2015
DESTATIS (2015): Bevölkerung Deutschlands im Jahr 2014 erneut
angestiegen,
in: Pressemitteilung des
Statistischen Bundesamtes
v. 21.01.
Während der heute
vorgestellte
Migrationsbericht 2013 lediglich die Situation bis zum
Jahr 2013 beleuchtet, legt das Statistische Bundesamt heute
erste Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung im Jahr 2014 vor.
Danach hat die Zuwanderung weiter zugenommen und
Deutschland wächst seit 2011 - gegen jegliche
Bevölkerungsvorausberechnung weiter, statt wie vorhergesagt
zu schrumpfen.
Die Anzahl der
Lebendgeborenen wird auf 675.000 bis 700.000 geschätzt.
Letztes Jahr waren 675.000 bis 695.000 Lebendgeborene
geschätzt worden, tatsächlich waren es dann 682.069. Bei
einem Rückgang der potentiellen Mütter wäre damit mit einem
weiteren Anstieg der Geburtenrate zu rechnen.
LEIBERT,
Tim (2015): Geburtenhäufigkeit und Familienpolitik in Europa.
Im europäischen Vergleich
ist die Geburtenhäufigkeit in Deutschland besonders niedrig.
Daran haben auch die umfangreichen familienpolitischen
Reformen der letzten Jahre nichts geändert. Sind die
Erwartungen, dass mit der "richtigen" Familienpolitik ein
entscheidender Beitrag zur Steigerung der Fruchtbarkeit
geleistet werden kann, also überzogen? Im Folgenden wird
überprüft, ob eine Analyse der Raummuster der Fertilität in
Europa einen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage leisten
kann,
in:
Geographische Rundschau,
April
HÜWEL, Detlev & Martin KESSLER (2015): Boom-Städte am Rhein.
Während Düsseldorf, Köln, Bonn und
der Rhein-Kreis Neuss vom Zuzug der Menschen sowie einer hohen
Geburtenrate profitieren, schrumpft die Bevölkerung in Remscheid,
Duisburg und Krefeld,
in: Rheinische Post v.
25.04.
Bericht über die gestern veröffentliche
Bevölkerungsvorausberechnung für die nordrhein-westfälischen
Kreise und kreisfreien Städte bis 2040/2060.
Vergleicht man diese
Vorausberechnung mit jener vom Juni 2012, dann differiert die
Bevölkerungsentwicklung um fast 1 Millionen Menschen bis zum
Jahr 2040. 2012 wurde angenommen, dass 2040 in
Nordrhein-Westfalen nur noch 16,57 Millionen Menschen leben
werden. Nach der aktuellen Vorausberechnung sind es dagegen
17,49 Millionen. Aussagen für 2060 zu machen ist moderne
Kaffeesatzleserei.
Welchen Sinn haben
Bevölkerungsvorausberechnungen, wenn sie innerhalb von nur 3
Jahren zu ganz anderen Ergebnissen kommen? Diesmal waren es
die Wanderungsbewegungen, die unterschätzt wurden. Nächstes
Mal vielleicht die Geburtenentwicklung oder die
Lebenserwartung oder etwas was wir gar nicht im Blick hatten?
Die Veröffentlichung von
Langfristprognosen sollte verboten werden und stattdessen
kurzfristige Entwicklungskorridore aufgezeigt werden. Das
könnte
Denkverbote verhindern ebenso wie teure Fehlinvestitionen
während dringend benötigte Investitionen unterbleiben, weil
sie wegen absurd langen Vorausberechnungen als irrelevant
abgetan werden.
Die modernen
Märchenerzähler gaukeln uns vor, dass einzig
Bevölkerungsentwicklungen langfristig voraussehbar sind. Mit
jeder neuen Vorausberechnung zeigt sich jedoch, dass ihre
Annahmen realitätsfern sind. Und vor allem gibt es keinen
engen Zusammenhang zwischen Kopfzahl, Wirtschaftsentwicklung
und Wohlstand einer Gesellschaft.
Für
den Soziologen Karl Otto HONDRICH sichert nicht die Stabilität
von Bevölkerungen, sondern die Problemlösungskompetenz das
Überleben einer Gesellschaft.
BUJARD, Martin & Detlev LÜCK (2015):
Kinderlosigkeit und Kinderreichtum.
Zwei Phänomene und ihre
unterschiedlichen theoretischen Erklärungen,
in: Working
Paper des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Nr.1 v.
27.04.
Seit Jahren wird auf dieser Website kritisiert, dass die
Verengung auf die Bekämpfung der Kinderlosigkeit, bei der sich
zudem
herausstellte, dass sie bis
zum Mikrozensus 2008 weit überschätzt wurde, kontraproduktiv
für eine Erhöhung der Geburtenrate ist.
Die kinderreiche Familie wurde dagegen sträflich
vernachlässigt (vgl. z.B.
Hans BERTRAM 2008). Nun dämmert dies auch dem BIB und
man ist aus dem Tiefschlaf aufgewacht.
DORBRITZ, Jügen/Ralina PANOVA/Jasmin
PASSET-WITTIG (2015): Gewollt oder Ungewollt.
Der Forschungsstand zu
Kinderlosigkeit,
in: Working
Paper des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Nr.2 v.
27.04.
Seit den 1990er Jahren kreisen die Schriften des Instituts für
Bevölkerungswissenschaft um die steigende Kinderlosigkeit in
Deutschland. Da muss es doch sehr erstaunen, wenn jetzt -
immerhin 25 Jahre später! - immer noch Literaturstudien
erscheinen. Spätestens seit dem
Pflegefehlurteil
im Jahr 2001 sind die Defizite der Erforschung von
Kinderlosigkeit bekannt. Sie wurden auf dieser Website
frühzeitig offen gelegt (mehr hier:
Das neue Tabuthema - Gewollte
Kinderlosigkeit in Deutschland
(2002);
Geburtenkrise - Die politische Konstruktion eines Themas
(2004);
Die Kultur der Kinderlosigkeit in
Deutschland
(2007);
Ein Leben ohne Kinder
(2007);
Die Kinderlosigkeit der Akademikerinnen
(2012). Die Position von Jürgen DORBRITZ und des BIB wurde
ausführlich kritisiert (mehr auch
hier).
"Für die weitere
Forschung wurden mit den Themen Männer und Kinderlosigkeit,
Wege in die Kinderlosigkeit, Ungewollte Kinderlosigkeit
und Reproduktionsmedizin sowie
Partnerschaftsfindung, Paarkonstellation und Kinderlosigkeit
vier Gebiete benannt, in denen sich erhebliche
Forschungslücken zeigen",
schreiben die Autoren. Mehr
als erstaunlich, denn diese Defizite sind alle hinlänglich
bekannt. Man kann darüber auf dieser Website und
single-generation.de bereits seit Jahren lesen. Dass dem
BIB nun diese Erkenntnis nach fast 15 Jahren ebenfalls
dämmert. Welch Wunder! Das ist mehr oder weniger der
Offenbarungseid dieses Instituts.
DRESCHMITT, Kai & Robert NADERI
(2015): Sozialwissenschaftliche Daten zur Erforschung von
Kinderlosigkeit und Kinderreichtum,
in: Working
Paper des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, Nr.4 v.
27.04.
DESTATIS (2015): Neue
Bevölkerungsvorausberechnung für Deutschland bis 2060,
in: Pressemitteilung des
Statistischen Bundesamtes
v. 28.04.
Die Pressemeldung ist mehr
oder weniger irreführend, weil die entscheidenden
WENN-Annahmen politisch motiviert sind und die DANN-Aussagen
vorstrukturieren. Aufschlussreich ist dagegen der Tabellenband
Bevölkerung Deutschlands bis 2060. 13. koordinierte
Bevölkerungsvorausberechnung, denn er ermöglicht
Vergleiche mit früheren Bevölkerungsvorausberechnungen.
Wie absurd die Annahmen des
Statistischen Bundesamtes sind, das zeigt z.B., dass im
Pressetext zwei Varianten (Variante 1 und 2) vorgestellt
werden, die von einer gleich bleibenden Geburtenrate von 1,4
bis 2060 bei weiter steigendem Erstgebäralter ausgehen.
Dagegen liegt die Geburtenrate der Anfang der 1970er Jahre
geborenen Frauen jetzt bereits bei 1,6. Zum anderen ist das
Basisjahr der 31.12.2013 und nicht der 31.12.2014, sodass die
weiter gestiegene Zuwanderung nicht adäquat berücksichtigt
wird.
Selbst, wenn man diese
Annahmen nimmt, die unter der gegenwärtigen realen
Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre liegen, ergibt sich
gegenüber der vorangegangenen Bevölkerungsvorausberechnung
eine geringere Schrumpfung und selbst eine geringere Alterung.
Im Jahr 2009 wurde die 12. Bevölkerungsvorausberechnung (BVB)
veröffentlicht. Ein Vergleich für das Jahr 2060 zeigt:
|
12. BVB |
13. BVB |
|
Variante 1 |
Variante 2 |
Variante 1 |
Variante 2 |
Bevölkerung |
64,651
Mill. |
70,120
Mill. |
67,563
Mill. |
73,079
Mill. |
Anteil 60 Jahre
und älter |
40,5 % |
39,2 % |
39,4 % |
38,2 % |
Solche langfristigen
Entwicklungstrends sind lediglich moderne Kaffeesatzleserei.
Sie geben jedoch Aufschluss darüber, inwiefern sich bei den
Bevölkerungsvorausberechnungen Richtungsänderungen ergeben
haben. Es zeigt sich im Vergleich zur 12.
Bevölkerungsvorausberechnung, dass sich sowohl der Trend zur
Schrumpfung als auch zur Alterung abgeschwächt hat.
Im diesjährigen
Frühjahrsthema geht es passend zur aktuellen
Bevölkerungsvorausberechnung um Deutschlands Zukunft im
Spiegel der Öffentlichkeit von 1990 bis heute. Hier kann
nachgelesen werden, welche Ängste in den letzten 25 Jahren
mittels Bevölkerungsvorausberechnungen geschürt wurden und was
tatsächlich eingetreten ist. Denn im Vergleich mit einem
geschichtslosen Blick nach Vorn ist der Blick in die
vergangene Zukunft aufschlussreicher.
Typischerweise wird ja von
den Medien nur sehr selten über Fehleinschätzungen der
Bevölkerungswissenschaftler geschrieben. Stattdessen wird die
aktuelle Bevölkerungsvorausberechnung immer als die
dramatischste aller Zeiten beschrieben oder sie wird
beschwiegen. Warum veröffentlichte z.B. der Spiegel
seine
Zukunftsserie zu Deutschland 2030 kurz vor und nicht nach
dieser aktuellen Bevölkerungsvorausberechnung? Offenbar passte
dem Spiegel die positive Trendentwicklung nicht ins
Konzept.
EUROSTAT (2015): Frauen in der EU sind bei der Geburt ihres
ersten Kindes durchschnittlich fast 29 Jahre alt.
15. Mai 2015:
Internationaler Tag der Familie,
in: Pressemitteilung Europäisches Statistikamt v.
13.05.
Die EUROSTAT-Pressemeldung informiert zum einen über das Alter
von Müttern in den EU-Mitgliedsstaaten und zum anderen über den
Anteil der Lebendgeborenen nach der Geburtenfolge im Jahr 2013.
Dabei bleibt unklar, ob es sich in den einzelnen
Mitgliedsstaaten um die eheliche oder die biologische
Geburtenfolge handelt. In Deutschland hat die Nichterfassung der
biologischen Geburtenfolge noch im letzten Jahrzehnt zu enormen
Fehleinschätzungen geführt. Bei einem steigendem Anteil von
außerehelichen Geburten ist die eheliche Geburtenfolge ein
unzureichender Indikator.
SCHARNIGG, Max (2015): Keine
Kinderüberraschung.
Neue Studien sehen
Deutschlands Geburtenrate auf dem letzten Platz - weltweit,
in:
Süddeutsche Zeitung v. 01.06.
