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Vorbemerkung
Die mediale Berichterstattung zur
Geburtenentwicklung richtet sich nicht nach der Faktenlage,
sondern nach politischen Interessen. Um diese deutlich zu machen
werden in dieser Bibliografie ab heute (02.07.2012) nach und
nach ausgewählte Medienberichte und Literatur zum Thema
chronologisch dokumentiert. Die Kommentare entsprechen jeweils
dem Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, falls nichts
anderes vermerkt ist.
Kommentierte Bibliografie (Teil 3: 2005)
2005
"Einer
Studie des Allensbach-Instituts zufolge sind 47 Prozent der
Kinderlosen, die selbst keine Kinder möchten, seltener als
einmal im Monat mit Kindern zusammen, 53 Prozent der Kinderlosen
mit Kinderwunsch seltener als dreimal im Monat. Daraus wird
deutlich, wie tiefgreifend die Halbierung der Geburtenzahl von
1,4 Millionen (1964) auf 706.000 Kinder im Jahr 2003 bereits das
Alltagsleben verändert hat".
Die statistische Begründung
von Christian
SCHWÄGERL zeigt
das Problem unserer neuen Familienfundamentalisten.
Wer im Westen
aufgewachsen ist, für den galt, dass sich die Geburtenzahl von 1,065
Millionen (1964) auf 576.468 Kinder im Jahr 1978 fast halbierte.
Seitdem ist die Geburtenzahl im Westen immer höher gewesen.
SCHWÄGERLs Zahlen suggerieren
also eine Vergangenheit, die es so nie gab, sondern sie ist eine
NACHTRÄGLICHE Konstruktion, die für die historische
Bewusstseinsbildung keinerlei Bedeutung haben kann.
Aber was interessiert den
hysterischen Familienkrieger der Popmoderne schon die Realität
der Kinderlosen?
BRUNS, Tissy (2005):
Kleine Freuden.
Junge
Eltern brauchen Vorbilder, junge Frauen Mut - die "Allianz für
die Familie" soll helfen,
in: Tagesspiegel v. 19.01.
Nach der
Springer-Presse droht uns Tissy BRUNS nun mit einer
Untersuchung im Auftrag der ZEIT zur Situation der
Familie in Deutschland:
"Gute
Partnerin, erfolgreich im Beruf, perfekte Mutter. Wie sehr das
traditionelle Familienbild die Entscheidungen prägt, spiegelt
sich im »Familienatlas 2005« wieder, den die Prognos AG im
Auftrag des Bundesfamilienministeriums in Zusammenarbeit mit der
»Zeit« heute veröffentlicht. Die Untersuchung von 439 Kreisen
und Städten findet überdurchschnittliche Geburtenraten und
Kinderzahlen dort, wo niedrige Arbeitslosigkeit, geringe
Kriminalität – und eine vergleichsweise schlechte
Kinderbetreuung anzutreffen ist."
Tissy BRUNS
schwärmt von Geburtenraten für ganz Deutschland wie in
Cloppenburg, doch ohne den dazu notwendigen Katholizismus.
In der FAS
wird der Paradigmenwechsel von der Förderung armer Familien zur
Förderung der Mütterelite begrüßt.
Eine "bevölkerungsorientierte
Familienpolitik" soll die Geburtenrate
auf 1,8 Kinder pro Frau anheben.
Der in der FAS berichtete Ausgangswert von 1,3 Kindern
pro Frau ist zu niedrig angegeben. Auch
die Angabe, dass
31 % der 1965 Geboren kinderlos bleiben werden ist längst
gegenstandslos.
Durch die Zunahme der Spätgebärenden, die in die traditionellen
Berechnungen nicht einfließen, wird die Geburtenrate
unterschätzt. Deutschland ist heute bereits kinderfreundlicher
als dies die amtliche Statistik anzeigt.
Selbst nach
der
zurückhaltenden Interpretation von Jürgen DORBRITZ
vom Institut für Bevölkerungswissenschaft, steht
Deutschland besser da, als hier berichtet wird.
Im Gegensatz zur
taz ist bei der SZ Optimismus erste
Journalistenpflicht.
Zielgruppe dieses Beitrags ist
offenkundig die kinderlose Yuppiefrau, denn der Artikel wurde
bereits einen Tag vorher ins Netz gestellt.
Der Anstieg der Geburten wird
zum Baby-Boom umgedeutet! Tatsächlich ist nur die Geburtenrate,
also die Anzahl der Kinder pro gebärfähiger Frau
ausschlaggebend. Der Trend zum Viertkind wird dagegen nur
behauptet, aber nicht belegt.
Die Zahl der Single-Haushalte wird dagegen
völlig überbewertet, wie die
neue
Serie von single-generation.de
zeigen wird.
Das
bevölkerungspolitische Ziel bestimmt die Berichterstattung,
Wahrheit war gestern!
Am 14.08.2003 hat
Susanne GASCHKE
einen dreisten Artikel in der ZEIT publiziert. Seitdem
verging kaum ein Tag, in dem nicht darauf hingewiesen wurde,
dass ein Drittel der 1965 geborenen Frauen lebenslang kinderlos
bleiben werden.
Einzig
single-generation.de hat dem
mit einer umfassenden Kritik
widersprochen. In einem Essay vom Februar 2004 wurde die
Geburtenkrise als politische
Konstruktion bezeichnet und dargelegt,
warum die lebenslange Kinderlosigkeit der 1965 Geborenen
überschätzt wird.
Noch im Juni 2004
legte Jürgen DORBRITZ eine halbherzige Widerlegung von GÜRTLERs
Ansicht vor, dass die Geburtenrate aus politischen Gründen zu
niedrig angegeben wird.
Single-generation.de
wies damals darauf hin, dass die Kinderlosigkeit der 1965
Geborenen weiterhin zu hoch angesetzt wird. Bereits im Jahr 2001
war bekannt, dass es höchstens 27 % sind.
Nun
argumentiert plötzlich
Ulrike WINKELMANN
(ein Leserbrief mit gleicher Argumentation von
single-generation.de an die taz, anlässlich ihres
Artikels vom
13.September 2003 wurde nicht publiziert, weil er damals
politisch inkorrekt war) auf der Linie des Essays über die
Geburtenkrise):
"Statistiken
sind etwas Wunderbares. In der aktuellen Debatte über Demografie
und Kinderproduktion spielen prägnante, wissenschaftlich
fundierte Zahlen eine große Rolle. Besonders gut kommt die meist
mit aufgerissenen Augen dargebotene Quote:
»Vierzig
Prozent aller Akademikerinnen bleiben kinderlos«
- vierzig Prozent! Das möchte man schon fast zur Hälfte aller
Akademikerinnen aufrunden! Dramatisch.
Doch das mit Statistiken ist so ein Problem. Die berühmten
vierzig Prozent zum Beispiel sind zwar »amtlich«. Sie entstammen
dem Mikrozensus, einer jährlichen Haushalts- und
Familienbefragung, deren Ergebnisse beim Statistischen Bundesamt
in Wiesbaden ausgewertet werden. Bei näherem Hinsehen stellt
sich jedoch heraus, dass in der Kinderlosigkeits-Erhebung
erstens nur die 35- bis 39-jährigen Frauen erfasst wurden.
Frauen, die mit 40 oder 41 ihr erstes Kind bekommen,
interessieren gar nicht - dabei hat ihr Anteil in den vorigen
Jahren kontinuierlich zugenommen, vor allem unter
Akademikerinnen.
Zweitens werden bei so einer Haushaltsbefragung nur die Kinder
pro Haushalt erfasst: Ist ein Kind bei Oma, gilt die gezählte
Frau als kinderlos. Den Statistikern in Wiesbaden ist dieses
Problem mittlerweile überaus bewusst - allerdings bleiben sie
bei ihrer 40-Prozent-Schätzung.
Eine Auswertung etwa des Sozio-ökonomischen Panels, einer
Datensammelstelle am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung
(DIW) in Berlin, ergibt jedoch ganz andere Zahlen. Demnach sind
weniger als 25 Prozent der Frauen, die zwischen 1950 und 1960
geboren sind, 2003 - also mit mindestens 43 Jahren - kinderlos
gewesen.
Mit ähnlich spitzen Fingern sollte die
Angabe »ein Drittel aller
Frauen bleibt kinderlos« angefasst
werden, die seit der jüngsten Allensbach-Umfrage (taz,
12. 1. 2005) wieder kursiert. Hier sind die Wiesbadener
Schätzer auch schon vorsichtiger geworden. Im jüngsten
Bevölkerungsbericht heißt es etwa: »Die um 1965 geborenen Frauen
werden zu ca. 20 Prozent kinderlos bleiben.« Das ist ein
Fünftel."
Die Argumentation
von single-generation.de wird damit nachträglich
bestätigt.
Genugtuung bereitet
dies nicht, denn in der Zwischenzeit wurden einige
singlefeindliche Reformen durchgesetzt. Und nicht einmal die
Singles haben dagegen protestiert...
BERTH, Felix
(2005): Statistik auf Erstklässler-Niveau.
Wegen
schlechter Datenerhebung lässt sich die tatsächliche
Kinderlosigkeit in Deutschland nicht genau beziffern,
in: Süddeutsche Zeitung v. 12.02.
Was Felix BERTH hier
betreibt, das ist die Verharmlosung eines
bevölkerungsstatistischen Desasters! BERTH schreibt dazu:
"Die Ämter speichern nur die Reihenfolge
der Kinder in einer Ehe. Nichteheliche Kinder - in den neuen
Bundesländern werden inzwischen die Hälfte aller Kinder von
ledigen Müttern geboren - gehen in die Berechnung der
Kinderlosigkeit nicht ein.
Das Phänomen der hohen deutschen Kinderlosigkeit, das
übrigens nur in den alten Bundesländern festzustellen ist,
ist trotzdem kein Phantom."
Was BERTH hier behandelt,
das hat single-generation.de bereits vor längerem als
"katholische Statistik",
bzw. als Problem der Normativität der deutschen Amtsstatistik
angeprangert.
Dies ist aber nur EIN
Problem bei der Schätzung der Kinderlosigkeit in Deutschland.
Die gravierende Verzerrung durch Timingeffekte insbesondere in
Ostdeutschland wird von BERTH nicht einmal erwähnt.
Denn hier
geht es darum, dass die Geburtenraten der jüngeren Jahrgänge
möglicherweise gar nicht so viel geringer ausfallen werden als
jene der 68er-Rentner, die aus wahltaktischen Gründen
aus der Schusslinie gebracht wurden.
Auf keinen Fall
rechtfertigen sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts,
das durch unseriöses Zahlenmaterial des
Bevölkerungswissenschaftlers Herwig BIRG aus der
68er-Generation zustande kam.
Solange die Generation Golf dies
noch nicht erkannt hat, sondern sich die 68er-Deutungen
zu eigen macht, können sich unsere 68er-Bevölkerungswissenschaftler
beruhigt zurücklehnen.
Solange Frauen den Männern
Zeugungsstreik und die Männer den Frauen Gebärstreik
vorwerfen, solange können sich die 68er und ihre
Epigonen ins Fäustchen lachen. Ihre Saat der Verdummung ist
aufgegangen. Die Jungen zerfleischen sich selbst!
Die Dokumentation auf
single-generation.de zeigt jedoch, dass die Single-Lüge
nicht ewig aufrecht erhalten werden kann. Was heute auf
single-generation.de steht, das wird übermorgen auch in
den Tageszeitungen stehen...
SCHIRRMACHER,
Frank (2005): Dreißig Jahre nach zwölf.
Visa, Pisa und Demographie: Ein
Grundkurs für Staatsbürger,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 21.02.
Weil single-generation.de dem
Zeitgeistfeuilleton immer eine Nasenlänge voraus ist, hat
single-generation.de bereits letzte Woche einen
Debattenbeitrag zur
Jugend von heute veröffentlicht,
der genau das Thema vorweg nimmt, das uns Onkel SCHIRRMACHER
heute auftischt.
Im Anschluss an Herwig BIRG wird uns die
Kanakster-Kultur als virilere Kultur
vorgestellt, verbunden mit der These, dass die Deutschen
zukünftig im eigenen Land zur Minderheit werden.
Herwig BIRG wird uns als
"renommiertester Bevölkerungsforscher des Landes" verkauft.
Wie ist es möglich, dass
der nationalkonservative Bevölkerungswissenschaftler BIRG, der
seit Jahren mit nachweislich überholten Daten zur Geburtenrate
des Jahrgangs 1965, Stimmung gegen die jüngere Generation
macht, als renommierter Forscher gelten kann?
Haben wir in Deutschland
keinerlei wissenschaftliches Ethos mehr? Gelten für
Bevölkerungswissenschaftler nicht mehr die wissenschaftlichen
Standards wie in anderen Fächern? Gibt es in diesem Land nur
noch feige Konformisten?
Wieso gibt es in
Deutschland keine Debatte über die
Unzulänglichkeiten der deutschen Geburtenstatistik?
Der einzige neuere Artikel zu diesem Thema in der
Qualitätspresse stammt von
Björn SCHWENTKER in der FAS vom 31.10.04.
Warum gibt es keinen Aufschrei in diesem
Land? Auf
single-generation.de sind für jeden nachprüfbar die Fakten
nachlesbar. Jeder kann sich die
entsprechende Literatur selber besorgen und selber lesen.
Keiner kann behaupten, er hätte es nicht besser gewusst.
Es wird Zeit, dass
Menschen, die sich der Wahrheit - und nicht nur der
politischen Korrektheit - verpflichtet fühlen, diesem dreisten
Treiben der Demagogen entschlossen entgegentreten.
BIRG, Herwig (2005):
Deutschlands Weltrekorde.
Grundkurs Demographie: Erste Lektion,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 22.02.
Wir überlassen Herwig BIRG das Prahlen
über die Prognosefähigkeit der Demografen und wenden uns
stattdessen BIRGs
volkspädagogischem Vorbild, dem
sächsischen Minister für Volksbildung, Wilhelm HARTNACKE, zu,
der im Jahr 1936 das Buch Die Ungeborenen
veröffentlichte.
BIRG möchte gerne ein
Volkspädagoge sein, wie der Grundkurs beweist, und sein
Steckenpferd sind die Ungeborenen.
