|
Vorbemerkung
Die mediale Berichterstattung zur
Geburtenentwicklung richtet sich nicht nach der Faktenlage,
sondern nach politischen Interessen. Um diese deutlich zu machen
werden in dieser Bibliografie ab heute (02.07.2012) nach und
nach ausgewählte Medienberichte und Literatur zum Thema
chronologisch dokumentiert. Die Kommentare entsprechen jeweils
dem Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, falls nichts
anderes vermerkt ist.
Kommentierte Bibliografie (Teil 4: 2006 -
2007)
2006
"Nach einer Schätzung des
Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden ist die Einwohnerzahl
Deutschlands 2005 leicht zurückgegangen. Ende 2005 dürften
noch etwa 82,45 Millionen Personen in Deutschland gelebt
haben, Ende 2004 waren es 82,50 Millionen gewesen.
Für das Jahr 2005 ist mit circa 820 000 bis 830 000
Sterbefällen und damit nur einer geringen Veränderung
gegenüber 2004 (818 000) zu rechnen. Dagegen dürfte die Zahl
der Lebendgeborenen, die 2004 rund 706 000 betragen hatte,
deutlich auf etwa 680 000 bis 690 000 zurückgegangen sein.
Damit sind 2005 voraussichtlich etwa 140 000 mehr Menschen
gestorben als Kinder zur Welt kamen. 2004 hatte dieses
Geburtendefizit 113 000 Personen betragen.
Der Wanderungsüberschuss gegenüber dem Ausland dürfte 2005
bei etwa 90 000 bis 100 000 Personen gelegen haben. 2004
waren 83 000 mehr Personen aus dem Ausland nach Deutschland
zugezogen als von hier weggezogen. Damit wird 2005 wie
bereits 2004 das Geburtendefizit nicht durch den
Wanderungsüberschuss ausgeglichen werden können", wird
gemeldet.
Das Statistische Bundesamt schätzt
also für das Jahr 2005
die Zahl der Lebendgeborenen auf 680.000 bis 690.000. Diese Zahl
liegt damit um 15.000 bis 25.000 Kinder unter dem Jahr 2004.
Nach einer Analyse der
Bevölkerungsentwicklung im Jahr 2004 von Bettina SOMMER u.a. in der
Zeitschrift Wirtschaft und Statistik vom Dezember 2005 hatte
die Geburtenrate 2004 den höchsten Stand seit 2001 erreicht. Die Kommentatoren führen die
geschätzten niedrigen Geburtenzahlen für das Jahr 2005 deshalb auf
die nachwachsenden, geburtenschwachen Jahrgänge zurück.
Eine andere Erklärung
wäre jedoch, dass die
Single-Lüge, die unsägliche
bevölkerungspolitische Debatte und das damit verbundene
kinderlosenfeindliche Klima, sowie die
Debatte um das Elterngeld im Bundestagswahlkampf, einen verstärkten Aufschub von
Geburten nahe gelegt hat.
Warum sollte man
ausgerechnet jetzt Kinder kriegen, wenn man erst 2007 mit einem
finanziellen Geldsegen rechnen kann? Der Streit um die Frage,
welche Eltern überhaupt in den Genuss familienpolitischer
Förderungen kommen sollen, ist kontraproduktiv, denn der Streit
zeigt, es sind nicht wirklich alle Kinder gleichermaßen erwünscht...
Da es sich jedoch um eine Schätzung handelt, sind die Zahlen mit
Vorsicht genießen. Alle Erklärungen sind deshalb letztlich
hochgradig spekulativ.
In der
FAZ ("Drei
sind besser als zwei",
21.01.2006) will - ausgerechnet jetzt - Heinrich WEFING
einen Trend zur Großfamilie entdeckt haben.
"Die Frauen der
geburtenstarken Jahrgänge verlassen das gebärfähige Alter, immer
weniger wachsen nach. Es ist zu spät. Deutschland schrumpft
weiter. Insofern können wir uns die ohnehin mißratene
Familienpolitik auch schenken. Vielmehr gilt es, die
Alterssicherungssysteme dem Bevölkerungsrückgang anzupassen",
meint Matthias
KAMANN.
"Das neue Minus von etwa
20 000 Kindern entspricht der Einwohnerschaft von Speyer und
Rothenburg ob der Tauber zusammengenommen. Da die Geburtenrate
pro Frau etwa gleich bleibt, ist davon auszugehen, dass sich in
den sinkenden Babyzahlen schon der Mangel an potenziellen
Müttern ausdrückt, die vor 20 oder 30 Jahren nicht geboren
wurden", spekuliert Maritta TKALEC.
MÜLLER, Uwe & Joachim PETER (2006): Wenn das Volk schrumpft.
Der demographische Niedergang Deutschlands
bremst das künftige Wirtschaftswachstum. Die Politik kann ihn
nicht aufhalten,
in: Welt v. 14.03.
Die Welt nutzt die Gesellschaft des
SCHIRRMACHER-Spektakels, um eine Prognose des Geburtenrückgangs
für das Jahr 2005 zu lancieren, die sich bereits am 20. Januar
andeutete. Nur ob es sich dabei um einen Rückgang der
Geburtenrate handelt wie das Frank
SCHIRRMACHER in seinem Buch Minimum
behauptet, das belegen die Daten noch nicht.
RÜHLE, Alex (2006): Abwärts.
"Wir müssen die ökonomischen Vorteile der
Kinderlosigkeit abbauen": Der Soziologe Franz-Xaver Kaufmann
über den deutschen Bevölkerungsschwund,
in: Süddeutsche Zeitung v. 16.03.
Franz-Xaver KAUFMANN hat
mit seinem neuen Werk Schrumpfende Gesellschaften den
Weg seriöser Wissenschaftlichkeit verlassen und stattdessen
eine nationalkonservative Kampfschrift verfasst. Im Gespräch
mit Alex RÜHLE hält sich KAUFMANN jedoch - anders als in
seinem Buch - weitgehend bedeckt:
"SZ:
Die zentrale sozialpolitische Aufgabe des kommenden
Jahrzehnts liegt für Sie darin, dass die Kinderlosen, also
diejenigen, die »nicht in das Humankapital der
nachwachsenden Generation investieren, in äquivalenter Weise
zur kollektiven Zukunftsvorsorge beitragen müssen, nämlich
durch zusätzlichen Konsumverzicht und die Bildung von
Ersparnissen«. Wie stellen Sie sich das denn in einer
Demokratie vor?
Kaufmann: Ich gestehe zu, dass die Forderung nach einem
Altersvorsorgezwang für Personen, die - manchmal aus für sie
tragischen Gründen - keine Elternverantwortung übernehmen,
noch als politisch unkorrekt gilt. Es ist aber praktisch
unmöglich, Familien ausreichend zu fördern, ohne die
ökonomischen Vorteile der Kinderlosigkeit abzubauen.
Diese Einsicht wird sich durchsetzen. Was die Politik daraus
macht, ist schwer zu sagen."
Was KAUFMANN jedoch
vorzuwerfen ist: Er sagt BEWUSST nicht, was er unter
Kinderlosigkeit versteht.
In den Sozialwissenschaften
wird der Anteil der dauerhaft Kinderlosen auf ca. 20 %
geschätzt.
Der Anteil der
statistischen Kinderlosigkeit, also das was in der
Öffentlichkeit kursiert, beläuft sich dagegen auf 30 - 40 %
(weil auch Noch-Kinderlose und Eltern mit Kindern außer Haus
mitgezählt werden).
Außerdem
besagt die Statistik, dass dauerhafte Kinderlosigkeit eher mit
niedrigen Einkommen einher geht.
Nimmt man KAUFMANN ernst, dann bedeutet eine Bestrafung der
Kinderlosen, dass der Anteil dauerhafter Kinderlosigkeit
zunehmen wird, weil sich immer weniger überhaupt Kinder
leisten können. Dies ist auch der Tenor der Elterngelddebatte:
Geburtenförderung sollen in erster Linie die Erfolgreichen
erhalten und nicht diejenigen, die sich Kinder wünschen.
"Die Kinderzahl je
Frau hat sich im Durchschnitt in Deutschland in den letzten
Jahren nicht wesentlich verändert. Wie das Statistische
Bundesamt mitteilt, fiel die Geburtenziffer 2004 mit 1,36 etwas
höher als in den drei vorangegangenen Jahren aus (2001: 1,35;
2002 und 2003 jeweils 1,34). Eine höhere durchschnittliche
Kinderzahl hatte es seit der Wiedervereinigung nur in den Jahren
1997 (1,37) und 2000 (1,38) gegeben, 1990 waren es 1,45 gewesen.