Max
SCHARNIGG berichtet nicht über die Geburtenrate (TFR
oder
CFR), sondern über die rohe Geburtenziffer, in die auch die
Alterstruktur einer Gesellschaft einfließt und die deshalb
keine Aussage über die Geburtenentwicklung eines Landes ist.
Zudem wird nicht erwähnt aus welchem Jahr diese rohen
Geburtenziffern der einzelnen Ländern stammen, sodass daraus
auch keine Trends für die Zukunft abgelesen werden können.
Angeblich habe Deutschland sogar Japan als Schlusslicht
abgelöst. Dies lässt sich jedoch nicht überprüfen, weswegen
ein solcher Artikel nicht für die Qualität der Zeitung
spricht. Vielmehr besteht hier der Verdacht, dass mit
veralteten Daten wieder einmal der Fachkräftemangel beschworen
werden soll, der angeblich droht.
KLÖPPER, Anna & Anna LEHMANN (2015): Voll verrechnet.
Bildung: Fast überall in Berlin wird der Platz in den Schulen
knapp - in Kreuzberg hat das paradoxe Folgen,
in: TAZ Berlin v.
02.06.
Anna KLÖPPER & Anna LEHMANN
beschreiben am Beispiel Berliner Bezirk Lichtenberg, wie
demografische Entwicklungen verschlafen werden:
"Schon 1994 hatte der
schwarz-rote Senat beschlossen, die Flächen rund um die
Rummelsburger Bucht, einen Seitenarm der Spree,
städtebaulich zu entwickeln. Ein neues Quartier mit 5.400
geförderten Wohnungen, Gewerbe und öffentlicher
Infrastruktur sollte entstehen. Doch der Boom blieb zunächst
aus: Die Stadt zog sich aus dem Projekt Rummelsburger Bucht
in den Jahren nach der Jahrtausendwende finanziell zurück
und verkaufte die Flächen »eigentumsorientiert«.
Auf der Lichtenberger Seite siedelten nun Baugruppen und
errichteten Reihenhäuser. Fast 3.500 Menschen leben heute an
der Rummelsburger Bucht, darunter viele Familien mit
Kindern. Allein: Eine neue Schule wurde hier nicht gebaut.
"Aus der Erfahrung der 90er und frühen 2000er Jahre war ein
Kinderreichtum, wie wir ihn heute erleben, nicht
anzunehmen", sagt Schulstadträtin Kerstin Beurich (SPD).
Entsprechende Mittel seien bezirksseitig auch gar nicht
vorhanden gewesen."
Was nutzen also
Bevölkerungsvorausberechnungen bis zum Jahr 2060, wenn diese
zum einen bereits nach 3 Jahren vollkommen überholt sind und
zum anderen kleinräumige demografische Entwicklungen den
angeblichen Großtrends entgegenlaufen?
"Es muss etwas geschehen.
Nirgendwo kommen weniger Kinder zur Welt als hier",
schwadroniert heute Marc
BEISE in der Süddeutschen Zeitung ("Hilfen
für Großfamilien"). Merkwürdig nur, dass man es in
Deutschland trotzdem nicht schafft, genügend Schulen für die
angeblich nicht vorhandenen Kinder zu bauen.
Wie wäre es eigentlich,
statt auf die vergangenen
Geburtenratenartefakte zu starren, kleinräumige und
kurzfristige Geburtentrends sowie die Wanderungsbewegungen von
Familien besser vorherzusagen? Offenbar ist das doch viel
schwieriger als globale Trends auszuposaunen, die wenig
hilfreich sind um konkrete Planungen, z.B. im Schulsektor,
anzuleiten.
BUJARD, Martin (2015): Folgen der dauerhaft niedrigen Fertilität
in Deutschland.
Demografische Projektionen und Konsequenzen für unterschiedliche
Politikfelder,
in: Comparative Population
Studies v. 03.06.
"Der Geburtenrückgang und
der demografische Wandel erfahren in Deutschland in Politik,
Medien und Wissenschaft eine enorme Beachtung (vgl.
Barlösius/Schiek 2007; Stock et al. 2012),
inzwischen wird sogar von einem eigenen Politikfeld
»Demografiepolitik« gesprochen (Hüther/Naegele 2013;
Mayer 2012)",
schreibt
Martin BUJARD. Auf single-generation.de wurde diese
Entwicklung viel früher vorausgesehen. Dort hieß es seit dem
Jahr 2002: Die Autoren
der Generation @: Erwachsenwerden im Zeichen der
Demografiepolitik. Damit sind die nach der
Generation Golf kommende "Generation" der 1976 ff.
Geborenen gemeint.
Martin BUJARD will die
Folgen von Schrumpfung und Alterung in Deutschland abschätzen.
Dabei bedient er sich nicht der fortschrittlichsten, sondern
der dominanten Methode, obwohl diese offensichtlich nicht in
der Lage ist, eine solche Abschätzung überhaupt leisten zu
können:
"Bevölkerungsprojektionen, die sowohl Projektionen für die
Bevölkerungsgröße als auch die Alterung umfassen, gibt es
u.a. von den Vereinten Nationen für den Zeitraum bis 2100 (UN
2012) und vom Statistischen Bundesamt (2009a/b) für
Deutschland bis 2060. Dabei werden bisherige Trends der
demografischen Parameter fortgeschrieben, wobei ein Spektrum
unterschiedlicher Annahmen und ihrer Kombinationen berechnet
wird. Diese Projektionen verstehen sich explizit nicht als
Prognosen, trotzdem werden die mittleren Varianten faktisch
oft als solche interpretiert. Allerdings sei auf zwei ernst
zu nehmende Kritikpunkte an diesen Projektionen hingewiesen:
Zum einen wird die Auswirkung des angenommenen
durchschnittlichen Gebäralters auf das Fertilitätsniveau
teilweise nicht berücksichtigt (Goldstein et al.
2011), was bei der Vorausberechnung des Statistischen
Bundesamtes (2009a) angesichts eines ab 2020 nicht mehr
steigenden Gebäralters in der mittleren Variante zu einer
anschließenden Unterschätzung der TFR führen kann. Zum
anderen kritisieren
probabilistische Ansätze die deterministische
Beschaffenheit klassischer Projektionen und dass die
Unsicherheit durch verschiedene Varianten abgebildet und
nicht anhand von Konfidenzintervallen quantifiziert wird
(Werte für Deutschland siehe: Scherbov et al. 2008:
40-41). Allerdings können auch probabilistische Ansätze die
Wahrscheinlichkeit von Systembrüchen und zukünftigen
Entwicklungen der Annahmen nicht vorhersagen. Die
Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes
sind Grundlage der demografischen Analysen in Abschnitt 3
und 4, da sie in der Anwendung in Deutschland dominant
sind."
Hinzu kommt, dass BUJARD
nicht die aktuelle
13. Bevölkerungsvorausberechnung (BVB) aus dem Jahr 2015,
sondern die völlig veraltete
12. BVB aus dem Jahr 2009 verwendet.
LOHAUS, Stefanie
(2015): Land ohne Kinder.
Seit Jahrzehnten haben wir die niedrigsten Geburtenrate der
Welt. Dass die Jungen keine Lust auf Kinder haben, liegt auch an
den Alten,
in: Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung v. 07.06.
"Meine
Generation - ich bin 1978 geboren - umfasst circa ein
Viertel weniger Menschen als die Generation meiner Eltern.
Schulen werden dicht-, Pflegeheime aufgemacht. Wenn nicht
dagegen gesteuert wird, droht ein Rückgang der
Wirtschaftsleistung, ein
Versagen der sozialen Sicherungssysteme, Pflegenotstand,
Altersarmut. (...).
Dabei war die niedrige Geburtenrate noch nie ein Ausdruck
egoistischer
Akademikerinnen im Gebärstreik.
Sie ist eine Gemeinschaftsfehlleistung von Eliten in Politik,
Wirtschaft und Medien", schreibt Stefanie LOHAUS.
DPA (2015): Deutschland ist nicht mehr Letzter.
Im internationalen
Vergleich der Geburtenraten belegt Deutschland nicht mehr den
letzten Platz. Doch Experten warnen: Um den Alterungsprozess
zu stoppen, müssten die Geburtenzahlen deutlich höher liegen,
in:
faz.net v. 11.06.
Letzter Platz? Nur durch
Rechentricks hatte das HWWI im Jahr 2015 die rohe
Geburtenziffer und nicht die Geburtenrate so hingetrickst,
dass die perverse Ökonomie der Aufmerksamkeit größtmöglichst
bedient werden konnte. Ein Jahr später wird mit den gleichen
Rechentricks wiederum die Aufmerksamkeit auf einen Indikator
gelenkt, der wenig über Deutschlands Zukunft, aber viel über
die Vergangenheit aussagt: Der Soziologe Erwin K. SCHEUCH wies
schon im Jahr 1978 darauf hin, dass der Altersaufbau in
Deutschland aufgrund von zwei Weltkriegen immer schon gestört
war, was sich nun auch auf das 21. Jahrhundert auswirkt.
Warum hat das HWWI solche
Rechentricks nötig? Neben Münchener Ifo-Institut, Berliner DIW
und Kölner IW droht das HWWI der mediale Untergang in der
Aufmerksamkeitsökonomie. Angebliche Sensationen im Bereich
Geburtenentwicklung werden im hysterischen Deutschland immer
begierig aufgegriffen, das weiß selbst das unhippe HWWI.
JUNGLE
WORLD-Thema:
Wettlauf für Deutschland.
Mutterschaft und Demographie |
SCHRUPP, Antje (2015): Hurra wir sterben aus.
Immer mehr Menschen geht es immer besser. Sie bleiben länger gesund
und leben länger. Doch anstatt sich darüber zu freuen, lamentieren
Politiker und Publizisten über das Aussterben der Deutschen. Schuld
an der Misere seien verantwortungslose und spaßgeile Frauen, die dem
Land kein Kind schenken wollen,
in:
Jungle World Nr.25 v. 18.06.
"Den Anfang der Debatte
machte
2003 eine Prognose des Statistischen Bundesamtes, die
für das Jahr 2050 vorhersagte, dass die Anzahl der alten
Menschen deutlich größer und die der jungen deutliche
niedriger sein werde als bisher angenommen und dass die
bestehenden Sozialsysteme für diesen Wandel nicht
ausgerichtet seien. Es folgte auf dem Fuße der Journalist
Frank Schirrmacher mit seinem Bestseller
»Das Methusalem-Komplott«, der die Richtung des nun
folgenden Diskurses vorgab: Der demographische Wandel, so
lernten wir, ist eine Katastrophe, es wird alles ganz, ganz
schlimm kommen.
Und wer ist schuld? Der medizinische Fortschritt, der dafür
sorgt, dass die Lebenserwartung der Menschen seit
Jahrzehnten stetig ansteigt? Nein, schuld sind die Frauen,
die nicht ausreichend viele Kinder kriegen, um den
Überschuss an Alten am unteren Ende der Skala wieder
auszugleichen. »Deutschland hat zu wenige Kinder« ist
seither das Mantra, das in den entsprechenden Debatten immer
wiederkehrt",
behauptet historisch
kurzsichtig Antje SCHRUPP.
Deutschland stirbt bereits seit über hundert Jahren ständig
aus. Das Rentensystem der Nachkriegszeit wird bereits seit
Ende der 1970er Jahre ständig als vom demografischen Wandel
bedroht beschrieben. Seit 40 Jahren warten wir bereits
vergeblich auf den endgültigen Zusammenbruch der Sozialsysteme
aufgrund des demografischen Wandels.
2003 markierte nicht den Anfang der Debatte, sondern
höchstens einen für die verschnarchte Ex-Linke. Frank
SCHIRRMACHER war kein Pionier der Debatte, sondern ein
zeitgeistiger Mitläufer, der lediglich absahnte. Seine Bücher
fassten das für verschlafene ex-linke Neubürgerliche zusammen,
was die bevölkerungspolitische Strategie der Vergangenheit
war, während längst die nächste Stufe der Demographiepolitik
eingeläutet war.