HARTNACKE
sprach gerne davon, dass die Deutschen Weltmeister in der
Selbstausrottung seien:
"Wir hatten zwischen 1900
und 1929 in Deutschland vergleichsweise den stärksten
Rückgang der ehelichen Fruchtbarkeit unter allen Völkern,
nämlich einen Rückgang um 57 v. H."
heißt es hierzu auf S.40 des
Buches.
Heutzutage wird ja gerne
behauptet, dass die Nazizeit und der zweite Weltkrieg Schuld
an unserer gegenwärtigen demographischen Misere seien.
Offenbar stimmt bereits diese Annahme nicht! Der
Geburtenrückgang ist kein Nachkriegsphänomen, sondern bereits
in der Weimarer Republik ein zentraler Topos. HARTNACKE
erklärt uns Mitte der 1930er Jahre, warum in den 1960er Jahren
ein dramatischer Bevölkerungsrückgang einsetzen muss:
"Die Sterbelinie muß die
Geburtenlinie etwa um 1960 erreichen. (...). Wir werden in
den in Frage kommenden Jahren (...) mit Sicherheit einen
Sterbeüberschuß von etwa 1 Million in jedem Jahre zu
erwarten haben, und zwar für eine Reihe von Jahren. (...).
Daß wir in den 50er/60er Jahren mit hohen Geburtenraten
nicht rechnen können, zeigt ein Blick auf die schwachen
Elternjahrgänge von 1915 bis heute.
Der jahrelange Geburtenunterschuß muß zu einem
erschütternden Schwund am Gesamtbestande des deutschen
Volkes führen". (S.38f.)
Wie wir inzwischen wissen,
kam alles anders! Von wegen, dass wir in den 1960er Jahren
nicht mit hohen Geburtenraten rechnen mussten. Jeder deutsche
Bevölkerungswissenschaftler kommt angesichts der damaligen
Geburtenzahlen ins Schwärmen.
Gemäß der
Prognosen, die HARTNACKE dem Leser präsentiert, hätte dies
aufgrund der vielen Ungeborenen nicht sein dürfen.
Was lernen wir daraus?
Offenbar spielen entweder die Ungeborenen nicht die
entscheidende Rolle oder bereits damals war die
Bevölkerungsstatistik so rückständig, dass das Ausmaß der
Kinderlosigkeit überschätzt wurde.
Um Missverständnisse gar nicht
erst aufkommen zu lassen:
HARTNACKE
war kein Demograph wie Herwig BIRG, sondern er benutzte
demografische Fakten um eigene Thesen zu untermauern. In
dieser Hinsicht ist er eher in eine Reihe mit den MIEGELs und
TICHYs dieser Republik einzureihen. Auch inhaltlich wird hier
zwischen BIRG und HARTNACKE keinerlei Zusammenhang
konstruiert. Das Anliegen, die Geburtenzahlen zu steigern, ist
beiden gemein, aber die Mittel hierzu sind verschieden.
Es geht hier allein um das
volkspädagogische Moment und das
Erklärungsprinzip der Ungeborenen, das bereits in früheren
bevölkerungspolitischen Debatten eine wichtige Rolle gespielt
hat.
Und nicht zuletzt geht es
um die Frage, wie glaubwürdig langfristige Prognosen
angesichts der Komplexität der Welt sind. Gebietsveränderungen,
Kriege, Ab- und Zuwanderungen und Veränderungen der
Sterblichkeit sind nur einige Faktoren, die unterhalb des
Weltbevölkerungsniveau (dessen sichere Prognose BIRG so sehr
betont) eine wichtige Rolle spielen.
BIRG, Herwig (2005):
100 Jahre Geburtenrückgang.
Grundkurs Demographie - Fünfte Lektion,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 26.02.
Für Herwig BIRG gibt es
zwei Feindbilder, die einer Erhöhung der Geburtenrate in
Deutschland im Weg stehen: zum einen die
lebenslang kinderlose Frau
(Es gibt nur eine amtliche Gebär- aber keine
Zeugungsstatistik) und zum anderen die erwerbstätige Mutter.
BIRGs Ideal
ist deshalb die
"deutsche Mutter" (Barbara
VINKEN) der Nazi-Generation:
"Die
hohen Kinderzahlen der um 1932 geborenen Eltern
bildeten den »Nachkriegs-Babyboom« mit dem Geburtenmaximum
von 1964 bei 1,36 Millionen Kindern. Da die Verhaltensweisen
und Wertvorstellungen der um 1932 Geborenen teilweise in der
Epoche vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs geprägt wurden,
muß der Nachkriegs-Babyboom auch als ein Phänomen der
Vorkriegsepoche interpretiert werden."
BAHR, Daniel (2005): Unfruchtbare Elite:
Daniel Bahr vom FDP-Bundesvorstand machte mit
der Bemerkung Furore, die Falschen kriegten die Kinder. Was
meint er damit?
in: Welt am Sonntag v. 27.02.
Der FDP-Politiker
BAHR
instrumentalisiert das Down-Breeding-Argument,
um Klientel-Politik für Besserverdienende durchzusetzen:
"Über Bildungs-
und Betreuungsgutscheine können wir ermöglichen, daß Eltern
sich die passende Betreuungsform aussuchen - sei es im
Kindergarten in kommunaler, freier oder privater
Trägerschaft, bei der Tagesmutter oder im
Betriebskindergarten. Aufwendungen für die Beschäftigung
einer Kinderfrau, Haushaltshilfe et cetera im Privathaushalt
müssen im Kalenderjahr bis zur Höhe von 12 000 Euro vom
Gesamtbetrag der zu versteuernden Einkünfte abgezogen werden
können."
Als Rechtfertigung verweist
BAHR auf die Haushaltsstatistik:
"Von
den 35- bis 39jährigen Frauen mit Hochschulabschluß leben in
Westdeutschland 44,3 Prozent ohne Kinder. Von den
gleichaltrigen Frauen mit Hauptschulabschluß bleiben
lediglich 23 Prozent kinderlos."
Die Haushaltsstatistik sagt jedoch nur bedingt etwas über die
Kinderlosigkeit der Akademikerinnen aus,
und schon gar nichts sagt diese Statistik etwas darüber aus,
ob diese Kinderlosen überhaupt die behaupteten Karrieren
gemacht haben, die BAHR voraussetzt, wenn er großzügig
steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten einfordert!
Wo bleiben
also hieb- und stichfeste Studien über das Kinderlosenproblem
unserer Akademikerinnen?
DESTATIS (2005): 2004: Weniger Geburten
und Sterbefälle, mehr Eheschließungen,
in:
Pressemitteilung Statistisches
Bundesamt Wiesbaden v. 07.03.
"Wie
das Statistische Bundesamt miteilt, zeigen vorläufige Ergebnisse
für das Jahr 2004 eine Abnahme der Geburten und Sterbefälle und
einen Anstieg der Eheschließungen in Deutschland. Im Jahr 2004
heirateten 395.000 Paare, im Jahr 2003 waren es 383.000 gewesen.
Damit ist die Zahl der Eheschließungen leicht angestiegen
(+3,0%). Seit Anfang der 90er Jahre nimmt die Zahl der
standesamtlichen Trauungen ab. Diese rückläufige Tendenz war nur
1999 und 2002 unterbrochen worden. Im Jahr 2004 wurden 712.000
Lebendgeborene Kinder registriert, 3.000 oder 0,5% weniger als
2003. Die Zahl der Geburten geht seit 1991, mit Ausnahme der
Jahre 1996 und 1997, zurück. Die Zahl der Sterbefälle war von
1993 bis 2001 ständig gesunken und dann 2002 sowie 2003 wieder
angestiegen. Mit rund 821.000 Sterbefällen ist für das Jahr 2004
wieder ein Rückgang um 37.000 bzw. 4,3% gegenüber 2003 zu
verzeichnen. Im Jahr 2004 starben somit etwa 110.000 Menschen
mehr als Kinder geboren wurden. Im Jahr 2003 war das
Geburtendefizit um etwa 33.000 höher ausgefallen", meldet das
Statistische Bundesamt.
SCHIRRMACHER, Frank (2005): Deutschland-Thriller,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung
v. 07.03.
Frank
SCHIRRMACHER holt
zum nächsten Schlag gegen die Kinderlosen dieser Republik aus.
Nachdem Herwig BIRG
den Deutschen 10 Lektionen in Bevölkerungspolitik erteilt hat.
Dreißig Jahre nach zwölf nannte
SCHIRRMACHER seinen Erstschlag.
Jetzt hat er ein ZEIT-Dossier
aus dem Jahr 1979
ausgegraben, das die demografische Entwicklung exakt
prognostiziert habe:
"Im
Januar 1979 veröffentlichte Joachim Nawrocki in der
Wochenzeitung »Die Zeit« ein zweiteiliges Dossier. Der erste
Teil trug den Titel »Kinder unerwünscht«, der zweite hieß »Die
Angst der Eltern vor dem Säugling«. Wer dieses Dossier heute
liest erkennt, daß Nawrocki vor einem Vierteljahrhundert bei
ganz wenigen Prognosefehlern exakt vorhersagt, was wir heute
erleben. Nicht nur das: Alles was Nawrocki über die Probleme von
Berufstätigkeit, Müttern, Familien und Kindern schreibt, liest
sich, als sei es heute formuliert."
Am 2. Februar 1985 - also 6
Jahre später, das erwähnt SCHIRRMACHER nicht - hat Joachim
NAWROCKI das ZEIT-Dossier Im Jahr 2030: Raum ohne
Volk? veröffentlicht. Dort werden die Folgen des
Geburtenrückgangs folgendermaßen beschworen:
"1995 wird es halb so viele
Studenten geben wie heute geben, im Jahr 2000 nur halb so viele
Hochschulabgänger und Heiratskandidaten wie 1990, und 2035 nur
halb so viele Pensionierungen wie zehn Jahre zuvor."
Wie wir alle wissen, kam -
keine 5 Jahre später - die Wiedervereinigung und machte alle
diese Prognosen zunichte. Und ob diese Prognosen ohne
Wiedervereinigung zutreffend gewesen wären, dass wäre noch zu
überprüfen.
SCHIRRMACHER behauptet nun,
Albrecht MÜLLER, der vor kurzem das Buch
Reformlüge
veröffentlicht hat, sei daran schuld, dass in Deutschland nicht
rechtzeitig gehandelt worden sei, da er 1979 eine Entgegnung auf
NAWROCKI geschrieben habe.
Man fragt sich
da eigentlich nur: WO WAR DAMALS DIE ALLMÄCHTIGE FAZ? Und war
nicht die CDU seit 1983 an der Macht?
Und
vor allem: stimmen die heutigen Prognosen überhaupt? Es ist ein
offenes Geheimnis, dass unsere Bevölkerungsstatistik nicht das
Papier wert ist, auf das sie geschrieben wird!
SCHIRRMACHER geht es ja auch
um etwas ganz anderes. Er weist auf eine neue Studie des
Instituts für Altersvorsorge hin. Dies ist eine
Interessensvertretung der Versicherungsindustrie, die sich in
Zukunft durch die Privatisierung der Altersvorsorge hohe
Renditen erhofft. Meinhard MIEGEL vertritt die Interessen dieser
Branche. SCHIRRMACHER macht sich zum Handlanger von
Brancheninteressen.
SCHIRRMACHER droht nun den
Jahrgängen 1960 bis 1980 unverhohlen damit, dass sich diese
Jahrgänge nicht einmal mehr auf das positive Image einer Lost
Generation berufen werden können:
"Sie
werden von allen Seiten bedrängt werden: als die, die daran
schuld sind, daß zu wenig Kinder geboren wurden, als die, die
den Jüngeren die Arbeitsplätze wegnehmen, als die, die zu lange
leben und so weiter."
SCHIRRMACHER schreibt nun das,
was von single-generation.de bereits seit dem Jahr 2001
immer wieder prognostiziert wurde, dass nämlich Singles längst
in die Defensive geraten sind.
Bereits im Jahr 2002
nahm single-generation.de das
Ende des bevölkerungspolitischen Tabus
vorweg.
In den
jeweiligen Jahresrückblicken
2002, 2003
und
2004 wurden die Tendenzen zur
Verschärfung der Situation von Singles beschrieben und weitere
Restriktionen für Singles vorhergesagt.
Nun lässt sich das auch in
den Mitte-Medien nachlesen:
"Wenn
für die Mehrheit einer Demokratie etwas »zu spät« oder verloren
ist und diese Mehrheit das Unausweichliche der Verspätung auch
begreift, dann wird, wie es nach Kriegen oder großen
Katastrophen zu geschehen pflegt, die individuelle Biographie
von unzähligen Menschen dramatisch politisiert.
In dieser Lage befinden wir uns bereits. Daß im Augenblick über
Kinder plötzlich wieder biographisch geredet wird, liegt daran,
daß der typische Deutsche heute älter als vierzig ist.
Die Frauen des Geburtsjahrgangs 1964 - des
letzten der Baby-Boomer -, die bisher keine Kinder bekamen,
werden aller Wahrscheinlichkeit nach auch keine mehr bekommen.
Was einst als privatester aller privaten Entschlüsse galt,
entwickelt sich jetzt vor den fassungslosen Augen der
Beteiligten zu einem Politikum."
SCHIRRMACHER hat den
Familienwahlkampf zur Landtags- und Bundestagswahl hiermit
eröffnet. Damit müsste nun auch dem letzten jungen Single klar
werden, dass das Ende der Schonzeit angebrochen ist.
Die vor 1960
Geborenen haben Euch damit den Krieg erklärt!
Wer sich mit der
schönen jungen Welt
auf eine Insel der Seligen träumt, dem dürfte in den nächsten
Jahren ein böses Erwachen bevorstehen.
SOLDT, Rüdiger (2005): Kinderlose
Akademikerinnen?
Die Demographie braucht genauere
Zahlen zur Geburtenstatistik,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 08.03.
-
Seit
Ulrike WINKELMANNs Artikel in der taz
vom 21.01.2005 ist dies
der wichtigste Artikel für Kinderlose, die dem gegenwärtigen
demografischen Alarmismus nichts abgewinnen können.