Damit wird das zum Ersatz der Elterngeneration notwendige Niveau
von etwa 2,1 Kindern je Frau deutlich unterschritten. Eine
durchschnittliche Kinderzahl von mindestens 2,0 je Frau hatte es
sowohl im Westen als auch im Osten Deutschlands zuletzt Anfang
der 1970er Jahre gegeben. 2005 wurden nach einer Schätzung, die
monatliche Veränderungen berücksichtigt, etwa 680 000 bis 690
000 Kinder lebend geboren. Die Ergebnisse für das Jahr 2005
werden Mitte 2006 vorliegen. Die zusammengefasste Geburtenziffer
dürfte 2005 zwischen 1,33 und 1,36 gelegen haben. Innerhalb
Deutschlands gab es eine sehr unterschiedliche Entwicklung: In
den neuen Ländern und Berlin-Ost sind nach der Wiedervereinigung
die Geburten geradezu eingebrochen bis zu einem Tief der
zusammengefassten Geburtenziffern von 0,77 Kindern je Frau in
den Jahren 1993 und 1994. Seitdem hat dort die durchschnittliche
Kinderzahl wieder bis 2004 auf 1,31 (ohne Berlin-Ost)
zugenommen. Demgegenüber veränderte sich die zusammengefasste
Geburtenziffer in Westdeutschland in den letzten Jahrzehnten
nicht derart gravierend. Im früheren Bundesgebiet wurden 2004
durchschnittlich 1,37 Kinder je Frau geboren (ohne Berlin-West),
ähnlich viele wie in den Vorjahren. In dieser Größenordnung
liegt die zusammengefasste Geburtenziffer im Westen Deutschlands
seit 1975. In diesem Zeitraum waren die höchsten Werte 1975,
1976 und 1990 mit jeweils 1,45 sowie 1980, 1981 und 1997 mit
1,44 erreicht worden. Die niedrigste zusammengefasste
Geburtenziffer hatte es im früheren Bundesgebiet 1985 mit 1,28
gegeben. Eine niedrigere zusammengefasste Geburtenziffer als
Deutschland weisen innerhalb der EU zur Zeit unter anderem
Tschechien und Polen mit 1,23 sowie Griechenland mit 1,29 auf
(Angaben von Eurostat für 2004)", meldet das Statistische
Bundesamt.
DPA (2006): Geburten erreichen Rekordtief.
Negativtrend seit 1972 hält an. Migration wird immer wichtiger,
in: Frankfurter Rundschau v. 28.04.
Anlässlich des Erscheinens von SCHIRRMACHERs Buch
Minimum kam
die Welt auf die glorreiche Idee, man könne doch mal wieder
ein Geburtenrekordtief verkünden. 676.000
Geburten kündigten uns MÜLLER & PETER für 2005 an. Jetzt kommt
die Frankfurter Rundschau und bringt -
wie von single-generation.de erwartet - rechtzeitig zur
Debatte um das Elterngeld eine Dpa-Meldung in Umlauf, in der
uns jetzt nicht mehr als 690.000 Geburten versprochen werden. Das
sind immerhin bis zu 14.000 Geburten mehr als am 14. März. Nur wird
verschwiegen, dass diese Prognose des Statistischen Bundesamtes
bereits am 20. Januar 2006 publiziert wurde. Man
holt also alte Meldungen aus der Mottenkiste heraus, um sie uns als
aktuelle Sensation zu verkaufen. Wie lange lassen wir uns solche
Praktiken eigentlich noch bieten?
SEIBT, Gustav (2006): Deutschland.
SZ-Feuilletonthema Zu viele Menschen, zu wenige oder die
falschen: Die Welt im demographischen Umbruch: Dreißig Jahre
nach zwölf,
in: Süddeutsche Zeitung v. 04.05.
Gustav SEIBT versucht
sich als SCHIRRMACHER-Imitator. Er schreckt dabei auch vor
Halbwahrheiten nicht zurück. Angeblich bezog sich bisher die
demographische Panik stets auf die Überbevölkerung.
Vielleicht sollte SEIBT
beim Historischen Demographen Josef EHMER nachschlagen. Dort
gibt es eigens ein Kapitel über die Paradigmen der
Bevölkerungspolitik, die zwischen "Überbevölkerungsangst"
und "Entvölkerungsangst" schwankte. Es
ist sicher auch kein Zufall, dass Herwig BIRGs Buch Die
ausgefallene Generation bereits in Wilhelm HARTNACKEs
Buch Die Ungeborenen (1936) seinen Vorläufer hatte.
SCHWENTKER, Björn (2006): Aussterben abgesagt.
Deutschland hat die Demografie entdeckt – und
mit ihr die demografische Katastrophe. Viele Forscher sehen gar
keinen Grund zur Aufregung,
in: Die ZEIT v. 08.06.
In dem Buch
Die Single-Lüge erfahren Sie,
warum dieser Artikel nicht bereits vor einem Jahr in der ZEIT
erschienen ist, obwohl sich am wissenschaftlichen
Erkenntnisstand in der Zwischenzeit nichts geändert hat.
SCHWENTKER, Björn (2006): Pokerspiele an der Wiege.
Akademikerinnen sind im Gebärstreik? Nein.
Die Statistik ist fehlerhaft. Und der Bundesrat verhindert
exakte Erhebungen. Teil zwei unserer Demografie-Reihe,
in: Die
ZEIT Nr.25 v. 14.06.
Punkt für Punkt
bestätigt Björn SCHWENTKER im 2. Teil der
Serie
Deutschland ohne Kinder?
die Kritik von single-dasein.de und
single-generation.de an der Demografiedebatte. [
mehr ]
DESTATIS (2006): Bevölkerung im Jahr 2005 leicht gesunken,
in:
Pressemitteilung Statistisches
Bundesamt Wiesbaden v. 19.07.
Das Statistische Bundesamt
veröffentlichte heute zwar die vorläufigen Ergebnisse der
Bevölkerungsfortschreibung, aber nicht die Anzahl der Geburten
im Jahr 2005.
Eine durchaus
merkwürdige Praxis, aber single-generation.de wollte es
genauer wissen. Die Geburtenzahlen sind nämlich bereits
veröffentlicht. Sie befinden sich jedoch versteckt auf den
Seiten des Statistischen Bundesamtes in einer Exceltabelle mit
der Bezeichnung
Natürliche
Bevölkerungsentwicklung ab 1946 bis 2005.
Nach den
vorläufigen Ergebnissen wurden 685.784 Geburten im Jahr 2005
registriert.
Möglicherweise
erinnert sich noch jemand an das
Spektakel mit
dem im März dieses Jahres das Pamphlet "Minimum" von Frank
SCHIRRMACHER auf den Buchmarkt geworfen wurde.
Die Welt präsentierte extra zu diesem Zweck die angeblich
neuesten Geburtenzahlen:
"Nach Prognosen des
Statistischen Bundesamtes kamen 2005 nur rund 676 000 Kinder auf
die Welt. Gegenüber dem Vorjahr, als es noch knapp 706 000
Geburten waren, würde das ein Minus von über vier Prozent
bedeuten - es wäre der gewaltigste Einbruch der letzten 15
Jahre",
verkündigten Uwe MÜLLER &
Joachim PETER am 14. März und auch die so genannte
Qualitätspresse druckte die Meldung ohne jegliche Überprüfung
nach, weil sie so schön zum Buch passte. Die jetzigen ca.
686.000 Babys liegen also wesentlich höher. Dies dürfte einer
Geburtenrate entsprechen, die bei ca. 1,34 liegt, wenn man der
Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 17.03.2006
glauben darf.
Damit wäre die
Geburtenrate - trotz der unsäglichen Debatte um das Elterngeld,
die eher zu Geburtenaufschüben geführt haben dürfte - höher als
in den Jahren 1991 - 1996. Sie würde auf dem Niveau der Jahre
2002/2003 liegen. Die Geburtenentwicklung ist also keineswegs so
dramatisch wie das noch im Frühjahr dieses Jahres in den
deutschen Medien dargestellt wurde.
Das Buch
Die
Single-Lüge
klärt darüber auf, warum Politik, Wissenschaft und Medien
keinerlei Interesse an einer fairen Berichterstattung über die
Geburtenentwicklung haben und warum das kontraproduktiv ist.
PETER, Joachim (2006): Geburtenrate.
Bevölkerungsrückgang in neuen Ländern
hält an. Sinkende Einwohnerzahlen zum Teil auch im West,
in: Welt v. 20.07.
Joachim PETER, der
im März mit der Veröffentlichung von
falschen Geburtenzahlen Frank SCHIRRMACHER unterstützte,
reiht zwar viele Zahlen aneinander, aber die Geburtenzahlen
finden sich bei ihm nicht.
Er müsste sich dann ja fragen lassen,
warum er noch vor 4 Monaten einen dramatischen Rückgang der
Geburtenrate beschwor, der offensichtlich ausgeblieben ist.
Stattdessen will er eine
Schneise durchs Land erkennen.
Was wäre aber
passiert, wenn es keinen Geburtenrückgang gegeben hätte?
Diese Frage
wird wohlweislich nicht gestellt.