Antje SCHRUPP möchte den
Blick auf die steigende Lebenserwartung lenken. Das
Institut für Bevölkerungsforschung hat jedoch gerade
wieder deutlich gemacht, dass der Geburtenrückgang das Problem
zu sein hat. In seinem Aufsatz
Folgen der dauerhaft niedrigen Fertilität in Deutschland
von Martin BUJARD sagt dies bereits die Überschrift. Das
Strickmuster der Analyse ist simpel:
"Zur Analyse der Folgen
dieses Geburtenrückgangs bedarf es einer analytischen
Trennung zwischen Alterung und Schrumpfung (u.a. Swiaczny
2014). Beide Phänomene implizieren höchst unterschiedliche
Folgen. Die Bewertung der Gesamtfolgen des Geburtenrückgangs
in Deutschland variiert in der Literatur dahingehend, ob die
Alterung die »schlimmere« Entwicklung sei (Sinn 2013)
oder der Bevölkerungsrückgang (Birg 2003; Kaufmann
2005). Bei Bevölkerungsprojektionen unterscheidet sich der
Einfluss der drei zentralen Parameter – Lebenserwartung,
Migrationssaldo und Geburtenrate – im Hinblick auf Alterung
und Schrumpfung fundamental."
Man erkennt auf den ersten
Blick, dass innerhalb von einem Jahrzehnt der Fokus der
Aufmerksamkeit von der Schrumpfung auf die Alterung als
Hauptproblem verschoben wurde. Der Hintergrund ist
einleuchtend, denn im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends
rechnete man noch mit einer unabänderlichen schnellen
Schrumpfung. Nachdem dies in den letzten Jahren unhaltbar
wurde, musste zwangsläufig die Alterung das Hauptproblem
werden. Noch im Jahr 2007 wurde ein Buch mit dem Titel
Das große Schrumpfen auf den Markt geworfen, in dem
erläutert wurde, dass Deutschland jedes Jahr unausweichlich um
200.000 Menschen schrumpft, während es seit mehreren Jahren um
mehr als 200.000 Menschen wächst. Deutschlands Zukünfte können
sich also sehr schnell ändern, egal was uns die
Geschichtenerzähler vom demografischen Wandel gerade
erzählen...
BILD
AM SONNTAG-Titelgeschichte:
Warum wollen deutsche Frauen keine Babys?
Zu verunsichert? Zu feige? Oder sind die Männer schuld? |
Die Bild am Sonntag vom
21.06.2015 fragt,
warum deutsche Frauen keine Kinder wollen und gibt 3 Antworten vor:
Zu emanzipiert, zu feige. Oder sind die Männer schuld? Passend
dazu titelt die Welt am Sonntag kompakt zu Deutschland:
Schwulstes Land der Welt. Damit sind die beiden Feindbilder der
Springer-Presse genannt: Feminismus und Homo-Ehe.
Angeblich hat Deutschland die
niedrigste Geburtenrate der Welt. Angegeben werden jedoch keine Zahlen
zur Geburtenrate, sondern ein Vergleich roher Geburtenziffern, bei
denen auch z.B. 65jährige Großmütter mitgezählt werden. Zwar wurde vor
kurzem eine 65Jährige Deutsche Mutter von Vierlingen - was jedoch auf
breite Ablehnung stieß. Wenn man also schon Geburtenzahlen vergleicht,
bei denen auch 100 jährige Frauen mitgezählt werden, dann sollte man
endlich auch dafür plädieren, dass 100 jährige Frauen noch Kinder in
die Welt setzen sollen. Alles andere wäre scheinheilig!
Im Interview der Bild am Sonntag
findet die Familienministerin Manuela SCHWESIG einen ganz anderen Schuldigen:
die deutsche Wirtschaft. Diese jammert uns zwar die Ohren voll, dass
uns in 50 Jahren die Fachkräfte fehlen, während die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie lediglich in Sonntagsreden gefordert wird, dagegen
wird in der betrieblichen Praxis das Gegenteil praktiziert.
Die Meldung zur angeblich weltweit
niedrigsten Geburtenrate kam bereits
Ende Mai von dem Hamburger Weltwirtschaftsinstitut, das Probleme hat sich
mediales Gehör zu verschaffen. Man kennt das von Hunden: je kleiner
sie sind, desto lauter müssen sie kläffen. Und die Sensationspresse
liebt schlechte Nachrichten zur Geburtenentwicklung. Auf
Spiegel Online wird dagegen genauer erklärt wie die deutsche
"Geburtenrate" so schlecht gerechnet wurde, dass wir auf dem letzten
Platz landeten, den wir übrigens bereits Mitte der Nuller Jahre
innehatten (was natürlich fast in der gesamten Presse verschwiegen
wurde):
"Die
überraschend schlechte Platzierung kommt zustande, weil die Forscher
nicht die Zahl der Geburten pro Frau betrachten (auch in dieser
Disziplin liegt Deutschland hinten, aber eben nicht ganz hinten),
sondern die Zahl der Geburten pro 1000 Einwohner. (...).
In Deutschland, so die Studie, betrug in den Jahren 2009 bis 2013
die sogenannte Bruttogeburtenziffer 8,28 Geburten je 1000 Einwohner.
Damit hat Deutschland die niedrigste Geburtenrate weltweit, noch
hinter Japan mit einem Vergleichswert von 8,36. Auch in den
Vorjahren 2004 bis 2008 belegte Deutschland den letzten Platz der
Tabelle.
Nimmt man allerdings das Jahr 2013 allein als Grundlage, haben
immerhin zwei Staaten niedrigere Bruttogeburtenziffern als
Deutschland, nämlich Portugal und Japan, ferner auch die chinesische
Sonderverwaltungszone Hongkong."
MARGOLIS, Rachel & Mikko MYRSKYLÄ (2015): Parental Well-being
Surrounding First Birth as a Determinant of Further Parity
Progression
in:
Demography
v. 04.08.
In der Pressemitteilung
Macht das erste Kind unglücklich, kommen seltener Geschwister
der Max-Planck-Gesellschaft zur Studie von MARGOLIS &
MYRSKYLÄ heißt es:
"Die
Forschungsergebnisse helfen, einen inzwischen schon lange
andauernden Widerspruch zu erklären: Immer noch wünschen
sich die meisten Deutschen zwei Kinder. Tatsächlich liegt
die Zahl der Geburten pro Frau aber seit 40 Jahren unter
1,5. Während als Ursache häufig der steigende Anteil von
Kinderlosen diskutiert wird, wird vernachlässigt, dass immer
häufiger zwar ein erstes Kind kommt – dann aber nicht mehr
das ursprünglich gewollte zweite. Lag der Anteil an
Ein-KindFamilien noch bei 25 Prozent für Mütter, die Ende
der 1930er-Jahre geboren wurden, hat er für die jetzt etwa
45-jährigen Mütter der späten 1960er-Jahrgänge schon 32
Prozent erreicht. Zum Vergleich: In England und Wales liegt
der Anteil für die späten 1960er-Jahrgänge nur bei 21
Prozent."
Abgesehen von der
Tatsache, dass die
angebliche Kluft zwischen Geburtenrate und Kinderwunsch
gar nicht in dieser Weise existiert, wird hier von einem neuen
Trend zur 1-Kind-Familie gesprochen, obwohl in Ostdeutschland
traditionell die 1-Kind-Familie dominiert. Lediglich im Westen
dominierte angeblich weiterhin die 2-Kind-Familie. In der
Studie von MARGOLIS & MYRSKYLA heißt es nun dazu:
"In Germany,
relatively low transition rates to parity 2 is an important
component of persistent low fertility. The proportion of
mothers who stopped at having one child has been increasing
rapidly, from 25 % for the 1935–1939 birth cohort to 32 %
for the 1965–1969 birth cohort (Kreyenfeld and Konietzka
forthcoming)."
Jürgen DORBRITZ vom
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung ist seit den 1990er
Jahren von einer Polarisierung zwischen Kinderlosen und
Zwei-Kind-Familien in Deutschland ausgegangen. So heißt es
etwa bei DORBRITZ & GÄRTNER im
Bericht 1995 über
die demographische Lage in Deutschland
im Heft 4 der Zeitschrift für Bevölkerungswissenschaft:
"Während
bei den zweiten und folgenden Kindern kaum Veränderungen
vorausgeschätzt werden, ist eine Umverteilung von den Frauen
mit einem Kind zu den Kinderlosen zu erwarten. (...). Die
Schätzungen von Birg und Flöthmann geben für die jüngeren
Geburtsjahrgänge (Anmerkungen des Autors: 1965 und 1970
Geborene) einen Kinderlosenanteil von über 30 % an. (...).
Dagegen ist die Familienerweiterung von der Geburt des
ersten zur Geburt des zweiten Kindes, wenn man sich einmal
für das Biographiemuster Ehe und Kinder entschieden hat,
kaum abgeschwächt." (S.373)"
Diese Argumentation
wurde bislang von Jürgen DORBRITZ mehr oder weniger
ungebrochen weiter verfochten. Diese Polarisierungsthese wurde
auf dieser Website von Anfang an kritisiert, konnte aber erst
anhand der empirischen Erfassung der tatsächlichen
Paritätsverteilung der Geburten in den letzten Jahren
widerlegt werden. Im Jahr 2012 wurde im Rahmen einer
Kritik der Debatte um die Geburtenentwicklung anhand neuer
Erkenntnisse dieser Aspekt ausführlich dargelegt (mehr
hier).
Die Studie geht also von
einer anderen Prämisse aus: Nicht die Kinderlosigkeit, sondern
die Familienerweiterung, die bislang im Rahmen der
Polarisierungsthese weitgehend beschönigt wurde, wird als
eigentliches Problem der deutschen Geburtenentwicklung
gesehen. Während bislang die
Zunahme der späten Mutterschaft und die damit verbundene
Fruchtbarkeitskrise als Ursache betrachtet wurde, geht die
Studie von MARGOLIS & MYRSKYLA dagegen von einem Zusammenhang
zwischen Geburtenentwicklung und der Unzufriedenheit von
Eltern mit ihrer Lebenssituation aus.
Auf dieser Website wurde
bereits anlässlich eines
ZEIT-Artikels
von Ulrich GREINER im Jahr 2001darauf hingewiesen, dass
aufgrund der hysterischen Demografiedebatte die
Unzufriedenheit von Eltern im allgemeinen medialen Diskurs
ein Tabuthema ist. Statt die eigene Situation realistisch
darzustellen wurden dagegen Singles als Projektionsfläche bzw.
Identitätsstabilisator missbraucht.
Mit dem verblassenden Glanz des Single-Daseins in der
Hartz-Gesellschaft rückten die Mutterkriege in den
Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit.
Warum wird ausgerechnet
jetzt die Unzufriedenheit mit der Elternrolle thematisiert?
Ist das Tabuthema unzufriedene Eltern überhaupt ein
Alltagsproblem oder nur ein Diskursphänomen, das im
Zusammenhang mit demografischen Problemdefinitionen und
politischen Lösungsstrategien steht?
Nachdem das Elterngeld
durchgesetzt war, rückte die Idealisierung der Mutter in den
Mittelpunkt der Medienkritik. So erregte 2007 das Buch No
Kid der Französin Corinne MAIER Deutschland. Und Sandra
KEGEL schrieb in der FAZ (Ist das ihr Ernst?,
10.10.2007):
"Wer (...) kinderlos
ist, aber ernsthaft erwägt, Nachwuchs zu bekommen, sollte
die Streitschrift (...) lieber gar nicht erst zur Hand
nehmen".
Als die kinderlose
Schriftstellerin Antonia BAUM letztes Jahr in der FAZ
erklärte: Man muss wahnsinnig sein, heute ein Kind zu
kriegen folgte zwar eine lebhafte Debatte, die jedoch dem
üblichen Schema verhaftet war: Es ging darum, warum Kinderlose
kein Kind wollen, aber nicht darum, warum Eltern kein zweites
oder gar drittes Kind wollen. Die Debatten der Vergangenheit
waren Ausdruck der nationalkonservativen Polarisierungsthese,
die Kinderlose hauptsächlich für den Geburtenrückgang
verantwortlich machte. Langsam bahnt sich nun in der
demografischen Debatte ein Paradigmenwechsel an: Es geht nun
vermehrt um die Frage, warum Eltern nicht weitere Kinder
bekommen. Inwieweit sich damit eine Abkehr von der
nationalkonservativen Polarisierungsthese abzeichnet, muss
abgewartet werden.