Auf Seite 1 werden die Übertreibungen
der deutschen Bevölkerungswissenschaftler angeprangert
(wohlweislich wurde bei Herwig BIRG und
Frank
SCHIRRMACHER die
Kinderlosigkeit der Akademikerinnen ausgeklammert, denn beiden
geht es ja nicht um die Probleme der erwerbstätigen Mütter,
sondern um die
Rehabilitierung der "Deutschen Mutter").
In der
Welt am Sonntag vom 27.02.2005
durfte jedoch Daniel BAHR, Bundesvorstand der FDP-Fraktion,
unter der Schlagzeile Unfruchtbare Elite schreiben,
dass von "den 35- bis 39jährigen Frauen mit Hochschulabschluss
(...) in Westdeutschland 44,3 Prozent ohne Kinder" leben.
Christian SCHMITT belegt
dagegen anhand von - im Gegensatz zur amtlichen Statistik -
aussagekräftigeren Lebensverlaufsdaten, dass "weniger als
dreißig Prozent der Akademikerinnen kinderlos" bleiben werden.
Im Essay
Geburtenkrise - Die politische
Konstruktion eines Themas
hat single-generation.de die Problematik der Zahlen zu
kinderlosen Akademikerinnen ausführlich dargestellt.
Single-generation.de hat bereits
öfters auf die katastrophale Datenlage hingewiesen.
In dem Artikel von SOLDT werden Hintergründe zu dieser
Problematik geliefert. Um der politischen Korrektheit willen,
sind genaue Daten gar nicht erwünscht, denn dann müssten
unsere Sozialpopulisten Abschied von ihren geliebten
Ressentiments nehmen.
Warum erschien dieser
Artikel in der FAZ und nicht z.B. in der taz?
SOLDT geht es natürlich vor allem um Daten, die nachweisen
sollen, dass staatliche Kinderbetreuung keinen entscheidenden
Beitrag zur Erhöhung der Geburtenrate leistet. Es heißt dann
z.B.:
"die Rolle der Männer (wird) bei der
Entscheidung für Kinder stark unterbewertet, und die Frage,
inwiefern Frauen Mutterrolle und Beruf vereinbaren können,
wird dagegen zumeist überbewertet".
SOBOTKA,
Tomáš
(2005): Childless societies?
Trends and
projections of childlessness in Europe and the Unites States,
in: PAA-Arbeitspapier präsentiert auf einem Treffen in
Philadelphia, 01.-03.04.
Tomáš Sobotka präsentiert in seinem
Vortrag folgende endgültige Kinderlosigkeit (Frauenjahrgänge
1940-1955) und geschätzte endgültige Kinderlosigkeit
(Frauenjahrgänge 1960-1975) für Europa und die USA:
Tabelle:
Kinderlosigkeit der Frauenjahrgänge 1940 - 1975 in
Europa und den USA |
Land |
Variante |
endgültige Kinderlosigkeit
der Frauenjahrgänge
1940-1955 (in Prozent) |
geschätzte endgültige
Kinderlosigkeit der Frauenjahrgänge
1960-1975 (in Prozent) |
1940 |
1945 |
1950 |
1955 |
1960 |
1965 |
1970 |
1975 |
Österreich |
untere |
11,9 |
12,4 |
12,6 |
15,0 |
16,3 |
17,1 |
19,7 |
20,9 |
obere |
16,3 |
17,3 |
20,1 |
22,9 |
Frankreich |
untere |
10,1 |
8,6 |
9,8 |
10,9 |
10,8 |
10,7 |
10,2 |
10,2 |
obere |
11,4 |
12,6 |
13,8 |
15,2 |
Westdeutschland |
untere |
10,6 |
12,7 |
14,2 |
18,3 |
19,3 |
23,3 |
23,8 |
17,7 |
obere |
19,7 |
25,2 |
27,7 |
23,0 |
Niederlande |
untere |
11,9 |
11,7 |
15,0 |
18,4 |
19,2 |
19,7 |
19,5 |
18,4 |
obere |
19,2 |
19,7 |
19,6 |
19,2 |
Dänemark |
untere |
9,7 |
7,6 |
10,9 |
12,8 |
10,7 |
14,0 |
15,2 |
15,4 |
obere |
10,7 |
14,0 |
15,5 |
16,0 |
Finnland |
untere |
14,3 |
14,2 |
15,6 |
16,5 |
18,1 |
19,8 |
21,6 |
22,4 |
obere |
18,2 |
20,0 |
22,2 |
23,9 |
Norwegen |
untere |
9,4 |
9,0 |
9,5 |
11,4 |
11,8 |
12,1 |
12,6 |
13,2 |
obere |
11,9 |
12,3 |
13,8 |
16,2 |
Schweden |
untere |
13,1 |
12,2 |
12,6 |
12,8 |
12,9 |
13,3 |
14,2 |
15,4 |
obere |
13,0 |
13,3 |
14,7 |
16,9 |
Italien |
untere |
12,3 |
9,7 |
11,4 |
11,8 |
15,6 |
16,8 |
16,6 |
15,9 |
obere |
16,4 |
19,3 |
23,4 |
25,5 |
Spanien |
untere |
8,1 |
6,2 |
10,0 |
10,4 |
10,3 |
13,1 |
16,5 |
18,2 |
obere |
10,4 |
13,7 |
18,9 |
21,3 |
Tschechien |
untere |
5,5 |
5,5 |
5,5 |
6,3 |
6,8 |
7,6 |
10,1 |
15,7 |
obere |
6,8 |
8,0 |
10,6 |
17,9 |
Estland |
untere |
- |
8,0 |
7,1 |
7,1 |
6,8 |
7,9 |
10,0 |
12,5 |
obere |
6,8 |
8,0 |
10,4 |
14,7 |
Ungarn |
untere |
9,3 |
10,0 |
8,6 |
8,3 |
7,4 |
9,7 |
12,2 |
16,0 |
obere |
7,6 |
9,9 |
13,4 |
20,6 |
Polen |
untere |
6,6 |
8,4 |
8,6 |
9,8 |
10,7 |
13,4 |
17,5 |
21,8 |
obere |
10,7 |
13,6 |
18,4 |
25,3 |
Rumänien |
untere |
- |
10,5 |
9,7 |
10,2 |
11,7 |
13,2 |
15,8 |
18,2 |
obere |
11,8 |
13,5 |
17,2 |
21,8 |
Slowakei |
untere |
6,5 |
7,6 |
8,5 |
10,0 |
9,8 |
11,2 |
12,9 |
17,4 |
obere |
9,8 |
11,4 |
13,8 |
22,0 |
USA |
untere |
9,6 |
13,0 |
15,0 |
16,1 |
15,4 |
14,2 |
13,0 |
11,3 |
obere |
15,4 |
14,6 |
14,1 |
13,3 |
|
Quelle:
Tomáš Sobotka 2005, S.21; eigene Darstellung |
BARBIER, Hans D.
(2005): Wer heute vierzig ist, schaue in den Spiegel und sage
"Selbst schuld!".
Ordnung
des Landes (9): Wer soll welche Risiken tragen? Bernd
Raffelhüschen im Gespräch über die Renten, den Wohlfahrtsstaat
und die Bevölkerungsentwicklung,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 05.04.
Der Vierzigjährige Bernd
RAFFELHÜSCHEN sollte in den eigenen
Spiegel schauen, statt anderen Ratschläge erteilen!
Wer
Politik macht, der sollte zuerst dafür sorgen, dass
seriöse Daten zur demografischen Lage vorhanden sind. Die
deutsche Geburtenstatistik - das zeigt sich mittlerweile immer
deutlicher wie die Kritik von
Michaela KREYENFELD
und
Christian SCHMITT zeigt
- ist VORSINTFLUTLICH!
Obwohl in Deutschland die lebenslange
Ehe nicht mehr die Regel ist - ist die
Bevölkerungsstatistik immer noch darauf ausgerichtet.
Dies hat FATALE FOLGEN! Das Ausmaß der Kinderlosigkeit wird
deshalb überschätzt. Die Geburtenrate lässt sich mit dem
veralteten Instrumentarium nicht angemessen erfassen.
Die Folge: Die
Geburtenrate der älteren Jahrgänge wird zu positiv beschrieben
und die jüngeren Jahrgänge kommen zu schlecht weg.
Eine Betrachtung der
Geburtenraten nach Geburtsjahrgängen - wie sie
KREYENFELD & KONIETZKA
ansatzweise versucht haben - wäre erforderlich. Dies jedoch
ist politisch gar nicht gewollt. Man möchte sich mit den
älteren Rentnern nicht anlegen, was angesichts deren Wahlmacht
verständlich, aber nicht sozial gerecht ist.
Bereits der nostalgisch verklärte Babyboom der 1960er Jahre
war nicht in erster Linie ein Anstieg der Fruchtbarkeit,
sondern die Konsequenz des Zusammentreffens zweier
unterschiedlicher Familiengründungsmuster:
"Ein
Vergleich der für einzelne Geburtsjahrgänge ermittelten
Fruchtbarkeitsziffern zeigt zum Beispiel, daß es mehrfach
»Verschiebungen« gegeben hat. So erklärt sich beispielsweise
der »Babyboom« sechziger Jahre zum Teil daraus, daß sich das
Alter, in dem die meisten Kinder geboren werden, merklich zu
den jüngeren Altersjahren hin verschoben hat. Später kommt es
wieder zu einer Verlagerung des »Geburtengipfels« in höhere
Altersjahre.
Eliminiert man die durch »Vorziehen« bzw. »Hinausschieben« von
Geburten bedingten Änderungen der Geburtenzahlen, so schwächt
sich insbesondere der »Babyboom« der sechziger Jahre ab und es
wird deutlich, daß sich der schon im letzten Jahrzehnt des
vergangenen Jahrhunderts einsetzende Trend des
Geburtenrückgangs weiter fortgesetzt hat." (1986 S.236)",
schreibt der
Bevölkerungsstatistiker Manfred BRETZ in dem Wirtschaft und
Statistik-Beitrag Bevölkerungsvorausberechnungen:
Statistische Grundlagen und Probleme der April-Ausgabe-
Die zu niedrig ausgegebenen
Geburtenraten der jüngeren Generation sind die Konsequenz des
Anstiegs des Erstgebäralters. Dies sagt jedoch nichts aus über
die endgültige Kinderzahl. Diese könnte in den jüngeren
Generationen höher sein als bei älteren Jahrgängen.
Bevor uns die
Politik also mit Schuldzuweisungen kommen kann, sollte sie
ihre Hausaufgaben machen und seriöse Daten statt politisch
korrekte Spekulationen liefern.
Wer sich dagegen nicht
wehrt, der lebt verkehrt. Wir sagen Euch hiermit den Kampf an!
Wider die Betonfraktion der Amtsstatistiker...
"Generation Praktikum.
Die Zeit widmete ihr kürzlich das Titelthema, und anders als
bei früheren Generationsbefunden ist der Begriff diesmal
handfest und überfällig, denn er definiert nicht nur ein
diffuses Lebensgefühl, mit dem sich über Lifestyle-Medien
Produkte vermarkten lassen.
Es gibt immer mehr späte Berufsanfänger und ewig unbezahlte
Praktikanten, Legionen von sich mit Gelegenheitsjobs
durchschlagenden kinderlosen Akademiker-Desperados, die zwar
oft verzweifelt sind, sich dafür aber in den guten Momenten
wie Bohemiens fühlen dürfen.
Fraglich ist, ob der Begriff die Öffentlichkeit so intensiv
beschäftigen wird wie etwa der der Generation Golf,
schließlich definiert er nur die Problematik einer
diskriminierten Kaste, die keine Lobby hat.
Das Erfreuliche an dem Zeit-Schwerpunkt ist also, dass einer
Gruppierung ein Forum gegeben wird, die sich schon damit
abgefunden hatte, dass niemand ihre Nöte erhört.
Schließlich sind die Probleme der Generation Praktikum nicht
existenziell: Unbezahlte Praktika muss man sich ja erstmal
leisten können – wirklich dreckig geht es erst dem, der
jeden Job annehmen muss",
erklärt uns Christian
KORTMANN etwas, das regelmäßigen single-generation.de-Lesern
längst bekannt ist.
Rankism oder deutsch Status
ist der Dreh- und Angelpunkt dieser Gesellschaft. Was KORTMANN
hier beschreibt ist das Problem der Statusindifferenz.
Bei der
unsäglichen
Debatte um die Kinderlosigkeit der Akademikerinnen
und vor allem bei der Einengung auf das Thema Elterngeld,
werden genau jene kinderlosen Akademiker(Innen) ausgeblendet,
die bei KORTMANN im Mittelpunkt stehen.
Statusinkonsistenz
existiert familienpolitisch überhaupt gar nicht! Einzig
single-generation.de hat immer wieder darauf verwiesen,
dass der berufliche Abschluss noch lange nichts darüber
aussagt, ob jemand auch einen entsprechenden Beruf ausübt.
Aber wo sind die Studien?
Fehlanzeige! Das Familienministerium beauftragt
Gefälligkeitsgutachten um das Yuppie-FAZ/SZ/FR/TAZ-Wahlklientiel
zu ködern ("Lebensökonomie als (mögliches) Leitbild einer
nachhaltigen Familienpolitik", BMFSF 19.04.2005).
Tatsächlich ist jedoch die
Generation Golf selber schuld, denn hat sie sich nicht
lange genug selber als Bohemien entworfen?
Offenbar sind das
erste Zeichen eines Stimmungsumschwungs. Statusinkonsistenz
wird als Statusinkonsistenz bewertet und nicht mehr als
statusindifferenter,
bohemistischer Lebensstil verklärt.
Ein erster Schritt weg, vom
Individualisierungsirrtum...
SCHMITT, Christian &
Ulrike WINKELMANN (2005): Wer bleibt kinderlos?
Was sozialstrukturelle Daten
über Kinderlosigkeit bei Frauen und Männern verraten,
in:
Feministische Studien,
Thema Kinderlosigkeit, Heft 1, Mai
Christian SCHMITT & Ulrike WINKELMANN
beschäftigen sich in dem Artikel u.a. mit der Kinderlosigkeit
von Akademikerinnen, deren Kinderlosigkeit seit einiger Zeit
im Brennpunkt der
öffentlichen Debatte um die
Geburtenkrise steht.