RÖNICKE, Katrin (2006): Zuwanderung lässt
Südwesten wachsen.
Als einziges Bundesland verbucht
Baden-Württemberg mehr Geburten als Sterbefälle. Die meisten der
kleinen Badener und Schwäbinnen werden von Migranten in die Welt
gesetzt. Insgesamt geht die Bevölkerung der Bundesrepublik
weiter zurück,
in: TAZ v. 20.07.
"Im Jahr 2005 wurden 686 000
lebendgeborene Kinder registriert, 20 000 oder 2,8% weniger als
2004. Die Zahl der Geburten geht seit 1991, mit Ausnahme der
Jahre 1996 und 1997, zurück. 2004 war dieser Rückgang mit 1 000
Geburten weniger als 2003 allerdings sehr moderat ausgefallen",
meldet das Statistische Bundesamt in Wiesbaden.
2. Akt der
singlefeindlichen Veröffentlichungspraxis des Statistischen
Bundesamtes: Bereits
am 19. Juli wurden die
Bevölkerungszahlen veröffentlicht - ohne jedoch die
Geburtenzahlen zu nennen. Nun werden die Geburtenzahlen
veröffentlicht, ohne jedoch die Geburtenrate zu nennen.
"Es werden immer weniger Kinder geboren" lauten deshalb die
gängigen Meldungen. Die absoluten Geburtenzahlen sagen jedoch
wenig aus. Entscheidender ist die Frage, ob die Geburtenrate
rückläufig ist. Dies ist offenbar nicht der Fall, wie
single-generation.de bereits bei der letzten
Veröffentlichung angemerkt hat.
Das amtliche Endergebnis liegt um genau 11
Geburten höher als jene Zahlen, die
bei
single-generation.de bereits im Juli zu lesen
waren.
Rechtzeitig zum Erscheinen des Buches
Minimum von Frank SCHIRRMACHER und des Buches Die
demographische Lage der Nation präsentierte die Welt
eine Geburtenzahl, die
Deutschland am
Rande des Abgrundes sah. Die Realität
sieht jedoch anders aus. Die
Geburtenzahlen schließen nicht aus, dass sich dahinter ein
Babyboom in bestimmten Altersgruppen verbirgt.
MOHR, Mirjam (2006): Die Mär von den aussterbenden Deutschen.
Die Demografie liefert
scheinbar immer neue Hiobsbotschaften: Die Geburtenrate sinkt, die
Gesellschaft vergreist, die Deutschen sterben aus. Doch Experten
warnen vor übereilten Schlüssen: Oft werde mit gewagten
Interpretationen lückenhafter Daten Panikmache betrieben,
in: Spiegel Online v. 23.08.
Bereits
Mitte Juli und
vor einer Woche
war exklusiv auf single-generation.de zu lesen, was nun auch
spiegel online verbreitet:
"Unbestritten
ist, dass Deutschland eine niedrige Geburtenrate hat. Doch bei der
Berichterstattung werden unterschiedliche Begriffe vermischt: 2004
etwa erreichte die absolute Geburtenzahl mit 705.622 Neugeborenen
den niedrigsten Stand seit Kriegsende. Daraus wurde später die
Aussage, dass die zusammengefasste Geburtenziffer - die
durchschnittliche Zahl an Kindern, die eine Frau in ihrem Leben
bekommt - so niedrig sei wie noch nie seit 1945. Das aber ist
falsch: 2004 bekam eine deutsche Frau im Schnitt 1,36 Kinder.
Während beinahe der gesamten 90er Jahre war der Wert niedriger, etwa
1994 mit 1,24, oder bestenfalls genauso hoch. Und auch 1985 lag die
Kennziffer im damaligen Bundesgebiet nur bei 1,28.
(...).
Weiter geht es mit der Verwechslung der
zusammengefassten und der rohen Geburtenziffer: Die rohe Geburtenziffer gibt die Zahl der
Geburten je 1000 Einwohner an. Das Berlin-Institut für Bevölkerung
und Entwicklung hatte
im März mit der Mitteilung Entsetzen ausgelöst, Deutschland
liege in dieser Hinsicht seit mehr als 30 Jahren auf dem letzten
Platz weltweit. In der Berichterstattung wurde dies mit der
zusammengefassten Geburtenziffer verwechselt, bei der aber laut
Eurostat 2003 und 2004 allein zehn EU-Länder hinter Deutschland
lagen."
Während
hier jedoch nur die Daten von 2004 betrachtet werden, hat
single-generation.de bereits die
Berichterstattung über die Geborenenzahlen von
2005 genauer analysiert.
Im
Buch
Die Single-Lüge wird die Debatte
um den demografischen Wandel ausführlich dargestellt und die
Mechanismen und Interessen an der demografischen Demagogie
aufgezeigt. Während
die Soziologen erst auf ihrem Kongress im Herbst die Natur der
Gesellschaft zum Thema machen und nach und nach die ersten Bücher
zur Debatte erscheinen werden, ist das Buch
Die Single-Lüge das
erste Buch, das die bevölkerungspolitische Debatte kritisch
beleuchtet.
NEWSWEEK-Titelgeschichte: Whatever
Happend to Having Kids?
Why More & More
Couples Are Going Childless. Plus: Beating
the Biological Clock
THEIL, Stefan
(2006): Beyond Babies.
Even in
once conservative societies, more and more couples are choosing
not to have kids. That means good things for restaurants and
real estate. But a backlash has already begun,
in: Newsweek v. 04.09
2007
"Es wird mit etwa 670 000
bis 680 000 Lebendgeburten (...) gerechnet. 2005 waren 686 000
Kinder lebend zur Welt gekommen",
meldet das Statistische
Bundesamt zur Geburtenentwicklung. Zur Bevölkerungsentwicklung
heißt es:
"Nach einer Schätzung des
Statistischen Bundesamtes ist die Einwohnerzahl Deutschlands
2006 erneut gesunken. Ende 2006 dürfte sie bei etwa 82,31
Millionen Menschen gelegen haben. Ein Jahr zuvor lebten 82,44
Millionen Menschen in Deutschland."
VOLMER,
Hubertus (2007): "Wie bei den Autobahnen".
Gespräch mit dem familienpolitischen
Sprecher der Unionsfraktion Johannes Singhammer,
in: n-tv v. 05.01.
Die
Passauer Neue Presse
hat Johannes SINGHAMMER als Verfechter einer Rente nach Kinderzahl ins
Gespräch gebracht. SINGHAMER dementiert dies:
"Sie
werden mit der Forderung nach höheren Rentenbeiträgen für
Kinderlose zitiert. Ist es nicht ungerecht, Paare ohne Kinder zu
bestrafen?
Diese Forderung haben wir nirgends erhoben, auch in unseren
internen Überlegungen nicht. Wenn ich den entscheidenden Satz
aus unserem Strategiepapier mal vorlesen darf: Uns geht es
darum, "den Beitrag von Kindern für den Generationenvertrag
künftig anders und besser zu bewerten". Es geht um eine
Besserstellung der Familien, die Kinder erziehen - nicht darum,
jemandem etwas wegzunehmen.
Woher soll das Geld für diese Besserstellung kommen?
Diese Frage wird natürlich immer wieder gestellt. Ich darf daran
erinnern, dass alle öffentlichen Haushalte durch den
Geburtenrückgang entlastet werden. 1990 hatten wir in
Deutschland noch mehr als 900.000 Geburten. Im vergangenen Jahr
waren es nur noch rund 670.000",
behauptet SINGHAMMER.
Das Statistische Bundesamt
schätzt die Zahl der Lebendgeborenen für das Jahr 2006 auf 670 -
680 Tausend. SINGHAMMER nennt dagegen nur die Untergrenze.
Die Zahlen bedeuten zwar
einen Rückgang der Geborenen gegenüber 2005. Angesichts des
rapiden Rückgangs
der potenziellen Mütter zwischen 1968 und 1973
darf die geschätzte Geborenenzahl jedoch nicht vorschnell als
Sinken der Geburtenrate gedeutet werden. Vielmehr könnte sich
dahinter sogar ein Anstieg der Geburtenrate verbergen.
Die
Medienberichterstattung des letzten Jahres sollte als Warnung
dienen. Die Medien
könnten in Verruf geraten, wenn sich dies nun erneut wiederholt.
"Hurra, Deutschland
schrumpft!" schreibt SPERBER angesichts der neuen
Bevölkerungszahlen:
"Endlich weniger Kinder. Das
ist doch ein feiner Gedanke. Wir können das vorhandene Geld in
deren gute Bildung und in richtig schöne Kindergärten mit
genügend Pädagogen stecken. Was übrig bleibt, investieren wir in
Alten-Residenzen, die ihren Namen auch verdienen".
MÜLLER, Uwe & Joachim PETER (2007): Geburtenboom: Frankreich zieht an
Deutschland vorbei,
in: Welt v. 19.02.
