechnungen |
Jahr |
Bevölkerungs-
stand (Millionen) |
BV
2002 |
BV 2007 |
BV 2014 |
2000 |
10,524 |
|
|
|
2005 |
10,736 |
10,533 |
|
|
2010 |
10,754 |
10,515 |
|
|
2015 |
10,880 |
10,443 |
10,755 |
|
2020 |
|
10,338 |
10,710 |
10,850 |
2025 |
|
|
10,632 |
|
2030 |
|
9,996 |
10,511 |
10,801 |
2040 |
|
9,464 |
10,167 |
10,656 |
2050 |
|
8,804 |
9,692 |
10,314 |
2060 |
|
|
|
9,925 |
|
Quelle:
Bevölkerungsstand (DESTATIS 2013 Bevölkerung und
Erwerbstätigkeit;
Vorläufige Ergebnisse der
Bevölkerungsfortschreibung auf Grundlage des
Zensus 2011; BV
2002: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2002,
S.132;
BV 2007: Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 2/2007,S.6;
BV 2014: Pressemitteilung 199 v. 4. Juni 2014 |
Während im Jahr 2007 erst für
2012 ein sich immer weiter fortsetzender Bevölkerungsrückgang in
Baden-Württemberg angenommen wurde (2002 wurde er erst ab 2013/2015
erwartet), trat ein unerwarteter, vorübergehender Rückgang bereits
2008 und 2009 ein, während seit 2010 die Bevölkerung entgegen der
Prognose aus dem Jahr 2007 wächst. Nach der neuen
Bevölkerungsvorausberechnung geht die Bevölkerung erst 9 Jahre
später - also 2021 - zurück.
Was ist von solchen Berechnungen
über fast 5 Jahrzehnte zu halten? Der Statistiker Gerd BOSBACH hält
sie zu Recht für Kaffeesatzleserei, weshalb hier für ein Verbot
solcher Bevölkerungsvorausberechnungen plädiert wird. Meist sind
solche Prognosen bereits nach 5 Jahren überholt, weil die zugrunde
liegenden Annahmen falsch waren. Deshalb wäre alternativ die
Gegenüberstellung von alter und neuer Bevölkerungsvorausberechnung
zu fordern. Damit jeder Bürger sich selber ein Bild machen kann,
statt dem Gutdünken der Statistikbehörde mit ihren kryptischen
Pressemitteilungen ausgeliefert zu sein.
Die jetzige Vorausberechnung geht
weiterhin von einer Geburtenrate TFR = 1,4 aus. Es wird lediglich
ein weiterer Anstieg des durchschnittlichen Gebäralters
berücksichtigt.
Inwiefern dies angesichts höherer Geburtenraten der Anfang der
1970er Jahre geborenen Frauen realistisch ist, muss deshalb gefragt
werden.
Angesichts der Tatsache, dass die
letzten 3 Bevölkerungsvorausberechnungen innerhalb von nur 12 Jahren
den Bevölkerungsstand von 8,8 Millionen auf 10,3 Millionen für das
Jahr 2050 nach oben korrigiert haben, ist die Fragwürdigkeit
langfristiger Bevölkerungsvorausberechnungen offensichtlich.
RASCHE, Uta
(2014): Das Leitbild-Wirrwarr.
Erfolgreich im Job, Spitze
daheim: überbordende Anforderungen machen das Müttersein
unattraktiv,
in:
Frankfurter
Allgemeine Zeitung v. 08.07.
ROSENFELD, Dagmar
(2014): Kind und Karriere - eine Fiktion.
Die Politik hat zwar
Infrastruktur und finanzielle Möglichkeiten geschaffen, die der
Vereinbarkeit von Familie und Beruf dienen sollen. Doch an der
niedrigen Geburtenzahl hat das kaum etwas geändert,
in:
Rheinische Post Online
v. 07.07.