Die Autoren widerlegen
anhand von Lebenslaufdaten die gängigen hohen
Kinderlosenzahlen:
"Unter den Akademikerinnen
(Fachhochschul- und Universitätsabschluss) liegt der
Anteil an dauerhaft Kinderlosen in der Kohorte der 1950 bis
1960 geborenen unter 25 Prozent. (...). Für die
Kohorte der 1960 bis 1965 geborenen Akademikerinnen und
Akademiker liegt der Anteil an dauerhaft Kinderlosen
geringfügig höher, aber immer noch unter 25 Prozent"
Manfred SCHAREIN & Rainer UNGER, beide
Mitarbeiter des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung,
haben die Richtigkeit dieser Berechnungen in den hauseigenen
BIB-Mitteilungen vom
30.06.2005 bestätigt und
damit gravierende Mängel der amtlichen Geburtenstatistik
eingeräumt.
Zynismus pur:
"Vielleicht geht es den Deutschen noch
nicht schlecht genug für eine Umorientierung",
schwadronieren die Autoren und zitieren
einen Major, der einen "Babyboom" bei US-Soldaten auf
Krisenerlebnisse zurückführt:
"Wenn sie aus dem Krieg zurückkommen
(...) erkennen Menschen, wie kostbar Leben ist".
Ansonsten zeichnet sich der
Artikel durch unseriöse Darstellung von Studien zur
Kinderlosigkeit (z. B. die Anfang Mai veröffentlichte
BIB-Studie "Einstellungen zu demographischen Trends und zu
bevölkerungsrelevanten Politiken" sowie diverse Umfragen) aus,
die mit Hinweis auf die Single-Titelgeschichte des Focus
("Die Suche nach Miss Perfect und Mr. Right", 05.02.2005) zum
einen auf das Problem der Partnerlosigkeit verkürzt wird.
"Mehr als
70 Prozent der Kinderlosen sind laut Bib-Studie allein",
behaupten die Focus-Autoren.
Verschwiegen wird jedoch, dass dort 18-65Jährige befragt
wurden. Der Anteil der partnerlosen 25-45Jährigen, der hier
relevant wäre, ist offensichtlich bei weitem nicht so hoch,
dass er sich für die Focus-Ideologie eignet.
Zum anderen stehen
kinderlose Paare am Pranger. Mit Hinweis auf das Buch
Zeugungsstreik von Meike DINKLAGE erscheint der
fortpflanzungsunwillige Mann als Opfer von Rechtssystem
("Zahlväter") und Emanzipation. Nach dieser Logik müsste man
also die Karrierefrauen als Soldatinnen an die Front
schicken...
Ganz anders bewertet
dagegen der Familiensoziologe Hans BERTRAM im Gutachten
Nachhaltige
Familienpolitik die Kinderlosigkeit, denn nicht die hohe
Kinderlosigkeit in Deutschland ist ausschlaggebend für den
Geburtenrückgang, sondern der drastische Rückgang der
Mehrkinderfamilie.
Außerdem erfordert eine
Wissensgesellschaft einen höheren Anteil an Kinderlosen.
Kinderlosigkeit einer Minderheit - und das sind lebenslang
Kinderlose im Gegensatz zu Familien immer noch - ist in dieser
Sicht kein Problem, sondern Ausdruck einer effizienten,
sozial-differenzierten Gesellschaft
SCHMITT, Cosima (2005): Die Papa-Lügen.
Die Diskussion um Babyflaute und
Kinderfeindlichkeit deutscher Männer verstärkt eine Reihe von
Klischees, die aktuelle Studien nur selten bestätigen,
in: TAZ v. 14.05.
Ob nun die kinderlose Karrierefrau
wie beim Focus
oder der kinderlose Mann wie bei der taz im Brennpunkt
der Debatte um den Geburtenrückgang steht, beides führt in die
Sackgasse.
In seinem Gutachten
Nachhaltige Familienpolitik weist der Familiensoziologe Hans
BERTRAM darauf hin, dass sowohl in den USA als auch in Finnland
bei ähnlich hoher Kinderlosigkeit wie in Deutschland, die
Geburtenrate wesentlich höher ist.
Seine Erklärung: der
drastische Rückgang der Mehrkinderfamilie unterscheidet
Deutschland von den anderen Ländern mit hoher Kinderlosigkeit.
Wenn wir eine
Wissensgesellschaft wollen, so das Fazit von BERTRAM, dann
müssen wir mit einem höheren Anteil an Kinderlosen leben.
In dieser Sicht geht es dann
darum, Familienpolitik für differenzierte Lebensstile und
Familienstile zu machen.
Weder die
Doppel-Karriere-Familie (neue Mitte) noch die Hausfrauenfamilie
(alte Mitte) sind die Normalfamilie der
Dienstleistungsgesellschaft, sondern Familien, die je nach
Lebensphase ihrer Mitglieder durch unterschiedliche
Zeitarrangements in Beruf und Haushalt gekennzeichnet sind.
SCHÄFFER, Albert
(2005): Nur eine Schuldfrage?
in: Frankfurter Allgemeine
Zeitung v. 21.05.
Albert SCHÄFFER empört sich
über die Versuche Kinderlose zu Menschen zweiter Klasse
herabzuwürdigen:
"Sie
drohen die Aussätzigen der deutschen Gesellschaft zu werden: die
Kinderlosen. (...). Die Kinderlosen werden als ein Krebsgeschwür
in den sozialen Sicherungssystemen gegeißelt, das nur durch
drastische Leistungskürzungen und Abgabenerhöhungen
herausgeschnitten werden kann. Der jüngste Vorstoß des Instituts
der deutschen Wirtschaft (Anm.d.Verf.: "Alterssicherung im
Drei-Generationenvertrag - Zur Berücksichtigung der
Kindererziehung in der umlagefinanzierten Sozialversicherung""),
die gesetzlichen Renten für Kinderlose mehr als zu halbieren,
ist nur eine Etappe in diesem Feldzug.
Die Herausforderungen, vor
denen Deutschland bei der Sanierung des Sozialstaats steht,
werden durch solche Feuerwerke der Affekte nicht zu bewältigen
sein. Es ist zwar notwendig, darüber zu streiten, ob der
gesellschaftliche Ausgleich zwischen Familien und Menschen ohne
Kinder noch stimmig ist - in einer Zeit, in der die
Lebenserwartung ständig wächst und die Altersstruktur sich
dramatisch wandelt; schon jetzt leben in Deutschland mehr
Menschen, die 65 Jahre und älter sind, als Kinder unter fünfzehn
Jahren. Diese Debatte kann sich aber weder in einer kalten
Ökonomie der Zahlen, die Transfers zugunsten der Familien wie
Erziehungs- und Kindergeld mit Leistungen aus dem
Generationenvertrag für Kinderlose zu verrechnen sucht, noch in
einer demagogisch verkürzten familienpolitischen Korrektheit
erschöpfen.
Es ist eine Verkürzung,
bei der Kinderlosen letztlich die staatsbürgerliche Legitimation
abgesprochen wird. (...).
Es ist erschreckend, daß nicht der Berufszyniker Harald Schmidt,
sondern der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen der
Generation der Dreißig- bis Fünfzigjährigen angesichts der
demographischen Herausforderungen empfohlen hat, in den Spiegel
zu schauen und »mea culpa« auszurufen, weil sie völlig
freiwillig auf Kinder verzichtet habe. Mit solchen
Vereinfachungen werden, auch wenn es nicht beabsichtigt sein
mag, Stimmungen geschürt. In den Kategorien von Schuld, Versagen
und Verweigerung wird eine ernsthafte Debatte darüber, wie die
Vergreisung der deutschen Gesellschaft aufgehalten werden kann,
nur im medialen Krawall der Talkshows verdampfen.
(...).
Wert- und Unwerturteile, garniert mit imaginären Frontstellungen
zwischen »Gebärfreudigen« und »Gebärfaulen«, taugen nicht als
Aufstiegshilfen aus dem demographischen Tal.
Die Inszenierung
eines Verteilungskampfs zwischen Familien und Kinderlosen mag
Politikern und Wissenschaftlern Medienpräsenz garantieren; zu
einer gemeinsamen Anstrengung wird sie nicht führen. (...). Das
buchhalterische Aufrechnen von Vor- und Nachteilen ist ein
gesellschaftliches Nullsummenspiel; wie die Bundesregierung die
Forderung des Bundesverfassungsgerichts, in der
Pflegeversicherung Familien zu entlasten, schlicht in eine neue
Belastung für Kinderlose umgedeutet hat, wirft darauf ein
entlarvendes Licht. Ein bevölkerungspolitischer Aufbruch, in dem
sich Familien und Kinderlose gleichermaßen wiederfinden, läßt
sich darauf nicht gründen."
STERN-Titelgeschichte:
Land ohne Kinder.
Die familienfeindliche Gesellschaft: Wie
Deutschland seine Zukunft verspielt |
ROSENKRANZ, Stefanie & Anne SCHÖNHARTING (2005): Land ohne Kinder.
Deutschland hat die niedrigste Geburtenrate in der Europäischen
Union. Die Republik vergreist - Resultat völlig verfehlter
Familienpolitik. Wir investieren viel Geld in Familien, aber mit weit
weniger Erfolg als die Franzosen. Und die letzten mutigen Mütter
bezahlen einen schmerzhaft hohen Preis,
in: Stern Nr.27 v. 30.06.
Die Vertrauensfrage ist noch nicht gestellt,
aber der Stern läutet bereits den Familienwahlkampf ein. Diesmal kein Sozialschmarotzer-Titel
(03.05.2001),
sondern eine Kombination von
Deutschland im Jahr 2030 (Stern Nr.18 vom
26.04.2001) und
familienpolitische Klientelpolitik für die Neue Mitte. Die Stern-Autoren
konstruieren die Geburtenkrise durch unseriöse Berichterstattung. Nicht die Geburtenrate (TFR
oder
CFR) wird
als
Maß für internationale Vergleiche verwendet, sondern die rohe
Geburtenziffer. Zu den Kinderlosen werden auch
potenzielle Mütter bzw. Eltern, deren Kinder nicht mehr im elterlichen
Haushalt leben, hinzugezählt.
Gert HULLEN hat nachgewiesen, dass in der amtlichen Statistik die
Kinderlosigkeit der Frauen, die in den 1960er Jahren geboren wurden,
überschätzt wird. Die Kinderlosigkeit der Akademikerinnen wird zu hoch angegeben. Begriffe wie
"Bevölkerungsimplosion" oder "demographischer Kollaps" suggerieren
einen Notstand, der antidemokratische Affekten Vorschub leistet.
Familienpolitisch wird
Fremdbetreuung und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den
Mittelpunkt gestellt. Damit grenzt sich der
Stern gegen die FAZ ab, die sowohl die
Aufwertung der deutschen Mutter betreibt als auch für das Elterngeld, das
Spitzenmüttern (Christian SCHWÄGERL) zugute kommt,
plädiert. Ursula von der LEYEN und nicht
mehr Renate SCHMIDT wird als Modell Deutschland propagiert, damit wir
implizit ein Paradigmenwechsel von Aufstieg zu Herkunft vollzogen.
Verkauft wird das, indem der Aspekt Fremdbetreuung in den Vordergrund
gerückt wird. Man darf gespannt sein, wen
der Stern im Familienwahlkampf als Nächstes ins Visier nimmt...
Der Soziologe Christian SCHMITT hat in
der
FAZ vom 08.03.2005
die Debatte um die Kinderlosigkeit von Akademikerinnen
kritisiert. Manfred G. SCHAREIN & Rainer UNGER reagieren nun mit
diesem Artikel auf diese Kritik.
In einem Vergleich zweier
Datenbestände kommen die Autoren zum Ergebnis, dass die
bisherigen Prämissen der Demografen falsch waren.
Die zu hoch
ausgewiesene Akademikerkinderlosigkeit ist einerseits die
Konsequenz der Überlagerung zweier Ereignisse: Durch den Auszug
von Kindern aus dem Elternhaus wird die Zunahme des Spätgebärens
kompensiert. Die tatsächliche Kinderlosigkeit wird dadurch in
der amtlichen Statistik überschätzt. Dies gilt insbesondere,
wenn zu den Akademikerinnen auch Fachhochschulabsolventinnen
gezählt werden.
Für Universitätsabsolventinnen gilt
andererseits, dass die bislang von den Demografen bevorzugte
Altersklasse der 35-39Jährigen zu niedrig angesetzt gewesen ist,
d.h. das Geburtenverhalten ist zu diesem Zeitpunkt noch gar
nicht - wie unterstellt - abgeschlossen.
Betrachtet man z.B. die
Altersgruppe der 41-45Jährigen, dann liegt die Kinderlosigkeit
der Universitätsabsolventinnen im Jahr 2003 bei ca. 28 %.
Christian SCHMITT (Feministische
Studien, Heft 1, Mai 2005)
hat unter Berücksichtigung von Fachhochschulabsolventinnen für
die zwischen 1950 und 1965 geborenen Akademikerinnen einen
Kinderlosenanteil von unter 25 % errechnet. Dagegen kursierte in
der Öffentlichkeit eine Akademikerinnenkinderlosigkeit von bis
zu 43 %. Bei diesen Zahlen handelt es sich eben nicht - wie
unterstellt - um die endgültige Kinderlosigkeit.
Klaus-Jürgen DUSCHEK &
Heike WIRTH weisen nach, dass aufgrund der Zunahme von
Spätgebärenden die
Kinderlosigkeit von Akademikerinnen in Deutschland
überschätzt wird, wenn die Altersgruppe der 35 - 39 jährigen
Frauen als Indikator für lebenslange Kinderlosigkeit
herangezogen wird. DUSCHEK & WIRTH setzten dagegen die obere
Altersgrenze bei den 41 - 44Jährigen an. Damit werden erstmals
mittels Mikrozensus-Daten auch die bislang in die Studien zur
lebenslangen Kinderlosigkeit nicht einbezogenen Spätgebärenden
erfasst.
HONDRICH, Karl Otto
(2005): Die Bevölkerung schrumpft? Wunderbar!