Die dubiosen Welt-Journalisten MÜLLER &
PETER behaupten weiterhin, dass
letztes Jahr in Deutschland nur 675.000 Kinder geboren wurden,
obwohl bereits seit August letzten Jahres bekannt
ist, dass in Deutschland ca. 685.800 Kinder geboren wurden.
Die
Nachrichtenagentur AFP verbreitet diese falschen Zahlen weiter, die
man sogar im Online-Angebot der angeblichen
Qualitätszeitung
Süddeutsche Zeitung
lesen muss.
Die Journalisten wärmen
noch einmal das
längst
bekannte und umstrittene Szenario ("Mit
dem Volk schrumpft der Wohlstand") des Instituts der deutschen
Wirtschaft (IW) auf, um einen Geburtenwettlauf mit Frankreich zu
rechtfertigen.
Der Artikel
Die Franzosen kommen von PETER & MÜLLER ist mit einem
Vergleich der rohen Geburtenziffern der beiden Länder von 1820
bis 2005 geziert. Dieses Maß - das von den Dramatisierern des
Geburtenrückgangs gerne verwendet wird - ist jedoch für
Ländervergleiche bezüglich der Geburtenentwicklung vollkommen
ungeeignet.
Hinzu kommt, dass das
Bild dadurch verfälscht wird, dass zwischen 1945 und 1989 nur die
westdeutschen Werte dargestellt sind, während ab den 1990ern die
gesamtdeutschen Werte aufgelistet werden. Gerade die Aussagen über
die Geburtenentwicklung in Ostdeutschland sind jedoch mit größter
Vorsicht zu genießen, wie ein aktueller Bericht zur Lage der
Kinderlosigkeit in Deutschland und Europa zeigt.
PÖTZSCH,
Olga (2007): Neue Datenquelle zu Geburten und
Kinderlosigkeit,
in:
Wirtschaft und Statistik,
Heft 3, März, S.260-263
Kommentar vom 17. Oktober
2007: Im April 2001 sprach das Bundesverfassungsgericht sein
umstrittenes
Pflegeurteil,
das dazu führte, dass Kinderlose einen höheren Beitrag als
Eltern zahlen müssen.
Auf
single-dasein.de und single-generation.de wurde
seitdem kritisiert, dass die Datenlage zur Geburtenentwicklung
nicht ausreichend sei. Dies war der Öffentlichkeit lange nicht
bekannt. Hier wurde von Anfang an behauptet, dass die Zahl der
lebenslang Kinderlosen geringer sei, als es die Zahlen des
Mikrozensus zur Kinderlosigkeit ausweisen. Im Buch
Die
Single-Lüge
wurde diese Kritik pointiert zusammengefasst.
Es ging hier deshalb darum
diesen Missstand anzuprangern und mehr Transparenz zu fordern.
Für viele war diese Website eine Provokation, weil es um ein
hoch emotionalisiertes Thema ging. Einflussreichen
Meinungsführern wurden ihre Verzerrungen vorgehalten und immer
wieder die Schwachpunkte ihrer Argumentation hervorgehoben.
Dass diese grundsätzliche
Kritik berechtigt war, zeigt die Tatsache, dass im Jahr 2006
erstmals eine Erhebung Geburten in Deutschland
durchgeführt wurde. Im
Heft 3
der Zeitschrift Wirtschaft und
Statistik
stellt Olga PÖTZSCH diese neue Datenquelle vor.
Die Ergebnisse
dieser Erhebung sollen noch in diesem Jahr vorgestellt werden.
Es hat also 6 Jahre gedauert, bis das nachgeholt wurde, was
eigentlich bereits Grundlage des Urteils des
Bundesverfassungsgerichts hätte sein müssen.
Damit ist nun erstmals eine
sachlichere Diskussion möglich. Die
Umdefinition von
Eltern in Kinderlose,
die bislang die gängige Praxis in der Debatte um die
Kinderlosigkeit war, ist dann nicht mehr so einfach möglich wie
bisher. Außerdem wird erstmals nicht mehr nur die
Geburtenfolge innerhalb von Ehen
erfasst, sondern alle Geburten einer Frau. Diese Frage
entscheidet darüber, inwieweit die Polarisierungsthese
tatsächlich ihre Berechtigung hat. Welche Bedeutung diese
Polarisierung besitzt, ist dann wiederum eine andere Frage.
Außerdem lässt sich dann u.
a. auch feststellen,
welchen Anteil
die allein lebende Karrierefrau an den Kinderlosen tatsächlich
hat.
Hier werden die
Ergebnisse ausführlich analysiert werden. Als Konsequenz davon
wird diese Website andere Schwerpunkte setzen.
In der Rezension des Buches
Ein Leben ohne Kinder,
das bislang den besten Überblick zur Problematik gibt, wird
bereits deutlich gemacht, wohin der Weg führen wird.
TUTT,
Cordula (2007): Das große Schrumpfen, Berlin Verlag
Cordula TUTT suggeriert einen
stetig zunehmenden Abwärtssog.
Entgegen ihrer Behauptung, dass die Prognostiker ihre früheren
Voraussagen immer wieder nach unten korrigiert haben,
streuen die Prognosen innerhalb eines Schwankungskorridors. Dies
liegt daran, dass es auch in der Vergangenheit keine lineare
Entwicklung gab, sondern Wellenbewegungen mit Ausschlägen nach
oben und unten.
"In
den nächsten 50 Jahren wird die Bevölkerung in Deutschlands
jährlich um knapp 200.000 Menschen schrumpfen, wenn man den
Vorhersagen glaubt. Zunächst geschieht das langsamer, dann
schneller. (...). Folgt man den Zahlen des Statistischen
Bundesamtes, dann leben zur Mitte des Jahrhunderts nur noch 69
bis 74 Millionen Menschen in Deutschland statt der heute rund 82
Millionen Einwohner. Die amtlichen Prognostiker haben ihre
früheren Voraussagen immer wieder nach unten korrigiert, manche
internationalen Berechnung gehen von noch weniger Menschen im
Land aus." (2007, S.17)
Vier Jahre nach
Erscheinen des Buches - wächst Deutschland wieder - und
straft das Bild von kontinuierlichen Abwärtssog Lügen.
Beliebt
ist auch das Bild, dass der Westen der ostdeutschen
Schrumpfungsavantgarde folgen wird:
"Gleichsam als
Zukunftslabor für ganz Deutschland vollziehen die meisten
Gegenden im Osten der Republik bereits einen Wandel zum Weniger.
Was dort auf Jahre hin Alltag bleiben wird, zeigt nur, was
anderswo noch bevorsteht. (...). Sachsen-Anhalts Bevölkerung
schrumpfte in den 15 Jahren seit 1990 von 2,9 auf rund 2,4
Millionen Menschen. Es gehen vor allem die Jungen und Mobilen -
»selektive Abwanderung« heißt
dieser schmerzhafte Verlust in der Sprache der Experten. Bis
2020 sollen in diesem Bundesland nur noch zwei Millionen
Bewohner übrig sein."
(2007, S.23)
Ivar CORNELIUS sieht -
im Gegensatz zum Mainstream - nicht die Kinderlosigkeit,
sondern den Rückgang der kinderreichen Familien als Hauptproblem
des Geburtenrückgangs. Am Beispiel Baden-Württemberg rechnet er
vor:
"Aus
pragmatischen Gründen wird bislang oft (...) der Altersbereich
von 40 bis unter 45 Jahren für Durchschnittsbetrachtungen
angesetzt. Dabei ergibt sich für die Kinderzahlverteilung
der Frauen in Baden-Württemberg folgendes Bild (...): Heute sind
etwa 23 Prozent der 40- bis unter 45-jährigen Frauen kinderlos
geblieben, weitere 22 Prozent haben ein Kind. Den relativ
größten Anteil bilden mit rund 39 Prozent die Frauen, die im
Laufe ihres Lebens zwei Kinder geboren haben. Etwa jede sechste
Frau im Alter von 40 bis unter 45 Jahren hat zeitlebens drei
oder mehr Kinder zur Welt gebracht. Anfang der 1970er Jahre lag
der Anteil kinderreicher Frauen mit 31 Prozent nahezu doppelt so
hoch wie heute. Demgegenüber hat sich die Kinderlosigkeit in den
vergangenen rund drei Jahrzehnten nicht so drastisch erhöht. und darüber hinaus hat
dieser Survey, verglichen mit anderen, eine außerordentlich
breite Altersspanne von unter 20 bis über 50 Jahren."
(2007, S.80)
MARX, Iris (2007): Städte registrieren Baby-Boom.
Nach einer Umfrage der Welt ist die
Geburtenzahl 2007 um bis zu 21 Prozent angestiegen - Erfolg des
Elterngeldes?
in: Welt v. 18.05.