DESTATIS (2015):
Mehr Geburten und weniger Sterbefälle im Jahr 2014,
in: Pressemitteilung des
Statistischen Bundesamtes
v. 21.08.
"Im Jahr 2014 wurden in
Deutschland 715 000 Kinder lebend geboren. Wie das Statistisches
Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen weiter mitteilt,
waren das 33 000 Neugeborene oder 4,8 % mehr als im Jahr 2013 (682
000).
In Deutschland waren zuletzt im Jahr 2004 mehr als 700 000 Kinder
zur Welt gekommen. Im Jahr 2014 starben 868 000 Menschen,
gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der Sterbefälle um 2,8 %
gesunken (2013: 894 000). Wie in allen Jahren seit 1972 starben
somit mehr Menschen als Kinder geboren wurden. 2014 lag die
Differenz bei 153 000, im Jahr 2013 bei 212 000.
Den Bund der Ehe haben 386 000 Paare im Jahr 2014 geschlossen. Das
ist eine Steigerung um 12 000 beziehungsweise 3,3 % gegenüber dem
Vorjahr (2013: 374 000)",
heißt es in der Pressemitteilung
des Statistischen Bundesamts. Im Januar
ist das Statistische Bundesamt noch von
675.000 bis 700.000 Geburten ausgegangen.
Noch vor einer Woche hieß es auf Spiegel Online:
"Deutschland steht weltweit auf
dem letzten Platz, wenn es um die Zahl der Geburten pro 1000
Einwohner geht. Ein Grund: Der Anteil der Frauen ohne Kind ist im
Laufe der vergangen Jahrzehnte kontinuierlich angestiegen, 2012
blieb jede fünfte Frau zwischen 40 und 44 Jahren kinderlos."
Den angeblich letzten Platz
bastelte sich das - nicht gerade hippe - Hamburger
Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) zurecht, um endlich wieder einmal die
Medien auf sich aufmerksam zu machen. Die Presse griff das
im Juni auch gierig auf.
Die Presse verspielt ihre
Glaubwürdigkeit, weil sie lediglich auf Klickzahlen starrt und
Analysen vermissen lässt. Stephan RUSS-MOHL sieht die Journalisten
gar
in einer Blase leben:
"viele Journalisten,
Chefredakteure und Medienmanager inklusive, folgen ziemlich
blindlings ihrem irrationalem Herdentrieb und sind längst »Victims
of Groupthink«, Gefangene ihrer Ingroup, geworden".
Mit welchen Schablonen werden die
Medien nun an diese Pressemeldung herangehen? Erste Meldungen lassen
wenig Optimismus aufkommen, denn die Meldung der absoluten
Geburtenzahlen lässt keine Rückschlüsse auf die Geburtenrate (TFR)
zu. Bei Welt online titelt man z.B.:
Höchste Geburtenrate seit zehn Jahren in Deutschland.
Tatsächlich heißt es nur, dass es letztmalig 2004 so hohe
GeburtenZAHLEN gab. Die Geburtenrate (TFR) setzt jedoch das Wissen
um die Anzahl der gebärfähigen Frauen voraus. Dazu hat das
Statistische Bundesamt nichts verlauten lassen. Es könnte stimmen,
muss jedoch nicht. Die Geburtenrate ist abhängig von der
Entwicklung der Lebendgeborenen in Deutschland, der Entwicklung
des durchschnittlichen Gebäralters, das bislang immer gestiegen ist
und der Entwicklung der Zuwanderung. Je nachdem, ob es hier
Änderungen gab, könnte dies das Ergebnis der Geburtenrate verändern.
Genaueres werden wir erst wissen, wenn die Zahlen zur Geburtenrate
für das Jahr 2014 vorliegen. Alle Meldungen hierzu sind nichts als
Spekulation.
DESTATIS (2015):
Geburtenzahl durch demografische Entwicklung vorgezeichnet,
Im Fokus,
in: Pressemitteilung des
Statistischen Bundesamtes
v. 21.08.
"Wie viele Kinder heute geboren
werden, hängt mit der bisherigen Bevölkerungsentwicklung zusammen.
Für die Zahl der Geborenen ist neben der Geburtenrate insbesondere
die Zahl der Frauen im Alter zwischen 26 und 35 Jahren relevant. Die
Geburtenhäufigkeit ist gegenwärtig bei Frauen dieser Altersspanne am
höchsten.
Seit 2008 hat sich die Frauenzahl in diesem Alter stabilisiert und
nimmt sogar zu, was die Geborenenzahl noch einige Jahre positiv
beeinflussen könnte. Nach 2020 wird die Zahl der Frauen zwischen 26
und 35 Jahren allerdings voraussichtlich deutlich schrumpfen,
wodurch ein erneutes Geburtentief entstehen kann. Eine langfristig
stabile Geburtenzahl setzt dann einen Anstieg der Geburtenrate und
eine höhere Nettozuwanderung voraus",
meldet das Statistische
Bundesamt, um auf den restriktiv argumentierenden Beitrag
Wie wirkt sich der Geburtenaufschub auf die Kohortenfertilität in
West und Ost aus? von Olga PÖTZSCH aufmerksam zu machen. Die
Presse spitzt diese Argumentation zusätzlich negativ zu.
FISCHHABER, Anna
(2015): "Möglicherweise gibt es eine Trendwende in Deutschland".
715 000 Kinder wurden dem Statistischen Bundesamt zufolge 2014 in
Deutschland geboren. Ein Grund für den Anstieg - 2013 waren es fast
fünf Prozent weniger - könnte die Zahl der potentiellen Mütter sein.
Auch die Zahl der Eheschließungen ist gestiegen: 386 000 Paare haben
im vergangenen Jahr geheiratet,
in:
sueddeutsche.de v.
21.08.
Den informativsten Artikel zur
Geburtenentwicklung bietet derzeit die Online-Website der SZ
(was viel über den Online-Journalismus der angeblichen
Qualitätsmedien aussagt):
"Wer
diesen Babyboom ausgelöst hat, weiß man beim Statistischen Bundesamt
noch nicht - Daten etwa über das Alter oder die Staatsangehörigkeit
der Mütter gibt es erst im Oktober. Ergebnisse über die tatsächliche
Zahl der Kinder, die eine Frau bekommt, also die Geburtenrate, sogar
noch später.
(...).
Wie viele Kinder geboren werden, hänge aber auch immer mit der
Bevölkerungsentwicklung zusammen, heißt es beim Statistischen
Bundesamt. Und die ist derzeitig günstig: Die Zahl der Frauen, die
zwischen 26 und 35 Jahren alt sind und besonders häufig Nachwuchs
bekommen, habe sich seit 2008 stabilisiert und nehme sogar zu."
Das wurde bereits in ähnlicher
Weise auf dieser Website geschrieben. Wie immer wiegelt Olga PÖTZSCH
bei der Geburtenentwicklung ab:
"Beim Statistischen Bundesamt
geht man allerdings davon aus, dass nach 2020 die Zahl der
potentiellen Mütter wieder schrumpft - und damit auch die Zahl der
Geburten wieder sinkt."
Dies würde nur stimmen, wenn die
Geburtenrate weiterhin bei 1,4 verharren würde. Deshalb gibt es auch
optimistischere Stimmen wie den Familiensoziologen Johannes HUININK,
der von einem Anstieg der Geburtenrate ausgeht. Außerdem ging es mit
den Geburtenzahlen nicht immer stetig bergab, d.h. nach einem
Rückgang potenzieller Mütter gibt es auch wieder einen Anstieg
potenzieller Mütter.
Die Frage stellt sich zudem, wann
man von einer Trendwende sprechen kann. Die Kriterien werden leider
nicht genannt, sodass es sich eher um eine nichts sagende Worthülse
handelt.
DORN, Julian
(2015): Ist das die Trendwende?
Geburtenhoch: Im vergangenen Jahr kamen in Deutschland so viele
Kinder auf die Welt wie seit zehn Jahren nicht mehr. Dafür gibt es
mehrere Gründe,
in:
faz.net v.
21.08.
Bei der Online-FAZ wird
Herwig BIRG immer noch als Professor für Bevölkerungswissenschaft an
der Universität Bielefeld geführt, obwohl BIRG seit 2004 emeritiert
ist und der Lehrstuhl mittlerweile umgewidmet wurde. Derzeitiger
Leiter des
Instituts für Bevölkerungs- und Gesundheitsforschung ist Ralf
ULRICH.
In seine Zeit als
Lehrstuhlinhaber fallen die gravierenden Fehlschätzungen zur
Kinderlosigkeit in Deutschland. Statt der von BIRG geschätzten ein
Drittel Kinderloser des westdeutschen Jahrgangs 1965, blieben gemäß
dem Mikrozensus 2012 lediglich 21 % der westdeutschen Frauenjahrgänge 1963 - 1967 kinderlos.
Tabelle: Anteil
der Kinderlosen an allen Frauen der jeweiligen
Geburtsjahrgänge im Jahr 2012 |
Geburtsjahrgang |
Alter |
Deutschland |
Westdeutschland |
Ostdeutschland |
1958-1962 |
50-54
Jahre |
18 % |
19 % |
8 % |
1963-1967 |
45-49
Jahre |
20 % |
21 % |
11 % |
1968-1972 |
40-44
Jahre |
22 % |
23 % |
15 % |
Quelle: Statistisches
Bundesamt
"Geburtentrends und Familiensituation in Deutschland",
2013, S.32 |
Insbesondere das
Gutachten von BIRG zum
Pflegeurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2001,
das für die Einführung höherer Beitragszahlungen Kinderloser
verantwortlich war, fußte auf weit überhöhten Kinderlosenzahlen. Die
Durchsetzung war nur möglich, weil die
Erhebung der biologischen Geburtenfolge durch die amtliche Statistik
bis nach Einführung des Elterngeldes erfolgreich politisch
verhindert wurde. Kaum war das Elterngeld durchgesetzt, war
plötzlich kein Problem mehr, was bis dahin als UNMÖGLICH galt.
Historiker werden klären müssen, wie dieser Machtmissbrauch zustande
kam.
STATISTISCHES LANDESAMT BW
(2015): Hohe Zuwanderung lässt Zahl der Geburten ansteigen.
Baden-Württemberg: In 15 der 44 Stadt- und Landkreise gab es im Jahr
2014 mehr Geborene als Gestorbene,
in:
Pressemitteilung des Statistischen
Landesamts Baden-Württemberg v.
21.08.
"In Baden‑Württemberg sind im
vergangenen Jahr rund 95 600 Kinder lebend geboren worden und damit
etwa 4 100 mehr als in 2013. Somit lag die Zahl der Lebendgeborenen
nach Angaben des Statistischen Landesamts zum dritten Mal in Folge
höher als im jeweiligen Vorjahr. Als Hauptursache für diesen
positiven Trend wird die in den vergangenen Jahren enorm
angestiegene Zuwanderung gesehen, die auch zu einer Zunahme der Zahl
der Frauen im gebärfähigen Alter geführt hat. So lag der
Wanderungsgewinn Baden‑Württembergs – also die Differenz zwischen
Zu- und Fortzügen – in den Jahren 2008 und 2009 bei lediglich
jeweils 3 000 bis 4 000 Personen; im vergangenen Jahr zogen dagegen
rund 90 000 Menschen mehr zu als fort. Gleichzeitig ist im
vergangenen Jahr auch die Zahl der Gestorben gegenüber 2013 um etwa
1 300 auf ca. 100 700 gesunken. Das Geburtendefizit, also die
Differenz zwischen der Zahl der Geborenen und der der Gestorbenen,
hat sich somit gegenüber 2013 auf ca. 5 000 halbiert und lag
letztmals im Jahr 2008 niedriger. In immerhin 15 der 44 Stadt- und
Landkreise Baden‑Württembergs konnte im vergangenen Jahr ein
Geburtenplus verzeichnet werden, im Jahr zuvor gab es diese günstige
Konstellation lediglich in 9 Kreisen, so das Statistische Landesamt
weiter. Die Spitzenstellung nahm hierbei die Landeshauptstadt
Stuttgart ein (1 124 mehr Geborene als Gestorbene), gefolgt vom
Stadtkreis Freiburg im Breisgau (+ 577) sowie den Landkreisen
Böblingen (+ 457), Ludwigsburg (+ 415) und Tübingen (+ 352).