Deutschland jammert über den
Geburtenrückgang und die Alterung der Bevölkerung. Bestürzt
registriert die nationale Erschreckensgemeinschaft alle
Szenarien der kollektiven Vergreisung. Dazu gibt es keinen
Grund: Die demografische Transformation ist das Ergebnis einer
sozialen Erfolgsgeschichte und ermöglicht die Lösung zahlreicher
Probleme. Denn der Geburtenrückgang verschafft der Gesellschaft
mehr Luft und Leistungsraum,
in: Cicero,
Nr.8, August
Karl Otto HONDRICH,
der bislang nicht gerade als Verfechter des
Lebensstilpluralismus bekannt war, erkennt nun im
Geburtenrückgang das Gute und wettert gegen die
Apokalyptiker:
"2,1. Für die
demografischen Gefahrenbeschwörungsgemeinschaft ist dies
eine magische Zahl. Eine Geburtenrate, die tief darunter
liegt, wird zum Inbegriff des Untergangs.
Bei
genauer Betrachtung ist der Geburtenrückgang eine Lösung für
viele Probleme."
Wie kommt HONDRICH zu
dieser neuen Sicht? Zum
einen greift er auf ein Alternativszenario zurück, das
single-generation.de
bereits im Mai 2002 für ein Deutschland ohne
Verhaltensänderung entworfen hat:
"Der Fall der
Geburtenrate (...) verhinderte (...), dass sich heute in
Deutschland zwischen 100 und 200 Millionen Menschen
drängeln. Man kann nicht alles zugleich haben: ein längeres
Leben, eine jugendliche Gesellschaft und eine stabile
Gesellschaft."
Zum anderen vertritt
HONDRICH im Gegensatz zu den Polarisierern, deren
Argumentation der Soziologe Franz-Xaver KAUFMANN in seinem
neuen Buch Schrumpfende Gesellschaft zu einem
reaktionären Cocktail vermixt hat, eine Entkopplungsthese:
"Bevölkerungswachstum
und Wirtschaftswachstum scheinen historisch
zusammenzugehören. (...). Entscheidend ist aber, dass das
Wirtschaften selbst (...) ein sozialer Prozess ist, der sich
von demografischen Schwankungen unabhängig macht. Je besser
die Wirtschaft funktioniert, desto weniger Menschen braucht
sie."
HONDRICH räumt auf mit
der Vorstellung, dass die Jungen die Alterslasten zu tragen
hätten:
"Es sind nicht die
Jungen, die die Alterslast tragen, sondern die Hochleister
der mittleren Jahre, Männer wie Frauen. (...). Keine Kinder
zu bekommen, bedeutet für sie nicht nur Verzicht, sondern
auch Entlastung."
Einem weit verbreiteten
Mythos tritt HONDRICH ebenfalls entgegen, dass nämlich der
demografische Wandel die sozialen Sicherungssystem gefährden
würden:
"Wenn die
hochproduktive, unablässig rationalisierende Wirtschaft nur
noch kleine, jüngere »Olympiamannschaften« in den
Unternehmen belässt, kreiert sie Arbeitslose und Alte und
schiebt sie im gleichen Atemzug auf die Systeme der sozialen
Sicherung ab.
Aber
ist deren Problem ein demografisches Problem? Es ist in
erster Linie durch die Wirtschaft gemacht, und zwar nicht
durch ihr Erlahmen, sondern durch ihre Effizienz. Es ist
zweitens ein Problem der offenen Gesellschaft, das die
Politik auf die Sozialsysteme übergewälzt hat."
Sein Fazit zum
Sozialsystem lautet deshalb:
"Die Zerreißprobe, auf
die das Sozialsystem jetzt gestellt wird, hat wenig mit
Geburten- und Sterbeziffern zu tun, aber viel mit politisch
überdehnter und überforderter Solidarität".
Nicht im demografischen
Wandel, sondern in den veränderten wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen sieht HONDRICH deshalb den notwendigen Umbau
des Sozialsystems begründet:
"Dass eventuell alle
Generationen kürzer treten müssen, ist weniger
demografischen Faktoren geschuldet als Veränderungen im
Leistungsgefüge der Weltwirtschaft."
Die Überschätzung des
Problems der lebenslangen Kinderlosigkeit ist mittlerweile
auch bei HONDRICH angekommen:
"»40
Prozent aller Akademikerinnen bleiben kinderlos!«, tönt der
Chor der demografischen Tragödie.
Und noch bevor wir von
besonnenen Statistikern
erfahren, dass die Zahl völlig ungesichert ist, haben sich
ihre vermeintlichen Folgen schon in unsern Köpfen
festgesetzt".
Auch mit dem gefühlten
Niedergang der Familie wird es nichts:
"Geburtenrückgang und
Langlebigkeit führen dazu,
dass Familien weniger in die Breite, sondern als
»Bohnenstangenfamilie«, in die Länge dehnen. Auch Menschen
ohne Kinder können, sich an Verwandte und Freunde
anschließend, ihre Familie »machen«.
Entgegen den Vorurteilen von der
zerfallenden und verstreuten Familie sind Familienbande
heute eher wichtiger und dichter als vor einem halben
Jahrhundert."
Um seinen Überlegungen
noch mehr Stringenz zu verleihen, sieht HONDRICH im
Geburtenrückgang sogar das Ergebnis einer neuen Stufe der
gesellschaftlichen Evolution:
"Was heute an den
demografischen Klagemauern bejammert wird -
Geburtenrückgang, Vergreisung, Migration -, sind nicht
Irrläufer und Ausläufer der Evolution. Eher kündigt sich
darin eine neue Entwicklungsstufe mit neuen Problemlösungen
an. Gesellschaften stellten ihre Nachwuchssicherung um: von
vielen, riskanten und kurzen auf wenige, sichere und längere
Lebensläufe; von Quantitäten auf Qualitäten; von
biologischer auf soziokulturelle Reproduktion; von Autarkie
auf Arbeitsteilung. Diese neue Arbeitsteilung zwischen
produktiven und reproduktiven, kinderarmen und kinderreichen
Gesellschaften gilt womöglich nur für eine Übergangsphase
von 50 oder 100 Jahren. nach und nach werden alle Kulturen
sich umstellen: von einer breiten Reproduktionsbasis mit
hoher Sterblichkeit auf eine schmale Basis lang lebender
Individuen.
Dies
zu begreifen und zu akzeptieren, fällt uns schwer."
Damit wendet sich
HONDRICH auch gegen eine unrealistische Politik, die den
gesellschaftlichen Fortschritt
an der Bestandserhaltungszahl
orientieren
möchte:
"Dass die
Politik (...)
die Geburtenrate der magischen »2,1«
annähern könnte, ist nur
ein Wunschtraum. Die Systeme der Wirtschaft, der sozialen
Sicherung, der Familie und der Kultur haben sich auf andere
Größen eingestellt. Ihr Eigen-Sinn und ihre Fähigkeit zur
Selbststeuerung sind ausgeprägt - über nationale Grenzen
hinweg."
Regelmäßigen Lesern von
single-generation.de
ist das alles nicht neu. In den
Themen des Monats
und diversen Debattenbeiträgen wurden die meisten Aspekte
bereits vor längerem abgehandelt, aber HONDRICH hat die
einzelnen Elemente in einer positiven, gesellschaftlichen
Vision zusammengefasst, die - zumindest in dieser allgemeinen
Fassung - auch die Bedürfnisse der Singles ernst nimmt.
STÖTZEL, Regina (2005): Wer hat Angst vorm alten Mann?
Die Rede von der ȟberalterten
Gesellschaft« dient vor allem dazu, den Sozialabbau
voranzutreiben,
in: Jungle World Nr.31 v. 03.08.
Regina STÖTZEL beschäftigt sich
mit dem Mythos Demografie, bleibt dabei jedoch brav auf der
harmlosen Gewerkschaftsfunktionärslinie.
Sie schreibt zwar von "gängigen Berechnungen", verschweigt
jedoch, dass es alternative Berechnungen gibt. Warum? Offenbar
ist es mit einer Kritik doch nicht allzu weit her.
Das Statistische
Bundesamt hat im Juni 2005 den Wirtschaft und Statistik-Beitrag
Unterschiedliche Facetten der Geburtenentwicklung in
Deutschland von Olga PÖTZSCH
veröffentlicht, der bereits einen Vorgeschmack auf künftige
Bevölkerungsvorausberechnungen und das neue
bevölkerungspolitische Feindbild der Familienfundamentalisten
gibt. Die nächste Bevölkerungsvorausberechnung steht bereits
im Jahr 2006 an, wäre also rechtzeitig zum Bundeswahlkampf
gekommen. Nun muss der Familienwahlkampf ohne diese
Schützenhilfe auskommen.
Im Demografiekrieg ist
mittlerweile eine neue Front eröffnet worden.
Nachdem die 1965 geborenen Frauen die Prognosen der Demografen
bezüglich ihres Geburtenverhaltens Lügen gestraft haben. Noch
vor kurzem sprach man von einem Anteil der Kinderlosen über 30
%.
Gert HULLEN vom Bundesinstitut
für Bevölkerungsforschung kam jedoch zum Ergebnis, dass
die in den 1960er Jahren geborenen Frauen sogar einen
geringeren Anteil von Kinderlosen aufweisen als die in den
1950er Jahren geborenen Frauen.
Nun, da sich also die früheren Berechnungen als haltlos
erwiesen haben, wird den um 1970 Geborenen der Prozess
gemacht.
Single-generation.de hat bereits vor einiger Zeit diese
neue Front anhand des Romans
Die Jugend von heute von Joachim LOTTMANN
beschrieben.
Nichts von alledem ist
bei STÖTZEL zu lesen. Stattdessen wird lediglich wiedergekäut,
was bereits in den Mainstream-Medien zu lesen war. Als Zugabe
gibt es ein bisschen kritisches Bewusstsein.
Das vorgestellte
Spektrum reicht vom
letzten Spiegel-Deutschen
über die so genannte
Kinderpolitik der Katrin GÖRING-ECKART,
den Auflöser des Bundestages Horst
KÖHLER bis zu Thomas
STRAUBHAAR, der bezüglich des
Bevölkerungsrückgangs im Gegensatz zu seinen Ökonomiekollegen
keine Probleme sieht, solange wir auf dem geraden Weg zum
Klassenstaat sind.
Die FR vollzieht
eine 180 Grad-Kehrtwendung. Noch Mitte 2003
schrieb Martina MEISTER ("Zurück in den Kreißsaal",
16.07.2003) über den medial inszenierten
Baby-Boom, der sich umgekehrt proportional zur Geburtenrate
verhält. Nun schreibt SEZGIN:
"Dass
Statistik eventuell auch mal lügen kann, war ja klar. Wie
schamlos sie ihr Potential bei Bedarf aber ausnützt, also
das lässt einem die Kinnlade runterklappen.
Mit dieser runtergeklappten Kinnlade sieht man dann genauso
gescheit aus wie eine Katze, die gerade feststellt, dass der
Nachbarsdackel ihre Milch tatsächlich weggeschlabbert hat,
und man fragt sich dabei: Hab ich nicht kürzlich erst wieder
gelesen, dass die ganze bundesdeutsche
Bevölkerungsentwicklung gefährdet ist, weil in diesem Land
keine Kinder mehr geboren werden?
Man hat. Was man aber auch hat ist: freie Sicht auf Kinder
in allen Richtungen."
Die Mitte-Zeitungen
schrieben bisher gegen den Augenschein an, und beriefen sich
auf Statistiken, die gegen einen Geburtenboom sprechen. Nun
kehrt SEZGIN die Beweislast quasi um:
"Es gibt (...) keine
Gebärverweigerung. Die Deutschen sind Gebärweltmeister! Das
ist die Wahrheit."
Single-dasein.de
hat bereits im September 2003
Susanne GASCHKEs These von der Gebärfaulheit der Generation
Golf
widersprochen, aber nicht einmal die taz wollte damals
etwas davon wissen.
Die
politische Konstruktion der
Geburtenkrise war von Anfang an ein
zentrales Thema dieser Website.
Bahnt sich nun eine
Gesinnungswandel bei den Mitte-Medien an?
Ein Ende der Kontroverse um die Geburtenkrise ist nicht
absehbar, denn die Fraktion der Familienfundamentalisten hat
bereits eine
neue
Frontlinie im Demografiekrieg
eröffnet.
GASCHKE, Susanne (2005): Kinder, Küche, Karriere? Nicht bei uns.
Deutschland hat weltweit eine
der niedrigsten Geburtenraten. Und es sind vor allem die
Akademikerinnen, die sich auf ein Leben ohne Kinder einstellen.
Helfen kann nur ein neuer Geschlechtervertrag,
in: Die ZEIT Nr.33 v. 11.08.
Im
August 2003 hat Susanne GASCHKE ihrer
Generation Golf, speziell dem Frauenjahrgang 1965,
Gebärfaulheit vorgeworfen. Damals hat single-dasein.de
bereits widersprochen. Inzwischen
ist auch empirisch bewiesen, dass dieser Geburtsjahrgang
wesentlich gebärfreudiger ist, als GASCHKE damals behauptet hat.
GASCHKE hat
damals nicht mit den Spätgebärenden gerechnet.
Auf diese setzt nun sogar das Berlin-Institut für Bevölkerung
und Entwicklung.
Sie sollen für den neuen Babyboom sorgen. Aber
auch bei der Kinderlosigkeit der Akademikerinnen liegt GASCHKE
vollkommen daneben. Christian SCHMITT hat nachgewiesen, dass die
Kinderlosigkeit bei den Akademikerinnen wesentlich niedriger ist
als es die öffentliche Debatte behauptet. Und
auch der Indikator Heirat, den GASCHKE als Beweismittel nennt,
muss in seiner Bedeutung relativiert werden, denn in den neuen
Bundesländern werden über 50 % der Kinder unehelich geboren. Unsere
"katholische Statistik" führt dazu, dass Trendaussagen in
Zukunft immer unwägbarer werden. Dies musste inzwischen auch das
Statistische Bundesinstitut in Wiesbaden eingestehen (siehe Olga
PÖTZSCH "Unterschiedliche Facetten der Geburtenentwicklung in
Deutschland"). Wir haben es nicht mehr mit gesicherten
Erkenntnissen zu tun, sondern mit einem Glaubenskrieg, in dem
das Ziel die Argumentation leitet. In diesem Stadium ist es dann
auch nicht mehr weit zum Fatalismus: Der simplifizierenden
Gebärstreikthese wird dann ein
trotziges Gebärweltmeister entgegen
geschleudert. Der
Familienwahlkampf tritt mit dem heutigen Tag in seine heiße
Phase und das sind keine Zeiten für kühle Betrachtungen...