Im Frühjahr 2006
schrieben zwei Welt-Autoren die Geburtenrate in den
Keller, nun will
Iris MARX einen Babyboom in den Städten - und damit gar in ganz
Deutschland - entdeckt haben:
"Die Werte markieren einen
Wendepunkt. Seit den 70er Jahren ist die Geburtenzahl in
Deutschland nicht mehr angestiegen".
Wie üblich stimmt
nichts davon! Die Geburtenzahlen schwanken seit den 70er Jahren
in Deutschland und haben seitdem bereits
mehrere Minimums und Maximums
erreicht. Ein Anstieg der Geburtenzahlen ist bereits seit fast 5
Jahren in verschiedenen westdeutschen Großstädten zu
verzeichnen. Die
Prenzlauer Berg-Eltern in Berlin
erregen z.B. seit 2003 immer mal wieder Aufsehen.
Der Anstieg der Geburten in
Großstädten ist also keineswegs ein Effekt des gerade
beschlossenen Elterngeldes.
Für die
geburtenstarken Jahrgänge der Generation Golf (1965 -
1970) kommt das Elterngeld mehr oder weniger zu spät.
Vielmehr dürfte die unsägliche familienpolitische Debatte in den
letzten Jahren zu vermehrten Geburtenaufschüben dieser
geburtenstarken Jahrgänge geführt haben. Der
"Baby-Boom" der
Spätgebärenden wäre sonst
noch stärker ausgefallen.
Wenn nun Geburten endlich
nachgeholt werden, dann wäre das deshalb nicht als Erfolg,
sondern allenfalls als Misserfolg der deutschen Familienpolitik
zu werten. Erreicht werden können nämlich hauptsächlich nur noch
die geburtenschwachen Jahrgänge der 1970er Jahre.
Späte Mütter sind unter den Vierzigjährigen bisher eher selten.
Nur bei
Frauen mit Hochschulabschluss
kommt es noch etwas häufiger zu Erstgeburten, wie die Debatte um
das Ausmaß der Kinderlosigkeit in Deutschland gezeigt hat.
Als Experten werden der
Ifo-Mitarbeiter Martin WERDING befragt, der als Verfechter einer
Rente nach
Kinderzahl bekannt
ist, und Jan HOEM, Direktor des Max-Planck-Instituts für
demografische Forschung, der aus dem Anstieg der Geburtenzahlen
noch nicht auf die Wirksamkeit des Elterngelds schließen möchte.
Bereits im Januar hatte
das Statistische Bundesamt die Geburtenzahlen auf 670 - 680
Tausend geschätzt. Nun wird die Zahl konkretisiert:
"Im Jahr 2006 wurden
673.000 lebend geborene Kinder registriert, 13.000 oder 1,9%
weniger als 2005. Die Zahl der Geburten geht seit 1991,
mit Ausnahme der Jahre 1996 und 1997,
zurück."
Ein Rückgang der
GeburtenZahlen muss keinen Rückgang der GeburtenRate bedeuten.
Bereits im Jahr 2004
haben Michaela KREYENFELD und Dirk KONIETZKA nachgewiesen, dass
die von den Bevölkerungswissenschaftlern erfasste
Geburtenrate (TFR)
aufgrund des steigenden Erstgebäralters das erreichte
Geburtenniveau in Deutschland nur verzerrt wiedergibt.
Der aktuelle Aufsatz schreibt
nun die Geburtenrate nicht nur für die Kohorten 1964, 1968 und
1972 fort, sondern vergleicht die west- und ostdeutschen
Kohorten 1965 - 1974.
Für die 39jährigen
Frauen des Geburtsjahrgangs 1965
ergibt sich in Westdeutschland eine Geburtenrate von 1,47, in
Ostdeutschland sogar 1,58. Beide Zahlen liegen über der
Geburtenrate (TFR), die in den letzten Jahren um 1,3 schwankte.
Das Geburtenniveau des Frauenjahrgangs 1965 könnte sogar noch
eine Geburtenrate von 1,6 erreichen, weil die Zahlen des
Statistischen Bundesamtes, die KONIETZKA & KREYENFELD verwendet
haben, ebenfalls mit Unsicherheiten behaftet sind.
Im Jahr 2015 - und damit 8 Jahre später - vermeldete das
Statistische Bundesamt die endgültige Kinderzahl für den
Frauenjahrgang 1965. Er erreichte 1,55 Kinder pro Frau
(West: 1,52; Ost: 1,6). Dies bedeutet, dass die westdeutschen
Frauen im Alter von über 40 Jahren noch mehr Kinder bekamen als
die ostdeutschen Frauen.
Bereits im Jahr 2003
hat single-generation.de die Frauen der Generation Golf
gegen Susanne GASCHKE ("Die Emanzipationsfalle") verteidigt und
darauf hingewiesen, dass die Fruchtbarkeitsdifferenzen zwischen
den 68ern und Nach-68ern geringer ausfallen werden, wie das
damals üblicherweise in den Medien dargestellt wurde. Die Zahlen
von KONITZKA & KREYENFELD zeigen, dass die damaligen Vorwürfe
berechtigt waren.
Im Buch
"Die Single-Lüge"
wird ausführlich darauf eingegangen, warum die traditionelle
Bevölkerungswissenschaft nicht in der Lage ist, das
Geburtenverhalten der Nach-68er angemessen einzuschätzen.
SCHWENTKER, Björn (2007): Ende einer Diskriminierung.
Der Streit um die wahre Zahl
kinderloser Akademikerinnen steht vor dem Aus - denn endlich
soll sie korrekt erhoben werden: Der Bundestag hat am Donnerstag
zwei Statistikgesetze geändert. Das könnte sogar die
Bevölkerungsprognosen ändern,
in:
ZEIT Online v. 06.07.
"Ohne
Debatte winkte der Bundestag die seit Jahren geforderten
Änderungen am Donnerstag einfach so durch, mit den Stimmen
von CDU, SPD und FDP. Was war passiert?
Ausgelöst hat
das kollektive Umdenken die 29-jährige CDU-Abgeordnete
Krista Köhler. In kurzer Zeit überzeugte sie zuerst dem
Innenausschuss der CDU-Fraktion, in dem sie als
Fachpolitikerin für Statistik und Demografie arbeitet. In
Maik Reichel, dem 35-jährigen Kollegen im
SPD-Innenausschuss fand sie einen begeisterten
Mitstreiter, der seine eigenen Parteikollegen bearbeitete.
Und schon war der Gesetzesinitiative der jungen CDU-Frau
der Weg geebnet: Im Fragebogen des Mikrozensus steht ab
Januar 2008 die Frage nach den eigenen Kindern, und die
Standesämter zählen alle Neugeborenen gleichermaßen, ob
ehelich oder nicht-ehelich",
berichtet Björn SCHWENTKER über ein
Thema,
an dem die ZEIT bis vor kurzem
keinerlei Interesse zeigte,
weil die ZEIT-Redakteurin Susanne GASCHKE eine der
Hauptakteurinnen in der öffentlichen Debatte um die hohe
Kinderlosigkeit der Akademikerinnen war.
"Wie das Statistische
Bundesamt mitteilt, hat sich nach vorläufigen Ergebnissen die
Zahl der lebend geborenen Kinder im ersten Quartal 2007 mit
149.300 Kindern gegenüber dem Vorjahresquartal 2006 (148.700)
nur geringfügig erhöht (+ 0,4%). Dabei standen 76.700 Geburten
von Jungen 72.600 Geburten von Mädchen gegenüber", heißt es in
der Pressemeldung.
Das Statistische Bundesamt
meldete am 20. Juli, dass die Geburtenzahlen im 1. Quartal 2007
nur geringfügig zum Vorjahresquartal 2006 gestiegen sind. Es
reagierte mit dieser Pressemeldung auf Medienberichte über einen
angeblichen Baby-Boom, den insbesondere eine Reporterin der
Welt aufgrund einer nicht-repräsentativen Umfrage
im Mai
in die Welt gesetzt hatte.
Seit dem Erscheinen des
Buches Minimum von Frank SCHIRRMACHER im März letzten
Jahres hat die Hysterie eine neue Stufe erreicht. Während
damals Welt-Journalisten
die Geburtenzahlen in den Keller schrieben,
wird nun das Gegenteil gemacht. Es werden jetzt Trendwenden
verkündet, die genauso abwegig sind wie die bisherige Debatte
ums Aussterben der Deutschen.
"Seit 1987 waren hier zu Lande Jahr für
Jahr weniger Kinder geboren worden",
schreibt Dorothea SIEMS in der
Welt.
Es handelt sich
hier wohl um einen Druckfehler, denn
erst seit 1997 wurden hierzulande Jahr
für Jahr weniger Kinder geboren. Seit 9 Jahren durfte deshalb
Jahr für Jahr geschrieben werden, dass es sich dabei um "den
niedrigsten Wert seit dem 2. Weltkrieg" handelte. Dies galt aber
bereits
seit 1972 für alle westdeutschen
Geburtenrückgänge.