Insgesamt wiesen 29 Stadt- und Landkreise des Landes weniger
Geborene als Gestorbene auf. Die höchsten Geburtendefizite waren
2014 im Landkreis Karlsruhe (−542), im Rhein‑Neckar- (− 533) und im
Zollernalbkreis (− 523) zu beobachten. Unter den 9 Stadtkreisen
wiesen lediglich Baden-Baden (− 345) und Heilbronn (− 83) ein
Geburtendefizit auf. Die unterschiedliche Bilanz aus der Zahl der
Geborenen und der der Gestorbenen in den einzelnen Kreisen wird
wesentlich durch die Altersstruktur der Bevölkerung beeinflusst.
Aber auch die Geburtenhäufigkeit – also die durchschnittliche
Kinderzahl je Frau – und die unterschiedliche Lebenserwartung in den
einzelnen Teilräumen bestimmen das Verhältnis von Geburten zu
Sterbefällen", meldet das Statistische Landesamt Baden-Württemberg.
DOEMENS, Karl
(2015): Mehr Kinder und mehr Ehen.
Statistik:
Rund 715.000 Mädchen und Jungen geboren - Höchste Rate seit dem
Jahr 2004,,
in:
Kölner
Stadt-Anzeiger v. 22.08.
MENKENS, Sabine
(2015): So viele Babys wie seit zehn Jahren nicht mehr.
Deutschland verzeichnet deutliches Plus an Geburten, Zahl der
Sterbefälle sinkt. Schwesig will Haushaltsmittel für den Kita-Ausbau
verwenden,
in:
Welt v.
22.08.
KREITLING, Holger
(2015): Kinder, Kinder.
Kommentar,
in:
Welt v.
22.08.
DOEMENS, Karl
(2015): Mehr Geburten - aber nicht genug.
Die Geburtenrate in Deutschland steigt, aber langfristig braucht es
Zuwanderung für eine stabile Quote. Und zwischen den Bundesländern
gibt es große Unterschiede,
in:
Frankfurter Rundschau Online v.
22.08.
DOEMENS, Karl
(2015): Baby-Boom in Deutschland.
Erstmals seit zehn Jahren werden im Jahr 2014 mehr als 700.000
Kinder geboren. Zuwachs in Berlin besonders deutlich. Experten sehen
Einwanderung als eine Ursache,
in:
Berliner Zeitung v.
22.08.
DPA
(2015): Mehr Babys, mehr Tote - mehr Zuwanderung?
Mehr Kinder, weniger Todesfälle – der Abstand zwischen Geburtenzahl
und Sterbefällen ist 2014 ein bisschen geschrumpft. Doch der Effekt
ist nicht von Dauer. Um gegenzusteuern, gibt es nur zwei Optionen.
Eine davon heißt: Mehr Zuwanderung,
in:
Badische
Zeitung v.
22.08.
DPA
(2015): Das Defizit schrumpft, es werden mehr Babys geboren.
Demografie: Statistiker dämpfen Hoffnung auf eine Trendwende, denn
die Zahl der Todesfälle liegt weit über der Zahl der Geburten,
in: Stuttgarter
Zeitung v.
22.08.
BREINING, Thomas
(2015): Kinderland dank Zuwanderung.
Statistik: Die Zahl der Geburten hat zugenommen; das hat einiges mit
der Migration zu tun,
in: Stuttgarter
Zeitung v.
22.08.
"Warum so viele Sprösslinge?
Weil hier plötzlich alle so kinderfreundlich sind? Knapp 22
Prozent der im Land neu Geborenen haben eine ausländische Mutter
(wie viele Kinder mit deutscher Mutter einen ausländischen Vater
haben, weiß die Statistik leider nicht). Ein großer Teil der
genetischen Auffrischung geht also auf Zuwanderung zurück. Von
den ins Land Gekommenen – dazu gehören auch die hier bleibenden
Flüchtlinge – sind eben viele Frauen im gebärfähigen Alter. Ohne
sie wäre Deutschland dem Aussterben schon etwas näher. Wer noch
nicht kapiert hat, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist,
sollte schleunigst den Kopf aus dem Sand ziehen",
behauptet Thomas BREINING.
Woher er die Zahl von 22 Prozent ausländischen Müttern hat, ist
unklar, denn darüber gab weder das Statistische Bundesamt, noch
das Statistische Landesamt Baden-Württemberg Auskunft.
WERMELSKIRCHEN, Axel
(2015): Das Geburtendefizit wird kleiner.
Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland mehr Kinder, mehr Ehen und
weniger Sterbefälle als 2013,
in: Frankfurter Allgemeine
Zeitung v.
22.08.
FISCHHABER, Anna & Thomas ÖCHSNER
(2015): Babys im Boom.
In Deutschland werden so viele Kinder geboren wie seit Jahren nicht
- mehr, als alle Experten erwartet hatten. Doch wie lange hält der
Trend?
in:
Süddeutsche Zeitung v.
22.08.
STALA BW (2015): Anteil der Zwillingsgeburten verdoppelt.
2014 kamen in Baden-Württemberg 1 750 Zwillingspaare zur Welt - Bei
älteren Müttern ist eine Zwillingsgeburt wahrscheinlicher - auch 38
Drillingsgeburten,
in:
Pressemitteilung des Statistischen
Landesamts Baden-Württemberg v.
27.08.
WELT
AM SONNTAG-Titelgeschichte:
Das Geheimnis des
neuen Kindersegens.
Die
Deutschen kriegen plötzlich wieder mehr Kinder. Familienpolitiker
sehen den kleinen Babyboom schon als ihren Verdienst. Doch das ist
nur die halbe Wahrheit - höchstens |
GASCHKE, Susanne (2015): 33000 Babys mehr und kein Gedöns.
In Deutschland werden so viele Kinder geboren wie seit zehn Jahren
nicht mehr. Ein Erfolg engagierter Familienpolitik? Susanne Gaschke
hat noch ein paar andere Gründe ausgemacht,
in:
Welt am Sonntag v.
30.08.
"Die düsteren
Untergangsszenarien der Jahrtausendwende – alle Frauen seien
im Gebärstreik, das Land vergreise – sind der weit
optimistischeren Wahrnehmung gewichen, dass sich mit dem
richtigen Politikmix zumindest viel daran verbessern lässt,
wie Eltern und Kinder in Deutschland leben",
erklärt Susanne GASCHKE
den WamS-Lesern. Sie muss es ja wissen, denn an den
düsteren Untergangsszenarien hat sie als ehemalige ZEIT-Redakteurin
erheblichen Anteil gehabt. Mit weit überhöhten
Kinderlosenzahlen hat GASCHKE ihr Lieblingsprojekt Elterngeld
gerechtfertigt und
Kinderlosen mit Rentenkürzung gedroht und gleichzeitig die
68er mit falschen Argumenten entlastet. Ihre
Zielgruppe, für die GASCHKE Politik für die Mütterelite
betrieben hat, beschreibt sie nun folgendermaßen:
"idealtypische
Zielgruppe moderner deutscher Familienpolitik. Beide haben
studiert, beide arbeiten in Führungspositionen in
Unternehmen, beide dachten relativ lange über Kinder nach –
und beide wollen zurück in den Beruf, sobald sie ihren Sohn
für alt genug halten, um ihn in eine Krippe zu geben".
Nicht die
Geburtenförderung, sondern die Förderung von Geburten
erfolgreicher Eliten war das Ziel, für das GASCHKE die
Menschen in Deutschland gegeneinander aufhetzte.
"Über Jahrzehnte wuchs
die Zahl der Akademikerinnen, die kinderlos blieben. »Dieser
Trend ist eindeutig gestoppt«, sagt die Soziologin Michaela
Kreyenfeld, »und das ist eine echte Nachricht. Nach neuesten
Schätzungen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung
geht die Kinderlosigkeit bei jüngeren Frauen in
Westdeutschland sogar zurück.«"
interpretiert GASCHKE
angeblich neue Meldungen (mehr zur Kinderlosigkeit und die
Sicht des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung
hier; sowie
zum Anstieg der Ein-Kind-Familie in Deutschland
hier). Zum einen war die
Kinderlosigkeit in Deutschland nie so hoch wie sie von GASCHKE
und ihren Kollegen noch bis nach dem ersten
bevölkerungspolitischen Wahlkampf 2005 verbreitet worden
waren. Über die Höhe der Kinderlosigkeit gab es damals nur
Schätzungen, weil die Politik die Erhebung der biologischen
Geburtenfolge verhinderte. Das war angeblich Tabu. Erst
nachdem das Elterngeld beschlossen war, war es plötzlich kein
Thema mehr. Deshalb darf erst seit 2008 und auch nur alle 4
Jahre die Kinderlosigkeit in Deutschland erhoben werden.
Zwischenzeitlich kann sie nur geschätzt werden.
Man muss die Sätze von
GASCHKE schon genau nehmen. Zum einen spricht sie von der
angeblich über Jahrzehnte gestiegenen
Akademikerinnenkinderlosigkeit und zum anderen von der
zurückgehenden Kinderlosigkeit in Westdeutschland. Hier werden
zwei Dinge zusammengeworfen: zum einen die Milieuzugehörigkeit
und zum anderen die Unterscheidung zwischen Ost und West.
Beides müsste unabhängig voneinander betrachtet werden.
Im Osten war die
Akademikerinnenkinderlosigkeit nie so hoch wie im Westen, zum
anderen lässt sich über die Entwicklung der Kinderlosigkeit
bislang nur etwas für die Jahre 2008 und 2012 sagen. Innerhalb
der vier Jahre ist die Kinderlosigkeit in Deutschland kaum
gestiegen, was an gegenläufigen Trends in Ost und West lag.
Bereits in der Publikation
Geburtentrends und Familiensituation in Deutschland
aus dem Jahr 2013 hieß es:
"Die
Kinderlosenquote bei den 40- bis 44-jährigen Frauen
betrug im Jahr 2012 22 %. Im früheren Bundesgebiet war sie
mit 23 % deutlich höher als in den neuen Ländern (15 %). Im
Vergleich zu 2008 ist die Kinderlosenquote vor allem in den
neuen Ländern gestiegen (15 % gegenüber 10 %). Im früheren
Bundesgebiet betrug die Zunahme dagegen lediglich ein
Prozentpunkt.
(...).
Drei von zehn westdeutschen Akademikerinnen im Alter
zwischen 45 und 49 Jahren haben kein Kind geboren. Im
Hinblick auf die weitere Entwicklung ist allerdings zu
erwarten, dass Akademikerinnen der etwas jüngeren Jahrgänge
(1968 bis 1972) zu weniger als 30 % kinderlos bleiben
werden. Sie hatten die 30 %-Marke bereits im Jahr 2012
erreicht. Bei gleichem Geburtenverhalten wie bei den fünf
Jahre älteren Frauen würde ihre Kinderlosenquote in den
nächsten Jahren voraussichtlich noch um weitere zwei
Prozentpunkte sinken." (S.8f.)
Was uns GASCHKE nun also
als angeblich neuen Trend verkündet, ist bereits seit November
2013 bekannt bzw. muss wesentlich differenzierter gesehen
werden! Außerdem lässt sich erkennen, dass in der Publikation
die
Kinderlosigkeit für zwei unterschiedliche Altersgruppen
(zum einen 40-44-jährige Frauen und zum anderen 45-49-jährige
Frauen) genannt werden, d.h. die allgemeine Kinderlosigkeit
wird im Vergleich zur Akademikerinnenkinderlosigkeit zu hoch
angegeben.