SCHWÄGERL, Christian (2005): Mehr Kinder! Sofort?
in: Frankfurter Allgemeine
Zeitung v. 11.08.
Christian SCHWÄGERL
berichtet über den
Newsletter des Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung
vom 10.08.2005. Darin
bebildert das Institut zum einen den
demografischen Niedergang und zum
anderen wird ein letzter Ausweg gewiesen: die Spätgebärenden der
1960er Jahre sollen für einen neuen Babyboom sorgen, also genau
jene, die Susanne GASCHKE nicht auf ihrer Rechnung hatte. Nicht
hinterfragt wird jedoch, dass eine Ausnahmesituation wie der
Babyboom der 1960er Jahre, als Maßstab dient. Die
Geschichte zeigt jedoch, dass bestandserhaltende Geburtenraten
seit 1900 nicht die Regel, sondern die Ausnahme sind (Zu
einer ausführlichen Kritik an der magischen Zahl 2,1 siehe Karl
Otto HONDRICH). Bisher wurde dies nur
durch andere Einflüsse kompensiert. Kriege
und Völkerwanderungen haben die nationalen Bevölkerungspyramiden
mehr deformiert als es die "mangelnde" Fruchtbarkeit je
konnte. Wer das vergisst, der wird die jungen Singles
überfordern. Unser Land ist nicht kinderfeindlich, sondern
kinderlosenfeindlich. Das ist keine gute Ausgangssituation für
einen unvoreingenommenen Blick auf die Problemlage.
DESTATIS (2005): Deutliche
Ost-West-Unterschiede im Ausmaß der Kinderlosigkeit",
in:
Pressemitteilung Statistisches
Bundesamt Wiesbaden v. 06.09.
Das
Statistische Bundesamt
in Wiesbaden greift in den Bundestagswahlkampf ein.
Das Thema der
kinderlosen Akademikerinnen - ist nicht zuletzt seit dem
Angriff von Doris SCHRÖDER-KÖPF auf die kinderlose
Akademikerin Angela MERKEL - im
Brennpunkt des öffentlichen Interesses.
In der Zeitschrift
Wirtschaft und Statistik, Ausgabe August, ist der Aufsatz
Kinderlosigkeit von Frauen im Spiegel des Mikrozensus von Klaus
Jürgen DUSCHEK und Heike WIRTH
erschienen, auf dem die Pressemeldung basiert (Der Aufsatz ist
als PDF-Datei über die Pressemeldung downloadbar).
Leider wird in der
Publikation die Auseinandersetzung der Autoren mit der Kritik
an ihrem Ansatz nur unzureichend deutlich.
Die wegweisenden Arbeiten von
Christian SCHMITT zum Thema werden
nicht einmal erwähnt. Der
Beitrag von Manfred SCHAREIN & Rainer UNGER vom
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung
ist den Autoren nur eine Fußnote wert.
Der Mikrozensus weist
gravierende Mängel hinsichtlich der Erfassung der
Kinderlosigkeit auf, weswegen im Jahr 2006 eine Zusatzerhebung
geplant ist (siehe hierzu auch Reiner
KLINGHOLZ "Plädoyer für eine Volkszählung" in der heutigen FAZ).
Offenbar ist dem Bundesamt jedoch weniger an Seriosität
gelegen, sondern an Öffentlichkeitswirksamkeit. Der Zweck
heiligt wieder einmal die Mittel.
Zu dem unterschiedlichen
Geburtenverhalten in Ost und West sowie zu den gravierenden
Mängeln der Geburtenstatistik hat
Michaela KREYENFELD wichtige
Arbeiten vorgelegt.
BIRG, Herwig (2005): "Die Dritte Welt bei
uns".
Der Demographie-Forscher Herwig Birg
prophezeit den Deutschen den volkswirtschaftlichen Niedergang
auf Grund des Geburtendefizits,
in: Focus Nr.40 v. 01.10.
Herwig BIRG darf anlässlich
seines neuen Buches Die ausgefallene Generation seine aus
der FAZ sattsam bekannten 10 Lektionen wiederholen.
Das
Buch bietet nichts Neues, sondern verkauft eine veraltete und
spärliche demographische Faktenlage als neuesten Wissenstand.
Nicht Aufklärung, sondern Propaganda und Demagogie bietet BIRGs
- als Einführung ausgegebenes - Machwerk.
STÜRMER, Michael (2005): Wer sind wir?
in: DeutschlandRadio
v. 11.10.
Der Historiker Michael
STÜRMER, ein Angehöriger der deutschen Jammer-Elite (Helmut
KLAGES), schreibt:
"Es
gibt quer durch die Jahrhunderte kein schärferes Zeichen
kollektiver Depression als den Niedergang von Heiraten und
Geburten."
Wir behaupten, dass diese Depression ein
Zerrbild ist. Unsere
Bevölkerungsstatistik
ist gar nicht in der Lage das Ausmaß der lebenslangen
Kinderlosigkeit korrekt abzubilden, denn sie ist normativ und
nicht wertneutral. Es
gibt in Deutschland ein nationalkonservatives Deutungsmonopol.
Wo ist unsere angeblich globale Klasse?
Warum muss z.B. die taz-Journalistin
Ulrike WINKELMANN einen Aufsatz über die zu hoch angegebene
Kinderlosigkeit von Akademikerinnen in der Zeitschrift
Feministische Studien
veröffentlichen, der bis heute nicht in den sich liberal
gebenden Medien ausreichend gewürdigt wurde?
Es erstaunt uns sehr, dass bis heute
weitgehend unwidersprochen Zahlen in Umlauf gebracht werden
dürfen, die offensichtlich völlig überhöht sind. Von
Herwig BIRG
bis
Susanne GASCHKE predigen uns
die nationalkonservativen Seilschaften, dass es in Deutschland
zu wenig Kinder
gibt. Den Beleg bleiben sie uns jedoch schuldig, wenn man
nicht gerade Anhänger dieser neuen politischen Religion ist. Sie
können das nur, weil unsere angeblich globale Klasse sie
gewähren lässt! Deutschland sei liberal, heißt es. Dies gilt
nicht für das Gebiet des demografischen Wandels. Während
internationale Demografen längst die zu niedrig ausgegebenen
Geburtenraten in Deutschland diskutieren, herrscht in
Deutschlands Öffentlichkeit Schweigen im Walde. Wer ist
politisch unkorrekt genug, dieses Tabu zu brechen? Es
gibt hierzulande ein Schweigekartell. Auf
single-generation.de wird dies dokumentiert. Es wird sich
also nachweisen lassen, wer diejenigen gewesen sind, die zu
feige waren, die Lage richtig darzustellen. Dies wird die
Wissenschaft in Misskredit bringen. Nicht Kinderlose haben zu
wenig Mut, es sind unsere feigen Eliten!
Es
sollte also im Interesse der Wissenschaft sein, endlich
Stellung zu nehmen zu dieser unerträglichen Situation.
MÖNCH, Regina (2005): Überschätzte Kinderlosigkeit?
Aus dem
Gewächshaus,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 16.10.
Der Familienwahlkampf ist
vorbei und nun veröffentlichen die Zeitungen, die sich
begierig auf die Zahl von 40 % kinderlosen Akademikerinnen
gestürzt haben, nach und nach die Gegendarstellungen zu ihrer
Wahlkampfberichterstattung. Heute ist die FAS an der
Reihe.
Regina MÖNCH zitiert Michaela KREYENFELD,
deren
Studie zusammen mit Dirk KONIETZKA in
der Zeitschrift Berliner Debatte Initial
schon längst bei uns zu lesen war. MÖNCH
muss
zugeben, was unsere Leser seit Jahren
wissen:
"Die herumgeisternden vierzig Prozent
beruhen auf den Zahlen der jährlichen Geburtenrate aus dem
Mikrozensus (...). Da er aber weder Tempoeffekte noch das
höhere Alter von Müttern
- u. a. bedingt durch längere Ausbildungszeiten -
berücksichtigt, ist er ziemlich ungeeignet für die
Interpretation des Geburtenverhaltens heutiger Frauen".
Übrigens wird das Datum der
Veröffentlichung bei der FAS mit 2005 angegeben. Das
hätten unsere Journalisten möglicherweise gerne. Die
Veröffentlichung stammt jedoch bereits aus dem Jahr 2004!
War natürlich nur ein
Druckfehler, der ins Weltbild passt und deshalb unbemerkt
durchging. Wir wollen aber natürlich nicht unerwähnt lassen,
dass in der FAS wenigstens
schon im letzten Oktober
über das Problem berichtet worden ist, was ja nicht für jede
Zeitung selbstverständlich war.
Bei der
Papier-ZEIT
ist z.B. das
familienpolitische Zugpferd Susanne GASCHKE
gerade auf Lesereise mit einem
Buch über die Einsamkeit der kinderlosen Akademikerinnen.
Wir werden wohl mit einer Gegenanzeige bis nach dieser
Buchvorstellung warten müssen. Wie
viel Peinlichkeit verträgt sich eigentlich mit einer solchen
Position, Frau GASCHKE?
Sascha LEHNARTZ zeigt mit
seinem neuen Buch Global Players, dass in der
"Spaßgesellschaft" einzig die Schrillheit einer These zählt.
Wenn sie sich als falsch herausstellt, dann macht das auch
nichts, denn wir leben ja im
Zeitalter der Popmoderne.
Unsere Qualitätspresse hält
Singles offenbar für besonders dämlich. Sie geht davon aus,
dass unsere Singleinteressen politisch nicht organisierbar
sind. Diese Rechnung geht bislang auf. Fragt
sich jetzt nur noch, was dann erstens die
Bevölkerungsvorausberechnungen bis 2050 und zweitens das neue
Buch
"Die ausgefallene
Generation"
von Herwig BIRG noch wert ist. Ein solches Datendesaster darf
nicht folgenlos bleiben.
Wir warten weiter darauf,
dass endlich das
nationalkonservative Deutungsmonopol
gebrochen wird. Und zwar nicht mit solch läppischen
Gegenanzeigen, die spätestens vor der nächsten Kampagne gegen
Kinderlose wieder vergessen sein werden, wenn Singles nicht
massiv gegen diese Form der Mediendiktatur vorgehen.
SCHWENTKER, Björn (2005): Von wegen 40 Prozent.
Obwohl es der Mikrozensus so weismachen will: Akademikerinnen
sind mitnichten schuld am deutschen Babyschwund,
in: Die
ZEIT Nr.42 v. 13.10.
Diesen Artikel von
Björn SCHWENTKER suchen Sie heute vergeblich in der Papier-ZEIT,
denn er ist nur in der Online-Ausgabe vom 9. Oktober
erschienen!
Dies wirft ein bezeichnendes Licht auf
unsere
angeblich weltoffene globale Klasse.
Die
Medienlandschaft der Neuen Mitte ist inzwischen durch eine
Fragmentierung gekennzeichnet. In den Feuilletons der
Papier-Mitte werden die zunehmenden Parallelwelten beklagt,
gleichzeitig werden sie im Internet vorangetrieben. Die
Zielgruppe der Papier-Mitte ist der Nicht-Single, die
Zielgruppe der Online-Mitte ist der Single. Der Witz ist nur,
dass heutzutage gar nicht mehr sicher ist, wer Single und wer
Nicht-Single ist. Viele sind inzwischen sowohl Single als auch
Nicht-Single!
"Selten
waren sich die Deutschen so einig wie in der
Debatte über Kinderlosigkeit.
In der Bundesrepublik werden nur rund 1,4 Kinder pro Frau
geboren, und schuld am Fehlen des nationalen Nachwuchses
sind die Akademikerinnen. Deren Gebärstreik lässt sich an
einer besonders imposanten Zahl belegen: 40 Prozent. So
viele der gebildeten jungen Frauen – wenn nicht gar mehr -
bleiben ohne Nachwuchs, hieß und heißt es quer durch die
Medien. Doch während sich eine leidenschaftliche Diskussion
über das »Warum« dieser unerhörten demografischen Ziffer
entspannt hat, geht eines völlig unter: Die Zahl ist
schlichtweg falsch",
schreibt Björn SCHWENTKER.
Bereits am 31. Oktober 2004 hat
SCHWENTKER in der Papier-FAS Michaela KREYENFELD zum
Thema zitiert. Zum damaligen
Zeitpunkt gab es eindeutige Hinweise, dass die Zahlen überhöht
waren, aber es fehlten Untersuchungen, die das auch
wissenschaftliche korrekt bewiesen.
Das Datendesaster ist nicht
erst seit 2004 bekannt. Single-generation.de beweist
seit dem Jahr 2000, wie mit Statistik gelogen wird. Es geht ja
nicht nur um die kinderlosen Akademikerinnen, nicht einmal nur
um die Kinderlosen im allgemeinen. Fakt ist: Auch die
Geburtenrate von 1,4 wird von den nationalkonservativen
Demografen zu niedrig ausgewiesen.
Dies war bereits im
April 2001
bekannt als das Bundesverfassungsgericht aufgrund eines
Gutachtens des nationalkonservativen
Bevölkerungswissenschaftler Herwig BIRG die Kinderlosen zu
Zuzahlungen verdonnerte - eine Art Reparationszahlung, die den
Kinderlosen von der gut organisierten nationalkonservativen
Familienlobby aufgezwungen wurde. Schließlich befinden wir uns
mitten im Demografiekrieg!
Nicht Kinder fördern,
sondern Kinderlose bestrafen heißt die Devise.
Dies wäre
niemals möglich gewesen, wenn die weltoffene globale Klasse
nicht mitgespielt hätte. Klammheimliche Sympathisanten sind
das gewesen.