Mit der Studie
Evaluation der Wirkung ehe‐ und familienbezogener Leistungen
auf die Geburtenrate/Erfüllung von Kinderwünschen wird
keineswegs die Wirkung der Bevölkerungspolitik umfassend
evaluiert, denn die Stichprobe umfasst lediglich
Paarhaushalte, d.h. weder Paare mit getrennter
Haushaltsführung noch Alleinstehende mit Kinderwunsch werden
berücksichtigt. Außen vor bleibt also die Frage, inwiefern die
Bevölkerungspolitik durch die kinderlosenfeindliche Politik
die Paarbildung als Voraussetzung der Familiengründung
verhindert. Dazu wäre es zudem notwendig die normativen
Aspekte einer solchen Politik unter die Lupe zu nehmen.
Inwieweit die Prämissen der Studie überhaupt plausibel sind,
ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt.
Statt einer umfassenden
Kritik der Studie werden sich die Medien wohl ihnen genehme
Ergebnisse entsprechend ihrem bevölkerungspolitischen
Familienleitbild heraussuchen.
Ein beliebtes Märchen
lautet, dass die Zunahme
der Spätgebärenden zu einer Abnahme der Geburtenrate
führt. In Irland, das eine der höchsten Geburtenraten in
Europa hat, beträgt der Anteil der Spätgebärenden 30 %
gegenüber nur 22 % in Deutschland:
"In sieben EU-Staaten
waren späte Geburten häufiger als in Deutschland. Der
Vergleich auf Basis von Eurostat-Daten ergab, dass 2012 in
Spanien 34 % aller Neugeborenen eine Mutter hatten, die bei
der Geburt mindestens 35 Jahre alt war. In Italien waren es
33 %, in Irland 30 %"
Eher stimmt das Gegenteil
für Deutschland: Ohne die Zunahme der Spätgebärenden wäre die
Geburtenrate in Deutschland noch niedriger.
STERN-Titelgeschichte:
Lieb & teuer.
Was Kinder
heute kosten - und was sie wirklich brauchen |
SCHNEYINK,
Doris (2014): Geld macht keine Kinder.
Warum sind in anderen
Ländern die Geburtenraten höher? Ein Vergleich,
in: Stern
Nr. 45 v. 30.04.
"Je
widersprüchlicher die Rollenerwartungen an Frauen sind, desto
weniger Kinder bekommen sie", fasst SCHNEYINK ein Sammelsurium
an Momentaufnahmen aus den Ländern Italien, Dänemark,
Frankreich und den USA zusammen. Dänemark gilt nun unter den
skandinavischen Ländern als Vorbild. Zur Jahrtausendwende war
das noch Schweden. Eine Analyse, die den Namen verdienen
würde, müsste mehr als eine Momentaufnahme sein und
Entwicklungstendenzen aufzeigen.
DESTATIS (2014): 682.000 Kinder kamen im Jahr 2013 zur Welt,
in: Pressemitteilung des
Statistischen Bundesamtes
v. 08.12.
Trotz Zunahme der späten Mütter
ist die Geburtenrate leicht gestiegen.
Ohne die über 39jährigen Mütter, die selbst noch Mitte der Nuller
Jahre als lebenslang Kinderlose galten, würde die Geburtenrate
sinken. Das Statistische Bundesamt würdigt dies nicht, da späte
Mütter bevölkerungspolitisch unerwünscht sind.
BERNDT, Christina & Ulrike
HEIDENREICH (2014): Es geht aufwärts, Baby.
Das Statistische Bundesamt meldet
für 2013 ein leichtes Plus bei den Geburten: 682000 Kinder kamen in
Deutschland zur Welt. Aber was bedeutet das schon, wenn man die ganze
Gesellschaft im Blick hat? Informationen aus den Kreissälen der
Nation,
in: Süddeutsche
Zeitung v.
09.12.
Christina BERNDT & Ulrike
HEIDENREICH können leider nicht einmal richtig abschreiben:
"Aber auch wenn die
Mütter immer älter werden, sind Entbindungen nach dem 40.
Lebensjahr nicht sehr häufig: Nur drei Prozent waren es im
Jahr 2013."
Das Statistische Bundesamt schreibt aber nur von 3 % ERSTEN
Geburten. Dazu müssen zweite, dritte, vierte usw. Geburten
hinzu gezählt werden. Leider klärt uns das Statistische
Bundesamt darüber nicht auf, weil es bevölkerungspolitische
Interessen vertreten muss.