"Die Zuwächse in
absoluten Zahlen sieht Bonin vor allem der Tatsache
geschuldet, dass es die Töchter der Babyboomer sind, die
heute Kinder bekommen – es gibt derzeit einfach viele
potenzielle Mütter",
zitiert GASCHKE einen
Ökonomen. Aber stimmt das überhaupt? Wenn das
durchschnittliche Erstgebäralter bei ca. 30 Jahren liegt, dann
müssten die
um 1984 Geborenen die angeblichen Töchter der Babyboomer
sein. In Westdeutschland gab es 1984 das absolute
Geburtenminimum: 584.157. Erst danach stieg die Anzahl der in
Westdeutschland geborenen potenziellen Mütter. Bis 1990 stieg
die Anzahl auf 727.199 (Die
Entwicklung für Deutschland weicht davon nur unwesentlich
ab). Die 1990 Geborenen waren im Jahr 2014 gerade einmal 24
Jahre alt.
Es gibt also drei
mögliche Erklärungen für die aktuellen Geburtenzahlen:
entweder es handelt sich bei den 2014 Geborenen vermehrt um
die Kinder von Einwanderern oder das durchschnittliche
Erstgebäralter wäre erstmalig nicht gestiegen, sondern
gefallen und nicht zuletzt könnte die Geburtenrate, d.h. die
Anzahl der Kinder pro gebärfähiger Frau gestiegen sein. Davon
schweigt GASCHKE jedoch, um u.a. Bert RÜRUP zu loben:
"Von Anfang an bezog
Renate Schmidt Wissenschaftler und Wirtschaftsvertreter in
ihre Politik ein. Mit dem Vorsitzenden der
Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, fand sie einen renommierten
Befürworter ihres Elterngeldes."
Im Jahr 2010 erklärt
Bert RÜRUP im Handelsblatt: Deutschlands
Familienpolitik ist gescheitert. Bessere Bildung ist der
einzige Ausweg. Der Spiegel fordert daraufhin:
Das Elterngeld kostet Milliarden, verfehlt aber alle von der
Bundesregierung gesteckten Ziele. Experten raten: Weg damit!
Ursache für diese Sichtweise waren die damals aktuellen
Geburtenzahlen! Man kann daraus sehen wie kurzsichtig
Medienberichterstattung ist.
Mehr als
Selbstbeweihräucherung einer zwischendurch in der Politik
gescheiterten, ehemaligen ZEIT-Redakteurin und jetzigen
Welt-Reporterin, bleibt bei dieser aufgebauschten
Titelgeschichte leider nicht übrig. Geheimnisse werden nicht
aufgedeckt. Wir warten lieber auf wirklich neue Erkenntnisse,
die uns das Statistische Bundesamt im Laufe des Jahres liefern
wird: das durchschnittliche Erstgebäralter und die
Geburtenrate (TFR) für das Jahr 2014. Alles andere ist
lediglich Spekulation.
DESTATIS (2015): Geburtenziffer 2013 bei 1,42 Kindern je Frau,
in: Pressemitteilung des
Statistischen Bundesamtes
v. 06.11.
"Die zusammengefasste
Geburtenziffer aller Frauen in Deutschland ist in den Jahren
2011 bis 2013 von 1,39 auf 1,42 Kinder je Frau geringfügig
gestiegen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter
mitteilt, trugen vor allem Frauen mit deutscher
Staatsangehörigkeit zu diesem Anstieg bei. Ihre Geburtenziffer
nahm im gleichen Zeitraum von 1,34 auf 1,37 Kinder je Frau zu.
Bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit stagnierte
dagegen die zusammengefasste Geburtenziffer um 1,80 Kinder je
Frau.
Diese endgültigen Ergebnisse der Geburtenstatistik beruhen auf
dem korrigierten Bevölkerungsbestand unter Berücksichtigung
des Zensus 2011. Im Vergleich zu den früheren Angaben auf
Basis der Bevölkerungsfortschreibung vor dem Zensus 2011 hat
die Einbeziehung der Zensusergebnisse zu einer Erhöhung der
bisher ausgewiesenen Geburtenziffern geführt.
Die zensusbedingte Anpassung der zusammengefassten
Geburtenziffer war für Frauen insgesamt (+ 0,03 Kinder je
Frau) sowie für Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit (+
0,01) sehr gering. Bei Frauen mit ausländischer
Staatsangehörigkeit hat sie sich dagegen stärker ausgewirkt.
Im Zensusjahr 2011 betrug die zusammengefasste Geburtenziffer
der Ausländerinnen nach Berücksichtigung der Zensusergebnisse
1,82 Kinder je Frau und war damit um 0,24 höher als vor der
Korrektur (1,58 Kinder je Frau).
Ursächlich dafür war die infolge des Zensus überproportional
stark korrigierte Anzahl der ausländischen Frauen im
gebärfähigen Alter. Während die Zahl der potenziellen Mütter
mit deutscher Staatsangehörigkeit nur um 0,4 % nach unten
korrigiert wurde, betrug die Anpassung bei den Ausländerinnen
– 11,4 %. Damit verringerte sich die Anzahl der potenziellen
Mütter mit ausländischer Staatsangehörigkeit um rund 260 000,
während die Anzahl der geborenen Kinder der ausländischen
Frauen unverändert geblieben ist.
Zwischen 1991 und 2013 ist die zusammengefasste Geburtenziffer
der Ausländerinnen von 2,04 auf 1,80 Kinder je Frau gesunken.
Eine Annäherung der Ausländerinnen an das Geburtenniveau der
deutschen Frauen fand demzufolge zwar statt, verlief jedoch
offenbar langsamer als bisher angenommen", meldet das
Statistische Bundesamt.
STALA BADEN-WÜRTTEMBERG (2015): Neue
Bevölkerungsvorausrechnungen: Hohe Zuwanderung schwächt
Alterungsprozess der Gesellschaft ab.
Die Zahl der Hochbetagten in
Baden‑Württemberg könnte sich dennoch innerhalb von vier
Jahrzehnten annähernd verdreifachen,
in:
Pressemitteilung
Statistisches Landesamt Baden-Württemberg v. 03.12.
Nach nur 18 Monaten legt
das Statistische Landesamt Baden-Württemberg eine erneute
Bevölkerungsvorausberechnung vor.
Im Gegensatz zur
letzten Bevölkerungsvorausberechnung, bei der bis 2060
noch mit einer Geburtenrate (TFR) von 1,4 Kindern pro Frau
gerechnet wurde, wird nun mit einem Anstieg auf 1,5 Kinder pro
Frau gerechnet.
Dies liegt immer noch unter der Geburtenrate (CFR) der Anfang
der 1970er Jahren geborenen Frauen. Zur Begründung heißt
es:
"Die Geburtenrate lag im
vergangenen Jahr bei durchschnittlich 1,46 Kindern je Frau.
2013 lag diese Kennziffer im Südwesten bei 1,41 und im Jahr
2012 bei 1,39. Damit war die Geburtenrate im vergangenen
Jahr so hoch wie seit 1997 nicht mehr. Ursächlich für diesen
Anstieg könnte unter anderem die deutlich verbesserte
Kinderbetreuung im Land sein. Desweiteren könnten hierfür
auch die in letzter Zeit sehr günstigen wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen mit einem Höchststand an Erwerbstätigen
und einer relativ geringen Arbeitslosenquote im Land eine
Rolle spielen. Aufgrund dieser aktuellen Entwicklung wurde
für den Vorausrechnungszeitraum ein leichter Anstieg der
Geburtenrate auf 1,5 Kinder je Frau unterstellt. Außerdem
wurde bei den altersspezifischen Geburtenraten angenommen,
dass der seit Jahrzehnten zu beobachtende Trend, dass die
Frauen ihre Kinder tendenziell später bekommen, sich in den
kommenden 10 Jahren fortsetzen wird."
DESTATIS (2015): Anstieg der Geburtenziffer 2014 auf 1,47 Kinder je
Frau,
in: Pressemitteilung des
Statistischen Bundesamtes
v. 16.12.
Die Geburtenrate für das Jahr
2013 war erst
im November diesen Jahres veröffentlicht worden, während nun
bereits die Geburtenrate für das Jahr 2014 veröffentlicht wurde.
Sollte damit verhindert werden, dass der Anstieg der Geburtenrate
der letzten Jahre angemessen in der
13.
koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen
Bundesamtes vom April diesen Jahres einfließen konnte? Die
Festschreibung der Geburtenrate von 1,4 bis 2030 bzw. 2060 wurde
bereits im April auf dieser Website scharf kritisiert (mehr
hier).
Ein Vergleich mit den tatsächlichen
Geburtenzahlen zeigt die Fehleinschätzung des Statistischen
Bundesamtes hinsichtlich der Geburtenentwicklung für die 12. und 13.
koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung. Das
aktuelle Winterthema befasst sich ausführlich mit den
interessengeleiteten Bevölkerungsprognosen dieses Frühjahrs.
"Die zusammengefasste
Geburtenziffer des Jahres 2014 betrug in Deutschland 1,47 Kinder
je Frau. Das ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis)
der höchste bisher gemessene Wert im vereinigten Deutschland. Die
Geburtenziffer ist zum dritten Mal in Folge gestiegen. Im Jahr
2013 hatte sie knapp 1,42 betragen. Damit wurden 2014 im Vergleich
zum Vorjahr 56 Babys pro 1 000 Frauen mehr geboren.
Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit haben 2014
durchschnittlich 1,42 Kinder je Frau zur Welt gebracht, im Jahr
2013 waren es 1,37 Kinder je Frau gewesen. Auch bei Frauen mit
ausländischer Staatsangehörigkeit war die Geburtenziffer mit 1,86
Kindern je Frau höher als im Vorjahr (1,80).
Die Geburtenziffer nahm 2014 in allen Bundesländern zu. In den
ostdeutschen Bundesländern war sie mit 1,54 Kindern je Frau höher
als im Westen Deutschlands (1,47). Das Land mit der höchsten
zusammengefassten Geburtenziffer war Sachsen mit 1,57 Kindern je
Frau. Die niedrigste Geburtenziffer hatte das Saarland (1,35).
Besonders stark nahm die Geburtenhäufigkeit bei den Frauen der
Jahrgänge 1976 bis 1985 zu, die 2014 zwischen 29 und 38 Jahre
alt waren. Diese Frauen hatten im jüngeren gebärfähigen Alter
deutlich weniger Kinder zur Welt gebracht als Frauen der älteren
Jahrgänge. Ihre bisher aufgeschobenen Kinderwünsche realisieren
sie nun verstärkt im höheren gebärfähigen Alter. Die
Geburtenhäufigkeit jüngerer Frauen bis 25 Jahre hat sich zugleich
stabilisiert.
Das durchschnittliche Alter der Mütter bei der Geburt nahm weiter
zu. Die Mütter der Erstgeborenen waren 2014 mit durchschnittlich
29,5 Jahren um gut 2 Monate älter als die Mütter bei der Geburt
ihres ersten Kindes im Jahr 2013. Beim zweiten Kind waren Mütter
rund 32 Jahre alt und damit um 1 Monat älter als Mütter bei der
zweiten Geburt im Vorjahr. Das durchschnittliche Alter der Mütter
beim dritten Kind hat dagegen nur geringfügig um weniger als einen
halben Monat auf gut 33 Jahre zugenommen",
meldet nun das Statistische
Bundesamt. Zum Schluss gibt es noch die
endgültige
Kinderzahl
des Frauengeburtsjahrgangs 1965:
"Im Jahr 2014 erreichten die
Frauen des Jahrgangs 1965 das Alter von 49 Jahren. Sie
brachten im Laufe ihres Lebens durchschnittlich 1,55 Kinder zur
Welt."
Dieser Geburtsjahrgang war Anfang des Jahrtausends aufgrund seiner
weit überschätzten Zahl von Kinderlosen in die Kritik geraten.
Journalistinnen wie Susanne GASCHKE forderten damals eine
Rentenkürzung für die gebärfaulen jüngeren Jahrgänge.
Im Jahr 2005, d.h. im Alter von
39 Jahren lag die Geburtenrate des westdeutschen Jahrgangs noch bei
1,47, während der ostdeutsche Jahrgang bei 1,58 lag (mehr
hier).