Am 14. August 2003
fragte Susanne GASCHKE in der ZEIT
Wo sind die Kinder?
und forderte die Rente nach Kinderzahl. Einzig bei
single-dasein.de und single-generation.de war
damals eine Erwiderung zu lesen. Die Gutmenschen-taz
lehnte damals eine Erwiderung in ihrem Blatt dankend ab, und
haute ihrerseits drauf. Ulrike WINKELMANN schrieb lieber
Auf Wiedersehen, Kinder. Erst im Januar 2005 machte die
taz-Journalistin eine wundersame Wandlung durch und
im Mai 2005
veröffentlichte sie in der Zeitschrift Feministische
Studien zusammen mit Christian SCHMITT einen Artikel,
in dem die überhöhten Zahlen widerlegt wurden. Dieser Artikel
muss insofern als wegweisend betrachtet werden, weil er
erstmals einer breiterer Öffentlichkeit Zahlen präsentierte.
Bereits am
08. März kritisierte SCHMITT
die Kinderlosenzahlen, die den Elterngeld-Wahlkampf der SPD
legitimieren sollten in der FAZ, während
Frank SCHIRRMACHER
in dieser Zeit das Ideal der deutschen Mutter von Herwig BIRG
rechtfertigen ließ. Wissenschaftsintern
sah das ganz anders aus. Aber wer will unseren abhängigen
Wissenschaftlern verübeln, dass sie in diesen Zeiten ihren Job
behalten wollen?
Wo
sind die Kinderlosen, Frau GASCHKE? Diesen Artikel
vermissen wir in der deutschen Mitte-Presse immer noch. Deshalb
erscheint auch SCHWENTKERs Beitrag nicht in der Papier-ZEIT,
die ja jahrelang zu den Hardlinern bei der Verbreitung der
überhöhten Kinderlosenzahlen gehörte. Noch im neuen
Kursbuch schreibt Frau GASCHKE im Beitrag "Alte Rollen,
neue Frauen. Tolle Karrieren, glückliche Ehen, gute Figur und
prima Kinder. Das kann nicht klappen":
"Für Frauen (...) ist die Vorstellung, in
einem eigenen Beruf zu arbeiten, inzwischen eine
Selbstverständlichkeit. Für Mann und Kinder geben sie ihre
Berufstätigkeit dann auf, wenn (...) ihr Verdienstausfall
durch Kindererziehungszeiten nicht sehr ins Gewicht fällt
und ihre Aufstiegsmöglichkeiten dadurch nicht wesentlich
geschmälert werden. Dieser Umstand dürfte erheblich zu jenem
Trend beitragen, den Bevölkerungswissenschaftler
»gespaltenes Fertilitätsverhalten« nennen: Dass nämlich die
vergleichsweise schlecht bezahlten Frauen aus den unteren
Bildungs- und Berufsgruppen sich mittlerweile weit häufiger
für Nachwuchs entscheiden als die Akademikerinnen, die am
Ende zu über 40 Prozent kinderlos bleiben."
Es handelt sich hier um die
erste Ausgabe der Vierteljahreszeitschrift Kursbuch,
die nun zum Presseimperium der ZEIT gehört und die
rechtzeitig zur heißen Phase des Familienwahlkampfes erschien.
"Vergangene
Woche in Rostock rechneten Mitarbeiter des Bundesinstituts
für Bevölkerungsforschung (BiB), dem »demografischen Arm«
des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden, vor, dass man
fast die selben Ergebnisse auch mit dem Mikrozensus bekommt.
Wenn man nur die richtigen, also ältere, Frauenjahrgänge
betrachtet und zudem auch Fachhochschulabsolventinnen zu den
Akademikerinnen rechnet. Die gebären nämlich mehr als Frauen
mit Uni-Abschluss. Die neu berechneten Daten des BiB zeigen:
Der Anteil endgültig kinderloser Akademikerinnen liegt nicht
über 30 Prozent. Die Statistiker halten den Mikrozensus
damit für rehabilitiert. An der mächtigen Erhebung, so der
Tenor von behördlicher Seite, führe ohnehin kein Weg vorbei",
erklärt uns SCHWENTKER.
Der Journalist spielt hier auf die
Studie von
UNGER & SCHAREIN
an. Mitten in
den Endkampf um die Familie, platzte dann noch eine
Pressemeldung des statistischen
Bundesamtes,
die nochmals dafür sorgte, dass die 40 %-Marke wenigstens für
westdeutsche Akademikerinnen wieder erreicht wurde. Die
wenigsten dürften jedoch die Studie von DUSCHEK & WIRTH selber
gelesen haben. Und wenn, dann hätten sie - als Fachfremde -
die Problematik nicht verstanden, weil dort die öffentliche
Debatte nicht dargelegt wird. Nicht deren wissenschaftliche
Beweisführung ist also zu kritisieren, sondern nur die
gezielte Lancierung durch das Statistische Bundesamt lässt
Seriosität vermissen. Das wurde auf single-generation.de
auch beanstandet.
"Die
unglückliche Kommunikation der 40 Prozent Kinderlosigkeit
bei Akademikerinnen sei vielleicht kein Zufall, gibt ein
Vertreter der amtlichen Statistik zu: »Mit dramatischen
Zahlen erreicht man eben mehr Öffentlichkeit.« Genau das war
nach dieser Interpretation das Ziel des Statistischen
Bundesamtes. Dessen Pressemeldungen waren es nämlich, die
die 40 Prozent erst in Umlauf brachten",
schreibt SCHWENTKER. Nur
macht es sich der Journalist mit seiner Ursachenbeschreibung
zu leicht. Keineswegs hatte nur die CDU ein Interesse an hohen
Kinderlosenzahlen gehabt, sondern auch die SPD. Nachdem der
Traum für Rot-Grün ausgeträumt ist, werden die Karten nun
offensichtlich neu gemischt.
Es wird sich zeigen müssen, ob unsere
globale Klasse das
nationalkonservative Deutungsmonopol der
deutschen Demografen endlich
zerschlägt oder ob weiterhin eine
große Allianz
der Besitzstandswahrer verhindert, dass auf junge Singles -
und damit auf potenzielle Eltern - in diesem Land mehr
Rücksicht genommen wird.
WILTON, Jennifer (2005): Ein Viertel der
Männer geht leer aus.
Wo in
Deutschland großer Frauenmangel herrscht: Der thüringsche
Ilm-Kreis steckt in Schwierigkeiten,
in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 19.10.
Jenniger WILTON war im
thüringschen Arnstadt. In der Reportage geht es darum, dass
junge, gut gebildete Frauen dem Osten den Rücken kehren und
ein Männerproletariat zurückbleibt.
Ergänzt wird die Reportage durch Statements
von Bernhard NAUCK, Reiner KLINGHOLZ und Christiane DIENEL zu
den Folgen dieser Migration.
KRÄTSCHMER-HAHN, Rabea & Karl Otto HONDRICH (2005): Glücksfall
Geburtenrückgang.
...denn
ihm haben wir es zu verdanken, dass wir älter werden dürfen,
ohne uns gegenseitig totzutrampeln. Und außerdem: Kinderreiche
und kinderlose Gesellschaften ergänzen sich vortrefflich,
in: Emma, November/Dezember
Die Kerngedanken dieses Artikels waren
bereits im August diesen Jahres
in der
Zeitschrift Cicero
zu lesen. Wenn es heißt:
"Der Fall der
Geburtenrate (...) verhindert (...), dass sich heute in
Deutschland zwischen 100 und 200 Millionen Menschen
drängeln",
dann
greift HONDRICH einen Gedanken auf, der
von uns bereits vor 3 1/2 Jahren vorgedacht wurde.
Wir
forderten damals schon, dass Singles eine Projektion einklagen
sollten, um die Debatte zu versachlichen. Was
HONDRICH liefert, ist noch keine Projektion, aber zumindest
ein Anfang, denn bislang wagte sich ein renommierter Soziologe
in dieser Angelegenheit noch nicht so weit vor.
Was
hier von den Autoren näher beleuchtet wird, das ist der
Zusammenhang von Kinderlosigkeit, Arbeitsteilung und
Globalisierung:
"Der Gedanke, dass fortschreitende
Arbeitsteilung sich weltweit nicht nur auf Güter und Dienste
erstrecken könnte, widerstrebt dem tief verwurzelten
Vorrang, den wir eigenen Kindern geben. Dass Outsourcing
(...) eine Option (...) auch für die Reproduktion der
eigenen Lebensformen und ihrer lebendiger Träger (ist),
erscheint mehr als befremdlich.
Die
Chance, die daraus erwachsen könnte, wäre die Aufwertung der
Lebensoption der Kinderlosigkeit in einem transnationalen
gesellschaftlichen Rahmen. Die heutige gesellschaftliche
Abwertung und unausgesprochene Selbstabwertung von
kinderlosen Frauen könnte im Rahmen transnationaler
Arbeitsteilung sogar zu einer höherwertigen Option werden."
KRÄTSCHMER-HAHN & HONDRICH
überwinden mit diesem Ansatz das Defizit der
nationalkonservativen Debatte, die von
Susanne GASCHKE bis Herwig BIRG dominiert wird.
Den Wert der
Kinderlosigkeit neu zu definieren, das dürfte eine wichtige
Zukunftsaufgabe sein.
Das
Problem ist jedoch, dass diese neue "Avantgarde der
Kinderlosen" (GASCHKE), die sich als transnational versteht,
kaum etwas mit jenem gerade entstehenden
"Kinderlosenproletariat" zu tun hat, das ebenfalls mit der
Globalisierung entsteht.
Ob z.B. die
männlichen
Singles in den neuen Bundesländern
ihre "Freiheit, keine Kinder zu
haben" zu würdigen wissen, darf bezweifelt werden.
Ein ethisches
Grundprinzip, das auf dieser Website von Anfang an vertreten
wurde, lautet, dass nur eine singlefreundliche Gesellschaft
auch eine familienfreundliche Gesellschaft sein kann. Es
musste jedoch erst auf Seite 1 der FAZ stehen, dass
Kinderlose zu den Aussätzigen der deutschen Gesellschaft zu
werden drohen (Albert
SCHÄFFER in der FAZ, 21.05.2005),
bis es auch anderen dämmerte, dass es so nicht weiter gehen
kann.
Judith KLEIN
verteidigt nun die Kinderlosen gegen ihre Verächter. Der
FAZ-Artikel von Hans-Werner SINN, in dem er für die
Einführung einer Kinderrente plädiert (08.02.2005), gilt der
68erin (zur Begriffsverwendung mehr
hier)
als Beleg für die Singlefeindlichkeit der Debatte um den
demografischen Wandel.
KLEIN folgt der Sichtweise von single-generation.de,
wenn sie schreibt, dass
"nur die Menschen eine
Chance (haben), sich selbst anzuerkennen (...), die
zumindest eine der Spielarten der Anerkennung durch Andere
erfahren haben.
Emotionale und soziale Missachtung, die das Gegenteil von
Anerkennung ist, kann die psychische Integration eines
Menschen zerstören. Die Kinderlosen trifft die Verachtung um
so heftiger wenn ihnen die emotionale Zuwendung eines
Partners oder (z.B. aufgrund von Arbeitslosigkeit die
Wertschätzung von Arbeitskollegen fehlt. Auch die im Recht
verkörperte universalistische Achtung, die jedem Menschen
zukommt, scheint ihnen gegenüber nicht mehr
selbstverständlich zu sein."
Anhand literatur- und
ideengeschichtlicher Beispiele zeigt KLEIN die "lange
Tradition der Anerkennung des Beitrags der Kinderlosen"
auf. KLEIN weist darauf hin, dass "Kinderlosigkeit, Mutter-
und Vaterschaft keine eindeutigen Tatbestände sind". Auf die
Problematik des Begriffs "Kinderloser" wurde hier des Öfteren
hingewiesen. KLEIN kritisiert das nationalkonservative
Paradigma, also jene politische Richtung
"welche die soziale
Sicherung wieder in »blutsverwandtschaftliche« Bahnen lenken
möchte."
Dazu gehört vor allem
die von Hans-Werner SINN vertretene Rente nach Kinderzahl,
aber auch alle anderen familienpolitischen Lösungen innerhalb
der Sozialversicherungssysteme, die nur Teile der Bevölkerung
heranziehen, statt Familienpolitik als gesamtgesellschaftliche
Aufgabe zu betrachten. KLEIN kritisiert die Tendenz solcher
Politik, die das "»Naturschicksal« des Menschen wieder
aufwerten möchte". Die Biologisierung des Sozialen ist ein
Kennzeichen der nationalkonservativen Vertreter von Herwig
BIRG bis Hans-Werner SINN.
KLEIN begründet dagegen
eine moderne Gesellschaftspolitik, die neben der persönlichen
Solidarität auf den "vergesellschaftlichten Sozialverband"
setzt. Sie begründet es damit, dass "die Nöte der
individuellen Lebensgeschichte von der herrschenden Ökonomie
und Ökologie mitverursacht sind." KLEIN sieht deshalb den
sozialen Fortschritt durch die "vormodernen Experimente" der
Nationalkonservativen in Gefahr.
Der 68er-Generation
(1938 - 1948 Geborenen) -
also sozusagen
ihren Generationsgenossen
- widmet KLEIN einen eigenen Abschnitt. Dort zeigt sich
jedoch, dass KLEIN einiges ausblendet, auf das hier
hingewiesen werden soll. Die "ausgefallene Generation" (Herwig
BIRG) wird mit der besonderen historischen Situation
begründet, in der sich die 68er befanden:
"Die sogenannte 68er
Generation, zu der die Jahrgänge 1938-1948 gerechnet werden,
hat sich und der Gesellschaft den »bevölkerungspolitisch
korrekten Beitrag« versagt, wie heute oft beklagt wird. Mehr
noch: dies »Versagen« hatte unabsehbare langfristige Folgen,
wie der neueste Buchtitel zum Thema Demografie - Die
ausgefallene Generation - und der (ent)sprechende
Ankündigungstext des Verlages zeigen: »Die Eltern, die heute
Kinder zur Welt bringen müssten, sind niemals geboren worden.«
Die demografische Zurückhaltung der 68er Generation hat nicht
nur mit verbesserten oder neuen Methoden der
Empfängnisverhütung zu tun, sondern auch mit dem Schock, den
diese Generation erlebte, als sie von den Verbrechen erfuhr,
die deutsche Menschen begangen hatten. Und nicht nur das. Sie
kann auch als Antwort auf eine andere Zurückhaltung verstanden
werden: Die 68er hatten als erste (...) gegen die politische
und historische, vor allem aber gegen die familiäre
Unempfindlichkeit gegenüber der Vergangenheit protestiert.