Von 1966 bis 1975 sank in
Westdeutschland die Geburtenzahl von 1,05 Millionen auf 0,6
Millionen, also um ca. 43 %. Dagegen fiel die Geburtenzahl von
1997 bis 2007 nur von 812 Tausend auf 673 Tausend, also um ca.
18 %. Der Geburtenrückgang seit 1997 war im historischen
Rückblick also alles andere als besorgniserregend. Ganz davon
abgesehen, ist die absolute Geburtenzahl für sich genommen kein
geeigneter Indikator, um Trendwenden auszurufen.
1996 gab es den letzten
"Geburtenaufschwung". Dessen Nachhaltigkeit war jedoch
bescheiden und mündete in einen lang anhaltenden Rückgang der
Geborenenzahlen.
Lisa NIENHAUS meint
in
der FAS nun
sogar, dass die Last von den als kinderfeindlich beschimpften
Akademikerinnen abfallen könne:
"600 Kinder mehr in drei
Monaten sind hoffentlich 600 zukünftige Steuerzahler mehr, 600
Kranken- und Rentenversicherungseinzahler mehr, vielleicht auch
600 baldige Facharbeiter mehr, die für Wachstum sorgen. Da
schlägt das Herz des Deutschen höher, der sich längst -
aufgeklärt durch alle Medien - in der demographischen
Katastrophe und dem Kampf der Generationen wähnte",
rechnet uns NIENHAUS vor.
Tatsächlich hing das
Bevölkerungswachstum der letzten Jahrzehnte in Deutschland in
erster Linie nicht von der Entwicklung der Geburtenzahlen ab,
sondern von der Zu- und Abwanderung. Dass die
Bevölkerungsentwicklung in Deutschland von der Wirtschaftslage
und Migrationsprozessen bestimmt wird, das bleibt bei der
hysterischen Debatte um den Geburtenrückgang ausgeblendet.
In dem aufschlussreichen Buch
Ein ewigwährender Untergang
zeigt der Historiker Thomas ETZEMÜLLER im Vergleich der
bevölkerungspolitischen Debatten in Deutschland und Schweden
auf, dass ein Perspektivenwechsel in der deutschen Debatte Not
tut.
Während in Deutschland bisher
Nationalkonservative um Herwig BIRG mit ihrem
ausländerfeindlichen Bevölkerungskonzept die Debatte prägten,
gelang in Schweden u. a. aufgrund eines anderen
Bevölkerungsbegriffs, der Ausländer integrierte statt sie
auszugrenzen, eine positivere Bewertung der Bevölkerungsbilanz.
Schweden gilt
hierzulande aufgrund seiner höheren Geburtenrate als eines der
familienpolitischen Vorbilder. Tatsächlich ist die demografische
Entwicklung in Schweden ähnlich verlaufen wie in Deutschland. Es
gab auch dort Höhen und Tiefen der Geburtenentwicklung. Die
Gemeinsamkeiten blieben jedoch meist verborgen, u. a. weil die
Bevölkerungsstatistik der beiden Länder auf anderen Prinzipien
beruht.
Während für Schweden exakte
Zahlen für die Geburtenentwicklung vorliegen, sind hierzulande
nur Schätzungen möglich. Das
deutsche
Datendesaster
aufgrund der normativen Statistik mit ihrer Ehezentrierung
verhinderte bislang, dass die Kinderzahlen richtig erfasst
werden konnten. Solange es aber keine einheitlichen Maßstäbe und
Meßmethoden im internationalen Vergleich gibt, ist die
Bevölkerungsdebatte hochgradig ideologisch.
Im Buch
Die
Single-Lüge
wird aufgezeigt, wie Nationalkonservative dazu beigetragen
haben, dass internationale Vergleiche in die Irre führen.
Diejenigen, die jedoch
behaupten, dass zur Zeit ein Baby-Boom ausgeschlossen sei,
liegen ebenfalls falsch. Tatsächlich könnte die Trendwende
längst da sein. Dazu bedürfte es jedoch Daten, die der
Öffentlichkeit bislang nicht vorliegen. In diesem Sinne ist auch
die Veröffentlichungspraxis des Statistischen Bundesamtes zu
kritisieren.
SIEMS, Dorothea
(2007): Kein Wunder,
in: Welt
v. 21.07.
Angesichts des geringen Anstiegs der
Geborenenzahlen im 1. Quartal 2007 lästert Christian
SCHWÄGERL, der bereits
im Jahr 2005 gegen den angeblichen
Baby-Boom im Szeneviertel Prenzlauer Berg in Berlin
polemisierte ("Kein Wunder", 27.04.2005):
"Dicke
Bäuche überall. Am Frühstückscafé in Schöneberg gehen
während eines einzigen Espresso drei Schwangere vorbei. In
Mitte sind Babys in großer Zahl unter eleganten
Businessklamotten versteckt. Den Schlachtensee umrunden
die Kleinen in pränatalen Fitnessgruppen. Runde Frauen,
wohin man auf Berliner Straßen und Wegen blickt - ist etwa
der ersehnte Babyboom da? Seit zehn Jahren geht die Zahl
der Geburten in Deutschland kontinuierlich zurück, seit
fünfunddreißig Jahren schon gibt es mehr Tote als
Neugeborene.
(...).
Im ersten Quartal 2007
sind mehr Kinder zur Welt gekommen als im
Vorjahresquartal, die Bundesfamilienministerin begrüßt die
Entwicklung freudig erregt. Die Sofortreaktion aus dem
von-der-Leyenschen Pressestab zeigt aber nur, wie groß die
Verzweiflung ist. Denn die neuen Zahlen können den
optischen Babyboom auf den Straßen Berlins nicht
bestätigen".
SCHWÄGERL hat Recht und
Unrecht zugleich.
Die gerade
veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes
müssen keine Trendwende im Geburtenverhalten bedeuten.
Andererseits bedeutet dies aber nicht, dass diese Trendwende
nicht bereits erfolgt ist.
Auch der Baby-Boom der
1960er wurde nicht vorhergesagt, sondern ein Baby-Boom kann
immer erst im Nachhinein festgestellt werden. Solange keine
exakten Zahlen zu altersspezifischen Fruchtbarkeitsziffern
der gebärfähigen Frauenjahrgänge für einen längeren Zeitraum
vorliegen, sind Trendaussagen fragwürdig.
Erschwerend kommt in
Deutschland hinzu, dass in Deutschland die
Geburtenentwicklung nur unzureichend erhoben wird. Ein
aktueller Aufsatz von Dirk KONIETZKA & Michaela KREYENFELD
deutet darauf hin, dass - wie bereits seit langem auf
single-generation.de zu lesen ist - die von
Bevölkerungswissenschaftlern ermittelte Geburtenrate die
tatsächliche Geburtenentwicklung unterschätzt.
Die Frage ist also eher,
warum kann es sich das Statistische Bundesamt immer
noch erlauben, unsichere Zahlen zu veröffentlichen?
Erst am
5. Juli wurde das Mikrozensus-Gesetz geändert.
Damit kann nun ab 2008 die Kinderzahl pro Frau und nicht mehr
nur die Kinderzahl pro Frau innerhalb einer bestehenden Ehe
erfasst werden.
Wo aber bleiben die Zahlen,
die
inzwischen mit der Erhebung Frauenbefragung zur
Geburtenentwicklung in Deutschland vom Statistischen
Bundesamtes erhoben wurden, und die weiteren Aufschluss über
die Kinderzahl der Frauen in Deutschland geben könnte?
MUSALL, Bettina (2007): Ein Haus voller Kinder.
Die
Bevölkerung in Deutschland schrumpft, aber mittendrin leben
Millionen Menschen in Großfamilien. Manche sind weder besonders
reich, noch gehören sie zur Unterschicht. Sie sind
Normalverdiener und haben einfach gern Nachwuchs,
in: Spiegel Special Nr.4
Typischer Artikel, der
deutlich macht, wie der deutsche Bevölkerungsdiskurs vor allem
durch seine Schaubilder die Leser unterschwellig auf die
aktive Bevölkerungspolitik einschwört.
Zwei Schaubilder suggerieren, dass erstens
in Deutschland 51,3 % nur ein Kind haben. Kinder sind auch
noch schichtspezifisch verteilt, denn Akademikerinnen bekommen
zu 52 % keine Kinder, während Hauptschülerinnen nur zu 27 %
kinderlos bleiben. Wie das möglich ist?
Regina MÖNCH berichtet über
einen Tatbestand, der seit dem Jahr 2000 immer wieder auf
single-dasein.de und single-generation.de
kritisiert wurde: die
Umdefinition von Eltern in Kinderlose durch die amtliche
Statistik, die
nun durch ein
neues Mikrozensusgesetz
Vergangenheit sein soll:
"Alle
vier Jahre dürfen nun Frauen im Alter von fünfzehn bis zu
fünfundsiebzig Jahren nach der tatsächlichen Zahl ihrer
Kinder und den Jahren, in denen diese geboren wurden,
befragt werden. Der Mikrozensus, wichtige Datenbasis für die
Wissenschaft, wird nun nicht mehr nur die im Haushalt
lebenden Kinder erfassen. Das klingt banal, kommt aber einem
Paradigmenwechsel gleich.