Das Statistische Bundesamt weist nun 10 Jahre später die
endgültige Kinderzahl mit 1,52 für Westdeutschland und mit 1,6 für
Ostdeutschland aus. Die westdeutschen Frauen haben also im Alter von
40 Jahren bis 49 Jahren doppelt so viele Kinder zur Welt gebracht
als die ostdeutschen Frauen.
Bislang lag die endgültige
Geburtenrate (CFR) der Frauenjahrgänge aufgrund des steigenden
Erstgebäralters (Tempoeffekt) immer höher als die zusammengefasste
Geburtenziffer (TFR). Bei den jüngeren Frauenjahrgängen könnte sich
das umkehren,
weshalb die Statistiker seit einiger Zeit an einem neuen Indikator
arbeiten. Zu niedrig ausgewiesene Geburtenraten erhöhte in der
Vergangenheit über die Medien den Druck auf die Politik. Was nun,
wenn sich das ändern würde? Da der Druck nicht vermindert werden
soll, wird man hier handeln. Der
Deutungskampf um die 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung
zeigt, dass es bei Bevölkerungsprognosen nicht um eine realistische
Einschätzung zukünftiger Entwicklungen geht, sondern um politisches
Agendasetting.
FRANKFURTER
RUNDSCHAU-Titelgeschichte:
Die Kinderlein kommen.
Endlich
Bescherung: Die Geburtenrate ist so hoch wie seit der
Wiedervereinigung nicht mehr |
DOEMENS, Karl (2015): Fruchtbarer Wandel.
Zahl der Neugeborenen hierzulande
steigt - aus vielen Gründen, vor allem aber wegen der
Familienpolitik,
in: Frankfurter
Rundschau
v. 17.12.
"Für die geburtenstarken Jahrgänge wird es aus biologischen
Gründen nun langsam Zeit, den aufgeschobenen Kinderwunsch zu
verwirklichen. So ist die Geburtenhäufigkeit unter den 29- bis
38-Jährigen besonders hoch",
behauptet Karl DOEMENS. Die
Geburtsjahrgänge 1976 - 1985 sind jedoch mit 798.334 bis
865.789 Geborenen geburtenschwächer als die 1986 - 1990 Geborenen,
die zwischen 848.232 und 905.675 Lebendgeborene umfassten, d.h. in
den nächsten Jahren kommen die relativ geburtenstarken Jahrgänge
erst ins Familiengründungsalter. Mit der weiteren Entwicklung der
Geburtenraten hat das jedoch erst einmal nichts zu tun.
"Bemerkenswert ist, dass die
Geburtenziffer in den ostdeutschen Ländern mit 1,54 Kinder je
Frau höher war als im Westen Deutschlands (1,47)",
meint DOEMENS. Hätte er sich
mit der
Geburtenentwicklung in Deutschland beschäftigt, dann würde er
das nicht bemerkenswert, sondern normal finden, denn
seit 2010 ist die Geburtenrate in Ostdeutschland höher als in
Westdeutschland. Dies wurde übrigens von den
Bevölkerungswissenschaftlern nicht so vorhergesehen, denn es wurde
angenommen, dass sich die ostdeutsche Geburtenrate an die
westdeutsche Geburtenrate anpasst. Inwieweit es zukünftig eine
Angleichung geben wird, das muss sich noch zeigen.
BARTENS, Werner (2015): Wieder mehr Kinder in Deutschland.
So hoch war die Geburtenrate noch
nie seit der Wiedervereinigung. Nicht nur die gute wirtschaftliche
Lage trägt dazu bei,
in: Süddeutsche
Zeitung
v. 17.12.
KLEINEMAS, Martin/DPA (2015): Das Geheimnis hinter der Zahl von 1,47
Kindern.
Politiker bejubeln die höchste
Geburtenziffer seit der Wiedervereinigung. Doch diese ist wenig
relevant. Eine andere Größe erzählt die Wahrheit,
in:
Welt
v. 17.12.
Während die Frankfurter
Rundschau ganz uneingeschränkt von einer Trendwende spricht, meint
KLEINEMAS: Jein, weil die zusammengefasste Geburtenziffer (TFR) nicht
aussagekräftig sei. Vor 9 Jahren scherte sich die Welt nicht um solche
Kleinigkeiten, sondern sah Deutschland wie fast die gesamte
deutsche Presse am Abgrund. Die endgültige Kinderzahl pro gebärfähiger
Frau (CFT) war damals in den Medien kein ernsthaft diskutierter
Indikator für die zukünftige Geburtenentwicklung - nicht einmal beim
Bundesinstitut für Bevölkerungswissenschaft.
Als der
Ökonom Detlef GÜRTLER im Jahr 2003 einen Babyboom aufgrund der in
den 1970er Jahren geborenen Frauenjahrgänge voraussagte,
wiegelte Jürgen DORBRITZ ein Jahr später ab - was
single-generation.de damals als haltlos analysierte. Mit Blick auf
den Jahrgang 1968 wird nun auch in der deutschen Presse von einer
Trendwende gesprochen:
"Der Tiefpunkt der endgültigen
Kinderzahl lag beim Jahrgang 1968 bei einem Wert von 1,49 Kindern. Ab
den Jahrgängen der frühen 70er-Jahre gehen die Prognosen von einem
Anstieg aus, er soll zwischen 1,54 bis 1,60 Kindern pro Frau liegen."
Dieser Geburtentiefstpunkt ist
bereits seit Anfang des Jahrtausends bekannt, wurde jedoch von der
deutschen Presse bis nach der Durchsetzung des Elterngeldes beharrlich
beschwiegen.
Im Jahr 2004 schrieb Jürgen DORBRITZ:
"Die bislang für einen westdeutschen
Geburtsjahrgang niedrigste endgültige Kinderzahl wird mit 1439 für die
1968 geborenen Frauen geschätzt. Für die danach geborenen Frauen
(1969, 1970) erwarten wir mit 1456 bzw. 1472 leichte Anstiege der
endgültigen Kinderzahl. Der Rückgang der endgültigen Kinderzahlen, der
bereits seit dem Jahrgang 1933 (2224) bestand, ist damit
abgeschlossen."
Auf dieser Website wurde deshalb
bereits
vor 2 1/2 Jahren von einer verhinderten Debatte um den
Geburtenanstieg gesprochen. Das Statistische Bundesamt
verteidigte
noch im Jahr 2013 die
Annahmen der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung mit
einer Geburtenrate von 1,4 bis zum Jahr 2060 dahingehend, dass es
keinerlei Anzeichen für eine Trendwende bei den Geburten gebe (mehr
auch
hier). Ein Vergleich zeigt, dass
die tatsächlichen Geburtenzahlen weit über den prognostizierten Werten
liegt. Dies wurde auch bei der aktuellen
Bevölkerungsvorausberechnung vom April diesen Jahres nicht
korrigiert. Auch hier liegen die
prognostizierten Werte für das Jahr 2014 weit unterhalb den
tatsächlichen Geburtenzahlen. Wann kommt also die 14. koordinierte
Bevölkerungsvorausberechnung, bei der der Geburtenanstieg bei den
jüngeren Frauenjahrgängen und die
Entwicklung der Zuwanderung angemessen berücksichtigt wird?
THIELE, Magdalena/KNA/DPA (2015): Kinderlein kommen.
Geburtenrate erreicht Höchststand
seit 1990 - ein Babyboom ist das allerdings noch lange nicht,
in: Tagesspiegel
v. 17.12.
Dem
Tagesspiegel ist wie der
FAZ die Meldung des Statistischen Bundesamts zu
positiv, weshalb
der hirnrissige
"PR-Gag" des HWWI nochmals aufgewärmt wird: man hat die
rohen Geburtenziffern der Jahre 2009-2013 zusammenaddiert und
den Durchschnitt dieser Jahre gebildet. Die Zahlen spielen
also gar nicht die Geburtensituation im Jahr 2014 wieder -
ganz davon zu schweigen, dass diese Art des Vergleichs mehr
über die Vergangenheit als über die Zukunft aussagt.
Dass in Deutschland derzeit
vergleichsweise "wenige Frauen im gebärfähigen Alter" sind,
ist ebenfalls ein Märchen, denn der Frauenjahrgang 1990 war
einer der zahlenmäßig größten seit dem Babyboom der 1960er
Jahre. Man muss schon bis zum Jahr 1971 zurückgehen, um einen
größeren Frauenjahrgang zu finden (siehe mehr dazu
hier).
LEHMING, Malte (2015): Angst, Gebärfreude, Flüchtlinge.
Deutsche Stimmung vor Jahresende,
in: Tagesspiegel
v. 17.12.
"Wenn Zukunftsangst zu Kindern
führt, kippt der gesamte Ansatz der Familienpolitik – Elterngeld,
Kitaplätze, umfassende Versorgung. Da stimmt was nicht",
meint Malte LEHMING angesichts von
Meinungsumfragen eines Konsumforschungsinstituts. Man könnte es aber
auch ganz anders sehen: Meinungsforschung fördert lediglich sozial
Erwünschtes und allgemeine Einstellungen zutage - das private
Verhalten folgt dagegen ganz anderen Maßgaben.
Das zeigt bereits die Tatsache,
dass im Saarland nur 1,35 Kinder pro gebärfähiger Frau geboren wurden,
während es in Sachsen 1,57 waren. Als die Geburtenrate in Deutschland
bei 1,35 lag,
setzte der Spiegel den letzten Deutschen aufs Titelbild und
Deutschland wurde als Land ohne Lachen bezeichnet. Ist das Saarland
nun ein Land ohne Lachen und Sachsen ein Vorbild für ganz Deutschland?
Wir sollten aufhören den Medien zu
glauben, sondern selber denken!
WERMELSKIRCHEN, Axel (2015): Geburtenziffer so hoch wie seit der
Vereinigung nicht,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung
v. 17.12.
Der FAZ war die
aktuelle Meldung des Statistischen
Bundesamtes zu positiv, weshalb sie diese mit einem Ausblick auf
die Jahre nach 2020 ergänzt, der vom 21. August diesen Jahres stammt:
"Die Wiesbadener Statistiker weisen
darauf hin, dass es von der bisherigen Bevölkerungsentwicklung
abhängt, wie viele Kinder heute geboren werden. Neben der
Geburtenziffer sei dafür besonders die Zahl der Frauen im Alter
zwischen 26 und 35 Jahren bedeutsam, weil in dieser Altersspanne die
Geburtenhäufigkeit gegenwärtig am höchsten ist. Seit 2008 habe sich
die Zahl der Frauen in diesem Alter stabilisiert und sogar zugenommen,
was die Geburtenzahl noch einige Jahre positiv beeinflussen könne.
Nach 2020 werde ihre Zahl allerdings voraussichtlich merklich
schrumpfen, was zu einem neuen Geburtentief führen könne. Eine
langfristig stabile Geburtenzahl setze dann einen Anstieg der
Geburtenziffer und eine größere Nettozuwanderung voraus."
Axel WERMELSKIRCHEN vermischt hier
zwei unterschiedliche Aspekte der Geburtenentwicklung: Die Entwicklung
der zusammengefassten Geburtenziffer (TFR) und die endgültige
Kinderzahl pro gebärfähiger Frau (CFT), die in der aktuellen
Pressemeldung des Statistischen Bundesamtes im Mittelpunkt stand und
die Entwicklung der absoluten Geburtenzahlen (vorläufige
Geburtenzahlen wurden bereits im August dieses
Jahres veröffentlicht). Beide Dimensionen können in die gleiche
Richtung weisen, positiv oder negativ und sie können in gegensätzliche
Richtungen weisen. Die Entwicklung der zusammengefassten
Geburtenziffer kann durch die Entwicklung des Erstgebäralters und des
Geburtenabstands (Tempoeffekte) verzerrt werden, weswegen die
endgültige Kinderzahl der aufschlussreichere Indikator für die
zukünftige Geburtenentwicklung ist.
Würde sich der Geburtenanstieg der
letzten Jahre fortsetzen, dann könnten die Geburtenzahlen durchaus
gleich bleiben, auch wenn die Zahl der gebärfähigen Mütter nach 2020
schrumpft - was keineswegs sein muss, wenn der Zuwanderungsüberschuss
weiterhin hoch ist.