(...). Verzweiflung und Trauer waren, so ist zu vermuten, der
Familiengründung nicht günstig. Die »zwanzig Jahre der
Bewusstseinsverspätung« schlugen in zwanzig Jahre
demografischen »Verlusts« um."
Der Debatte um die
"ausgefallene Generation" wird dies jedoch zweifach nicht
gerecht. Zum einen anerkennt KLEIN implizit die
gesellschaftliche Relevanz eines bevölkerungspolitisch
korrekten Beitrags an, als ob diese unumstritten wäre. Es wird
nur gerechtfertigt, dass die 68er aufgrund der
besonderen historischen Umstände diesen Beitrag gar nicht
leisten konnten.
Auf
single-generation.de wird dagegen die mit der
Bestandserhaltungszahl 2,1 verbundene Ideologie in Frage
gestellt, die einerseits mit der
politischen Konstruktion der
Geburtenkrise und andererseits mit
dem
Zusammenhang zwischen Geburtenrückgang und gesellschaftlichem
Wohlstand verbunden ist.
Zum anderen überbewertet
KLEIN die Kritik an den 68ern. Hier besteht eine große
Kluft zwischen der oberflächlichen Aufgeregtheit der Debatten
und den nüchternen Fakten der demografischen Entwicklung sowie
der durchgesetzten politischen Reformen.
Richtig ist, dass die
68er zwar Teil des "demografischen Problems" sind, wie
im Beitrag
Wer den Generationenvertrag gebrochen hat
aufgezeigt wird. Der Beitrag zeigt allerdings auch, dass in
der öffentlichen Debatte um die ausgefallene Generation nicht
die 68er, sondern die in den 1950er und vor allem in
den 1960er Jahren Geborenen im Mittelpunkt stehen.
In dem Buch
Schrumpfende Gesellschaften von Franz-Xaver Kaufmann,
einem in den Mitte-Milieus angesehenen Debattenteilnehmer,
wird die ausgefallene Generation als Geburtenlücke sogar
quantitativ beziffert. Man sollte diese Zahlen zwar mit
Vorsicht behandeln, aber sie zeigen auf, um was in der
gegenwärtigen Debatte überhaupt gestritten wird. KAUFMANN
beziffert die Geburtenlücke zwischen 1972 und 2000 auf
insgesamt 9,6 Millionen Geborene.
1938 Geborene waren im
Jahr 1972 bereits 34 Jahre alt. Spätgebärene (35 Jahre und
älter) waren damals jedoch eine zu vernachlässigende
Minderheit. Selbst die 1948 Geborenen waren 1972 bereits 24
Jahre alt und trugen deshalb - bei einem deutlich niedrigen
durchschnittlichen Gebäralter gegenüber heute - nur noch zu
einem sehr geringen Teil zur Geburtenlücke bei.
Der Beitrag der 1938 -
1948 Geborenen (68er im Sinne von Judith KLEIN) zur
Geburtenlücke wird dadurch relativiert. Es muss jedoch immer
wieder betont werden, dass Begriffe wie "Geburtenlücke" oder
"ausgefallene Generation" bereits an sich fragwürdig sind,
denn sie gewinnen nur vor einem ganz bestimmten ideologischen
Hintergrund überhaupt ihre Bedeutung. Dem gesellschaftlichen
Wandel, der einen viel stärkeren Einfluss auf die so genannte
"Geburtenlücke" hatte, wird man mit Verweisen auf die
Nazi-Vergangenheit schon gar nicht gerecht. Es bleibt
unberücksichtigt, dass die Bildungsexpansion die
Sozialstruktur, den Arbeitsmarkt und die Berufsstruktur völlig
verändert hat. KLEIN schreibt:
"Kinderlosigkeit
entspringt (...) nur in seltenen Fällen einer
hedonistischen, Verantwortung scheuenden Weltanschauung.
Neben Krankheit, Unfruchtbarkeit (und Vorbehalten gegenüber
der Reproduktionsmedizin) oder Fehlen eines Partners sind
häufig ethische Erwägungen und ein skrupulöses
Verantwortungsgefühl im Spiel."
Das ist eben nur die
halbe Wahrheit, denn die strukturellen Veränderungen werden
völlig ausgeblendet. In
der Debatte zur Kinderlosigkeit steht ja nicht die allgemeine
Kinderlosigkeit im Mittelpunkt, sondern die
AkademikerInnen-Kinderlosigkeit.
Es geht also um jenes Milieu, das seine Expansion der
Bildungsexpansion der 1970er Jahre verdankt. Was dies
bedeutet, das wird jetzt erst in Ansätzen deutlich. Hier
besteht jedenfalls ein eklatantes Deutungsdefizit.
Zum Abschluss vergleicht
KLEIN die deutsche und die französische Situation. Sie bringt
die höhere französische Geburtenrate mit der in Frankreich
verbreiteten Toleranz gegenüber den Kinderlosen in Verbindung.
Ihr Fazit lautet deshalb:
"Die Diskriminierung
der Kinderlosen ist (...), entgegen landläufigen
Vorstellungen, dem demografischen Wachstum keineswegs
förderlich, sie erhöht lediglich den moralischen Druck und
entzweit Menschen, die aufeinander angewiesen sind. Familien
mit Kindern brauchen die Kinderlosen als Ersatzmütter und
-väter und als Menschen, die Horizonte öffnen."
LOHSE, Eckart (2005): Wege aus dem
Zeugungsstreik.
Überraschung: Es
sind die Männer, mehr noch als die Frauen, die keine Kinder
wollen,
in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung v. 18.12.
Der Bericht
Starke Familie,
den LOHSE vorstellt, zeigt das genaue Gegenteil dessen auf,
was LOHSE gerne hätte.
Die Kinderlosigkeit der Akademikerinnen ist zurückgegangen!
Sie ist
aber nicht in dem Maße zurückgegangen wie das
Nationalkonservative gerne hätten.
Der Bevölkerungsgeschichtler Josef EHMER
widerlegt in seinem Buch
Bevölkerungsgeschichte und Historischen Demographie
1800-2000 aus dem Jahr 2004
die Mär, dass der Babyboom in der Nachkriegszeit oder die
nationalsozialistische Geburtenpolitik den langen Trend zur
2-Kinder-Familie gebrochen hätte:
"Die
Frauengeneration, die in den 1850er Jahren geboren wurde,
brachte im Durchschnitt etwas mehr als fünf Kinder zur Welt.
Erst die folgenden, zwischen 1860 und 1900 geborenen
Frauengenerationen standen am Beginn des Übergangs zur
bewussten Geburtenkontrolle und Familienplanung. Die
»durchschnittliche Kinderzahl« sank in wenigen Jahrzehnten
von rund fünf auf rund zwei. Die »Zwei-Kinder-Familie« wurde
zum vorherrschenden gesellschaftlichen Ideal. Dies löste in
der Zeit um den »Großen Krieg« und noch mehr in den 1920er
und 1930er Jahren heftige politische Debatten aus, die
nationalistisch, »völkisch« und zunehmend auch rassistisch
aufgeladen wurden. Der Rückgang der Geburten wurde als
Ausdruck von Dekadenz, als »Volkstod« oder »Rassetod«
interpretiert.
Die Entwicklung der »Fruchtbarkeitsrate« verlief parallel,
wies aber gravierende kurzfristige Schwankungen auf. Im
ersten Weltkrieg beschleunigte sich der langfristige Trend
des Geburtenrückgangs enorm, gegen Ende des Krieges sank die
Rate auf einen bis dahin kaum vorstellbar niedrigen Wert von
fast 1,5. In den Nachkriegsjahren stieg sie rasch wieder an
(...). Dieser Anstieg war allerdings von sehr kurzer Dauer.
Schon in den 1920er Jahren gingen die »Fruchtbarkeitsraten«
wieder zurück, um in der Wirtschaftskrise 1932 einen
neuerlichen Tiefpunkt von 1,7 zu erreichen. Am Beginn des
»Dritten Reichs« erfolgte ein Anstieg, in den letzten Jahren
des Zweiten Weltkriegs ein neuerlicher dramatischer
Rückgang. (...).
Nach dem Zweiten Weltkrieg fand, wie es schien, der
langfristige Trend des Rückgangs sein Ende. Die in der
Zwischenkriegszeit geborenen Frauen prägten die
Geburtenentwicklung in den ersten Jahrzehnten der
Bundesrepublik und der DDR. Ihre Generation war die Trägerin
des »Babybooms« der 1950er und 1960er Jahre. In der Mitte
der 1960er Jahre stieg die »Fruchtbarkeitsrate« auf über
2,5, ein Wert, der seit dem Beginn des ersten Weltkriegs
nicht erreicht worden war. Die »durchschnittliche
Kinderzahl« lag aber auch in dieser Periode nur knapp über
zwei, ein Hinweis darauf, dass auch im »Babyboom« das nun
etablierte Ideal der »Zwei-Kinder-Familie« nicht mehr
grundsätzlich in Frage gestellt wurde." (S.44).
Bedenkt man also
die Tatsache, dass der »Babyboom« der 1960er Jahre ein völlig
außergewöhnliches Ereignis war und dass selbst damals nicht
die Drei-Kinder-Familie, sondern nur die Zwei-Kinder-Familie
das Ideal war, dann muss man sich fragen, ob das Ziel der
Nationalkonservativen um Herwig BIRG und Hans-Werner SINN
nicht völlig unrealistisch ist. Es könnte nur durchgesetzt
werden, wenn wir zu einer vormodernen, mittelalterlichen
Wirtschafts- und Gesellschaftsweise zurückkehren würden. Dies
bedeutet aber auch: hohe Sterblichkeit und grenzenlose Armut
für weite Teile der Bevölkerung! Wer dies möchte, der sollte
das bitte auch öffentlich verkünden und sich nicht hinter
einer Debatte über den demografischen Wandel verstecken. Dies
ist feige!
Wenn LOHSE
andauernd von einer "stabilen Bevölkerungsentwicklung" spricht
und dann behauptet, dass dazu eine Geburtenrate von 2,1
notwendig sei, dann ist das zudem fremdenfeindlich! Der
Statistiker Eckard BOMSDORF hat in der Zeitschrift Deutsche
Rentenversicherung (8-9/2005) nachgewiesen, dass bereits
eine Geburtenrate von 1,7 ausreichend sei, um bei einer
begrenzten Zuwanderung die Bevölkerung stabil zu halten. Eine
solche Geburtenrate könnte ohne große Probleme in den nächsten
Jahren erreichbar sein. Bereits um die Jahrtausendwende lag
die Geburtenrate der in den 1960er Jahren geborenen Frauen bei
über 1,5, obwohl diese Frauen ihren Gebärzyklus nicht
vollendet hatten und die Anzahl der Spätgebärenden
überproportional zugenommen hat.
Ganz zum Schluss
noch kurz zum Zeugungsstreik, der genauso ein Hirngespinst ist
wie der Gebärstreik. Die Zahlen, die LOHSE präsentiert,
beziehen sich nicht auf lebenslange Kinderlosigkeit, sondern
auf das Leben mit Kindern im Haushalt. Hier wurde bereits
darauf hingewiesen, dass sich dahinter ein Missbrauch des
Sozialstaats verbergen könnte, aber nicht unbedingt eine
höhere Kinderlosigkeit der Männer
vorliegen muss. So lange keine seriösen Zahlen dazu vorgelegt
werden können, sollten sich Männer dieser Scheindebatte
verweigern!
HICKMANN, Christoph
(2005): Ihr Kinderlein kommet!
Insel der
Seligen - im münsterländischen Heek werden fast doppelt so viele
Babys geboren wie im Bundesdurchschnitt,
in: Süddeutsche Zeitung v. 24.12.
Christoph HICKMANN hält die
Tatsache, dass in Heek 14 Lebendgeborene pro 1000 Einwohner
geboren werden, für sensationell.
Um das
beurteilen zu können, ist diese
rohe
Geburtenziffer jedoch nicht
ausreichend. Die Altersstruktur könnte z. B. vom
Bundesdurchschnitt extrem abweichen. Dann würde es sich
schlicht um eine gewöhnliche Zeitungsente handeln.
Dagegen spricht aber, dass der Bevölkerungswissenschaftler Karl SCHWARZ
bereits im Jahr 1979 schrieb:
"Die Landkreise
mit einer immer noch relativ hohen Geburtenhäufigkeit liegen
vor allem im Emslang und im »Oldenburgischen Münsterland«" ("Die
Geburtenentwicklung in Stadt und Land und daraus zu erwartende
Konsequenzen für die Bevölkerungsentwicklung" in: BUSE,
Michael (Hg) Bevölkerungsentwicklung und Kommunalpolitik, S.41).
Als Merkmale
solcher Gemeinden sieht SCHWARZ eine niedrige
Bevölkerungsdichte, einen hohen Anteil landwirtschaftlicher
Bevölkerung und einen niedrigen Stand der formalen
Schulbildung an. Ob dies auch für Heek zutrifft, das müsste
überprüft werden. HICKMANN bietet dagegen nur Folklore.
"Eine aktuelle Studie
der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
kommt (...) zu etwas anderen Ergebnissen. Danach haben 79
Prozent der Frauen mit Hochschulabschluß im Alter zwischen
35 und 44 Jahren eigene Kinder",
muss die Welt
melden. Diese Meldung ist umso peinlicher, da ja
43 % der
Akademikerinnen
lebenslang kinderlos sein müssen. Deshalb versucht man diese
Zahlen mit großem Aufwand zu dementieren. Da werden dann 43 %
Kinderlose gar zu "jeder zweiten Frau" und damit auf 50 %
aufgebläht. Wie konnte so ein Fehler passieren? Zwischen 21
und 50 % kinderlosen Akademikerinnen liegt also der
Interpretationsspielraum. Man darf davon ausgehen, dass das
Ausmaß der lebenslangen Akademikerinnen-Kinderlosigkeit weit
geringer ist, als dies die amtlichen Zahlen ausweisen. Die
Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
ist ja
keineswegs die einzige Studie,
die nachweist, dass das Problem dramatisiert wird.
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