Es
galt als unschicklich, ja unzumutbar, eine Frau nach der
tatsächlichen Zahl der von ihr geborenen Kinder zu fragen.
Verstehe das, wer will. Und so dürfen nun auch Frauen, deren
Kinder früh ausgezogen sind, Mütter bleiben, statt wie
bisher die Zahl der Kinderlosen zu erhöhen. Und es werden
nicht mehr nur Frauen, die jünger als 39 Jahre sind, nach
Kinderglück und Familiengröße befragt. Wer sein erstes Kind
später bekam, bekanntlich gerade Akademikerinnen, wurde
bisher ignoriert."
Die Politik soll Schuld
daran sein, aber tatsächlich hatten auch die Medien
keinerlei
Interesse an der Publikmachung des Datendesasters.
Allen voran das
SCHIRRMACHER-
Feuilleton, das dem nationalkonservativen
Bevölkerungswissenschaftler Herwig BIRG eine seriöse Plattform
für seine alarmistischen Botschaften bot. BIRG gehört zu
jenen, die keinerlei Zweifel an der Richtigkeit ihrer Zahlen
ließen. Single-generation.de
hat das Buch
Ein Leben ohne Kinder,
herausgegeben von Dirk KONITZKA & Michaela KREYENFELD, das von
MÖNCH als Pionierwerk auf dem Gebiet der Bevölkerungsstatistik
gepriesen wird, bereits im letzten Monat vorgestellt. In
diesem Rezensionsessay wird
die ganze Spannbreite der Schätzungen zum Ausmaß der
Kinderlosigkeit in Deutschland
vorgestellt. Herwig BIRGs Zahlen liegen mit einem Drittel
lebenslang Kinderloser am oberen Ende der Schätzwerte. Dies
wäre nicht schlimm, aber BIRGs Schätzungen folgte auch das
Bundesverfassungsgericht im April 2001 bei seinem
Pflegeurteil.
"Dass
die Reform die falsche Zahl von mehr als vierzig Prozent
kinderlosen Akademikerinnen, die sich dem Familienleben
verweigern sollen, aus den Archiven und dem Internet tilgt,
darf allerdings nur gehofft werden",
meint MÖNCH. Der
Mohr hat seine Schuldigkeit getan, soll heißen: die vierzig
Prozent kinderlose Akademikerinnen haben mit der
Verabschiedung des Elterngeldes ihren Zweck sowieso erfüllt. Es
wird sicherlich nicht die letzte Falschmeldung gewesen sein,
denn die demografische Debatte wird weitergehen - vermutlich
wird sogar noch mit wesentlich härteren Bandagen gekämpft
werden.
Das aktuelle Heft
Spiegel Special zum Thema
Sehnsucht nach Familie
zeigt z.B. wie mit Statistik gelogen wird. 40 % kinderlose
Akademikerinnen? Nein! 52 % behauptet ein Schaubild auf Seite
27. Es fehlt jegliche Erklärung dazu, dass es sich hier um
Haushaltszahlen handelt, mit denen die lebenslange
Kinderlosigkeit überschätzt wird.
Im Buch
Die
Single-Lüge,
das vor über einem Jahr erschien, wird aufgezeigt, wie der
Öffentlichkeit jahrelang Fakten vorenthalten wurden. Das
Thema des Monats September wird sich mit dem Buch
Ein ewigwährender Untergang
von Thomas ETZMÜLLER befassen, denn es ist keineswegs so, dass
die gegenwärtige Debatte um den Geburtenrückgang einmalig ist.
Sie hat ETZEMÜLLER zufolge vielmehr eine 300jährige
Geschichte.
Eine weitere Rezension wird
sich dem empfehlenswerten Buch
Grenzen der Bevölkerungspolitik,
herausgegeben von Diana AUTH & Barbara HOLLAND-CUNZ widmen. In
dem Buch werden die Diskurse und Strategien der
Bevölkerungspolitik aus unterschiedlichen Perspektiven
behandelt. Im Mittelpunkt steht der Alarmismus der
öffentlichen Debatte und der Aktionismus der Politik in Sachen
demografischer Wandel. Selten wurde die Bevölkerungspolitik
derart kenntnisreich dargestellt.
"In Deutschland kamen im
Jahr 2006 rund 672 700 Kinder zur Welt, das waren etwa 13 100
weniger als 2005. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, ging
gleichzeitig die durchschnittliche Kinderzahl je Frau leicht von
1,34 auf 1,33 zurück", heißt es in der Meldung.
Bereits
im Juni hatte das
Statistische Bundesamt die Geborenenzahlen veröffentlicht. Nun
wird die Geburtenrate nachgeliefert.
Angesichts des medial
aufgeheizten Hoffens auf ein
Geburtenwunder erscheinen die aktuellen Zahlen enttäuschend.
Da jedoch das Elterngeld erst ab 1. Januar 2007 eingeführt
wurde, darf der leichte Rückgang der Geburtenrate in
Westdeutschland nicht verwundern.
Um
Aussagen über Trendwenden machen zu können, reicht das Wissen
über die Geburtenrate, das nun vom Statistischen Bundesamt
veröffentlich wurde, bei weitem nicht aus. Den Spekulationen der
Medien ist damit Tür und Tor geöffnet. Warum veröffentlicht das
Statistische Bundesamt nicht die Trends der altersspezifischen
Geburtenraten der letzten Jahre?
Das Buch
Grenzen der Bevölkerungspolitik
zeigt auf, warum die gegenwärtige bevölkerungsbewusste
Familienpolitik nicht in der Lage ist, wirklich Abhilfe zu
schaffen. Viele Maßnahmen gehen nämlich an der Wirklichkeit
derjenigen vorbei, die zu mehr Geburten ermuntert werden sollen.
KITTLAUS, Bernd (2007): Neue Datenquelle zu Geburten und
Kinderlosigkeit
in: single-generation.de v. 18.10.
Im April 2001 sprach das
Bundesverfassungsgericht sein umstrittenes
Pflegeurteil,
das dazu führte, dass Kinderlose einen höheren Beitrag als
Eltern zahlen müssen.
Auf single-dasein.de
und single-generation.de wurde seitdem kritisiert, dass
die Datenlage zur Geburtenentwicklung nicht ausreichend sei.
Dies war der Öffentlichkeit lange nicht bekannt. Hier wurde von
Anfang an behauptet, dass die Zahl der lebenslang Kinderlosen
geringer sei, als es die Zahlen des Mikrozensus zur
Kinderlosigkeit ausweisen. Im Buch
Die
Single-Lüge
wurde diese Kritik pointiert zusammengefasst.
Es ging hier deshalb darum
diesen Mißstand anzuprangern und mehr Transparenz zu fordern.
Für viele war diese Website eine Provokation, weil es um ein
hoch emotionalisiertes Thema ging. Einflussreichen
Meinungsführern wurden ihre Verzerrungen vorgehalten und immer
wieder die Schwachpunkte ihrer Argumentation hervorgehoben.
Dass diese grundsätzliche
Kritik berechtigt war, zeigt die Tatsache, dass im Jahr 2006
erstmals eine Erhebung Geburten in Deutschland
durchgeführt wurde. Im
Heft 3 der Zeitschrift Wirtschaft und Statistik
stellt Olga PLÖTZSCH diese neue Datenquelle vor.
Die Ergebnisse dieser
Erhebung sollen noch in diesem Jahr vorgestellt werden. Es hat
also 6 Jahre gedauert, bis das nachgeholt wurde, was eigentlich
bereits Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts
hätte sein müssen.
Damit ist nun erstmals eine
sachlichere Diskussion möglich. Die
Umdefinition von
Eltern in Kinderlose,
die bislang die gängige Praxis in der Debatte um die
Kinderlosigkeit war, ist dann nicht mehr so einfach möglich wie
bisher. Außerdem wird erstmals nicht mehr nur die
Geburtenfolge innerhalb von Ehen
erfasst, sondern alle Geburten einer Frauen. Diese Frage
entscheidet darüber, inwieweit die Polarisierungsthese
tatsächlich ihre Berechtigung hat. Welche Bedeutung diese
Polarisierung besitzt, ist dann wiederum eine andere Frage.
Außerdem lässt sich dann u.a.
auch feststellen,
welchen Anteil
die allein lebende Karrierefrau an den Kinderlosen tatsächlich
hat. Hier
werden die Ergebnisse ausführlich analysiert werden. Als
Konsequenz davon wird diese Website andere Schwerpunkte setzen.
In der Rezension des Buches
Ein Leben ohne Kinder,
das bislang den besten Überblick zur Problematik gibt, wird
bereits deutlich gemacht, wohin der Weg führen wird.