Ein
Vergleich der Geburtenzahlen aus der 12. koordinierten
Bevölkerungsvorausberechnung (kurz: BVB; Annahme TFR 1,4) mit den
tatsächlichen Geburtenzahlen zeigt, dass das Statistische Bundesamt
die Geburtenentwicklung der letzten Jahre keineswegs angemessen
berücksichtigt hat:
Auch
die aktuelle 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung vom April
diesen Jahres liegt bei allen Varianten für das Jahr 2014 weit unter
der tatsächlichen Geburtenzahl. Die prognostizierten Geburtenzahlen
lagen zwischen 685.000 (Annahme 1,4 TFR) und 694.000 Lebendgeborenen
(Annahme leichter Anstieg auf 1,6).
PENNEKAMP, Johannes
(2015): Trendwende bei den Geburten in Deutschland.
Frauen in Europa kriegen im Schnitt
aber mehr Kinder,
in:
Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 17.12.
"Geschieht etwas zum
dritten Mal nacheinander, sprechen Forscher von Trend.
Demnach ist in Deutschland die Wende hin zu mehr Kindern
geschafft",
behauptet Johannes
PENNEKAMP angesichts der Entwicklung der Geburtenrate (TFR) in
Deutschland. Welche Forscher das sein sollen, vielleicht
Trendforscher wie Matthias HORX, verrät uns PENNEKAMP nicht.
Bevölkerungswissenschaftler jedenfalls kann er nicht meinen.
Denn 1994 stieg die Geburtenrate (TFR) von 1,243 in 4 Jahren
auf 1,369, um dann wieder zu fallen. Die Geburtenrate (TFR)
ist also wenig aussagekräftig im Vergleich zur endgültigen
Kinderzahl von Frauenjahrgängen (CFT) bzw. tempobereinigten
Geburtenziffern. Dass dies lange Zeit öffentlich bestritten
wurde, lag einzig und allein an politischen Interessen.
Mit Hilfe von
EUROSTAT-Zahlen aus dem Jahr 2013 will uns PENNEKAMP sagen,
dass wir uns auf diesem Anstieg nicht ausruhen dürfen, denn
die anderen
europäischen Länder liegen vor uns, sieht man von den
südeuropäischen Krisenländern ab (Portugal:
1,21;
Spanien: 1,27;
Griechenland: 1,30). Hat aber schon jemand einen Vergleich
der endgültigen Kinderzahlen für europäische Länder gesehen?
Würde dann die Sachlage vielleicht ganz anders aussehen? Wir
leben angesichts der bevölkerungspolitischen Dominanz in einer
medialen Steinzeit!
Trotz der Tatsache, dass
Wanderungen mittlerweile einen Großteil der
Bevölkerungsveränderungen in Deutschland ausmachen, gilt
immer noch die Bestandserhaltungszahl 2,1, also die angeblich
"natürliche" Bevölkerungsbewegung, als alleiniger Maßstab für
die Bewertung der demografischen Entwicklung. Auf dieser
Website wird diese Sichtweise als Nationalkonservatismus
bezeichnet.
Immerhin beendet PENNEKAMP
seinen Artikel quasi mit einem Aufruf des IW Köln zur
Revidierung der Bevölkerungsprognosen:
"Die nationale
Bevölkerungsentwicklung werde durch die Zuwanderung »massiv
überlagert«, sagte der Geschäftsführer des arbeitgebernahen
Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Hans Peter Klös,
vor wenigen Wochen bei einer Konferenz in Köln. In diesem
Jahr könnten mehr Menschen aus dem Ausland zuwandern, als in
Deutschland geboren werden. Alle demographischen Prognosen,
die diese Entwicklung noch nicht berücksichtigen, müssten
dringend überarbeitet werden, so Klös."
BUJARD, Martin & Detlev LÜCK (2015):
Kinderlosigkeit und Kinderreichtum. Gründe und Daten für eine
paritätsspezifische Fertilitätsforschung.
Einführung in das Schwerpunktthema,
In: Zeitschrift für Familienforschung, Heft 3, S.255-269
BUJARD & LÜCK weisen auf die
gravierenden Fehleinschätzungen zur Kinderlosigkeit mittels
Mikrozensus-Daten bis zum Jahr 2008 hin:
"Bei
Schätzungen auf Basis der Kinderzahl im Haushalt wurde oft die
Altersgruppe der 35- bis 39-Jährigen verwendet, wobei die
gestiegene Häufigkeit von Geburten
jenseits des 35. Lebensjahrs zuletzt zu einer erheblichen
Überschätzung geführt hat (...). Diese Unterschätzung war besonders
für Akademikerinnen hoch: In den Jahren 2003-2007 kamen auf 1000
Akademikerinnen ab 35 Jahren 440-470 Geburten. Nach
Einführung des Elterngeldes ist
dieser Wert bis 2011 auf fast 600 gestiegen (Bujard/Passet
2013), sodass knapp die Hälfte der Kinder von Akademikerinnen erst
nach dem 35. Geburtstag geboren werden.
Im Jahr 2012 ist der Anteil von Frauen ohne Kinder im Alter von 39-41
Jahren am nächsten an der endgültigen Kinderlosigkeit (...).
Publikationen von Werten zur Kinderzahl im Haushalt für Frauen im
Alter von 35-39 oder 38-41 Jahren haben bei einer fehlerhaften
Interpretation dazu geführt, dass die Kinderlosigkeit in Deutschland
viele Jahre überschätzt wurde.
Völlig überhöhte Schätzungen in der deutschen Demografie (u.a.
Birg 2003: 80) wurden sogar international zitiert, beispielsweise eine
erwartete dauerhafte Kinderlosigkeit der 1965er-Kohorte von einem
Drittel (Kohler et al. 2002: 651) - während sie basierend auf MZ
2012-Daten für Westdeutschland lediglich bei 21,5 % liegt. Der Mythos
einer Kinderlosigkeit bei Akademikerinnen der 1960er-Kohorten von 40 %
(tatsächlich sind es etwa 30 %) hat sich lange in der Öffentlichkeit
gehalten (z.B.
Spiegel 2005; vgl. Statistisches Bundesamt 2006). Allerdings haben
im Jahr 2005 mehrere Forschungen auf Basis des SOEP (Schmitt/Winkelmann
2005;
Scharein/Unger 2005), des MZ (Wirth/Dümmler 2005;
Scharein/Unger 2005) und basierend auf zwei Simulationsmodellen (Sobotka
2005)
weitaus realistischere Schätzungen zutage gefördert. Exakte Daten
zum Anteil von Kinderlosen und kinderreichen Frauen wurden jedoch erst
durch die Einführung der Geburtenfrage seit dem MZ 2008 möglich."
(2015, S.259f.)
Die Autoren zeigen zudem auf,
dass die Höhe der Kinderlosigkeit von westdeutschen Akademikerinnen
auch von der Abgrenzung beider Gebiete abhängt:
"Bei paritätsspezifischen Werten
wird in der Literatur die Abgrenzung von Ostdeutschland
unterschiedlich gehandhabt, da
Berlin mal zu Ostdeutschland gerechnet und mal ausgeklammert wird.
(...). Die Entscheidung zum Umgang mit Berlin hat erhebliche
Konsequenzen bezüglich der Kinderlosenanteile (...). Beispielsweise
liegt bei den Frauenjahrgängen 1967-71 die Kinderlosigkeit in
Ostdeutschland mit Berlin bei 16,8 % und ohne Berlin bei 13,7 %."
(2015, S.263)
Aus der folgenden Tabelle sind
die von BUJARD & LÜCK ermittelten Anteile der Kinderlosen für die
Frauenjahrgänge 1937 bis 1971 ersichtlich. Im Jahr 2012 hatten die
Frauenjahrgänge bis 1963 das Ende der Gebärfähigkeit erreicht, d.h.
für die nachfolgenden Frauenjahrgänge könnte der Anteil dauerhafter
Kinderlosigkeit noch weiter sinken:
Tabelle:
Prozentanteil der dauerhaft Kinderlosen der
Frauenjahrgänge
1937-1971 in Deutschland (MZ 2012) |
Frauenjahrgang |
Deutschland |
Westdeutschland
(ohne Berlin) |
Ostdeutschland
(mit Berlin) |
1937 |
10,4 |
10,4 |
10,4 |
1938 |
11,0 |
11,3 |
9,8 |
1939 |
11,2 |
11,5 |
10,3 |
1940 |
12,2 |
12,8 |
10,3 |
1941 |
11,6 |
11,8 |
11,1 |
1942 |
12,7 |
13,5 |
10,0 |
1943 |
11,5 |
12,1 |
9,7 |
1944 |
11,0 |
12,1 |
7,7 |
1945 |
12,0 |
12,2 |
11,0 |
1946 |
12,3 |
13,1 |
8,9 |
1947 |
12,8 |
13,5 |
10,3 |
1948 |
13,5 |
14,3 |
10,0 |
1949 |
13,6 |
14,7 |
9,7 |
1950 |
13,7 |
15,0 |
9,6 |
1951 |
15,0 |
16,2 |
11,0 |
1952 |
14,1 |
15,9 |
8,3 |
1953 |
15,0 |
16,7 |
9,2 |
1954 |
15,7 |
17,4 |
9,6 |
1955 |
15,6 |
17,3 |
9,8 |
1956 |
16,3 |
18,1 |
10,0 |
1957 |
17,2 |
19,2 |
9,7 |
1958 |
16,8 |
18,6 |
9,8 |
1959 |
16,8 |
18,5 |
10,4 |
1960 |
17,9 |
19,7 |
10,5 |
1961 |
17,9 |
19,8 |
10,8 |
1962 |
18,6 |
20,4 |
11,8 |
1963 |
18,8 |
20,4 |
12,5 |
1964 |
20,0 |
21,3 |
14,5 |
1965 |
20,3 |
21,5 |
15,5 |
1966 |
19,6 |
20,7 |
14,7 |
1967 |
20,4 |
21,4 |
15,8 |
1968 |
21,4 |
22,7 |
15,3 |
1969 |
22,1 |
23,1 |
17,7 |
1970 |
20,6 |
21,5 |
16,6 |
1971 |
21,9 |
22,6 |
18,8 |
|
Quelle: Martin Bujard 2015, S.262, S.268f.; eigene
Darstellung |
BUJARD, Martin (2015):
Kinderlosigkeit in Deutschland.
Wie interagieren Bildung,
Wohnort, Migrationshintergrund, Erwerbstätigkeit und Kohorte?
In: Zeitschrift für Familienforschung, Heft 3,
S.270-296
BUJARD, Martin/DORBRITZ,
Jürgen/HERTER-ESCHWEILER, Robert/LUX, Linda (2015): Das
unterschätzte Potenzial hoher Fallzahlen.
Stärken und Limitierungen des
Mikrozensus am Beispiel von Fertilitätsanalysen,
In: Zeitschrift für Familienforschung, Heft 3,
S.343-372
NIEJAHR, Elisabeth
(2015): Kindersegen.
Überraschung: Die Geburtenrate
steigt. Woran liegts?
in: Die ZEIT Nr.52
v. 23.12.
In der Rubrik Es gab auch gute
Nachrichten listet die ZEIT den Anstieg der Geburtenrate
auf:
"Nun scheint es, als hätten die
Deutschen ausgerechnet in dem Moment ihre Einstellung zur
Familiengründung geändert, in dem die Appelle zum Kinderkriegen
leiser wurden",
heißt es bei Elisabeth NIEJAHR.
Bereits
im November 2006 wies single-generation.de auf den
negativen Effekt der Medien auf das Geburtenverhalten hin,
denn schon damals war erkennbar, dass jüngere Frauen mehr Kinder
bekommen - also vor Einführung des Elterngeldes. Der Anstieg der
Geburtenrate in den jüngeren Geburtsjahrgängen wurde lange Zeit
überlagert durch Tempoeffekte, worauf auf dieser Website bereits
seit über einem Jahrzehnt hingewiesen wurde.