"1934 brachten Frauen in
Gesamtdeutschland noch 2,2 Kinder zur Welt. Dann waren es
jahrzehntelang, nämlich für die Frauen-Jahrgänge 1948 bis
1972, jeweils 2,0 Kinder pro Frau",
erzählen uns BERNDT &
HEIDENREICH. Zum einen wird sich auf ein Jahr bezogen, d.h. es
geht um die zusammengefasste Geburtenziffer (TFR). Zum anderen
wird sich auf Frauenjahrgänge bezogen, sodass es eigentlich um
die kohortenspezifische Geburtenrate (CFR) gehen müsste. Die
Zahlen sind also absurd, weil nicht vergleichbar und zudem
liegt die Geburtenrate des Frauenjahrgangs 1948 bei 1,75,
während sie beim Jahrgang 1972 noch gar nicht endgültig ist.
Das Statistische Bundesamt weist sie aktuell nur bis zum
Frauenjahrgang 1963 aus und gibt sie mit 1,588 an.
Selbst wenn man statt der
Frauenjahrgänge die
Jahre 1948 bis 1972 betrachtet, d.h. die zusammengefasste
Geburtsziffer, ergeben die Zahlen keinen Sinn.
Ansonsten geben die
Autorinnen lediglich ein Sammelsurium von Fakten wieder, die
sie sich aus unterschiedlichen Studien des Bundesinstituts für
Bevölkerungswissenschaft zusammengebastelt haben. Da stehen
dann Zahlen aus dem Jahr 2003 neben aktuellen Daten. So wird
zum einen ausführlich die Ansicht von Jürgen DORBRITZ
referiert, dass die
Kinderlosigkeit schuld an der niedrigen Geburtenrate sei,
obwohl an anderer Stelle nur im Nebensatz darauf hingewiesen
wird, dass der niedrige Anteil von kinderreichen Familien ein
entscheidender Faktor ist. Neuerdings wird dem kulturellen
Faktor, d.h. dem negativen Mütterbild viel Aufmerksamkeit
zuteil, während dem Geld seine Wirkung abgesprochen wird. Vom
Faktor Kinderbetreuung wird erst gar nicht gesprochen, obwohl
das gerade für Kinderlose ein wesentlicher Faktor ist.
Betrachtet man die
Medienberichterstattung der letzten 15 Jahre, dann wechseln
sich die Moden der Ursachenzuschreibungen hinsichtlich der
niedrigen Geburtenrate in Deutschland sozusagen von Jahr zu
Jahr, je nachdem welche bevölkerungspolitischen Projekte
gerade auf der politischen Agenda stehen. Kennt heutzutage
z.B. noch jemand die ehemalige ZEIT-Journalistin
Susanne GASCHKE? Noch 2005 sah sie die
Kinderlosigkeit der Akademikerinnen ihrer Generation bei
40 %, um das Elterngeld durchzusetzen.
Dabei wusste man damals schon, dass dies falsch war. Es
war der Tatsache geschuldet, dass 40jährige und ältere
Akademikerinnen als lebenslang Kinderlose galten - eine
Vorstellung, die die deutschen Statistiker immer noch - wider
besseres Wissen - aufrecht zu halten versuchen. Inzwischen
macht man dies jedoch durch Herabspielen des Beitrags dieser
Altersgruppe zum Geburtenaufkommen. Z.B. dadurch, dass man die
Zahlen einfach verschweigt.
BUJARD, Martin
(2014): Mehr Kinder von Akademikerinnen.
Das Elterngeld wirkt sich vor allem auf das Einkommen und die
Fertilität hoch qualifizierter Frauen,
in:
Demografische Forschung Aus Erster Hand v. 10.12.
Demografische Forschung Aus Erster Hand? Aktuell ist nur die
Veröffentlichung der Geburtenrate am Montag durch das Statistische
Bundesamt. Der Newsletter nutzt dagegen nur diese Aufmerksamkeit, um
längst Bekanntes nochmals aufzuwärmen! Aktuelle Analyse?
Fehlanzeige! Denn die Entwicklung der Geburtenrate der Jahre 2012
und 2013 bleibt unberücksichtigt. Von Demografischer Forschung aus
erster Hand müsste man mehr erwarten können als Pseudoaktualität.