DESTATIS (2007): 1.
Halbjahr 2007. Geburten gingen leicht zurück,
in: Pressemeldung des Statistischen
Bundesamtes v. 13.11.
Das Statistische Bundesamt
hat dieses Jahr bereits
zum zweiten Mal
die Zahl der Geburten veröffentlicht.
Bundesweit sind die GeburtenZAHLEN erneut gesunken, in
Großstädten wie Berlin oder München dagegen erneut gestiegen.
Ein WM-Baby-Wunder ist ausgeblieben.
Das Elterngeld
ist auf erfolgreiche AkademikerInnen (Family-Gentrifier)
zugeschnitten. Diese haben zwar in den letzten 30 Jahren
zugenommen. Gesamtgesellschaftlich ist ihr Anteil aber nicht so
groß, dass dadurch die Geburtenzahlen entscheidend zunehmen
werden. Ohne den zügigen Ausbau einer qualitativ hochwertigen
Kinderbetreuung ist ein nachhaltiger Geburtenanstieg nicht zu
erwarten. Die Bücher
Ein Leben ohne Kinder
und
Grenzen der Bevölkerungspolitik
zeigen, dass es damit noch lange nicht getan ist.
Wie der Rückgang der Geburten zu bewerten ist, wissen wir erst,
wenn das Statistische Bundesamt die GeburtenRATE veröffentlicht.
Diese könnte aufgrund des
Rückgangs
potentieller Mütter
gestiegen sein.
Die Frage, die sich nun stellt: Wie lange werden
Nationalkonservative und ihre Sympathisanten still halten, bevor
die Debatte um die Bekämpfung einer
Kultur der Kinderlosigkeit
richtig beginnt? Die Debatte um eine
Rente nach
Kinderzahl ist nicht vom
Tisch, wie ein
Interview mit Gunter STEINMANN in Telepolis
zeigt.
Es darf davon ausgegangen
werden, dass die Ergebnisse der
Erhebung Geburten in Deutschland,
deren Veröffentlichung für diesen Herbst geplant ist,
entscheidenden Einfluss auf diese Debatte haben wird.
BERTH, Felix
(2007): Baby-Boom in München.
Im ersten Halbjahr 2007 steigt die
Zahl der Geburten in der Landeshauptstadt deutlich an - das
Elterngeld hat einen Anteil daran,
in: sueddeutsche.de v. 13.11.
JAP (2007): Leyen-Papas kümmern sich 60 Tage um
Kinder.
Zwar beantragen zehn Prozent der
Väter Elterngeld. Aber sie wickeln in der Regel nur 2 Monate,
Mütter dagegen 12,
in: TAZ v. 14.11.
KAPPUS, Monika (2007):
Entspannung im Kreißsaal,
in: Frankfurter Rundschau v. 14.11.
LEHMING, Malte (2007):
Käufliche Liebe.
Deutschland, deine Kinder: Auch das Elterngeld stimuliert
nicht die Gebärfreude. Für viele ist das "Kinderkriegen" noch
zu teuer,
in: Tagesspiegel v. 14.11.
SIEMS, Dorothea (2007): Immer mehr Väter am Wickeltisch.
Die Zahl der Männer, die sich eine
Erziehungspause gönnen, steigt: Jede zehnte Person, die
Elterngeld beantragt, ist ein Mann. Vor allem in Berlin und
Bayern nutzen Väter die zwei bezahlten Partnermonate. Doch der
erhoffte Babyboom bleibt weiter aus,
in: Welt v. 14.11
"Wie das Statistische
Bundesamt mitteilt, kann nach vorläufigen Ergebnissen mit
einem Anstieg der Zahl der lebend geborenen Kinder in den
ersten neun Monaten des Jahres 2007 um etwa 1% gegenüber dem
entsprechenden Vorjahreszeitraum gerechnet werden. Die
endgültigen Veränderungsraten können von dem hier genannten
Wert noch abweichen. In den letzten Jahren waren die
Geburtenzahlen in Deutschland zurückgegangen. 2006 wurden
etwa 673 000 Kinder lebend geboren, gut 123 000 weniger als
noch 1996. Einen Anstieg der Geburtenzahlen hatte es in
Deutschland zuletzt 1990, 1996 und 1997 gegeben", heißt es
in der Pressemeldung.
Die ersten Ergebnisse der Erhebung
Geburten
und Kinderlosigkeit in Deutschland vom Herbst 2006 deuten bereits
darauf hin, dass die Nationalkonservativen um Herwig BIRG den Anteil
der lebenslang Kinderlosen in der jüngeren Generation weit
überschätzt haben. Für Westdeutschland liegen die Werte der
Nationalkonservativen um mindestens 20 %, wenn nicht gar um 25 % zu
hoch. Für Deutschland liegen die Fehlschätzungen sogar noch höher.
Das
nachfolgende Schaubild wurde der Broschüre
Geburten in Deutschland (DESTATIS 12/2007,Seite 29) entnommen. Es sind nur die relevanten Altersgruppen
dargestellt. Die schwarzen Punkte zeigen die Schätzwerte der
Nationalkonservativen an.
In der
Rezension des Buches
Ein Leben ohne Kinder
ist die Kontroverse um die Schätzung der Kinderlosenanteile
ausführlich dargestellt worden. Dort werden auch die Zahlenwerte und
die Quellen angegeben.
Im
Buch
Die Single-Lüge
wird detailliert aufgezeigt, weshalb die Nationalkonservativen
bislang ihr Deutungsmuster der Geburtenkrise ungehindert durchsetzen
konnten. Gravierende Mängel der amtlichen Statistik, die auf
single-dasein.de und
single-generation.de bereits seit der Jahrtausendwende angeprangert
wurden, haben dazu geführt, dass die Anteile der Kinderlosen zu hoch
angesetzt wurden. Dass dies erst 6 Jahre nach dem Pflegefehlurteil
des Bundesverfassungsgerichts sichtbar wird, ist auch auf den
Spätstart der wissenschaftlichen Erforschung
zur Kinderlosigkeit zurückzuführen, die überhaupt erst
einsetzte, als sich in der Öffentlichkeit Protest regte. Das
ganze Ausmaß der Fehleinschätzungen wird jedoch erst in den nächsten
Jahren deutlich werden. Die
heute veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass die Kritik, die auf
single-dasein.de und single-generation.de seit Jahren
geübt wurde, berechtigt war. Im Buch
Die Single-Lüge
lässt sich diese Debatte ausführlich nachlesen.
SCHMITT, Cosima (2007): Auch Akademikerinnen
kriegen Kinder.
Das Statistische Bundesamt räumt mit
einem Mythos auf: Uniabsolventinnen sind nicht so oft
kinderlos, wie häufig behauptet,
in: TAZ v. 19.12.
SIEMS, Dorothea (2007): Der Anteil kinderloser Frauen steigt
dramatisch.
Vor allem westdeutsche
Akademikerinnen verzichten auf Nachwuchs. Das ist ein Ergebnis
einer Sonderuntersuchung des Statistischen Bundesamtes.
Bundesweit gilt, dass gut ausgebildete Frauen selten eine
große Familie haben. Festgestellt wurde außerdem ein Trend zur
späteren Mutterschaft,
in: Welt v. 19.12.
MÖNCH, Regina (2007): Wer verlangt Perfektion?
Kinder gehören zum Leben: Akademikerinnen im Osten,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 29.12.
Nur in der Print-FAZ
ist zu lesen, dass die Kinderlosigkeit in Deutschland bislang
- vor allem von den Nationalkonservativen um Herwig BIRG und
Franz-Xaver KAUFMANN - extrem überschätzt wurde. Ein
Tatbestand, auf den auf dieser Website bereits seit dem Jahr
2001 immer wieder hingewiesen wurde, der jedoch von fast allen
JournalistInnen ignoriert wurde. Die für die Medien
sensationellen Befunde wurden von der Print-Presse bislang
mehr oder weniger ignoriert. Schließlich verstoßen sie gegen
die politisch korrekte Weltsicht, die sich eine
Kultur der
Kinderlosigkeit
zurechtgebastelt hat, anstatt die Empirie voranzutreiben.
MÖNCH meint dazu:
"Es blieb recht
still, als das Statistische
Bundesamt kurz vor den Feiertagen bekanntgab,
nur noch jede fünfte Frau mit höherer Bildung sei in
Deutschland kinderlos. Ein Durchschnittswert zudem, denn im
Osten der Republik waren und bleiben es gerade mal acht
Prozent! Damit ist bewiesen, dass das Phänomen
Kinderlosigkeit bisher überschätzt wurde. Es ist nicht lange
her, da sprach man noch von über vierzig Prozent kinderlosen
Akademikerinnen im Durchschnitt (...).
Die
in Verruf geratenen gebildeten Frauen hätten eine
deutlichere Rehabilitierung verdient als die mageren
Tickermeldungen zum jüngsten Befund".
|
|